| Titel: | Stassfurter Kali-Industrie; von Dr. A. Frank in Stassfurt. | 
| Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 388 | 
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                        Stassfurter Kali-Industrie;Als Separatabdruck aus dem „Amtlichen Berichte über die Wiener
                                    Weltausstellung im J. 1873“, vom Verfasser gef. eingeschickt. von Dr. A. Frank in
                           Stassfurt.
                        Frank, über die Staßfurter Kali-Industrie.
                        
                     
                        
                           Die Staßfurter Kali-Industrie umfaßt trotz ihres verhältnißmäßig kurzen
                              Bestehens eine so bedeutende Reihe von Fabrikationen und hat auf viele andere Zweige
                              der chemischen Technik einen so eingreifenden und umgestaltenden Einfluß gewonnen,
                              daß eine ausführlichere Besprechung des Ganges, welchen sie bisher genommen, und der
                              weiteren Wege, welche ihr für die nächste Zeit vorgezeichnet sind, in mancher
                              Beziehung von Interesse sein möchte. Obgleich bereits beim Erscheinen des Berichtes
                              über die Londoner Weltausstellung von 1862 das Vorkommen und die Verarbeitung der
                              Staßfurter kalihaltigen Abraumsalze als beachtenswerth erwähnt wurdenA. W. Hofmann, Reports by
                                       the Juries, 1862 S. 47., hat doch erst das letzte Decennium einen selbst für unsere an schnelle
                              Entwickelung gewöhnte Zeit überraschenden Aufschwung dieser Fabrikation
                              gebracht.
                           Die Staßfurter Kali-Industrie benützt als Rohstoff die großen Lager von
                              Mutterlaugensalzen, (sog. Abraumsalzen), welche, in einer Mächtigkeit von etwa 30m das Hangende des Staßfurter
                              Steinsalzlagers bildend, einem ähnlichen natürlichen Processe ihre Entstehung
                              verdanken, wie es derjenige ist, nach welchem Hermann und
                              Balard und neuerdings Merle die Mutterlaugensalze aus den Soolquellen und Seewassersalinen auf
                              künstlichem Wege herstellten. Hauptbestanddieser Abraumsalze sind der Carnallit (KCl
                              . MgCl₂ + 6H₂O) und der Kieserit (MgSO₄ + H₂O), welche
                              mit Schichten von mehr oder weniger reinem Steinsalz (NaCl) wechsellagern; daneben
                              finden sich noch Tachhydrit (CaCl₂ . 2MgCl₂ + 12 H₂O) sowie
                              sporadisch eingesprengt Boracit (2[Mg₃B₈O₁₅] +
                              MgCl₂) und, allem Anschein nach durch spätere erneute Einwirkung von Wasser
                              in secundärer Bildung entstanden, Kainit (K₂SO₄ . MgSO₄ .
                              MgCl₂ + 6H₂O) und Silvin (KCl).Frank, Berichte der chemischen Gesellschaft, 1868
                                    S. 124.
                              
