| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, Nr. , S. 513 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Motoren für Kleingewerbe.
                           Auf der Maschinenausstellung für Müllerei, Brauerei, Brennereibetrieb u. dgl., welche
                              mit dem am 23. und 24. August in Wien abgehaltenen internationalen Saatenmarkte
                              verbunden war, wurden auch einige interessante Maschinen für Kleingewerbe gezeigt
                              und in Betrieb gesetzt. Die bedeutendste darunter war die schon lange bekannte
                              Gasmaschine von Otto und Langen (1867 183 106; 186 90. 1868 187 1; 188 12. 1869 194 276. 1870 195 470), ausgestellt von der Wiener Filiale (Langen und Wolf) der bekannten
                              Firma „Gasmotorenfabrik Deutz, vorm. Langen, Otto und Roosen“
                              in Deutz bei Cöln.
                           Die 2pferdige Ausstellungsmaschine zeigte einige bemerkenswerthe Neuerungen, von
                              welchen speciell die Steuerung erwähnt zu werden verdient. Dieselbe ist nämlich
                              direct von dem Regulator abhängig gemacht, und es war interessant zu sehen, wie die
                              leerlaufende Ausstellungsmaschine nach jedem Hube 1 bis 2 Minuten lang pausirte,
                              während welcher Zeit das Schwungrad ruhig weiterlief, und erst bei dessen Ermatten
                              der Regulator zu einem neuen Hube Gas zuließ.
                           Sobald jedoch das Schwungrad gebremst wurde, folgten sich in raschem und regelmäßigem
                              Verlaufe die Hübe der Maschine, mit bemerkenswerther Ruhe und theilweiser Vermeidung
                              jenes unangenehmen Geräusches, das bei den älteren Gasmaschinen dieses Systemes so
                              störend war. Zu diesem Zwecke war auch für die aufschnellende Zahnstange eine
                              rückwärtige Führung angebracht, die nun wohl bei allen derartigen Maschinen zur
                              Anwendung kommen wird.
                           Ein zweiter in der Rotunde des Weltausstellungspalastes von 1873 (dies war nämlich
                              die imposante Stätte der erwähnten Ausstellung) im Betrieb befindlicher Motor für Kleingewerbe war die
                              „Wassersäulenmaschine mit Expansion“ des Civilingenieurs
                              Ph. Mayer in Wien.Diese Maschine war bereits auf der Wiener Weltausstellung 1873 erschienen.
                                    (Officieller Generalcatalog 2. Aufl. S. 534 Nr. 177.) Der Mechanismus dieser kleinen Maschine, Kolben, Steuerung und Schieber
                              stimmt vollkommen mit denjenigen einer gewöhnlichen Dampfmaschine überein, nur daß
                              an dem Schieberkasten und über beiden Cylinderenden Windkessel angebracht sind,
                              welche stets mit Luft gefüllt bleiben. Dadurch wird die Unzusammendrückbarkeit des
                              Wassers paralisirt und ermöglicht, durch die Steuerung sowohl eine kleine Expansion
                              (circa 10 Proc.) als auch Compression und Voreintritt zu geben. Speciell letzteres
                              ist wesentlich für einen guten und stoßfreien Gang, und so sehen wir denn auch
                              dieses Maschinchen mit einer Geschwindigkeit von 200 und Mehr Touren anstandslos
                              arbeiten.
                           Zum rationellen Betrieb gehört eine Spannung des Druckwassers von einigen
                              Atmosphären, wie dies ja bei größeren Wasserversorgungsanlagen überall zur Verfügung
                              steht. Daten über den Nutzeffect liegen noch keine vor; derselbe mag aber immerhin
                              günstiger sein wie bei gewöhnlichen Wassersäulenmaschinen. Mehrere dieser
                              Maschinchen sind in Wien bereits zur Anwendung gekommen (besonders zum Betriebe von
                              Aufzügen) und haben sich, wie zu erwarten stand, vollkommen bewährt. Die Kosten des
                              Betriebes stellen sich bei den hohen Preisen der Wiener städtischen Wasserleitung
                              selbstverständlich höher wie bei Dampf- oder Gasmaschinen.
                           
                              M.
                              
                           
                        
