| Titel: | Gray's Typendrucktelegraph für Privatlinien. | 
| Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 469 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Gray's Typendrucktelegraph für Privatlinien.
                        Gray's Typendrucktelegraph für Privatlinien.
                        
                     
                        
                           Die erste Privatlinie in Nordamerika wurde anscheinend für Oberst R. M. Hoe, bekannt durch seine Verbesserungen an der
                              Cylinder-Druckpresse (1849 114 14), errichtet,
                              welcher 1849 seine Geschäftsräume in Gold Street mit seiner etwa 2 englische Meilen
                              davon entfernten Druckerei in Sheriff Street in New-York durch eine
                              Telegraphenleitung verband und diese mit Morseschreibern ausrüstete. Eine größere
                              Ausdehnung erlangten die Privatlinien nicht, weil für sie besonders eingeübte
                              Telegraphisten erforderlich waren; selbst als die Zeigertelegraphen betriebsfähig
                              wurden, kamen nur wenige Privatlinien zur Ausführung; zudem wurden sie meist
                              liederlich gebaut.
                           Im J. 1871 entschloß sich die Gold and Stock Telegraph Company, welche schon vorher
                              ein ausgedehntes Liniennetz zum Telegraphiren der Notirungen der Gold- und
                              Actien-Börsen angelegt hatte, eine regelmäßige Privatlinien-Abtheilung
                              hinzuzufügen. Die Gesellschaft kaufte alle dazu brauchbaren, werthvollen Patente auf
                              Typendrucktelegraphen an, soweit sie dieselben nicht schon besaß. Dann legte sie auf
                              Säulen sehr dauerhafte und kostspielige Linien durch die Hauptgeschäftsstraßen nicht nur in
                              New-York, sondern auch in den benachbarten Städten und Vorstädten von Long
                              Island und Neujersey. Sie unterstützte ferner alle Erfindungen und Verbesserungen,
                              welche auf die Herstellung eines leicht und einfach, ohne mechanische Kenntnisse und
                              Einübung zu benützenden Typendrucktelegraphen gerichtet waren, und konnte so einige
                              sehr werthvolle Apparate auf ihren Linien einführen.
                           Einer der besten und in den Vereinigten Staaten verbreitetsten unter diesen Apparaten
                              ist Gray's Typendrucker. Der ganze Apparat ist auf einer
                              geschmackvoll verzierten Eisenplatte angebracht, und die arbeitenden Theile sind
                              durch Glasglocken gegen Staub geschützt. Vor denselben, entlang der Vorderseite der
                              Grundplatte, liegt eine Claviatur mit 28 auf 2 Reihen vertheilten Tasten, auf denen
                              die Buchstaben und die nöthigen Unterscheidungszeichen aufgeschrieben sind. Die
                              weiße Taste ganz rechts dient zum Ingangsetzen der Apparate. Gleich hinter der
                              Claviatur steht ein polarisirtes Relais mit aufrechtem Elektromagnet, hinter dem
                              Relais und etwas höher als dieses liegt das Typenrad und der ganze Druckapparat.
                           Die Telegramme werden auf einen Papierstreifen gedruckt, welcher von einer über dem
                              Typenrade befindlichen Rolle abläuft. Die Drehung des Typenrades veranlaßt ein
                              doppeltwirkendes Echappement, welches an einem zwischen den Polen zweier in dem
                              hohlen Untersatz der Druckvorrichtung liegenden Localmagnete schwingenden Anker
                              sitzt. Genau hinter dem Typenrade befindet sich eine cylindrische messingene Büchse
                              und in dieser eine sogenannte „Sonnenrose“ . Dies ist eine
                              flache ringförmige Platinscheibe, welche radial in ebenso viele Sectoren getheilt
                              ist, als die Claviatur Tasten enthält; dabei ist jeder Sector durch einen isolirten
                              Draht mit der zu ihm gehörigen Taste verbunden. Ein starr mit der Typenradachse
