| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, Nr. , S. 248 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Vierfach gekuppelte Tenderlocomotive mit Truckgestell.
                           Der Ingenieur Aliger suchte für sein System die Vorzüge zu
                              erhalten, welche den modernen Gebirgslocomotiven von Meyer und Fairlie zukommen, ohne deren
                              vielfache Nachtheile mit in den Kauf nehmen zu müssen. Besonders die Anwendung von
                              vier Cylindern bei denselben macht nicht allein die Maschine in der Anschaffung und
                              Erhaltung wesentlich theurer, sondern erweist sich auch, speciell in der Verbindung
                              des beweglichen Cylinderpaares mit dem Kessel, als eine stete Quelle von
                              Anständen.
                           Aus diesem Grunde haben daher auch diese neuartigen Locomotiven mit zwölf und mehr
                              gekuppelten Rädern in den Staaten Europas, welche man als die Wiege des
                              Eisenbahnbaues betrachten kann, so gut wie keine Verbreitung gefunden, während die
                              schweren Achtkuppler, trotz ihres festen Radstandes, immer mehr auf Gebirgsstrecken
                              zur Anwendung kommen. Es ist aber klar, daß die Construction eines Achtkupplers als
                              Tenderlocomotive, sobald nur eine rationelle Anordnung beweglicher Achsen gefunden
                              werden könnte, große Vortheile hätte, und darum verdient auch das neue System von C.
                              Aliger einige Beachtung.
                           Derselbe lagert die beiden hinteren Achsen der Locomotive fest in dem Rahmen, an
                              welchem auch, neben der Feuerkiste, die zwei Cylinder
                              befestigt sind. Dieselben treiben direct die vorletzte Achse an mittels der in den
                              Rädern angebrachten Kurbelzapfen, an welchen ferner in gewöhnlicher Weise die zu der
                              Hinterachse führenden Kuppelstangen eingehängt sind. Weiters sind an einer
                              Gegenkurbel die Excenter für die Außensteuerung angebracht. Um nun auf das vordere
                              Achsenpaar, welches in einem Truckgestelle gelagert ist, die Bewegung zu übertragen,
                              sind an die Zapfen der Treibräder, in Verlängerung der zur Hinterachse führenden
                              Kuppelstangen, zwei Schubstangen von beträchtlicher Länge angelenkt, welche eine
                              unterhalb der Rauchkammer in dem festen Rahmen lagernde Blindachse antreiben. Von
                              dieser, welche in der Mitte ausgekröpft ist, geht mittels einer in Kugelzapfen
                              gelagerten Stange die Bewegung auf die Mitte der vordersten, gleichfalls
                              abgetropften Achse des Truckgestelles über, welche endlich durch außen an den Rädern
                              angebrachte Kuppelstangen die hintere Achse des Truckgestelles antreibt. Dieselbe
                              ist gleichfalls in der Mitte abgekröpft und durch eine in Kugelzapfen lagernde
                              Kuppelstange mit der festgelagerten Treibachse verbunden.
                           Im Ganzen hat diese Maschine unter fünf Achsen (mit Einschluß der Blindachse) vier,
                              welche zwischen den Lagern (allerdings nur einfach) abgekröpft sind, ferner 18
                              rotirende Stangenköpfe (gegen 10 bei gewöhnlichen Achtkupplern), von denen vier um
                              Kugelzapfen laufen; es ist somit kaum anzunehmen, daß dieses in Frankreich, Belgien
                              und Deutschland etc. patentirte System auch jemals wirklich ausgeführt wird. Aber
                              die erzielte Beweglichkeit, die gute Vertheilung des Gewichtes und Ausbalancirung
                              der rotirenden Massen verdienen alle Anerkennung, und es wäre wohl möglich, daß wir
                              manchen Bestandtheilen dieser Anordnung bei späteren zur Ausführung gelangenden
                              Systemen wieder begegnen. (Vergl. Revue industrielle,
                              Juni 1875 S. 233)
                           
                              G.
                              
                           
                        
                           Regulator von Friedr. v. Hefner-Alteneck.
                           Eine interessante Verbesserung der Schwungkugel-Regulatoren wurde von Friedr.
                              v. Hefner-Alteneck im Verein zur Beförderung des
                              Gewerbfleißes in Berlin vorgeschlagen und in dem Sitzungsprotokoll vom 3. Mai 1875
                              dieses Vereins publicirt. Der Vortragende constatirte, daß die beiden
                              Hauptübelstände der gebräuchlichen Regulatoren, die störenden Reibungswiderstände
                              des Stellzeuges und das Beharrungsvermögen der schwingenden Massen, welche beide die
                              Empfindlichkeit im höchsten Grade beeinträchtigen, durch seine ebenso einfache als
                              sinnreiche Vorrichtung behoben weiden können. Dieselbe besteht darin, daß die Nuth
                              der Regulatorhülse, in welche der Hebel des Stellzeuges mit einem runden Stift eingreift, soweit
                              ausgedreht wird, daß der letztere ein mäßiges Spiel hat. In dieser Nuth werden aber
                              eine oder mehrere Verengerungen dadurch gebildet, daß oben und unten kleine
                              Daumenstücke aus hartem Stahl eingesetzt werden, welche an den seitlich aus dem
                              Hebel des Stellzeuges vorstehenden Stift bei jeder Umdrehung einmal anschlagen.
                              Dadurch geben die Kugeln stets einen Theil der angesammelten Kraft durch den Stoß
                              wieder ab, und wird so das aus der Trägheit der schwingenden Massen hervorgehende
                              Schleudern der Kugeln behoben, welches sonst bei längerer Bewegung der Kugeln in einer Richtung (auf- oder abwärts) leicht
                              entsteht. Außerdem aber können sich die Kugeln während des Theiles der Umdrehung,
                              bei welchem die Hülse frei über dem Hebel des Stellzeuges spielt, genau auf die
                              momentan herrschende Geschwindigkeit einstellen und sind dann im Stande, durch den
                              Einfluß der angesammelten Kraft den Hebel auf die entsprechende Stellung
                              emporzuheben (resp. herabzudrücken), sobald die Daumen der Hülse an denselben
                              anschlagen. Dadurch findet, wie auch an einem vom Erfinder gezeigten Modelle
                              ersichtlich war, eine wesentliche Erhöhung der Empfindlichkeit statt.
                           