                           Todd's
                              Dampf-Tramwaywaggon.
                           Bei dem raschen Aufschwunge, welchen in fast allen größeren Städten die Tramwaybahnen
                              genommen haben, ist es wohl erklärlich, daß zahlreiche Versuche gemacht werden, den
                              so kostspieligen Betrieb mit Pferden durch unbelebte Motoren zu ersetzen. Denn außer
                              der theuren Unterhaltung, welche bei einem Tramwaywaggon wenigstens 10 bis 12 M.
                              täglich zur Ernährung der zum Ziehen verwendeten Pferde beträgt, hat auch die rasche
                              Abnützung des Pferdemateriales und das Risico bei epidemischen Krankheiten einen
                              ganz bedeutenden Einfluß auf die Durchschnittsrentabilität dieses Verkehrssystemes.
                              Wenn man dem entgegen setzt, daß beim Ersatz der Pferde durch Dampfkraft eine
                              Maschine von 4 bis 6e pro Wagen im Tag
                              höchstens für 5 M. Kohlen verbrauchen würde, so ist begreiflich, daß man die
                              Dampfkraft als Motor für Tramwaybetrieb anzuwenden suchte.
                           Die zahlreichen Versuche aber, bei welchen man nach dem Vorgange der Eisenbahnen, die
                              Waggons durch kleine Locomotiven ziehen wollte, mußten schon deshalb verunglücken,
                              als die Gefahr und die Unannehmlichkeiten eines in den Straßen verkehrenden und
                              geheizten Dampfkessels als unzulässig erschienen. Außerdem waren aber auch die
                              ökonomischen Resultate durchaus nicht der Art, zum Fortschreiten auf der betretenen
                              Bahn zu ermuthigen, und dies erklärt sich leicht durch die kostspielige Bedienung
                              und den geringen Nutzeffect dieser kleinen Locomotivkessel.
                           Nichts destoweniger sind wir der festen Ueberzeugung, daß man auch beim Betriebe der
                              sogen. Tramways schließlich auf die Verwendung der Locomotiven kommen wird, –
                              wollen aber in der Zwischenzeit nicht unterlassen, vorkommende Novitäten auf diesem
                              Gebiete den Lesern dieses Journals vorzuführen.
                           Als solche verdient besonders die Todd'sche Construction
                              eines Tramwaywaggons mit Dampfbetrieb Erwähnung, wie sie zuerst im Engineer, April 1875 S. 240, veröffentlicht wurde, und
                              dann mehrfache Besprechung in englischen und amerikanischen Journalen fand.
                           Falls dieselbe, wie zu erwarten steht, ausgeführt werden sollte, werden wir nicht
                              verfehlen, darauf zurückzukommen und eine nähere Darstellung derselben zu geben.
                              Vorläufig möge nur erwähnt werden, daß die Grundidee, welche ursprünglich von Dr. Lamb in
                              New-Orleans aufgestellt und praktisch erprobt wurde, darin besteht, den
                              Waggon mittels einer Dampfmaschine zu betreiben, die ihren Dampf aus einem
                              Accumulatorkessel nimmt, welcher nur an den festen Haltestationen mit hocherwärmtem
                              Wasser gefüllt wird. Wenn sonach die ursprüngliche Idee schon älteren Datums ist, so
                              verdient doch speciell die Anordnung und Durchführung der ganzen Einrichtung alles
                              Interesse.
                           
                           Der Todd'sche Waggon wird in seinem Aeußeren nur durch den
                              auspuffenden Dampf die Existenz einer Maschine verrathen, denn alle Bewegungstheile
                              sind vollkommen verdeckt, und außer dem geschlossenen Wagenkasten und den auf dem
                              Verdeck befindlichen Sitzen sind nur die an beiden Enden angebrachten Hebel für den
                              Führer bemerkbar. Unter dem Boden des Wagens, und oberhalb der Achsen liegen der
                              Länge nach zwei mit einander verbundene Dampfkessel, welche durch mehrfache
                              Umhüllung so gut als irgend möglich gegen Abkühlung geschützt sind. Außerhalb der
                              Räder sind diese Kessel auf einen elliptischen Querschnitt erweitert und erhalten so
                              einen Fassungsraum von zusammen ca. 2cbm.
                           Am einen Ende des Wagens sind an diese elliptischen Kesseltrommeln die Dampfcylinder
                              (von 230mm Durchmesser und 203mm Hub) außen angeschraubt, und erhalten
                              durch Verbindung mit den Kesseln eine Umhüllung durch das Kesselwasser. Von den
                              Cylindern werden dann, ganz analog den Locomotivmaschinen, das vordere Räderpaar
                              (durch in den Rädern sitzende Kurbelzapfen) und von diesen das hintere Räderpaar
                              durch Kuppelstangen angetrieben; dieser ganze Mechanismus jedoch ist durch eine
                              aufzuklappende Wand verdeckt. Die Steuerung mittels Coulisse, sowie die Einrichtung
                              der an beiden Enden symmetrisch angebrachten Führerstände mit Regulatorhebel und
                              Reversirhebel bedarf keiner näheren Beschreibung.
                           Das Gewicht des leeren Waggons soll 64 Ctr. betragen, dazu für 20 Passagiere 30 Ctr.
                              und für den ganzen Kesselinhalt voll Wasser circa 36 Ctr., wird das Gesammtgewicht
                              auf den 4 Rädern von 609mm Durchmesser etwa
                              130 Ctr.
                           Wird der Kessel an der Endstation mit Wasser von 200° Temperatur –
                              entsprechend circa 15 Atmosphären Dampfspannung – gefüllt, so kann der aus
                              dem Kessel in die Cylinder expandirende Dampf gewiß, wie der Erfinder beansprucht,
                              auf ebener Bahn 15 bis 20km weit zur
                              Bewegung des Wagens ausreichen; bei nur mäßigen Steigungen ändert sich das aber
                              gewaltig, und es ist selbst sehr fraglich, ob das ganze, wegen der großen stabilen
                              Kesselanlagen noch besonders vertheuerte System ökonomisch günstige Resultate
                              ergeben kann, wenn man die große todte Last, welche fortwährend mitgeschleppt werden
                              muß, berücksichtigt.
                           Jedenfalls aber kann man, wenn das System ausgeführt und praktisch erprobt wird, ganz
                              interessante und nützliche Resultate erwarten.
                           
                              Fr.
                              