                           
                           In den Carnalliten, Tachhydriten und Kainiten ist ein geringer Theil des
                              Chlormagnesiums durch Brommagnesium (MgBr₂) ersetzt. Die Kieseritlagen
                              schließen vielfach sehr schön ausgebildete Krystalle von Anhydrit (CaSO₄)
                              ein, während ein anderer Theil des schwefelsauren Calciums in Verbindung mit
                              schwefelsaurem Kalium und schwefelsaurem Magnesium den im Liegenden des eigentlichen
                              Kali- und Kieseritlagers sich findenden Polyhalit (2CaSO₄ .
                              MgSO₄ . Ka₂SO₄ + 2H₂O) bildet, eine Verbindung, welche
                              bisher noch keine technische Verwendung gefunden hat und deshalb nicht in größeren
                              Massen gefördert wird. Als bisher seltener vorkommendes Mineral möge außerdem noch
                              Astrakanit (Na₂SO₄ . MgSO₄ + 4H₂O) erwähnt werden.
                           Die Abraumsalzlager wurden zuerst im J. 1860 bergmännisch aufgeschlossen, nachdem ihr
                              Vorkommen und ihre Mächtigkeit schon bei dem 1857 beendigten Abteufen der
                              preußischen Steinsalzschächte festgestellt worden war; das dicht bei Staßfurt, aber
                              auf anhaltischem Gebiet belegene herzoglich anhaltische Steinsalzwerk Leopoldshall,
                              dessen Schächte im J. 1858 in Angriff genommen worden waren, begann erst 1862 die
                              Förderung größerer Salzmengen.
                           Obgleich nun die Zusammensetzung der kalihaltigen Abraumsalze durch die
                              Untersuchungen von H. Rose, Rammelsberg, Reichardt und Anderen bereits bekannt war, bemächtigte
                              sich die Technik des neugebotenen Rohstoffes gleichwohl nicht sofort in größerem
                              Maßstabe wenn es auch in Folge des anregenden Einflusses der oberen Preußischen
                              Bergbehörde an vereinzelten Versuchen hierzu nicht fehlte; die auf die
                              Ueberspeculation des Jahres 1857 folgende Krise hatte die Capitalisten gegen alle
                              industriellen Unternehmungen, namentlich soweit dieselben mit dem Bergbau
                              zusammenhingen, mißtrauisch gemacht, und obwohl der Verfasser dieses Aufsatzes,
                              dessen Untersuchungen über Zusammensetzung und technische Verarbeitung der
                              Abraumsalze bis 1859 hinaufreichen, schon im Sommer 1860 den Regierungen von Preußen
                              und Anhalt ein hierauf bezügliches Promemoria überreicht hatte, welches die für
                              Fabrikation von Chlorkalium, Glaubersalz, schwefelsaurem Kalium, sowie von
                              Kalidüngmittel und endlich von Chlormagnesium und anderen Magnesiumpräparaten
                              erforderlichen Anlagen erörterte und Rentabilitätsberechnungen enthielt, auch später
                              seinem wesentlichen Inhalt nach veröffentlicht wurdeFrank, Mittheilungen der Polytechnischen
                                    Gesellschaft zu Berlin, Bd. 22 S. 342. Frank,
                                    Preußisches Patent, datirt vom 21. März 1861., gelang es demselben doch erst im Frühjahr 1861, die zur Etablirung einer
                              kleinen, auf tägliche Verarbeitung von 100 Ctr. Abraumsalz eingerichteten Fabrik
                              nöthigen Mittel aufzutreiben und deren Betrieb mit dem 1. October 1861 zu beginnen. Von
                              October bis December 1861 wurden in dieser Fabrik bereits 6265 Ctr. Rohstoff auf
                              Chlorkalium verarbeitet.
                           Nachdem so die Anregung einmal gegeben war, folgte dann zunächst eine kleine Anlage
                              von Foelsche
                              Preußisches Patent vom 30. April 1862. und Siebel's Söhne in
                              der Sudenburg bei Magdeburg und die größere Fabrikanlage von Vorster und Grüneberg in der Sülze bei
                              Staßfurt, welche letztere im Januar 1862 in Betrieb kam. Während die von Frank angelegte erste Fabrik wegen Beschränktheit der ihm
                              zur Disposition stehenden Mittel nur mit freiem Feuer für die Lösungen etc. angelegt
                              war, enthielt die von Dr. Grüneberg projectirte Anlage der Firma Vorster
                              und Grüneberg von Anfang an Dampfbetrieb, wie denn
                              überhaupt Dr. Grüneberg durch
                              vielfache Verbesserungen die Fabrikation wesentlich gefördert hat. Als nächste
                              Anlage folgte dann die Fabrik von Leisler und Townsend, welche ebenfalls nach einem besonderen, unten
                              näher zu erörternden System angelegt wurde. – In den 1862 vorhandenen vier
                              Fabriken wurden zusammen 408000 Ctr. Rohsalze verarbeitet. Der damals bei starker
                              Nachfrage sehr hohe Preis des Chlorkaliums von circa 18 M. pro Centner 80proc. Waare
                              regte zur Vergrößerung der bestehenden und zur Anlage neuer Fabriken an, um so mehr
                              als die auf Grund theoretischer Schlüsse, resp. der Liebig'schen Lehren, vom Verfasser veranlaßten ersten Versuche mit
                              Kalidüngmitteln auf den Feldern der Zuckerfabriken zu Waldau und NeuhofZeitschrift des Vereins für Rübenzuckerindustrie im Zollverein, 1862 S. 246;
                                    ebendaselbst 1863 S. 173. den Producten der Kali-Industrie ein neues bedeutendes Absatzgebiet
                              erschlossen.
                           Im J. 1863 stieg die Zahl der Kalifabriken bereits auf 11 und die Förderung der
                              Rohsalze auf 1288000 Ctr. Im J. 1864 waren 18 Fabriken im Betriebe und die Förderung
                              der Rohsalze stieg auf 2775000 Ctr.; doch führte diese zu rasche Vermehrung eine
                              Ueberproduction herbei, deren Folg sich im J. 1865 in einer Verminderung der
                              arbeitenden Fabriken auf 16 und des verarbeiteten Rohmaterials auf 1900000 Ctr. zu
                              erkennen gaben; in dem folgenden Jahre 1866 stieg die Rohsalzverarbeitung wieder auf
                              3452000 Ctr. in 18 Fabriken.
                           
                              
                                 1867
                                 wurden
                                   3350000
                                 Ctr.
                                 in
                                 16
                                 Fabriken
                                 
                                 
                              
                                 1868
                                 „
                                   4033000
                                 „
                                 „
                                 18
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 1869
                                 „
                                   4600000
                                 „
                                 „
                                 20
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 1870
                                 „
                                   6244000
                                 „
                                 „
                                 21
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 1871
                                 „
                                   8064000
                                 „
                                 „
                                 25
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 1872
                                 „
                                 10284000
                                 „
                                 „
                                 33
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 1873
                                 „
                                   9047000
                                 „
                                 „
                                 
                                    
                                       32
                                       –
                                       
                                    
                                 „
                                 verarbeitet.
                                 