                              R.
                              
                           
                        
                           Bessemer-Gebläsemaschine.
                           Die Gebläsemaschine für die neue Bessemeranlage der Adalberts-Eisenhütte in
                              Kladno (bei Prag) ist eine horizontale Zwillingsmaschine. Die Windcylinder von je
                              950mm Durchmesser liegen hinter den
                              Dampfcylindern. Letztere haben 790mm
                              Durchmesser. Der Hub beträgt 1600mm, die
                              Tourenzahl 40 pro Minute. Die Maschine ist für 1 3/4at Windpressung construirt und arbeitet mit
                              Dampf von 8at Ueberdruck Kesselspannung.
                              Sie übt bei 1/10 Füllung 400e aus, und
                              beträgt das Totalgewicht etwa 75000k.
                           Die Expansion ist eine variable, und die Steuerung erfolgt mittels einer Coulisse
                              besonderer Construction. Die Saug- und Druckklappen sind derart angeordnet,
                              daß man jede derselben nur durch Lösung zweier Schrauben sofort auswechseln kann. Es
                              sind bei jedem Cylinder 36 Saugklappen im Deckel und 15 Druckklappen im Umfang, jede
                              der Klappen (respective Ventile) hat 75mm
                              Durchmesser und 10mm Hub. Die Windcylinder
                              haben Wasserkühlung. Die Maschine ist von der Fabrik Bolzano,
                                 Tedesco und Comp. in Schlan erbaut.
                           Die Kessel, welche den Dampf zu dieser Maschine liefern, sind Dreirohrkessel
                              (beschrieben 1874 213 374) – ein System, welches
                              selbst hohe Dampfspannung sehr gut gestattet.
                           
                              C.
                              
                           
                        
                           Geglühtes Spiegeleisen statt Ferromangan beim Bessemern; von
                              Raymond.
                           Es wird empfohlen, manganreiches Spiegeleisen nach Art der Glühstahlbereitung in
                              eisernen Kästen anhaltend zu glühen, um den Kohlenstoffgehalt zu vermindern, dann
                              das kohlenstoffarme Product wie Ferromangan beim Bessemern auf weichen oder
                              phosphorhaltigen Stahl zu benützen. Den Einfluß eines Glühens auf das Roheisen
                              ergeben nachstehende Analysen.
                           
                              
                                 
                                 a.
                                 b.
                                 c.
                                 d.
                                 e.
                                 f.
                                 
                              
                                 
                                 Ungegl.
                                 Gegl.
                                 Ungegl.
                                 Gegl.
                                 Ungegl.
                                 Gegl.
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                   3,016
                                   0,499
                                 3,430
                                 0,100
                                 3,48
                                 0,100
                                 
                              
                                 Mangan
                                 11,636
                                 10,698
                                 0,529
                                 0,525
                                   0,585
                                 0,575
                                 
                              
                                 Silicium
                                 –
                                 –
                                 0,445
                                 0,449
                                   0,585
                                 0,614
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 –
                                 –
                                 0,059
                                 0,083
                                   0,105
                                 0,162
                                 
                              
                                 Phosphor
                                   0,079
                                   0,055
                                 0,315
                                 0,315
                                   0,280
                                 0,295
                                 
                              
                           a und b Spiegeleisen, c und d, e und f gewöhnliches Roheisen. (Nach dem Engineering and Mining Journal, 1875 Nr. 20 durch Berg,
                              und hüttenmännische Zeitung, 1875 S. 230.)
                           
                        
                           
                           Neue Constructionsdaten für die Schiffsdampfkessel der
                              österreichischen Kriegsmarine; von Ingenieur J. Fassel.
                           In entsprechender Würdigung der in den letzten zwei Decennien über die Dauer der
                              Schiffsdampfkessel gemachten Erfahrungen, welche sich an die seither mit den besten
                              Erfolgen eingeführten höheren Dampfspannungen, sowie an die Verwendung der
                              überhitzten und gemischten Dämpfe und der Oberflächen Condensation knüpften, haben
                              gelegentlich der Einsetzung des metrischen Maßes in die Bauspecificationen der für
                              S. M. Kriegsmarine zu erzeugenden Schiffsdampfkessel auch Erhöhungen der bisher
                              allgemein üblichen Kesselwanddicken und Verstärkungen der Kesselverankerungen für
                              alle in Bau zu gebenden Kessel stattgefunden. Hand in Hand gehend mit diesen neuen
                              Normen für die in S. M. Kriegsmarine derzeit gebräuchliche Kesseldampfspannung (2at Ueberdruck) wurden auch für die
                              Festigkeit des zum Keselbaue zu verwendenden Materiales bestimmte Grenzen
                              aufgestellt, und seien im Nachfolgenden die ein allgemeines Interesse verdienenden,
                              nunmehr giltigen diesbezüglichen Vorschriften auszugsweise angeführt.
                           Verankerungen. Principiell dürfen nur runde Verankerungen
                              ausgeführt werden, und blos in dem Falle, wenn wegen gebotener Raumersparniß die
                              Anwendung runder verticaler Verankerungen zwischen den Siederöhren nicht zulässig
                              erscheinen sollte, können dieselben, soweit sie innerhalb der Siederöhrenreihen
                              liegen, flach hergestellt werden; ihre Minimaldicke ist aber im letzteren Falle auf
                              16mm festgesetzt. Im neuen Zustande und
                              bei normalem Dampfdruck dürfen die runden Verankerungen mit nicht mehr als 4k pro 1qmm, die flachen mit 3k pro 1qmm beansprucht werden.
                           Die Vertheilung der Verankerungen hat mit Rücksicht auf die möglichst leichte
                              Durchführung der Reinigung des Kesselinneren und selbstverständlich mit
                              Inbetrachtziehung der anzubringenden Kesselarmatur zu geschehen.
                           Diesem nach ergeben sich folgende Ankerstärken.
                           