                           
                        
                           Elektrisches Licht für Locomotiven.
                           Auf der Moskau-Kursk-Eisenbahn werden Experimente über die
                              Anwendbarkeit von elektrischem Licht für Locomotiven gemacht, welche bisher ein sehr
                              günstiges Resultat ergeben haben sollen. Der Apparat besteht aus 48 Elementen und
                              beleuchtet die Strecke auf eine Distanz von 500 bis 600m.
                           Vielleicht ließen sich bei Anwendung einer Gramme'schen
                              (1873 208 166) Maschine oder einer Maschine der kleineren
                              Art von Hefner-Alteneck (1875 217 264), welche mit irgend einem Bewegungstheile der
                              Locomotive in Verbindung zu bringen und in Gang zu setzen wäre, noch vortheilhaftere
                              Resultate erreichen; jedenfalls verdient diese Einrichtung, welche wesentlich zur
                              Erhöhung der Sicherheit im Nachtdienste beitragen würde, und früher oder später
                              gewiß eingeführt werden wird, einige Aufmerksamkeit.
                           
                              M-M.
                              
                           
                        
                           Elektrischer Apparat zum Aufzeichnen von
                              Geschwindigkeiten.
                           W. Groves in London hat einen Apparat construirt, welcher
                              mittels Elektricität die Geschwindigkeit verzeichnet und neulich bei den Versuchen
                              mit continuirlichen Bremsen auf der Midland Eisenbahn (vergl. S. 252) benützt wurde.
                              Der Apparat enthält ein von einem Gewicht getriebenes Räderwerk zur Bewegung des
                              Papierstreifens, auf welchem die Geschwindigkeit verzeichnet werden soll. An dem
                              Gestell sind in passender Stellung zwei Elektromagnete angebracht, deren Anker aus
                              weichem Eisen an einem gebogenen und in eine Spitze auslaufenden Hebel sitzen. Die
                              Spitzen der Hebel treten von oben in ein Tintengefäß ein; wenn nun die
                              Elektromagnete ihre Anker anziehen, so treten die Spitzen durch Löcher im Boden des
                              Gefäßes hindurch und
                              nehmen dabei so viel Tinte mit, als nöthig ist, um einen Punkt auf den
                              Papierstreifen zu machen. Die erwähnten Löcher sind aber so fein, daß bei nicht
                              angezogenem Anker die Tinte in Folge der Capillaranziehung nicht austreten kann. Das
                              Gefäß ist durch eine Scheidewand in zwei Abtheilungen getheilt, von denen die eine
                              mit rother, die andere mit schwarzer Tinte gefüllt ist.
                           Der eine Elektromagnet ist mit einer halbe Secunden schlagenden Uhr verbunden, und so
                              oft das Pendel über ein genau unter seinem Aufhängepunkte aufgestelltes
                              Quecksilbernäpfchen hinweggeht, wird der Kreis einer elektrischen Batterie
                              geschlossen, und die halben Secunden werden auf dem Papierstreifen durch rothe
                              Punkte markirt. Der andere Elektromagnet wird mit den in geeigneten Abständen von
                              einander entlang der Bahn angebrachten Contacten in Verbindung gesetzt, mittels
                              deren die zur Ermittelung der Geschwindigkeit dienenden schwarzen Punkte auf dem
                              Streifen gemacht werden. Wenn man daher die Anzahl der rothen Marken halber Secunden
                              zwischen zwei schwarzen Punkten zählt, so kann man die Geschwindigkeit angeben,
                              welche zwischen den beiden zugehörigen Contacten stattgefunden hat. Ebenso leicht
                              läßt sich aber auch die Zu- und Abnahme der Geschwindigkeit aus den
                              aufgezeichneten Punkten entnehmen. (Nach Engineering,
                              August 1875 S. 115.)
                           
                              E–e.
                              
                           
                        
                           Die Telegraphie als Unterrichtsgegenstand an polytechnischen
                              Schulen.
                           Die unter dieser Ueberschrift in diesem Journal (1875 217
                              156) enthaltene kurze Notiz hat Anlaß gegeben, daß wir darauf hingewiesen worden
                              sind, Aachen sei nicht die erste polytechnische Schule
                              gewesen, welche die Telegraphie als „besonderen ordentlichen
                                 Unterrichtsgegenstand“ eingeführt habe. Und in der That ist dieser
                              Hinweis durch den Wortlaut jener Notiz formell gerechtfertigt. Indessen
                              beabsichtigten wir gar nicht der Einführung der Telegraphie als
                              „ordentlichen“ oder
                              „außerordentlichen“ Unterrichtsgegenstand das Wort zu
                              reden, sondern einer planmäßigen und gründlichen theoretischen Vorbildung der
                              Telegraphen-Ingenieure. Den äußeren Anstoß dazu bot jene günstige Aeußerung
                              des telegraphischen Fachblattes „The Electrical
                                    News“ über die Einrichtung in Aachen. Allein weder das, was
                              Aachen bietet, noch das was u.a. in Hannover seit dem Herbst 1869 geboten wird, ist
                              nach unserer Ansicht ausreichend, sondern die Einrichtung eines vollständigen
                              Telegraphen-Curses erforderlich, ganz gleichgeordnet den übrigen Zweigen des
                              Ingenieurwesens. In dieser Meinung aber werden wir durch den Umstand nur noch
                              bestärkt, daß auf der jüngsten Telegraphen-Conferenz in St. Petersburg auch
                              die Gründung einer internationalen Telegraphenschule zur
                              Sprache gebracht worden ist.
                           