                              
                           
                           Die neue Industrie beschäftigte in diesem Jahre, mit Ausschluß der in den
                              Salzbergwerken arbeitenden etwa 1100 Bergleute, durchschnittlich 3000 Arbeiter;
                              daneben standen Dampfmaschinen von ca. 1500e im Betrieb, während 120 Dampfkessel den für dieselben wie für die
                              verschiedenen Operationen der Lösung etc. nöthigen Dampf lieferten.
                           Im J. 1872 wurden producirt: Chlorkalium in den verschiedenen Handelssorten von 80,
                              90, 95, resp. 98 Proc. etwa 1200000 Ctr., schwefelsaures Kalium durch
                              Doppelzersetzung von Chlorkalium mit schwefelsaurem Magnesium ca. 25000 Ctr.,
                              Potasche ca. 25000 Ctr., schwefelsaures Magnesium, roh und krystallisirt, ca. 200000
                              Ctr., Glaubersalz krystallisirt und calcinirt, durch Umsetzung bei Frostkälte
                              gewonnen, ca. 120000 Ctr., Chlormagnesium, krystallisirt und geschmolzen, ca.
                              1000000 Ctr., Borsäure ca. 400 Ctr., Brom und Brompräparate ca. 700 Ctr., künstliche
                              Badesalze ca. 2000 Ctr., Kalidüngmittel in verschiedenen Concentrationsgraden ca. 1
                              Million Centner.
                           Im Nachfolgenden soll nun ein kurzer Abriß der Entwicklung und des jetzigen Standes
                              der einzelnen Fabrikationszweige gegeben werden.
                           
                        
                           A. Chlorkaliumfabrikation.
                           Das Rohmaterial hierfür wie für alle oben aufgeführten Producte ist das kalihaltige
                              Abraumsalz, Rohsalz, Carnallitsalz, wie es von den Salzwerken geliefert wird;
                              dasselbe enthält nach einer durch Handscheidung, resp. Ausklaubung, der stärkeren
                              Steinsalzbänke gleich bei der bergmännischen Gewinnung vorgenommenen Aufbereitung in
                              100 Th.
                           
                              
                                 circa
                                 55–65
                                 Th.
                                 Carnallit = 16 Proc. Chlorkalium,
                                 
                              
                                 „
                                 20–25
                                 „
                                 Steinsalz (Chlornatrium),
                                 
                              
                                 „
                                 15–20
                                 „
                                 Kieserit,
                                 
                              
                                 „
                                 2–4
                                 „
                                 freies Chlormagnesium und Tachhydrit,
                                 
                              
                           sowie geringe Mengen unlöslichen Anhydrits, Boracits, Mergels,
                              Eisenglimmers etc.
                           Die Ablieferung und Berechnung des Rohsalzes findet nach Analyse statt derart, daß
                              von den Salzwerken ein Gehalt der Salze von 16 Proc. Chlorkalium = circa 60 Proc.
                              Carnallit als Norm angenommen, ein höherer oder niederer Procentgehalt der Rohsalze
                              an Chlorkalium vom Käufer resp. Verkäufer extra bonificirt wird, und zwar mit 0,10
                              M. Pro 100k für jedes Mehr- oder
                              Minderprocent, so daß ein 17proc. Salz dem Käufer, beim jetzigen Grundpreise von
                              0,80 M. pro 100k und 16 Proc., mit 0,90 M.,
                              ein nur 15proc. Salz dagegen mit 0,70 M. berechnet wird. Im Allgemeinen kommen Salze
                              unter 14 und über 18 Proc. Chlorkaliumgehalt nicht zur Ablieferung an die Fabriken,
                              da trotz der
                              Verschiedenheit der einzelnen Lagen gerade durch die Gewinnung an verschiedenen
                              Punkten und durch die Uebung der Bergarbeiter beim Hereinschießen und Scheiden der
                              Massen ein dem normalen Durchschnitt möglichst naher Gehalt stets erzielt wird. Die
                              Gehaltsfeststellung der Rohsalze erfolgt in der Weise, daß jeder zehnte oder
                              zwanzigste Wagen des Fördergutes gemahlen und aus dem gewonnen Mahlgute, sobald es
                              die Mühle verläßt, entweder durch einen Arbeiter oder durch mechanische
                              Vorrichtungen regelmäßig kleine Proben entnommen werden; diese Proben werden dann am
                              Schlusse jeder Woche pro rata des täglichen
                              Förderquantums zusammengemischt, feingerieben und analysirt, und dient der so
                              gefundene Kaligehalt als Grundlage für die Werthberechnung der debitirten Salze. Es
                              liegt auf der Hand, daß eine solche Methode der Probeziehung nicht auf absolute
                              Genauigkeit Anspruch machen kann und ebenso, daß Klagen von Seiten einzelner
                              Empfänger hierüber nur dann erhoben werden, wenn sich der effective Gehalt unter dem
                              berechneten Durchschnittsgehalte stellt. So lange indeß der in vieler Beziehung
                              praktische Verkauf des Salzes nach Gehalt noch üblich bleibt, dürfte es bei einem
                              bis zu 25000 Ctr. pro Tag betragenden Förderquantum auf einem Werke schwer halten, eine ganz zuverlässige Methode der
                              Werthbestimmung zu finden, namentlich aber die genaue und regelmäßige Entnahme der
                              kleinen Mahlproben ganz unabhängig von dem guten Willen der Arbeiter zu machen.
                           Das Rohsalz wird nun theils in kleinen, 10 bis 20 Ctr. fassenden Förderwagen, wie bei
                              den in der Nähe der Leopoldshaller Schächte belegenen Fabriken, theils, wie dies bei
                              den von den Salzwerken entfernteren preußischen Fabriken geschieht, mittels großer
                              Eisenbahnwagen in die mit Anschlußbahnen versehenen Werke befördert, um dort der
                              weiteren Verarbeitung unterzogen zu werden. Wie schon früher gesagt, gehen die
                              hierfür angewendeten Fabrikationsmethoden mit den von Hermann und Balard für Verarbeitung der
                              Salinen- resp. Seesalzmutterlaugen benützten fast durchgängig parallel; das
                              ganze Staßfurter Salzlager ist eben auch durch einen regelmäßigen und ungestörten
                              Eindampfungsproceß eines größeren geschlossenen Meeresbeckens entstandenVergl. F. Bischof: Die Steinsalzwerke zu
                                    Staßfurt.. In Folge der günstigen Umstände, daß es nach seiner Bildung von einer für
                              Wasser undurchlässigen Mergelschicht bedeckt wurde, sind die oberen Schichten leicht
                              löslicher Mutterlaugensalze nahezu vollkommen conservirt wordenPrinz Schönaich-Carolath, Verhandlungen der
                                    Berliner geologischen Gesellschaft, April 1864., während bei den sonst bekannten Steinsalzstocken auf primärer Lagerstätte von wahrscheinlich
                              ähnlicher Entstehungsweise diese obere Lage fehlt, weil sie entweder durch neue
                              Hebungen und Durchbrüche nicht zur ruhigen Bildung gelangten oder durch später
                              hinzutretende süße Wässer wieder gelöst wurde.
                           Bei Verarbeitung der Mutterlaugen nach Hermann und Balard
                              Vergl. A. W. Hofmann: Reports by the Juries, 1862 S. 48; ferner auch den Aufsatz von A.
                                    Würtz: Ueber die Ausnützung der Mutterlaugen
                                    der Salzgärten in einem separaten Theile des amtlichen Berichtes. werden durch fractionirte Verdampfung und Krystallisation die einzelnen
                              Bestandtheile nach einander möglichst getrennt ausgeschieden und verarbeitet,
                              während die Staßfurter Fabrikation es dagegen mit einem sich fertig vorfindenden
                              Gemenge der verschiedenen Salze zu thun hat.
                           Als theoretische Grundlagen der Fabrikation lassen sich nun kurz die nachfolgenden
                              bezeichnen:
                           