                              
                                 
                                    Für runde
                                       Anker
                                    
                                 Für flache
                                       Ankerunter Annahme von 16mm Dicke)
                                 
                              
                                 bei   40cm
                                    Abstand
                                 32mm
                                 Durchmesser
                                      66mm
                                 Breite
                                 
                              
                                    „  
                                    45          „
                                 36
                                 „
                                   85
                                 „
                                 
                              
                                    „  
                                    50          „
                                 40
                                 „
                                 104
                                 „
                                 
                              
                                    „  
                                    55          „
                                 44
                                 „
                                 126
                                 „
                                 
                              
                                    „  
                                    60          „
                                 48
                                 „
                                 150
                                 „
                                 
                              
                           Da gutes Schmiedeisen eine absolute Bruchfestigkeit von 40k pro 1qmm besitzt und die Elasticitätsgrenze desselben bei 15k pro 1qmm Inanspruchnahme liegt, so repräsentirt die nach dem Vorgesagten für
                              runde Anker gewählte Inanspruchnahme (bei neuen Ankern und beim normalen Druck) eine
                              zehnfache Sicherheit gegen Bruch und eine 3,75fache Sicherheit gegen die Ausdehnung
                              bis zur Elasticitätsgrenze, und kann weiters jenes Stadium der Ankerabnützung noch
                              als unterste betriebszulässige Grenze für den normalen Kesseldruck bezeichnet
                              werden, in welchem die Abnützung der Anker eine derartige wurde, daß die verbliebene
                              Stärke nur mehr eine doppelte Sicherheit gegen die Ausdehnung bis zur
                              Elasticitätsgrenze bietet, was stets einer noch 5,33fachen Sicherheit gegen Bruch
                              (Abreißen) gleichkommt.
                           Unter letzterer Annahme wären also noch folgende Minimaldicken der runden Anker
                              zulässig, bevor selbe als „für den Betrieb nicht mehr mit genügender
                                 Sicherheit geeignet“ bezeichnet werden müssen, und zwar:
                           
                              
                                 bei
                                    40cm
                                 Abstand
                                    23mm
                                 Durchmesser,
                                 
                              
                                 „
                                 45
                                 „
                                 36
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 50
                                 „
                                 29
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 55
                                 „
                                 31
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 60
                                 „
                                 34
                                 „
                                 
                              
                           Bei geringeren Ankerstärken als diese könnten die betreffenden Kessel (und zwar ganz
                              abgesehen vom Zustande der Bleche, Winkel etc.) nicht mehr die gesetzliche
                              Wasserdruckprobe (doppelten Druck) aushalten, ohne daß der Eintritt von
                              verbleibenden Dehnungen der Verankerungen zu befürchten wäre, und müßten demnach in
                              solchem Falle die abgenützten Anker durch stärkere ersetzt oder aber die
                              Betriebsdampfspannung für die weitere Ausnützung der Kessel entsprechend vermindert
                              werden.
                           
                           Die flachen Verankerungen werden, nachdem sie nach Obigem ohnehin schon im neuen
                              Zustande mit Rücksicht auf ihre für die Abnützung ungünstigere Form reichlicher
                              bedacht und geringer als die runden beansprucht sind, ebenso wie die Bleche,
                              ziemlich gleichzeitig mit den runden Ankern ausgenützt erscheinen.
                           Für Stehbolzen wäre analog die Inanspruchnahme im neuen Zustande mit 4k pro 1qmm (jedoch nach Abschlagung der Gewindetiefen) anzunehmen.
                           Qualität des Materiales. Für die Feuerungen dürfen nur
                              vorzügliche, weiche inländische Bleche in Anwendung kommen; für die übrigen
                              Kesseltheile ist die Verwendung härterer Bleche in- oder ausländischer
                              Provenienz gestattet; doch müssen dieselben von bester Qualität und fehlerfrei sein.
                              Dasselbe gilt auch für das zu den Verankerungen verwendete Eisen, für die
                              Winkel- und T-Eisen.
                           Dem einen Kesselbau überwachenden technischen Organe S. M. Kriegsmarine ist es zur
                              besonderen Pflicht gemacht, sich die vollste Ueberzeugung von der entsprechenden
                              Qualität des zur Verwendung kommenden Materiales zu verschaffen und hat dies
                              überhaupt zu geschehen: Durch eine eingehende Besichtigung sämmtlicher zum
                              Kesselbaue nothwendigen Materialsorten; ferner durch eine genaue fortgesetzte
                              Ueberwachung des eigentlichen Baues, bei welcher am besten die Qualität des
                              Materiales während der Verarbeitung desselben constatirt werden kann, endlich durch
                              Vornahme von Proben, welche der Verwendung der einzelnen Materialsorten entsprechen,
                              wo dies thunlich ist.
                           Die mit den Blechen vorzunehmenden Proben müssen eine absolute Festigkeit von 33k pro 1qmm längs der Faser und von 28k,3
                              pro 1qmm zur Faser nachweisen.
                           Im warmen Zustande müssen sich alle Bleche längs der Faser auf 125°, quer zur
                              Faser auf 100° abbiegen lassen, ohne Risse zu bekommen. Im kalten Zustande
                              müssen sich die 13mm Bleche 35°
                              längs und 15° quer zur Faser, die 11mm Bleche 50° längs und 20° quer zur Faser anstandslos
                              abbiegen lassen. (Im Auszug aus den Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens,
                              Pola 1875, S. 18.)
                           