                              J. Z-n.
                              
                           
                        
                           Eine neue Quelle des Magnetismus.
                           Eine neue Quelle des Magnetismus hat Donato Tommasi in
                              einer kürzlich (am 29. April 1875) der Akademie der Wissenschaften in Frankreich
                              vorgelegten Abhandlung beschrieben. Wenn ein Dampfstrahl von 5 bis 6at durch ein schraubenförmig um einen
                              Eisencylinder gewundenes Kupferrohr von 2 bis 3mm Durchmesser strömt, so wird der Eisenstab stark magnetisch und eine
                              einige Centimeter von dem „Dampfmagnete“ befindliche eiserne
                              Nadel wird lebhaft angezogen und magnetisirt.
                           Mit dem Absperren des Dampfstromes hört selbstverständlich die magnetisirende
                              Eigenschaft des Rohres auf.
                           In der Sitzung vom 3. Mai der Akademie sprach sich Maumené dahin aus, daß diese wichtige Erscheinung wohl anders
                              erklärt werden müsse, als es Tommasi thue. Die Wärme
                              wirke hier nicht in der Weise, daß man von einer „neuen
                                 Magnetismusquelle“ reden könne; sie erzeuge nur Elektricität, einen
                              thermo-elektrischen Strom, welcher den beobachteten Magnetismus hervorrufe.
                              Der Strom werde erzeugt durch den Temperaturunterschied zwischen der inneren
                              Oberfläche der vom Dampf durchströmten kupfernen Spirale und deren der Luft
                              ausgesetzten äußeren Oberfläche. Tommasi müsse den Strom
                              und folglich die Magnetpole umkehren, wenn er die äußere Oberfläche des Rohres
                              erhitze und die innere abkühle. Dazu sei blos nöthig, die Spirale in eine metallene,
                              von Dampf durchströmte Büchse einzuschließen, durch die Spirale selbst aber einen
                              Wasserstrom gehen zu lassen. Die Wärme mache den Magnetismus bekanntlich verschwinden; es
                              erscheine daher unmöglich, Magnetismus mittels derselben hervorzurufen; auf die eben
                              angegebene Weise aber lasse sich die Erscheinung leicht erklären.
                           
                        
                           Die Reinigung der Rauchröhren bei Dampfkesseln.
                           Die Reinigung der Rauchröhren von der innen angesetzten Flugasche kann (nach dem Engineering and Mining Journal) in vortheilhafter Weise
                              mit Dampf geschehen, statt der jetzt zu diesem Zwecke
                              gewöhnlich verwendeten Haken oder Bürsten u. dgl. Ein mit der Dampfleitung
                              verbundenes biegsames Rohr wird vorne mit einem Mundstück geschlossen, das aus drei
                              dünnen, um einen halben Schraubengang verdrehten Röhrchen besteht. Dadurch erhält
                              der austretende Dampf einen gewissen Draht und putzt die Wände vollkommen rein.
                           Ein ähnliches Verfahren wird seit einiger Zeit von Piedboeuf und bei den Meyn'schen Kesseln mit Erfolg angewendet
                              (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1875 S. 64).
                           
                        
                           Bewegliche Böden bei Bessemerretorten.
                           Bisher wurde die Erfindung der beweglichen Böden bei Bessemerapparaten als eine
                              amerikanische (vergl. Holley, 1873 207 397. 1875 215 105) oder englische
                              betrachtet, während dieselbe nach Tunner (Zeitschrift des
                              berg- und hüttenmännischen Vereins für Kärnten, 1875 S. 233) in Wirklichkeit
                              von Schmidthammer in Neuburg herrührt, welcher bereits
                              1865 mit auswechselbaren Böden zu arbeiten begonnen. Von dort dürfte der Gebrauch
                              der beweglichen Böden nach Amerika übertragen worden sein (wo sich die Entwickelung
                              der Bessemerhütten nachweislich erst aus dem Jahre 1867 datirt) – in der
                              Weise verbessert, daß zwischen der Seitenwand des Converters und dem eingesetzten
                              Boden ein nach außen sich erweiternder schmaler Zwischenraum gelassen wird, welcher
                              mit Ausnahme der einzelnen Verbindungsschrauben, durch welche der bewegliche Boden
                              mit dem Converter verbunden ist, von außen frei und somit zugänglich bleibt. Der
                              außerhalb stehende Arbeiter kann bei dieser Einrichtung den offenen ringförmigen,
                              nach Innen keilförmig zulaufenden Zwischenraum mit plastischen Ballen und trockenem
                              Ganister entsprechend dicht ausstampfen, ohne den Boden feucht zu machen, und
                              während das Innere des Converters noch rothglühend ist. Die ganze Operation ist in
                              weniger als 1 Stunde vollendet. Die Production der amerikanischen Bessemerhütten ist
                              denn auch eine außerordentlich große (1874 213 257),
                              wodurch der Zinsenbetrag vom Anlagecapital, auf den Centner der Erzeugung bezogen,
                              auf ein Minimum gebracht wird. Indeß sind viele europäische Hütten, namentlich
                              diejenigen, welche das flüssige Roheisen dem Hohofen entnehmen, an eine beschränkte
                              Chargenzahl gebunden.
                           