                              1. Die leichtere Löslichkeit des
                                 Chlorkalium-Chlormagnesium-Doppelsalzes (Carnallit) im Vergleich
                                 zu Steinsalz und Kieserit.
                              2. Die Zersetzbarkeit des Carnallits durch Wasser unter
                                 Ausscheidung von Chlorkalium und Löslichwerden des Chlormagnesiums.
                              3. Die Löslichkeit des Carnallits in überschüssiger
                                 Chlormagnesiumlösung, beziehungsweise die Bildung von Carnallit aus Chlorkalium
                                 bei starkem Ueberschuß von Chlormagnesium, und die sehr geringe Löslichkeit von
                                 schwefelsaurem Magnesium und von Chlornatrium in viel Chlormagnesium
                                 enthaltenden Laugen.
                              4. Endlich die im Vergleich zum Chlorkalium verhältnißmäßig
                                 größere Löslichkeit des Chlornatriums in kaltem Wasser.
                              
                           Auf diese Thatsachen gestützt, sind jetzt in Staßfurt hauptsächlich zwei
                              Verarbeitungsweisen der Abraumsalze im großen Betriebe üblichKleine Modificationen in Details müssen hier unberücksichtigt bleiben und
                                    ebenso solche Methoden, welche sich als praktisch undurchführbar erwiesen,
                                    wie z.B. das in vielen Lehrbüchern noch angeführte Verfahren von Borster und Grüneberg:
                                    Carnallit, Kieserit und Steinsalz in den vorher zerkleinerten Abraumsalzen
                                    durch Setzmaschinen (nach Art der Sievers'schen
                                    Coakswaschmaschinen) zu trennen. Dieses Verfahren hat sich trotz der darauf
                                    verwendeten Kosten und Mühen als für den Großbetrieb undurchführbar
                                    erwiesen, da, ganz abgesehen davon, daß die Differenzen im Volumgewicht der
                                    drei genannten Mineralien zu unbedeutend sind, um eine irgendwie scharfe
                                    Scheidung zu gestatten, deren Lagerung so durchsetzt und unregelmäßig ist,
                                    daß die der Setzarbeit für vorangehende Zerkleinerung die einzelnen Salze
                                    nicht in einer für die Scheidung geeigneten Weise freilegt. Das Verfahren
                                    von Foelsch, welches 1862 patentirt wurde, und
                                    ebenso das von Dr. Schrader patentirte – Abscheidung des Chlorkaliums durch
                                    Salzsäure – haben ebenfalls nur historisches Interesse. und zwar:
                           I. Die ältere Methode durch Auflösen des Rohsalzes in Wasser, welches durch direct
                              einströmenden Dampf erhitzt wird, und
                           II. Auflösen des Rohsalzes in einer schon vorher möglichst vorgewärmten Chlormagnesiumlauge, deren
                              Lösefähigkeit ebenfalls durch Dampfeinströmung weiter erhöht wird.
                           Bei der ersten in der größeren Anzahl der Fabriken befolgten Methode werden nicht
                              unbedeutende Mengen von Chlornatrium und schwefelsaurem Magnesium mit aufgelöst,
                              gleichviel ob man das Rohsalz in großen Stücken in die Lösegefäße bringt, oder, wie
                              es Leisler und Townsend in
                              ihrer Anlage zuerst durchführten, die Abraumsalze gemahlen anwendet und durch
                              mechanische Rührvorrichtungen die Lösung beschleunigt. Bei dem Lösen von Stücksalzen
                              bleibt etwas mehr Kali in den Löserückständen zurück, da, wie schon erwähnt, häufig
                              dünnere Kali- resp. Carnallitlagen den schwer löslichen Kieserit durchsetzen;
                              doch dürfte dieser geringe Verlust durch die selbst bei eignem Mahlbetriebe ca. 0,121,12 M. pro 100k = 12 1/2 Proc. des
                              Ankaufspreises betragenden Mehrauslagen, welche das Mahlen der Salze verursacht,
                              wohl compensirt werden. In neuerer Zeit ist in mehreren Fabriken mit Vortheil der
                              Blake'sche Steinbrecher (Nußknacker) zum Vorbrechen
                              der Stücksalze angewendet, da derselbe den spröderen Carnallit vorzugsweise
                              zersplittert, dagegen den mehr zähen Kieserit und das dichtere Steinsalz in großen
                              Stücken durchläßt und so die Lösung des Carnallits beschleunigt. Das Lösen von
                              Stücksalzen bietet endlich noch den wenn auch unwesentlichen Vortheil, daß dabei
                              eine theilweise Scheidung des in den Löserückständen enthaltenen, für manche Zwecke
                              noch brauchbaren Steinsalzes möglich ist, während der andere Hauptbestandtheil der
                              Löserückstände, der Kieserit, ebenfalls ohne größere Schwierigkeiten gewonnen werden
                              kann. Nach alledem dürften sich die Vorzüge und Nachtheile dieser beiden Variationen
                              der ersten Methode mit Stücksalz und Mahlgut ziemlich ausgleichen.
                           Die dabei erhaltene Löselauge von ca. 32° B. hat nach Qualität der verwendeten
                              Rohsalze eine etwas verschiedene Zusammensetzung, von welcher die folgenden, von Th.
                              Becker im Laboratorium der Frankschen Fabrik ausgeführten Analysen ein Bild geben.
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 
                              
                                 Kaliumchlorid
                                   9,65
                                 10,24
                                 
                              
                                 Natriumchlorid
                                   6,89
                                   6,22
                                 
                              
                                 Magnesiumchlorid
                                 14,62
                                 15,73
                                 
                              
                                 Magnesiumsulfat
                                   4,11
                                   3,74
                                 
                              
                           Dieselbe liefert, nachdem aus ihr durch Abkühlung bis auf 60 bis 70°
                              (fractionirte Krystallisation) ein Theil des mitgelösten Kochsalzes mit nur geringem
                              Chlorkaliumgehalte abgeschieden ist, einen ersten sehr kräftigen Anschuß von
                              65- bis 75 proc. Chlorkalium. Die resultirende Lauge wird behufs weiterer
                              Gewinnung des darin noch enthaltenen Chlorkaliums und Ausscheidung, bezieh.
                              Auskochung von mitgelöstem schwefelsaurem Magnesium und Chlornatrium weiter
                              eingedampft. In den ersten Jahren der Fabrikation, als das Rohfalz 1,70 Mark pro
                              100k und Chlorkalium von 36 bis 24 M.
                              pro 100k kostete, während der Preis der
                              Braunkohle 0,20 bis 0,25 M. pro 1hl loco
                              Fabrik betrug, fand noch ein zweimaliges Verdampfen und
                              Auskrystallisiren der Laugen statt, während man es bei den jetzigen niedrigen
                              Rohsalz- und Chlorkaliumpreisen von 0,80 M. bezieh. 12 M. pro 100k, den erhöhten Löhnen und dem gegen früher
                              auf das Doppelte gestiegenen Kohlenpreise (0,45 bis 0,50 M. pro 1hl) vortheilhafter findet, die Lauge nach
                              der ersten Krystallisation nur noch einmal, dann aber
                              auch gleich soweit einzudampfen, daß sie einen starken Anschuß von Carnallit gibt,
                              der fast alles Chlorkalium enthält, und eine das weitere Eindampfen nicht mehr
                              lohnende Mutterlauge mit 1,0 bis 1,2 Proc. Chlorkaliumgehalt zurückläßt.
                           Die ganze Operation nebst den dabei resultirenden Producten wird aus der
                              nachfolgenden schematichen Zusammenstellung klar werden, bei welcher von der
                              vorerwähnten fractionirten Krystallisation der besseren Uebersichtlichkeit halber
                              abgesehen ist.
                           