                        
                           Neuer Fahrlochverschluß für Dampfkessel.
                           Die durch ihre gepreßten Kesselböden bekannte Firma Schulz,
                                 Knaudt und Comp. in Essen macht jetzt
                              schmiedeiserne Mannlochaufsätze und gepreßte Mannlochdeckel und Bügel, die sich
                              durch gefälliges Aussehen und erhöhte Festigkeit bei geringem Gewichte auszeichnen.
                              Die Verschlüsse werden für flache Kesselwände als auch für die Mantelflächen
                              geliefert, im letzteren Falle für verschiedene Durchmesser und zwar von 1250mm Kesseldurchmesser an aufwärts. Zu
                              bedauern ist nun, daß diese Verschlüsse nicht auch für geringere Diameter ausgeführt
                              werden, um dadurch die in neuerer Zeit sich stets mehr und mehr geltend machende
                              Tendenz, hohe Kesselspannungen anzuwenden, welche auf kleine Kesseldurchmesser
                              führt, zu unterstützen.
                           Ein solcher Aufsatz sammt Deckel und ein Paar Bügel wiegt 52k und kostet 42 Mark.
                           
                              L.
                              
                           
                        
                           Haar-Treibriemen von C. H. Benecke in Hamburg.
                           Ueber die in jüngster Zeit in den Handel gekommenen Haar-Treibriemen sind
                              nachstehende (freilich einander widersprechende) Urtheile zu verzeichnen.
                           Die Braunschweiger Maschinenbau-Anstalt (vorm. Fr. Seele und Comp.) in Braunschweig hat
                              vergleichende Zerreißversuche mit Leder- und Haar-Treibriemen
                              ausgeführt, deren Resultate in folgender Tabelle eingetragen sind.
                           
                              
                                 
                                    Leder-Treibriemen
                                    
                                 Ausdehnung bei Belastung
                                 Zerreißgewicht
                                 
                              
                                 Nr. 1 von 52mm
                                    Breite
                                    13mm
                                 
                                    455k
                                    455k
                                 
                              
                                 Nr. 2   „   78
                                 23
                                 
                                   535
                                   575
                                 
                              
                                 Nr. 3   „   98
                                 23
                                 
                                   725
                                   835
                                 
                              
                                 
                                    Haar-Treibriemen
                                    
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Nr. 1 von 52mm
                                    Breite
                                 29
                                 
                                   775
                                   855
                                 
                              
                                 Nr. 2   „   78
                                 39
                                 
                                 1085
                                 1120
                                 
                              
                                 Nr. 3   „   98
                                 29
                                 
                                 1305
                                 1320
                                 
                              
                           
                           In der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1875 S. 164 und 391, theilt Haack, Besitzer der amerikanischen Gummifabrik in
                              Mannheim, mit, daß er durch 4 Monate zwei Haar-Treibriemen von 75mm im Gebrauche hat, welche die Kraft von
                              einer Riemenscheibe von 700mm Durchmesser
                              mit 180 Touren pro Minute auf eine kleinere Scheibe von 100mm Durchmesser übertragen. Die beiden
                              Haarriemen sind bis jetzt noch nicht kürzer gemacht worden, arbeiten viel ruhiger
                              als Lederriemen, und zeigt sich, trotzdem die Riemen in einem Arbeitssaale mit
                              vielem Staub und Feuchtigkeit laufen, beinahe keine Abnützung an denselben.
                           Lederriemen von den nämlichen Abmessungen auf denselben Riemenscheiben mußten dagegen
                              häufig kürzer gemacht werden und waren während derselben Zeit zum Theil schon
                              abgenützt. Haack empfiehlt daher die Benecke'schen Riemen allen Industriellen.
                           Im hessischen Gewerbeblatt, 1875 S. 189 theilen L. Stark
                              und Comp. in Mainz mit, daß sie, veranlaßt durch die
                              veröffentlichten Versuche über die Festigkeit von Haar- und
                              Leder-Treibriemen, ersteres Fabrikat näher untersucht und beinahe gerade das
                              Gegentheil von den Vortheilen gefunden hätten, welche den Haarriemen nachgerühmt
                              werden.
                           1. Bei Zerreißungsversuchen, welche sie mit drei Stück Benecke'schen 52mm breiten, 5mm,5 dicken Haarriemen und mit drei Stück
                              ihrer 50mm breiten und 5mm,5 dicken Lederriemen anstellten, fanden
                              sie folgende Resultate.
                           
                              
                                 Lederriemen.
                                 
                              
                                 Nr. 1 50mm
                                    breit
                                 5mm,5 dick
                                 riß bei  1136k
                                 
                              
                                 Nr. 2 50mm   „
                                 5mm,5  
                                    „
                                  „    „  
                                    1004k
                                 
                              
                                 Nr. 3 50mm   „
                                 5mm,5  
                                    „
                                             
                                    940k
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 Durchschnittsbruchbelastung
                                        1093k,33
                                 
                              
                           
                              
                                 Haarriemen.
                                 