                        
                           Neues Verfahren, jede Spur Gold und Silber aus der bei der
                              galvanischen Vergoldung und Versilberung der Metalle unbrauchbar gewordenen
                              Flüssigkeit wieder zu gewinnen; von Prof. Böttger.
                           Man bringt die goldarmen Flüssigkeiten in Porzellangefäßen zum Sieden, versetzt sie
                              dann mit einer Lösung von Zinnoxydulnatron, und erhält sie so lange im Sieden, bis
                              alles Gold, in Verbindung mit Zinn, als ein feiner, intensiv schwarz gefärbter
                              Niederschlag sich ausgeschieden hat. Dieser Niederschlag wird nun etwas ausgesüßt
                              und dann in Königswasser gelöst. Die hierbei resultirende Flüssigkeit besteht aus
                              einem Gemisch von Goldchlorid und Zinnchlorid; dampft man diese vorsichtig etwas ab,
                              verdünnt sie mit destillirtem Wasser und versetzt sie mit einer hinreichenden
                              Quantität von weinsaurem Kali-Natron und erwärmt das Ganze, dann scheidet
                              sich jede Spur Gold in Gestalt eines sehr zarten bräunlichgelben Pulvers ab, während
                              das Zinn gelöst bleibt. Bei silberhaltigen
                              Cyanverbindungen reicht schon das bloße anhaltende Sieden unter Zusatz von
                              Zinnoxydulnatron hin, um jede Spur Silber daraus abzuscheiden. (Polytechnisches
                              Notizblatt, 1875 S. 260.)
                           
                        
                           
                           Ueber die Trennung des Zinns von Antimon und Arsen; von Cl.
                              Winkler.
                           Die bisher bekannten Methoden zur quantitativen Trennung des Zinns von Antimon und
                              Arsen sind theils ungenau, theils umständlich und daher für technische
                              Untersuchungen, bei denen es nicht nur auf Genauigkeit sondern auch auf rasche
                              Erlangung des Resultates ankommt, unzulänglich. Nachdem sich Verf. durch eine große
                              Anzahl von Versuchen überzeugt hatte, daß die Trennung mit Schwefelsäure,
                              Phosphorsäure, Ammoniak, Natriumcarbonat und Kaliumcarbonat keine befriedigenden
                              Resultate liefert, empfiehlt er (Zeitschrift für analytische Chemie, 1875 S. 156)
                              folgendes Verfahren.
                           Ist eine Legirung zu untersuchen, so löst man diese nach hinlänglicher Zerkleinerung
                              in 4 Th. Salzsäure, 1 Th. Salpetersäure und 5 Th. Wasser unter Zusatz von so viel
                              Weinsäure auf, daß eine klare Lösung entsteht, die, ohne sich zu trüben, verdünnt
                              werden kann. Liegt dagegen ein Schwefelwasserstoffniederschlag vor, so sammelt man
                              diesen auf einem Filter, löst ihn nach dem Auswaschen in verdünnter Kalilauge auf,
                              versetzt die Lösung mit Weinsäure und oxydirt dann mit so viel Brom oder Chlorgas,
                              daß dieses schließlich schwach vorwaltet. Hierauf wird die Lösung mit Salzsäure
                              neutralisirt. In beiden Lösungen befindet sich nun Zinn, Arsen und Antimon im
                              Zustande der höchsten Oxydation. Zur Abscheidung des Zinns bringt man die
                              betreffende Lösung in ein Becherglas, verdünnt auf 300 bis 400cc, setzt so viel einer Chlorcalciumlösung
                              von bekanntem Gehalte zu, daß der hinterher daraus gefällte kohlensaure Kalk das
                              vorhandene Zinn um ungefähr das 15fache an Gewicht übersteigt, neutralisirt mit
                              Kaliumcarbonat, fügt Cyankalium zu und versetzt hierauf die Flüssigkeit mit einem
                              kleinen Ueberschuß an kohlensaurem Kalium, so daß der vorhandene Kalk zur
                              vollkommenen Ausfällung gelangt. Nun erhitzt man zum beginnenden Kochen, wobei der
                              Niederschlag eine außerordentliche Volumverminderung erleidet und sich in dichtes,
                              körniges Calciumcarbonat verwandelt. Nach dem Abklären, welches in wenigen Minuten
                              erfolgt ist, gießt man, ohne den Niederschlag aufzurühren, die Flüssigkeit durch ein
                              Filter, behandelt den Niederschlag mit frischem Wasser, womit man ihn einmal
                              aufkocht, läßt abermals absitzen und gießt nun auch diese erste Waschflüssigkeit
                              durch das Filter ab. Auf diese Weise hat man sich der Hauptmenge des Antimons
                              entledigt. Den im Becherglase verbliebenen Niederschlag löst man jetzt in wenig
                              concentrirter Salzsäure, setzt noch etwas Weinsäure zu, neutralisirt wiederum mit
                              Kaliumcarbonat und fällt zum zweitenmale mit Cyankalium. Nach abermaligem Kochen
                              setzt man die Filtration durch das erste Filter fort, gibt dann nach einander drei
                              frische Wasseraufgüsse, wobei nach jedem das Ganze aufs Neue zum Kochen erhitzt
                              werden muß, und bringt schließlich den Niederschlag aufs Filter, wo man das
                              Auswaschen vervollständigt.
                           Man hat jetzt alles vorhanden gewesene Arsen und Antimon im Filtrat, alles Zinn neben
                              einem beträchtlichen Ueberschuß von Calciumcarbonat im Niederschlage. Diesen
                              trocknet man, verbrennt das Filter, bringt Alles in einen Porzellantiegel und
                              erhitzt zum heftigen Glühen. Man erhält dabei ein Gemenge von Aetzkalk,
                              Calciumcarbonat und Zinnoxyd, welches letztere nun nicht allein eine Verdichtung
                              erlitten hat, sondern auch in den unlöslichen Zustand übergegangen ist. Um ihm den
                              beigemengten Kalk zu entziehen, bringt man den geglühten Niederschlag in ein kleines
                              Becherglas, befeuchtet ihn mit Wasser und übergießt ihn hierauf mit verdünnter
                              Salpetersäure. In wenigen Minuten ist aller Kalk in Lösung gegangen, während das
                              Zinnoxyd sich am Boden des Glases als gelblichweißes Pulver ablagert. Man sammelt es
                              auf einem kleinen Filter und unterwirft es nach erfolgtem Auswaschen einer
                              nochmaligen Glühung, worauf es gewogen wird.
                           Aus dem Filtrat fällt man Arsen und Antimon zweckmäßig durch Schwefelwasserstoff und
                              trennt diese Sulfide in bekannter Weise.
                           
