| Titel: | Ueber Scheerenkrahne; von Ingenieur P. Eppler in Pola. | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 29 | 
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                        Ueber Scheerenkrahne; von
                           								Ingenieur P.
                              								Eppler in Pola.
                        Mit Abbildungen im Text und
                           								auf Taf. I [a.
                              								b/3].
                        Eppler, über Scheerenkrahne.
                        
                     
                        
                           In der Kriegsmarine sowohl wie in der Handelsmarine ist der
                              									Scheerenkrahn ein unentbehrliches Werkzeug. Derselbe findet
                              									seine Anwendung meist beim Schiffbau, wird aber auch in
                              									Kriegshäfen und Arsenalen zur Ausrüstung von Dampf- und
                              									Segelschiffen und zu verschiedenen andern Zwecken benützt. Die
                              									Bedingungen, welchen allgemein ein Krahn für maritime Zwecke
                              									(Aus- und Einschiffen von Masten, Stengen und Raaen) zu genügen
                              									hat, sind große Höhe und leichte Beweglichkeit  der Last in
                              									Horizontaler Richtung. Bei den enormen Lasten, welche er zu
                              									transportiren hat, einerseits und der erforderlichen großen Höhe
                              									und Ausladung anderseits ist man zu Constructionen gezwungen,
                              									welche von denen bei Landkrahnen gebräuchlichen wesentlich
                              									abweichen. Aus diesen Anforderungen entsprang der eigenthümliche
                              									Scheerenkrahn, ein Gerüst von 3 oder auch 4 Beinen, welche sich
                              									scheerenförmig gegen einander bewegen lassen.
                           Zuerst wurden derartige Krahne nur zum Heben und Senken von
                              									Lasten eingerichtet, bis in den Sechziger Jahren in England ein
                              									Krahn auch zum Horizontaltransport von Lasten in Anwendung kam.
                              									Das Hinterbein dieses Dreibockes konnte mittels einer horizontal
                              									liegenden Schraube, deren Mutter zugleich den Fuß desselben
                              									bildete, verschoben werden, wobei die Last ausgelegt oder
                              									eingeholt werden konnte. Damit die Schraubenspindel durch den im
                              									dritten Krahnfuß auftretenden Zug oder Druck nicht ausgebogen
                              									wurde, war eine Führung der Mutter nöthig. Abgesehen von dem
                              									Kraftverlust durch Reibung der Mutter am Schlitten findet durch
                              									diese Schraube eine nachtheilige Kraftübertragung und
                              									Beanspruchung der einzelnen Theile statt, weshalb schon Ende der
                              									Sechziger Jahre eine geneigt liegende Schraubenspindel verwendet
                              									wurde. Dieselbe hatte wiederum ihren Angriffspunkt am Ende
                              									Hinterbeines, so daß sich bei Bewegung derselben der ganze Krahn
                              									ebenfalls vorwärts oder rückwärts verschob. Nicht nur, daß
                              									dadurch die Reibung der Mutter an der Gleitbahn auf ein Minimum
                              									heruntergezogen wurde, bot diese Anordnung eine compendiösere
                              									Anlage, was besonders bei beschränkten Raumverhältnissen von
                              									großem Werthe ist. Eine Gleitbahn, die ihrer Größe und Schwere
                              									wegen theuer zu stehen kommt und platzraubend ist, war aber
                              									immerhin noch nöthig, so daß der Vortheil einer solchen
                              									Anordnung zunächst nur in der Raumersparniß und einer directen
                              									Kraftübertragung bestand.Vgl. Clarke's Scheerenkrahn, * 1872
                                    									205 500. * 1875 216 402.D.
                                       									Red.
                           Die nachstehend beschriebene Anordnung bietet nun noch den
                              									weitern Vortheil, daß keine Gleitbahn mehr nöthig ist und die
                              									Schraube einen integrirenden Theil des Hinterbeines bildet,
                              									wodurch weitere Materialersparnisse erzielt werden. In Figur 17 ist die Disposition ersichtlich, während in Fig.
                                 									18 und 19 der
                              									Mechanismus, welcher zum Verstellen des Krahnsystems oder zum
                              									Einholen oder Auslegen desselben dient, in größerm Maßstabe
                              									dargestellt ist. Die Einrichtung ist derart getroffen, daß das
                              									Hinterbein in eine Schraube verlängert ist und durch eine
                              									unverrückbare Mutter bewegt wird, wobei sich beim Einholen des
                              									