                              
                                 Nr. 1 52mm
                                    breit
                                 5mm,5 dick
                                 riß bei  834k
                                 
                              
                                 Nr. 2 52mm   „
                                 5mm,5  
                                    „
                                  „    „  
                                    867k
                                 
                              
                                 Nr. 3 52mm   „
                                 5mm,5  
                                    „
                                  „    „  
                                    790k
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 Durchschnittsbruchbelastung
                                        830k,33
                                 
                              
                           Ueberschuß zu Gunsten der Lederriemen 263k =
                              24,06 Proc., anstattt der angegebenen größeren Festigkeit der Haarriemen.
                           2. Versuche auf Friction ergaben einen Ueberschuß von 18,50 Proc. zu Gunsten der
                              Lederriemen. Ob gebrauchte Haarriemen, bei welchen der rothe Anstrich abgeschliffen
                              ist, ein günstigeres Resultat liefern würden, scheint mehr als zweifelhaft.
                           3. Haarriemen sind durchschnittlich um circa 30 Proc. theurer als Lederriemen, weil
                              sich die Preise der ersteren mit zunehmender Breite in einer rasch steigenden
                              Progression erhöhen.
                           4. Haarriemen können da keine Anwendung finden, wo es nöthig ist, den Riemen
                              auszurücken, denn sind erst einmal die Ränder abgeschliffen, so muß der ganze Riemen
                              unbedingt seinen Halt verlieren und sich in einzelne Stränge auflösen.
                           5. Haarriemen sind jedenfalls bedeutend schwerer zu repariren als Lederriemen.
                           6. Bei Haarriemen ist die Verbindung der Enden eine sehr prekäre Sache, und haben sie
                              diesen Fehler mit den Kautschukriemen gemein.
                           Alles dies, schließen Stark und Comp., sind nicht zu leugnende Nachtheile, welche einer ausgedehnten
                              Anwendung von Haarriemen im Wege stehen; ihre Verwendung wird sich daher nur auf
                              einzelne specielle Fälle beschränken müssen, für welche man die gegen Säuren, Dämpfe
                              etc. so vorzüglich präparirten Lederriemen noch nicht kennt.
                           
                        
                           Vergleichende Bremsversuche in England.
                           Die Frage continuirlicher Bremsen für Personenzüge, welche anläßlich der letzten
                              großen Eisenbahnunglücke in England so brennend aufgetreten ist, veranlaßte das
                              englische Handelsamt, eine Reihe von möglichst erschöpfenden Versuchen über den
                              verhältnißmäßigen Werth der verschiedenen gegenwärtig gebräuchlichen Systeme zu
                              veranstalten. Zu diesem Zwecke ward auf der Midland Railway eine größere horizontale
                              Versuchsstrecke ausgesucht und die verschiedenen Bahnen aufgefordert, vollkommen
                              ausgerüstete Personenzüge zu den Versuchen abzusenden. Auf diese Weise wurden den Versuchen
                              unterzogen von Kettenbremsen, die bekannte Clark'sche
                              Bremse (1870 195 302), modificirt nach Clark und Webb's Patent,
                              ferner die mit comprimirter Luft arbeitenden Bremsen von Westinghouse (1872 205 180. 1874 213 9), von Steel und McInnes, die Vacuumbremsen von Westinghouse und von Smith, die hydraulische
                              Bremse von Barker, und endlich eine continuirliche Bremse
                              nach ganz neuem System von Fay. Die Versuche wurden derart angestellt, daß die Züge
                              eine Geschwindigkeit von circa 50 englischen Meilen (80km) erhielten und dann die Bremsen
                              angewendet wurden; der bis zum Stillstand durchlaufene Weg galt als Maßstab für die
                              Güte des betreffenden Systemes. Wenn man nun vergleicht, daß die unter diesen
                              Umständen nach dem Bremsen durchlaufene Strecke bei dem mit Westinghouse' automatischer Luftbremse ausgerüsteten Zug nur 813 Fuß engl.
                              (248m) betrug, während sie bei der
                              Vacuumbremse desselben Erfinders 2033 Fuß (620m) ausmachte, so erhält man einen Ueberblick über die großen Differenzen,
                              die hier zu Tage traten. Es ist jedoch klar, daß außer diesem auch noch andere
                              Umstände berücksichtigt werden müssen, und darum ersparen wir uns eine Besprechung
                              der hier erlangten Resultate, bis wir Gelegenheit finden, auch die übrigen
                              maßgebenden Punkte näher hervorzuheben.
                           
                              M.
                              
                           
                        