                        
                           Australische Goldprobe für Kiese; von G. Ullrich.
                           Man röstet eine Probe von etwa 1k Gewicht
                              todt, bringt sie in einen Eisenmörser, rührt mit Wasser zu einem steifen Brei an,
                              fügt einen Eßlöffel voll Quecksilber hinzu, reibt mit dem Pistill, fügt nach einiger Zeit
                              dieselbe Menge Quecksilber hinzu, reibt, gibt dann einen Zusatz von heißem Wasser,
                              Soda und 5 bis 6 Löffel voll Quecksilber, worauf man einige Zeit die Masse
                              zusammenreibt, dieselbe in einer emaillirten Schale schlämmt, das Amalgam sammelt
                              und destillirt. Man erhält so 80 bis 90 Proc. von der Goldmenge, welche durch die
                              Feuerprobe erfolgt. (Berg- und hüttenmännische Zeitschrift, 1875 S. 311.)
                           
                        
                           Stärkemehlgehalt verschieden großer Kartoffelknollen.
                           Die Untersuchungen von E. Pott (Wiener
                              landwirthschaftliche Zeitung, 1875 S. 168) gaben das bemerkenswerthe Resultat, daß
                              der Gehalt an Stärkemehl mit der Größe der Knollen steigt und fällt. So zeigten z.B.
                              20 verschieden große Knollen einer rothen Kartoffelsorte folgenden
                              Stärkemehlgehalt.
                           
                              
                                 Nr.
                                 Gewichtg
                                 StärkemehlgehaltProc.
                                 Nr.
                                 Gewichtg
                                 StärkemehlgehaltProc.
                                 
                              
                                   1
                                 102,38
                                 19,41
                                 11
                                 45,52
                                 18,70
                                 
                              
                                   2
                                   90,55
                                 18,70
                                 12
                                 43,46
                                 18,46
                                 
                              
                                   3
                                   76,13
                                 21,57
                                 13
                                 35,58
                                 16,35
                                 
                              
                                   4
                                   70,87
                                 19,89
                                 14
                                 35,47
                                 17,28
                                 
                              
                                   5
                                   63,81
                                 19,41
                                 15
                                 31,34
                                 16,58
                                 
                              
                                   6
                                   65,52
                                 17,05
                                 16
                                 29,11
                                 16,81
                                 
                              
                                   7
                                   53,81
                                 19,41
                                 17
                                 25,19
                                 16,35
                                 
                              
                                   8
                                   50,31
                                 17,75
                                 18
                                 24,59
                                 18,94
                                 
                              
                                   9
                                   48,74
                                 17,75
                                 19
                                 17,36
                                 16,35
                                 
                              
                                 10
                                   45,83
                                 18,94
                                 20
                                 17,17
                                 16,12
                                 
                              
                           Die zehn größten Knollen haben einen durchschnittlichen Gehalt von 19 Proc., die zehn
                              kleinsten einen solchen von 17,2 Proc. Stärkemehl. Diese Erscheinung ist von dem
                              größten praktischen Interesse und verdient um so mehr berücksichtigt zu werden, als
                              man vielfach fälschlich annimmt, daß die mittelgroßen Knollen jeder
                              Kartoffelvarietät am stärkereichsten seien.
                           Aus vorliegenden Untersuchungen ergibt sich, daß zum Pflanzen und in Brennereien
                              stets nur möglichst große Kartoffelknollen verwendet
                              werden sollten; als Futter- und Speisekartoffeln würden jedoch die kleinen
                              Knollen vorzuziehen sein, da diese relativ stickstoffreicher sind.
                           