                              
                                 Fabrikationstufen.
                                 KCl
                                 MgCl₂
                                 NaCl
                                 MgSO₄
                                 CaSO₄
                                 H₂O
                                 Unlösliches
                                 
                              
                                 Rohsalz
                                  16
                                    21
                                 21,4
                                 13
                                 1,2
                                 25,3
                                 2,1
                                 
                              
                                 Lauge vom Lösekessel
                                   9,65
                                 14,62
                                     6,89
                                       4,11
                                   0,08
                                 Rest
                                 –
                                 
                              
                                 Löserückstände
                                 3,1
                                 3,0
                                 54,1
                                   29,1
                                 4,8
                                   5,6
                                 3,0
                                 
                              
                                 Erste Krystallisation
                                 61,85
                                   2,58
                                   26,28
                                       0,80
                                   0,24
                                 Rest
                                 –
                                 
                              
                                 Rückständige Lauge von
                                    der    ersten Krystallisation
                                   4,89
                                 17,58
                                     4,83
                                       3,66
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Zur zweiten
                                    Krystallisation    eingedampfte Lauge 320
                                    B.
                                   6,92
                                 20,58
                                     3,67
                                       5,34
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Beim Eindampfen
                                    ausgeschiedenes    Salzgemisch
                                   3,66
                                   6,33
                                   67,08
                                       1,70
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Zweite Krystallisation
                                 49,56
                                   4,50
                                   30,47
                                       2,71
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Rückständige Lauge von
                                    der    zweiten Krystallisation
                                   3,28
                                 22,83
                                     2,07
                                       4,16
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Zur dritten Krystallisation auf 360
                                    B.    eingedampfte Lauge
                                   5,08
                                 28,48
                                     0,35
                                       3,04
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Beim Eindampfen
                                    ausgeschiedenes    Salzgemisch
                                 11,36
                                   4,41
                                   55,10
                                     12,24
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Dritte Krystallisation
                                 22,58
                                 26,62
                                   16,52
                                       0,84
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Letzte nicht mehr
                                    siedewürdige    Lauge
                                   0,61
                                 31,32
                                 –
                                       3,17
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                           Das in der ersten Krystallisation gewonnene Kalisalz wird ebenso wie das durch
                              nochmaliges Lösen und Umkrystallisiren aus den späteren Krystallisationen II und III
                              gewonnene Chlorkalium durch Waschen (Decken) mit kaltem Wasser concentrirt, indem
                              man das Salz in hohe Bottiche füllt und möglichst kaltes Wasser darauf gibt. Da nun
                              Chlorkalium in kaltem Wasser weniger löslich ist als Chlornatrium, so wird von
                              letzterem durch das Waschwasser mehr gelöst, und es wird je nach der Menge des
                              aufgegebenen Wassers ein Chlorkalium von 80 bis 95 Proc. Gehalt gewonnen; die
                              ablaufenden, natürlich viel Chlorkalium enthaltenden Waschwässer werden entweder bei
                              der Rohsalzlösung wieder zugesetzt oder mit den anderen Laugen verdampft.Zahlreiche und detaillirte analytische Untersuchungen über die einzelnen
                                    Stadien der Chlorkaliumfabrikation sind von Dr.
                                    Th. Becker nach den auf Veranlassung des
                                    Verfassers ausgeführten Arbeiten in seiner Inauguraldissertation: Ueber die
                                    Staßfurter Kali-Industrie (Tübingen 1872) und daraus in Wagner's
                                    Jahresbericht, 187 S. 279 veröffentlicht.
                              