                           Selbstthätiger pneumatisch-elektrischer Contact für
                              Eisenbahngleise; von Alex. Bernstein in Chemnitz.
                           Mittels des von Bernstein am 5. November 1873 in Bayern
                              patentirten Contactes soll der Zug 8 bis 10 Minuten vor dem Eintreffen in einer
                              Station selbstthätig einen elektrischen Strom schließen und durch diesen einen
                              Wecker im Inspectionsgebäude in Thätigkeit setzten. In der richtigen Entfernung von
                              der Station liegt an jeder der beiden Außenseiten des Einfahrtsgleises entlang den
                              Schienen eine Nebenschiene; beide Nebenschienen sind mit dem einen Ende an einem
                              unter den Schienen weggehenden Querstabe befestigt, stehen mit ihrem höchsten Punkte
                              etwa 1mm,2 über dem Schienenkopfe und
                              liegen mit ihrem anderen Ende auf einem Winkeleisen, welches von beiden Seiten her
                              unter den Schienen frei hindurchgeht, innerhalb derselben aufwärts gebogen ist und
                              gegen seitliche Verschiebungen durch zwei kleine, sich an die Schienen anlegende und
                              so als Führungsstücke dienende Winkeleisenstückchen geschützt ist. Unterhalb jenes
                              Winkeleisens befindet sich in einem eingemauerten gußeisernen Kasten eine doppelt
                              gewölbte Blattfeder in dieser Lage: ; die obere Feder trägt einen Bolzen,
                              welcher, um Wasser und Schmutz vom Kasteninneren fern zu halten, durch eine
                              Stopfbüchse des Kastens hindurchgeht und sich mit seinem kugelförmigen Kopfe in eine
                              kugelförmige Aushöhlung des Winkeleisens legt. Beim Druck auf blos eine
                              Nebenschiene, z.B. also wenn der Wärter zufällig auf dieselbe tritt, dreht sich
                              demnach das Winkeleisen um den Kopf des Bolzens; wenn dagegen ein Räderpaar mittels
                              der Radbandagen auf beide federnde Nebenschienen zugleich
                              drückt, so schiebt der Bolzen die obere Feder nieder, und dabei drückt eine an der
                              Unterseite der oberen Feder angeschraubte Platte auf eine Kautschukblase, welche an
                              der auf dem Kasten aufliegenden unteren Feder angebracht ist. Der hierdurch aus der
                              Kautschukblase herausgepreßte Luftstrom tritt durch ein Bleirohr in eine zweite
                              Kautschukblase ein, schwellt diese auf und schließt dabeiWas einfacher durch die Platte selbst besorgt werden könnte, wenn sie sich,
                                    anstatt auf die Kautschukblase, auf eine Contactfeder auflegte.D. Ref. durch einen gegen eine Contactfeder vorgeschobenen Stift den elektrischen
                              Stromkreis. Im Inspectionsgebäude durchläuft der elektrische Strom ein Läutewerk,
                              zugleich aber auch noch ein Relais, dessen Ankerhebel bei angezogenem Anker den
                              einen Arm eines kleinen Doppelhebels niederdrückt, so daß eine an ihm befindliche
                              Platinspitze zwischen zwei unter ihr liegende federnde Metallstreifen hineintritt
                              und sofort von diesen festgehalten wird. Wenn nun auch jener erste Strom aufhört,
                              sobald das Räderpaar die Nebenschienen wieder verlassen hat, so ist doch durch
                              denselben mittels der Platinspitze dauernd ein zweiter elektrischer Strom
                              geschlossen, welcher ein zweites Läutewerk so lange läuten läßt, bis durch einen
                              Druck mit dem Finger auf den zweiten Arm des Doppelhebels die Spitze wieder aus den
                              Metallstreifen herausgezogen wird. Hört also der Betriebsinspector, etwa weil er augenblicklich
                              nicht da ist, das erste Signal nicht, so wird er doch das zweite vernehmen, weil nur
                              er selbst dasselbe aufhören lassen kann. (Nach dem bayerischen Industrie- und
                              Gewerbeblatt, 1875 S. 146.)
                           
                              E–e.
                              
                           
                        
                           Das Abspringen des Leimes.
                           Das Abspringen des Leimes erfolgt bekanntlich häufig bei großer Trockenheit oder wenn
                              vollends geleimte Gegenstände der Ofenwärme ausgesetzt sind. Dieser oft sehr
                              lästigen Unannehmlichkeit kann (nach dem Wochenblatt des n.-ö.
                              Gewerbevereins, 1875 S. 325) durch einen Zusatz von Chlorcalcium zum Leim vorgebeugt
                              werden. Das Chlorcalcium verhindert nämlich den Leim, bis zum spröden Zustand
                              auszutrocknen. Ein so versetzter Leim hält auch auf Glas, Metall u. dgl. und kann
                              zum Aufkleben von Etiquetten benützt werden, ohne daß diese abspringen.
                           
                        
                           Ueber die antiseptische Wirkung der Salicylsäure und der
                              Benzoësäure.
                           Entgegen den günstigen Urtheilen, welche bisher allgemein über die Wirkung der
                              Salicylsäure veröffentlicht sind (1874 214 132; 1875 215 169; 216 373; 217 136), hat Salkowsky
                              (Berliner klinische Wochenschrift, 1875 S. 297) gefunden, daß die Salicylsäure in
                              concentrirter wässeriger Auflösung die Fäulniß zwar aufschiebt, sie aber nicht zu
                              verhindern vermag; desadorisirende Eigenschaften besitzt sie nicht. Die Wirkung der
                              Salicylsäure kommt nicht durch Spaltung in Phenol und Kohlensäure zu Stande, wie Kolbe vermuthet hatte.
                           Die Benzoësäure besitzt weit stärkere antiseptische Eigenschaften wie die
                              Salicylsäure. Wenn man frisches Fleisch, feingehackt oder in größeren Stücken, in
                              concentrirter wässeriger Benzoësäurelösung aufbewahrt, so tritt eine Fäulniß
                              nach den Beobachtungen. welche sich jetzt auf über 3 Monate erstrecken, überhaupt
                              nicht ein. Die Flüssigkeit bleibt vollkommen klar und bewahrt den Geruch nach
                              Benzoësäure.
                           Für die praktische Anwendung der Salicylsäure zu äußerlichem Gebrauch kommt der
                              Umstand, daß sie die Fäulniß nicht völlig verhindert, wenig in Betracht, wenn man
                              auch immerhin das Mittel lieber nehmen will, das völlige Garantie gegen Fäulniß
                              bietet. Was der Benzoësäure aber ein entschiedenes Uebergewicht sichert, ist,
                              daß sie bedeutend billiger ist wie die Salicylsäure. Ob sie sonst bei ihrer
                              Anwendung Nachtheile gegenüber der Salicylsäure besitzt oder Vortheile gegenüber der
                              Carbolsäure, können nur klinische Erfahrungen lehren.
                           Für die innerliche Anwendung als Antisepticum oder Antizymoticum sind beide Säuren in
                              gleichem Grade ungeeignet, weil sie bei ihrer Aufnahme ins Blut in Natronsalze
                              übergehen; offenbar ist hier der Gebrauch neutraler Substanzen bei Weitem
                              vorzuziehen, welche – das ist ja die principielle Bedingung ihrer Wirksamkeit
                              – den Organismus durchlaufen, ohne eine Veränderung zu erfahren. Als Typus
                              derselben ist das Phenol (Carbolsäure) zu nennen, ferner Substitutionsproducte des
                              Phenol, die wohl alle mehr oder minder starke antiseptische Wirkung zeigen.
                           Die weiteren Versuche mit Phenol, Eisenvitriol und Chlorkalk bestätigten die
                              bisherigen Erfahrungen (1873 210 134). In 1 proc.
                              Phenollösung trat keine Fäulniß mehr ein; Eisenvitriol und Chlorkalk verzögerten die
                              Fäulniß selbst in 1 proc. Lösung nur um wenige Tage.
                           Fleck gibt in einer Broschüre (Benzoësäure,
                              Carbolsäure, Salicylsäure, Zimmetsäure. München 1875) an. daß die Salicylsäure nicht
                              zur Conservirung des Fleisches oder in der Gährungstechnik verwendbar sei.
                           