                        
                           Modification der Stickstoffbestimmung nach Will und
                              Varrentrapp; von Thibault.
                           Der Apparat hierzu besteht aus einer eisernen Röhre von 20mm innerem Durchmesser und 90cm Länge,
                              welche man in einen gewöhnlichen Gasverbrennungsofen legt, so daß jedes Ende noch um
                              15cm herausragt. Das Rohr ist an beiden
                              Enden mit durchbohrten Korken verschlossen, in welchen kurze Glasröhren stecken. Das
                              hintere Ende kann mit einem Wasserstoffentwickelungsapparate verbunden werden. Um
                              die innere Fläche des eisernen Rohres zu reinigen, leitet man zuerst einen
                              Wasserstoffstrom durch und erhitzt das Rohr seiner ganzen Länge nach zum Glühen.
                              Darauf läßt man erkalten und bringt eine Schicht grobkörnigen Natronkalk hinein,
                              welcher die ganze innere Weite des Rohres auf eine Länge von 35cm ausfüllt. Man schiebt vor und hinter den
                              Natronkalk zwei Eisendrahtspiralen, welche jenen an seiner Stelle halten. In den
                              leeren Raum hinter den Natronkalk wird ein Eisenblechschiffchen gebracht, welches
                              man mittels eines Eisendrahtes herausziehen und hineinschieben kann. Dasselbe ist
                              etwa 20cm lang.
                           
                           Man füllt nun das Schiffchen zu 3/4 mit pulverförmigem Natronkalk, leitet einen Strom
                              Wasserstoff hindurch und glüht etwa 10 Minuten lang. Dann löscht man die Flammen
                              aus, und sobald sich das Rohr genügend abgekühlt hat, unterbricht man den
                              Wasserstoffstrom, zieht das Schiffchen heraus, setzt es auf ein reines Kupferblech,
                              nimmt mittels eines Platinlöffels einen Theil des Natronkalkes heraus, schüttet
                              denselben in eine Messinghülse, bringt die zu untersuchende Substanz auf den im
                              Schiffchen gebliebenen Rest des Natronkalkes, schüttet den herausgenommenen Antheil
                              darauf, schiebt das Schiffchen rasch in die Verbrennungsröhre, welche vorher mit dem
                              Ammoniakabsorptionsrohr verbunden war, verschließt jene und setzt den
                              Wasserstoffstrom wieder in Gang. Die Verbrennung geschieht dann wie gewöhnlich,
                              indem man das Schiffchen vom vorderen nach dem hinteren Ende zu erhitzt. Das Ende
                              der Analyse sieht man durch Vergleichung der Gasblasen in der Waschflasche mit denen
                              im Stickstoffapparate. Nach Entfernung des letzteren erhitzt man das Rohr im
                              Wasserstoffstrom eine Zeit lang zum starken Glühen, um die im Natronkalk
                              condensirten Kohlenwasserstoffe zu verjagen, schiebt nach geeigneter Vorbereitung
                              ein neues Schiffchen hinein u.s.f. (Chemisches Centralblatt, 1875 S. 553.)
                           
                        
                           Zur Constitution des Chlorkalkes.
                           Kopfer (Liebig's Annalen, Bd. 177 S. 314) hat Versuche
                              über die Einwirkung von Mineralsäuren auf den Chlorkalk gemacht, aus denen er
                              schließt, daß entweder Gay-Lussac's oder Odling's Hypothese (1874 211
                              33) über die Constitution des Bleichkalkes angenommen werden müsse, nicht aber die
                              von Göpner (1873 209 204) und
                              Wolters (1874 214
                              140).
                           
                        
                           Violettes Ultramarin; von Lüssy.
                           Das Untersuchungsobject stammt von der Wiener Ausstellung, auf welcher zum erstenmal
                              rein violettes Ultramarin zu sehen war. Dasselbe
                              stellt ein Pulver von hellvioletter Nüance dar, welches, auch unter dem Mikroskop
                              betrachtet, ziemlich homogen erscheint; jedenfalls lassen sich nicht zwei ganz
                              verschiedenartige Substanzen wahrnehmen, etwa eine blaue und eine rothe gemischt,
                              wie man das vielleicht vermuthen könnte. Alkohol zieht nichts heraus, selbst beim
                              Kochen. Durch Säuren wird dasselbe, wie alle Ultramarine, unter
                              Schwefelwasserstoffentwickelung sogleich zersetzt. Gegen Alaunlösung, selbst gegen
                              sehr verdünnte, ist dieses violette Ultramarin absolut unbeständig. In der Wärme
                              wird es von derselben schon nach einigen Augenblicken entfärbt, in der Kälte geht
                              die Entfärbung langsamer vor sich; es wird zunächst lilafarben und dann nach und
                              nach immer heller, bis nach Verlauf von etwa zwei Tagen die ganze Masse vollkommen
                              weiß geworden ist. Dies Verhalten des rein violetten Ultramarins ist ziemlich
                              eigenthümlich, indem im Gegensatze hierzu diejenigen mit mehr röthlichem Stich gegen
                              Alaun verhältnißmäßig resistenzfähig sind. Die Alkalien wirken sehr verschieden ein.
                              Ammoniak und kohlensaures Natrium bewirken gar keine Veränderung, weder in der Kälte
                              noch in der Hitze, dagegen zeigt Natronlauge eine sehr interessante Reaction. Wird
                              nämlich dieses violette Ultramarin mit Natronlauge erhitzt, so verwandelt sich
                              dasselbe in ein schön blaues Pulver und in die Lösung geht Schwefel und Kieselsäure.
                              Es kam nun darauf an zu sehen, ob dieser blaue Rückstand die mittlere
                              Zusammensetzung von gewöhnlichem blauem Ultramarin habe und dieselben Eigenschaften
                              wie dieses zeige. Vorerst mußte aber eine genaue quantitative Untersuchung die
                              Zusammensetzung des violetten Ultramarins kennen lehren. Qualitativ wurden im
                              violetten Ultramarin: Kieselsäure, Schwefelsäure, Schwefel, Thonerde, Natron und
                              Kalk nachgewiesen. Eisen ist keines darin, Kali nur in unwägbaren Quantitäten; auch
                              freier Schwefel konnte nicht nachgewiesen werden und ebensowenig
                              unterschwefligsaures Natrium. Heißes Wasser zieht aus demselben schwefelsaures
                              Natrium aus, welches blos als Verunreinigung vorhanden ist, indem nachher das
                              Ultramarin ebenso schön violett aussieht wie vorher. 1g,703 violettes Ultramarin verloren durch
                              Auswaschen an Gewicht 0g,219, also 12,85
                              Proc. Dieses reine violette Ultramarin gab bei der Analyse folgendes Resultat:
                           