                           Wird die von der ersten Krystallisation fallende Lauge, wie es jetzt meist geschieht,
                              nur einmal und zwar sofort auf Carnallitanschüsse eingedampft, so wird eine größere
                              Menge ausgekochtes Salz (Fischsalz oder Bühnensalz) abgeschieden, da in der einen
                              Operation mehr Chlornatrium und Magnesiumsulfat entfernt werden muß, mit welchen
                              aber auch entsprechend größere Mengen Kalisalze niedergerissen werden; man führt
                              deshalb, und um die Siedepfannen durch Aufbrennen von Salz nicht zu sehr zu
                              schädigen, die Verdampfung nur soweit, daß in der zurückbleibenden letzten Lauge je
                              nach der Außentemperatur noch 1,0 bis 1,7 Proc. Chlorkalium übrig bleiben. Feste Regeln lassen sich in dieser Beziehung nicht geben, da
                                 es hier, wie überall in der Technik, eben nicht darauf ankommt, das Rohmaterial
                                 bis zur äußersten Grenze auszubeuten, sondern einen Mittelweg einzuschlagen, der
                                 bei möglichster Ausnützung des Rohstoffes die massenhafte und billigste
                                 Darstellung des Fabrikats durch höchste Ausnützung der Anlagen und der
                                 Arbeitskräfte, wie durch raschen Capitalumschlag gewährt. Muß es dabei auch
                              vom wissenschaftlichen Standpunkte beklagt werden, daß die Staßfurter
                              Kalifabrikation nach nahe zwölfjährigem Betriebe zu 100k Chlorkalium noch ebensoviel Rohstoff
                              verbraucht als bei ihrem ersten Anfange – ca. 750 bis 800k Rohsalz von 16 Proc. Chlorkaliumgehalt
                              auf 100k Handelswaare von 80 Proc.
                              Chlorkaliumgehalt – und also noch reichlich ein Drittel des in Arbeit
                              genommenen Rohstoffes nicht direct zu Gute macht, so ist doch andererseits zu
                              berücksichtigen, daß der Preis des Chlorkaliums von 36 M. auf 12 M. pro 100k gesunken ist, während der Gestehungspreis
                              des dazu erforderlichen Rohsalzes nur von 12 M. auf 6 M. reducirt worden ist. Ferner
                              darf hierbei nicht
                              unberücksichtigt bleiben, daß die Kali-Industrie sich auch für die
                              geringhaltigeren Nebenproducte der Fabrikation in deren Verwendung als Düngsalze
                              eine Absatzquelle geschaffen hat, welche es zu Zeiten manchem Fabrikanten sogar
                              vortheilhaft erscheinen ließ, speciell auf größere Mengen von mittelgradigeren
                              Abfallproducten zu arbeiten, selbst wenn dadurch der Rohsalzverbrauch pro 100k Chlorkalium (80 Proc.) auf 900k und darüber stieg. Zieht man endlich in
                              Betracht, daß das Staßfurter Kalisalzlager, namentlich nachdem seine bedeutende
                              Ausdehnung durch die neueren, theilweise bereits aufgeschlossenen Funde bei
                              Westeregeln (Douglashall), Löderburg und Rothenförde (Zeche Agathe), und beim
                              Lerchenbrunnen (Riebeck'scher Schacht) als technisch unerschöpflich bezeichnet
                              werden kann, so ist die scheinbare Vergeudung von Material auch vom Standpunkte der
                              Nationalökonomie verzeihlich.
                           Nach dieser allgemeinen Betrachtung kehren wir zur Fabrikation und zwar zu der
                              zweiten bereits erwähnten Methode der Rohsalzverarbeitung zurück, welche sich darauf
                              gründet, daß Chlorkalium, resp. Carnallit, in einem Ueberschuß von heißer
                              Chlormagnesiumlauge löslich ist, während dieselbe Chlornatrium sehr wenig, Kieserit
                              fast gar nicht löst. Bei dieser Fabrikationsmethode, welche zuerst von der Firma Ziervogel und Tuchen in
                              größerem Maßstabe durchgeführt worden ist, wird daher das gemahlene Rohsalz nicht
                              mit Wasser, sondern mit erhitzter Chlormagnesiumlauge unter beständigem Umrühren
                              mittels mechanischer Rührwerke behandelt; der Carnallitgehalt des Rohsalzes löst
                              sich in der Chlormagnesiumlauge auf und krystallisirt beim Erkalten nahezu
                              vollständig wieder heraus, und die Mutterlauge wird immer zu neuen Behandlungen
                              verwendet. Der gleich als Product der ersten Krystallisation gewonnene, sehr wenig
                              Chlornatrium und fast gar keine schwefelsauren Salze enthaltende, gereinigte
                              Carnallit wurde zuerst nach dem von Balard bezieh. Merle angewendeten Verfahren durch einfaches Zerrühren
                              mit kaltem Wasser in meist ungelöst bleibendes Chlorkalium und sich lösendes
                              Chlormagnesium zersetzt; das so erhaltene Product zeigte aber, obwohl es wenig
                              Chlornatrium enthielt, meist einen nicht unwesentlichen Chlormagnesiumgehalt und war
                              außerdem sehr feinkörnig (schlammig), so daß es weder von den Salpeterfabrikanten,
                              noch zur Darstellung von schwefelsaurem Kalium (durch Zersetzung mit Schwefelsäure
                              im Sulfatofen) gern genommen wurde; namentlich klagte man darüber, daß die
                              Hersetzung des feinen Salzes beim Uebergießen mit Schwefelsäure eine zu stürmische
                              sei und daß dadurch, wie durch das spätere unter theilweiser Bildung von saurem
                              schwefelsaurem Kalium erfolgende Zusammenballen der Masse, bedeutende Verluste und
                              Störungen entständen. Zur Abhilfe dieser begründeten Klagen ist das Verfahren neuerdings in soweit verändert