                        
                           Ueber Desinfectionsmittel.
                           Die von Erismann in Pettenkofer's Laboratorium ausgeführten Versuche erstreckten sich zunächst
                              auf die Ermittelung der in einer bestimmten Zeiteinheit seitens faulender
                              Latrinenstoffe abgegebenen Gase. Es sollte sodann geprüft werden, in wie weit diese
                              Vorgänge durch Zusatz von desinficirenden Mitteln eingeschränkt werden könnten. Es
                              wurde Koth und Harn in den Verhältnissen, in welchen sie in der Abtrittsgrube zusammentreffen,
                              wie 1 : 3, auf Kolben gefüllt und ganze Wochen hindurch gereinigte Luft darüber
                              geleitet, welche alsdann hauptsächlich auf Kohlensäure und auf Ammoniak geprüft
                              wurde. Nach diesen Vorversuchen würde eine Abtrittsgrube von 3m im Geviert und 2m hoch angefüllt, unter mittleren
                              Verhältnissen täglich 11k Kohlensäure und
                              2k Ammoniak an die benachbarte Luft
                              abgeben. Die Menge des Schwefelwasserstoffgases ist dagegen sehr gering und äußerst
                              schwankend. Sie würde für dieselben Verhältnisse kaum mehr als 33g pro Tag betragen. Dagegen wurden recht
                              ansehnliche Mengen von organischen Gasen, Kohlenwasserstoffe u. dgl. an die über die
                              faulenden Excremente streichende Luft abgegeben. Dieselben wurden durch den Zuwachs
                              der Ventilationsgase an Kohlensäure nach der Verbrennung (mittels Kupferoxyd)
                              quantitativ bestimmt, und die Resultate auf Grubengas berechnet, würden sich 7k solcher organischen Gase in 24 Stunden
                              ergeben. Nach Volume berechnet, würden sogar diese Mengen von organischen Gasen die
                              Mengen der ausgegebenen Kohlensäure überragen.
                           So groß ist also die Menge von unathembaren oder direct schädlichen Substanzen, die
                              eine einzige, mittelgroße Abtrittsgrube täglich der Atmosphäre übergibt! Man stelle
                              sich nun vor, daß das Tag aus Tag ein, Jahr aus Jahr ein so fort geht, und daß im
                              Allgemeinen jedes Haus seine Abtrittsgrube oder doch einen Ort hat, an welchem die
                              Bewohner ihre Excremente aufbewahren, – und man wird sich nicht mehr wundern
                              über den Gestank, welcher die Häuser und die Straßen unserer Städte oft zu einem
                              recht unangenehmen Aufenthalt macht. Sollte es angesichts dieser Thatsache nicht ein
                              viel verdienstlicheres Werk sein, wenn all die Vereine, die sich für
                              Leichenverbrennung gebildet haben, wenigstens einen Theil ihrer Aufmerksamkeit und
                              ihres Interesses den Abtrittsgruben zuwenden und für möglichst rasche Beseitigung
                              derselben agitiren würden. (Vgl. 1874 214 477.)
                           Sodann wurde zur Prüfung der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln auf den erörterten
                              Gasaustausch geschritten und zunächst Quecksilbersublimat, das zwar zur Desinfection
                              von Excrementen niemals Verwendung findet, aber das Prototyp eines Antisepticums
                              ist, angewendet. Die Zumischung von einer sehr großen Menge des Sublimates, 8 Proc.,
                              veränderte die alkalische Reaction der faulenden Massen in die saure; damit hörte
                              jede Ammoniakentwickelung fernerhin auf, während die Kohlensäureabgabe anfangs
                              gesteigert, sodann auf die Hälfte der früheren Größe vermindert ward. Ungefähr die
                              gleiche Verminderung ergab sich sogleich für die organischen Gase.
                              Schwefelwasserstoff wurde keiner mehr ausgehaucht, und überhaupt hatte sich der üble
                              Geruch sehr vermindert.
                           Einen ganz ähnlichen Effect hatte die Zugabe einer ansehnlichen Menge (bis über
                              Eintritt der sauren Reaction hinaus) von Eisenvitriol; Ammoniak- und
                              Schwefelwasserstoffentwickelung ward durch diesen Zusatz sistirt,
                              Kohlensäure- und Kohlenwasserstoffausgabe wesentlich eingeschränkt.
                           Auch verdünnte Schwefelsäure wirkte ähnlich, nur daß die
                              Schwefelwasserstoffentwickelung, wie auch die der Kohlensäure, vorübergehend stark
                              gesteigert wurde.
                           Für den Desinfectionsversuch mit Carbolsäure konnte leider die Differenz in der
                              Ausgabe organischer Gase nicht constatirt werden, da sie selber sich der
                              durchgesaugten Luft beimengt. Allein sie zeigte, bis zur sauren Reaction beigemengt,
                              eine Verminderung der Kohlensäure- und Ammoniakentwickelung bis zu 2
                              Dritttheilen, und eine völlige Sistirung der Ausgabe von Schwefelwasserstoff.
                           Kalkmilch veranlaßte natürlich eine große Ammoniakentwickelung, verhütete aber die
                              Entbindung der übrigen Gase sehr vollständig.
                           Gartenerde, zu gleichen Gewichtstheilen mit den Fäcalmassen vermischt, erhöhte zwar
                              eher die Kohlensäureabgabe, leistete aber in Bezug auf die anderen Gase
                              Außerordentliches. Die abgesaugte Luft war geruchlos. Aehnlich, nur viel weniger
                              intensiv wirkte die Holzkohle.
                           Dies sind im Wesentlichen die Versuchsresultate, zu welchen Erismann gelangt ist. Man sieht, daß dieselben sich auf die
                              Unschädlichmachung der chemisch nachweisbaren
                                 Ausdünstungen beschränken, während wir wissen oder vermuthen, daß
                              organisirte Keime die Hauptübelthäter in den faulenden Fäcalmassen sind. Deshalb
                              würde es natürlich voreilig sein, die Desinfectionsmittel nach solchen rein
                              chemischen Versuchen classificiren zu wollen. (Zeitschrift für Biologie, Bd. 11 S.
                              207; Naturforscher, 1875 S. 285.)
                           