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 47,23
                                 
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 1,88
                                 
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 20,93
                                 
                                 
                              
                                 Natron
                                 19,28
                                 
                                 
                              
                                 Kalk
                                 1,97
                                 
                                 
                              
                                 α Schwefel
                                 0,82
                                 (mit HCl als H₂S austreibbar.)
                                 
                              
                                 β Schwefel
                                 9,25
                                 (als BaSO₄ aus dem Rückstand bestimmt.)
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 101,36
                                 
                                 
                              
                           Dieses violette Ultramarin wurde nun, wie gesagt, mit Natronlauge gekocht, wobei ein
                              schön hellblaues Pulver zurückblieb.
                           4g,783 violetten Ultramarins verloren 0g,625 an Gewicht; es ergibt sich also ein
                              Verlust von 13,06 Proc. Von diesen bestehen, wie die Analyse zeigte, 12,44 Proc. in
                              Kieselsäure und 0,62 Proc. in Schwefel.
                           Die zurückgebliebene blaue Substanz (4g,158)
                              wurden nun ebenfalls untersucht, und es ergaben sich Zahlen, welche mit der
                              ausgetretenen Kieselsäure und dem ebenfalls ausgetretenen Schwefel zusammen die oben
                              mitgetheilte Zusammensetzung des violetten Ultramarins ausmachten.
                           Wie man hieraus ersieht, hat also dieses blaue Pulver noch vollkommen die
                              Zusammensetzung eines gewöhnlichen blauen Ultramarins und muß auch nach seinem
                              ganzen sonstigen Verhalten gegen Reagentien als ein solches bezeichnet werden.
                              Hierdurch scheint also bewiesen, daß sich das violette Ultramarin vom gewöhnlichen
                              blauen blos durch einen bedeutenden Mehrgehalt von Kieselsäure unterscheidet, indem
                              doch höchst wahrscheinlich der kleinen Quantität ausgetretenen Schwefels diese
                              Veränderung nicht zuzuschreiben ist. (Berichte der deutschen chemischen
                              Gesellschaft, 1875 S. 978.)
                           
                        
                           Ueber Fäcalsteine.
                           Reimann in Berlin schlug bereits im J. 1827 vor, die
                              Fäcalien zum Brennen oder zur Leuchtgasfabrikation zu verwenden. Petri (1874 213 258) formt
                              dieselben mit Torf und Kohlengruß zu Steinen, um sie zu verbrennen oder zum Düngen
                              zu gebrauchen. Nach seinen neueren Angaben (Vierteljahrsschrift für öffentliche
                              Gesundheitspflege, 1875 S. 496) ist es ihm gelungen, den eigentlichen Stinkstoff der
                              menschlichen Excremente zu entdecken; 100k
                              derselben sollen nur etwa 1g dieser öligen
                              Verbindung von Glycerin mit einer Fettsäure (?) enthalten. Um diesen Stinkstoff zu
                              beseitigen, verwendet er ein Desinfectionspulver und eine Flüssigkeit. Nach einer in
                              den Verhandlungen der Berliner polytechnischen Gesellschaft vom 1. Juli gemachten
                              Mittheilung von Schädler besteht das Pulver aus einer
                              Mischung von Torfgruß und Kohlengruß mit Gyps und Phenol; die Flüssigkeit ist eine
                              Lösung von Chlorcalcium, welche mit etwas Nitrobenzol parfümirt ist. 1 Packet Pulver
                              von 4k Inhalt kostet 0,75 M., 1l der Flüssigkeit ebenfalls. Neu an dieser
                              Desinfection ist also nur der Zusatz von Nitrobenzol, welche wohl nur den Zweck hat,
                              die Sache etwas geheimnißvoller zu machen.
                           Müller und Ziureck
                              (Industrieblätter, 1875 S. 106) betonen, daß der Düngerwerth der Steine sehr gering
                              ist. Daß der Brennwerth der dem Torf- und Steinkohlengruß zugesetzten
                              Excremente nur unbedeutend, des hohen Wassergehaltes wegen, oft sogar negativ sein
                              wird, ergibt die einfachste Berechnung.
                           Sehr richtig wird von einem Fachmann bemerkt, daß das Auftreten des Dr. Petri den ungünstigen
                              Eindruck einer Reclame mache.
                           
                              F.