                              worden, daß das Zerrühren der Carnallite mit kaltem Wasser nicht mehr stattfindet,
                              dieselben vielmehr wie bei dem Umkrystallisiren der Nachproducte der
                              Süßwasserlösungsmethode durch Einströmen von Dampf siedend gelöst werden, wobei dann
                              aus der heißen Lösung ein krystallisirtes, grobkörniges Salz sich ausscheidet.
                           Das so gewonnene Chlorkalium wird durch Uebergießen (Decken) mit kaltem Wasser von
                              anhängendem Chlormagnesium und dem wenigen beigemengten Chlornatrium gereinigt und
                              liefert ein besonders hochgradiges (98- bis 99proc.) Chlorkalium, welches für
                              Darstellung von Potasche, chlorsaurem und chromsaurem Kalium vorzugsweise geeignet
                              und beliebt ist. Die von der Zerlegung des reinen Carnallits fallende Lauge wird
                              nochmals eingedampft und gibt dann einen weiteren Anschuß von Carnallit, der wie der
                              erstgewonnene aufgearbeitet wird. Die bei diesem Eindampfen ausgekochte geringe
                              Menge Bühnensalz (Fischsalz) enthält neben anhaftendem Magnesiumchlorid nur
                              Chlornatrium und Chlorkalium in wechselnden Mengen (16 bis 22 Proc. Chlorkalium),
                              aber fast gar keine schwefelsauren Salze. Der Vortheil dieser Methode besteht darin,
                              daß man ohne complicirte chemische Operationen und ohne großen Verlust beim Decken
                              das gesammte erhaltene Chlorkalium in hochprocentiger Waare erzielt, und daß daher
                              weniger Laugen zu verdampfen sind; dagegen erfordert das Verfahren mehr und
                              complicirtere maschinelle Anlagen an Mühlen, Rührwerken
                              etc., sowie sehr heißen, hochgespannten Kesseldampf, da bei schwachem Dampfe die
                              Verdünnung der ersten Rohlösung zu bedeutend wird und dann zuviel Chlorkalium in der
                              ersten Mutterlauge bleibt. Versuche, welche gemacht wurden, diesem Uebelstande durch
                              Erhitzen der Laugen mit directem Feuer oder mit Dampf in geschlossenen Röhren
                              (Schlangen) zu begegnen, sind bisher erfolglos geblieben, da hierbei entweder die
                              Apparate zu sehr leiden oder die Operationen zu sehr verzögert werden.
                           Wahrscheinlich werden daher die beiden Arbeitsmethoden neben einander in Ausübung
                              bleiben; nur für den Fall, daß später Rohsalze mit geringerem Chlorkaliumgehalt als
                              16 Proc. dauernd verarbeitet werden müssen, hat die Laugenlösung Vorzüge, während es
                              auf der Hand liegt, daß bei sehr reichen, also zum großen Theil aus Carnallit
                              bestehenden Rohsalzen die vorherige Reindarstellung des Carnallits unnöthig
                              wird.
                           Das auf die eine oder andere Art erhaltene Chlorkalium wird, nachdem es gedeckt und
                              soweit wie möglich abgelaufen ist, entweder durch Centrifugen von dem noch
                              anhängenden Wasser befreit, oder auf mit Dampf oder abgehendem Feuer geheizten Darren oder endlich
                              durch directes Feuer in Flammöfen getrocknet und versandfertig gemacht. –
                              Letzteres Verfahren ist das allgemein übliche, da das Entwässern mittels
                              Centrifugen, ganz abgesehen davon, daß es nie ein vollkommenes ist, viel
                              Maschinenkraft erfordert, deren Erzeugung mehr Brennmaterial kostet, als der
                              Trockenproceß im Flammofen, während bei letzterem durch richtige Anlage und sorgsame
                              Behandlung der Feuerung das Zusammenfritten des Salzes (Schmelzen) und dessen
                              Verunreinigung mit Flugasche ebenfalls vermieden werden kann.
                           Das Chlorkalium wird im Handel meistens auf Grundlage eines Gehaltes von 80 Proc.
                              notirt, ein Gebrauch, welcher dadurch entstanden sein mag, daß man zur Darstellung
                              eines Centners = 50k Kalisalpeter ca. 40k reines Chlorkalium bedarf (theoretisch
                              sollen 37k,25 KCl = 50k,5 KNO₃ ergeben); es wird daher
                              jetzt sowohl effectiv 80 proc. als auch 95- resp. 98 proc. Chlorkalium stets
                              pro 50k und 80 Proc. gehandelt; doch sind
                              die Preise für die 40k hochgradige
                              95- bis 98 proc. Waare ca. 10 Proc. höher, als für die nur effectiv 80 Proc.
                              haltenden Sorten; kostet daher 80 Proc. Waare pro 50k und 80 Proc. 6 M., so kosten 40
                              Procent-Kilogramm in 96 grad. Chlorkalium ungefähr 6,5 M. oder 50k 96 proc. effectiv 7,92 M. Für einzelne
                              Verwendungen des Chlorkaliums, wie zu Potasche, chlorsaurem Kalium, wird oft neben
                              einem garantirten Minimalgehalt an Chlorkalium, 95 bis 98 Proc.95 bis 96 Proc., noch ein Maximalgehalt an Chlornatrium (Maximum 1 bis 3 Proc.) bedungen.
                              Die Bestimmung des Chlorkaliumgehaltes der Waare findet stets Mittels Analyse als
                              Kaliumplatinchlorid statt, da alle anderen Methoden der Kalibestimmung mittels
                              Alaunprobe, Kieselflußsäure, sauren weinsauren Natriums etc. sich als nicht
                              zuverlässig erwiesen haben.
                           Abfall und Nebenproducte der
                                 Chlorkaliumfabrikation.
                           Dieselben bestehen:
                           