                              verbundener, den Strom schließender Arm läuft bei der Umdrehung dieser Achse über
                              die getheilte Scheibe und setzt die Achse der Reihe nach mit den einzelnen Sectoren
                              in elektrische Verbindung. In demselben Stromkreise (nämlich in dem der
                              Telegraphenleitung) liegen auch die Spulen des polarisirten Relais, und dieses
                              controlirt mittels eines Localstromkreises die schon erwähnten
                              Echappementmagnete.
                           Der dem Apparate zu Grunde liegende Gedanke wird jetzt, auch ohne Zeichnung,
                              verständlich. Wenn man durch Niederdrücken der äußersten (weißen) Taste rechts den
                              Linienstrom unterbricht, so spricht das Relais an, und die Elektromagnete im
                              Localstromkreise lassen das Echappement los, welches seinerseits dem Typenrade
                              gestattet, sich um einen Schritt zu drehen, wobei es den auf der Sonnenrose
                              umlaufenden Arm mitnimmt. Mittels eines an einem einzigen Telegraphen in jedem Stromkreise angebrachten
                              Polwechsels, wird die Richtung des Linienstromes bei jedem Fortrücken des Typenrades
                              um einen Buchstaben umgekehrt, und deshalb fahren sowohl das polarisirte Relais, wie
                              der Anker der Echappementmagnete von selbst fort zu schwingen, bis der
                              Telegraphirende eine andere Taste niederdrückt. Das Niederdrücken einer anderen
                              Taste unterbricht den zu dem zugehörigen Segment der Sonnenrose führenden
                              Stromkreis, und wenn dann der auf der Sonnenrose umlaufende Arm auf diesen Sector
                              gelangt, so bleibt der Linienstrom unterbrochen, das Echappement kann nicht mehr auf
                              das Typenrad wirken, und die Typenräder aller in den Linienstromkreis
                              eingeschalteter Telegraphen bleiben stillstehen. Dabei ist dann zugleich der
                              Buchstabe oder das Zeichen auf dem Typenrade, welches mit der niedergedrückten Taste
                              übereinstimmt, dem Papierstreifen gegenübergestellt und wird auf diesen durch einen
                              in den Localstromkreis eingeschalteten Elektromagnet aufgedruckt, da dieser
                              Elektromagnet in dem Augenblicke zur Wirkung kommt, in welchem die Schwingungen des
                              Relaisankers aufhören.Es dürfte nicht überflüssig sein, auf die Verwandtschaft hinzuweisen, welche
                                    dieser Telegraph von Gray und seine
                                    Druckvorrichtung mit dem 1846 patentirten, mit Selbstunterbrechung
                                    arbeitenden Zeiger- und Druck-Telegraph von Siemens und Halske
                                    (vergl. 1853 127 255) besitzt. – Auch Kramer's Zeigertelegraph (vom J. 1849) arbeitete
                                    mit Selbstunterbrechung.D. Ref.
                              
                           Es kann hiernach jede Person, welche buchstabiren kann, auf diesen Telegraphen
                              telegraphiren, denn sie braucht das Telegramm nur auf den Tasten abzufingern. Das
                              Aufdrucken aber erfolgt selbstthätig, auch wenn Niemand am empfangenden Apparate
                              zugegen ist.
                           Obgleich dieser Telegraph erst im Herbst d. J. 1871 eingeführt wurde, so sind doch
                              schon nahezu 1000 Stück davon gebaut und in Betrieb gesetzt worden. Telegraphisten,
                              welche sich an die Lage der Buchstaben in der Claviatur gewöhnt haben, telegraphiren
                              auf diesem Apparate mit einer Geschwindigkeit von 14 bis 16 Wörtern in der Minute.
                              Dieser Telegraph ist einfach und geräth nicht leicht in Unordnung; er läßt sich auf
                              Linien von jeder Länge benützen. (Nach dem Journal of the Telegraph, Juli 1875, Bd. 8 S.
                                 193.)
                           
                              E–e.