                        
                           
                           Eine Verfälschung des chinesischen Thees.
                           In einer Sitzung der St. Petersburger Gouvernement-Landschaftsversammlung
                              brachte (nach Mittheilungen der Pharmaceutischen Centralhalle) Winnicki das von den Bauern im Großen betriebene Sammeln der Blätter des
                              Feuerkrautes, schmalblättrigen Weidenröschens, Epilobium
                                 angustifolium Linn. behufs Verfälschung des chinesischen Thees, sowie des
                              bereits ausgezogenen Thees zur Sprache. Hier ergab sich auch das Factum, daß diese
                              Weidenröschenblätter in beträchtlichen Quantitäten nach dem Auslande ausgeführt
                              werden. In Wien wurden vor einiger Zeit zwei größere Posten von sogen. chinesischem
                              Thee nur aus Weidenröschenblätter bestehend angetroffen.
                           Die Erkennung dieser Verfälschung ist insofern erleichtert, als die Blätter des
                              Weidenröschens viel Schleim enthalten, und der heiße dünne Aufguß dunkel gefärbt
                              ist. Der concentrirte Aufguß mit einem doppelten Volum 90 proc. Weingeist gemischt,
                              scheidet Schleimgerinsel aus, während der Aufguß des echten Thees damit eine klare
                              Mischung gibt. Während der echte Theeaufguß munter macht, bewirkt der falsche Thee
                              Ermüdung und Eingeschlafenheit der Glieder.
                           Die Blätter des Weidenröschen sind schon seit undenklichen Zeiten in Rußland von dem
                              gemeinen Manne als medicinischer Thee, unter Namen wie kaporscher Thee, kurilischer
                              Thee, gebraucht worden. Die Verwendung zur Fälschung des chinesischen Thees dürfte
                              erst in neuerer Zeit zur Ausführung gekommen sein.
                           
                        
                           Vernickelungsmittel.
                           Das Vernickelungsmittel von Plazanet (Ackermann's
                              Gewerbezeitung) besteht nach Hesz aus 87g,5 Nickelsulfat, 203 Ammoniumsulfat, 17g,5 Citronensäure und 2l Wasser.
                           Ein in Frankreich übliches Nickelbad erhält man nach Boden
                              (Mittheilung des bayerischen Gewerbemuseums) durch Lösen von 4 Th. Nickelnitrat in 4
                              Th. Ammoniakflüssigkeit und 150 Th. Wasser, in welchem 50 Th. saures schwefligsaures
                              Natrium gelöst sind. Bei Anwendung eines möglichst schwachen Stromes vollzieht sich
                              die Operation binnen wenigen Minuten; man hat nicht nöthig, dieselbe durch
                              Herausnehmen und Bürsten der Gegenstände zu unterbrechen, und es bleibt schließlich,
                              wenn man annehmen darf, daß der metallische Ueberzug stark genug ist, nur noch
                              übrig. den Gegenstand durch Abreiben mit Sägespänen zu trocknen, um denselben schön
                              und fast silberglänzend vor sich zu sehen.
                           
                        
                           Automatische Meldung der Annäherung von Eisbergen an ein
                              Schiff.
                           Um einem Schiffe eine automatische Meldung seiner Annäherung an Eisberge zu geben,
                              will R. F. Michel an den Seiten des Schiffes
                              Metallthermometer anbringen, welche in geeignete Büchsen eingeschlossen sind. Das
                              Thermometer enthält eine Spirale aus zwei verschiedenen Metallen und einen kleinen
                              Hebel, welcher sich nach rechts oder nach links bewegt, wenn die Temperatur der
                              Spirale sich erhöht oder erniedrigt. Wenn die Temperatur sinkt, so legt sich der
                              metallene Hebel auf einen kleinen Metallknopf auf und schließt dadurch eine
                              elektrische Batterie durch einen Wecker hindurch. Die Wirksamkeit des Apparates
                              stützt sich auf die ausgemachte Thatsache, daß das Wasser in weitem Umkreise um
                              einen Eisberg herum um mehrere Grade kälter ist. (Nach dem Journal of the Society of Telegraph Engineers, Bd. 3 S. 134.)
                           
                              E–e.