                              I. Aus den ersten Löserückständen,
                              II. aus den beim Concentriren der Laugen ausgekochten Salzen
                                 (Bühnensalz, Fischsalz) und
                              III. aus den letzten Mutterlaugen.
                              
                           Die Löserückstände haben im großen Durchschnitt
                              nachfolgende Zusammensetzung in 100 Th.:
                           
                              
                                 Anhydrit
                                   4,8
                                 
                              
                                 Schwefelsaures Magnesium
                                 29,1
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 54,1
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                   3,1
                                 
                              
                                 Chlormagnesium
                                   3,0
                                 
                              
                                 Unlösliches (Boracit, Mergel etc.)
                                   0,3
                                 
                              
                                 Wasser
                                   5,6
                                 
                              
                           
                           Die technisch verwerthbaren Bestandtheile der Löserückstände sind also der Kieserit
                              und das Steinsalz, und findet deren Benützung in zweierlei Art statt, indem man
                              entweder diese Stoffe getrennt gewinnt und verwendet, oder durch gemeinschaftliches
                              Auflösen der beiden Salze ein Laugengemisch herstellt, welches bei entsprechender
                              Abkühlung Glaubersalz ausfallen läßt (MgSO₄ + 2NaCl = Na₂SO₄ +
                              MgCl₂).
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)