| Titel: | Bestimmung des Orcins in den Färbeflechten des Handels (Roccella-Arten u.s.w.) auf massanalylischem Wege; von S. Reymann in Moskau. | 
| Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 329 | 
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                        Bestimmung des Orcins in den Färbeflechten des
                           Handels (Roccella-Arten u.s.w.) auf massanalylischem Wege; von S. Reymann in Moskau.
                        Reymann, über Bestimmung des Orcins in den Färbeflechten des
                           Handels.
                        
                     
                        
                           Trotz der großen Bedeutung, welche die Theerfarben in der Technik erlangt haben, hat
                              sich doch die Orseille bisher immer noch einen Platz auf dem Farbenmarkte zu
                              erhalten gewußt; ja es werden sogar in den existirenden Fabriken noch ganz
                              ansehnliche Mengen von Flechten auf Orseille verarbeitet.
                           Vorausschicken möchte ich, daß die Orseillefabrikanten Proben dieser Flechtenarten,
                              die ja nach der Art und dem Standort einen außerordentlich verschiedenen Gehalt an
                              Orcin zeigen, in kleinen Quantitäten (50 bis 100g) erhalten und binnen kurzer Zeit erklären müssen, ob sie diese oder jene
                              Flechte kaufen wollen. Begreiflich kann dem Fabrikanten nicht gleichgiltig sein, ob
                              er einen großen Posten Flechten reich oder arm an Orcin kauft; da er jedoch keine
                              Methode, das Orcin zu bestimmen, besitzt, welche Kürze mit genügender Genauigkeit
                              verbindet, wie es die Umstände erfordern, so mag es doch oft vorkommen, daß der
                              Käufer die Flechten über ihren Werth bezahlt.
                           
                           Die in einer mir bekannten großen Fabrik übliche Methode der annähernden Bestimmung
                              des Orcingehaltes der Flechten gründet sich auf das Verhalten des Orcins gegen
                              Chlorkalk. Eine wässerige Lösung von Orcin gibt selbst bei großer Verdünnung mit
                              einigen Tropfen einer Chlorkalklösung versetzt eine violette Farbenerscheinung, die
                              je nach dem Gehalt der Lösung an Orcin stärker oder schwächer hervortritt, aber den
                              Nachtheil hat, äußerst unbeständig zu sein. Fast augenblicklich geht die violette
                              Färbung in Orangeroth über, die Flüssigkeit wird ebenso schnell grünlichgelb,
                              endlich beinahe farblos. Einem wenig Geübten gibt diese Prüfungsmethode nur
                              Veranlassung zu falschen Annahmen, einen Geübten täuscht sie in vielen Fällen.
                           Es liegt nicht in meiner Absicht, auf das Verhalten des Orcins gegen dieses oder
                              jenes Reagens näher einzugehen, kurz erwähnen möchte ich nur, daß ich das Verhalten
                              des Orcins gegen eine Jodlösung in Jodkalium prüfte. Die Menge des Jodes, welches
                              von einer Orcinlösung aufgenommen wird, variirt indeß außerordentlich, sie ist von
                              verschiedenen Umständen, Temperatur u.s.w. abhängig.
                           Die ungewöhnliche Leichtigkeit, mit welcher Brom von einer Orcinlösung aufgenommen
                              wird, veranlaßte mich, genaue Versuche über das Verhalten von Brom zu einer
                              Orcinlösung anzustellen.
                           Eine verdünnte, wässerige Orcinlösung gibt, mit Bromwasser versetzt, bekanntlich
                              unter Gelbfärbung zuerst Monobromorcin, entstanden nach der Gleichung:
                           C₇H₈O₂ + Br₂ = HBr +
                              C₇H₇BrO₂,
                           auf weiteren Zusatz von Bromwasser färbt sich der in der
                              Flüssigkeit suspendirte Niederschlag vorübergehend weiß und erscheint endlich wieder
                              gelblich; es wird Tribromorcin gebildet nach der Gleichung:
                           C₇H₇BrO₂ + 2Br₂ = 2HBr +
                              C₇H₅Br₃O₂.
                           Die Umwandlung des Orcins in Tribromorcin ist eine glatte und, nach den Ergebnissen
                              der Analyse zu urtheilen, nahezu vollständige; das von Stenhouse erwähnte Harz entsteht ja nur, wenn man auf eine concentrirtere
                              Lösung von Orcin Brom in Substanz einwirken läßt.
                           Bei meinen Versuchen ging ich von destillirtem, wasserfreiem Orcin aus, von dessen
                              Reinheit ich mich durch den Schmelzpunkt überzeugte. Zu einer sehr verdünnten
                              Orcinlösung fügte ich Bromwasser, dessen Gehalt ich, da es seinen Titer ungemein
                              leicht verändert, kurz vor dem Versuche ermittelte, bis der entstandene Niederschlag
                              endlich wieder eine gelbliche Färbung angenommen hatte und bis nach einigem
                              Schütteln in einem Stöpselglase ein Ueberschuß von Brom durch den Geruch
                              wahrzunehmen war; hierauf fügte ich eine Lösung von Jodkalium hinzu und titrirte das durch den
                              Ueberschuß von Brom ausgeschiedene Jod mit unterschwefligsaurem Natron. Eine
                              einfache Rechnung zeigt, wie viel Brom zur Bildung von Tribromorcin verwendet wurde,
                              oder wie viel Orcin in der Flüssigkeit enthalten war.
                           Nachstehend verzeichnete Versuche sind ein Beleg für die genügende Genauigkeit der
                              Methode. Die Orcinlösung enthielt 3g,2 in
                              1l, 10cc der Lösung enthielten sonach 0g,032 Orcin.
                           
                              
                                 1. Versuch, statt 0,032 gefunden
                                 0,0315
                                 = 98,4   Proc.
                                 
                              
                                 2.      
                                    „              „            
                                    „
                                 0,03147
                                 = 98,34     „
                                 
                              
                                 3.      
                                    „              „              „
                                 0,031107
                                 = 97,20     „
                                 
                              
                                 4.      
                                    „              „              „
                                 0,03144
                                 = 98,37     „
                                 
                              
                                 5.      
                                    „              „              „
                                 0,031398
                                 = 98,17     „
                                 
                              
                           Nr. 1 der Versuche ist bei Gegenwart von Erythrit, Nr. 2 bei Gegenwart von Erythrit
                              und Chlorcalcium, Nr. 5 bei Gegenwart von Erythrit, Chlorcalcium und etwas färbender
                              Substanz (Zuckercouleur) angestellt.
                           Die Methode gibt, wie aus den Versuchszahlen ersichtlich, genügend genau
                              übereinstimmende Zahlen, wenn sie auch, was die Schärfe der Zahlen anbetrifft,
                              hinter vielen maßanalytischen Methoden zurücksteht. (Berichte der deutschen chemischen
                                    Gesellschaft, 1875 S. 790.)