                              									Krahnes die Spindel in die Tiefe versenkt. Diese Mutter ist in
                              									einem zweitheiligen Kammlager gelagert und erhält ihre drehende
                              									Bewegung durch ein Kegelräderpaar; das Kammlager selbst kann um
                              									zwei Zapfen schwingen, welche mit der Achse des Antriebrades
                              									zusammenfallen, damit jederzeit ein richtiger Eingriff desselben
                              									mit dem auf der Mutter aufgekeilten Kegelrad stattfindet.
                           Was die Solidität dieser Construction anlangt, so läßt dieselbe
                              									nichts zu wünschen übrig; nur die Verbindungsstelle von Spindel
                              									mit Krahnbein muß besonders sorgfältig hergestellt werden, damit
                              									kein Bruch derselben eintreten kann. Aus einer nähern
                              									Betrachtung geht hervor, daß, weil das Eigengewicht des
                              									Hinterbeines und der Schraube auf Ausbiegen derselben wirkt, der
                              									Betrieb des Krahnes besonders dann gefährdet würde, wenn in der
                              									Schraube zugleich ein Druck wirken könnte.
                           Nun ist aber aus der graphischen Construction der in den
                              									einzelnen Elementen auftretenden Kräfte ersichtlich, daß in der
                              									ausgelegten, jedenfalls gefährlichsten Lage des Krahnes das
                              									Hinterbein auf Zug beansprucht wird und ein Zerknicken unmöglich
                              									wird. Beim Einholen des Krahnes nimmt dieser Zug ab, wird in der
                              									in Holzschnitt I punktirt
                              									eingezeichneten Lage gleich Null und verwandelt sich beim
                              									weitern Einziehen der Spindel in Druck; derselbe erreicht ein
                              									Maximum, wenn die Spindel ganz eingezogen ist. Die Wirkung
                              									dieses Druckes wird immerhin weniger zu befürchten sein, als die
                              									vom Eigengewicht des dritten Beines sammt Schraube herrührende
                              									Ausbiegung. Dieselbe tritt offenbar in der ausgelegtesten Lage
                              									des Krahnes, und wenn der ihr entgegenwirkende Zug ein Minimum
                              									erreicht, der Krahn mit andern Worten unbelastet ist, am
                              									grellsten zu Tage. Man wird daher bedacht sein, das Eigengewicht
                              									des Hinterbeines gegenüber seinem Widerstandsmoment auf Biegung
                              									so klein als möglich zu machen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 220, S. 30
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 220, S. 30
                              
                           Dieser UebelstandVgl. Rühlmann: Waltjen's
                                    									Scheerenkrahn, * 1875 216 402.D. Red.
                              									wird ganz beseitigt, wenn man zur Aufnahme der biegenden Kraft
                              									einen Gegenlenker anbringt, und auf diese Weise  die
                              									Verbindungsstelle von Balken und Schraube, ähnlich wie bei
                              									Balancirmaschinen, das Ende der Kolbenstange in der
                              									entsprechenden Curve führt. In einem gegebenen Falle, wo das
                              									Krahngerüste in der eingezogenen und ausgelegten Position
                              									gegeben ist, kann man den Drehpunkt des Gegenlenkers graphisch
                              									bestimmen. Man verzeichne, wie in Holzschnitt II, die ausgelegteste, die eingezogenste
                              									und eine mittlere Lage des Krahnsystems, um drei Punkte der
                              									Curve, in welcher die Verbindungsstelle d geführt werden soll, zu erhalten. Diese Curve ist zwar
                              									eine Ellipse, kann jedoch durch den durch diese drei Punkte
                              									gehenden Kreis hinreichend genau ersetzt werden. Der Mittelpunkt
                              									m dieses Krümmungskreises ist der
                              									Drehpunkt des Gegenlenkers.
                           Bei Anwendung eines solchen Gegenlenkers braucht die Scheibe
                              									nicht mehr steif mit dem Balken verbunden zu sein, sondern kann
                              									durch ein Gelenk, an dessen Drehzapfen der Gegenlenker angreift,
                              									mit dem Balken zusammenhängen, wodurch etwaige Ungenauigkeiten
                              									der Führung auch unschädlich werden. Solche Gegenlenker dürften
                              									besonders bei größern Anlagen wünschenswerth, ja sogar nöthig
                              									erscheinen, um einem Bruche der Spindel vorzubeugen; kleinere
                              									Krahne bieten auch ohne Gegenlenker hinreichend Sicherheit im
                              									Betrieb, wie der in der österreichischen Kriegsmarine im k. k.
                              									Seearsenal zu Pola gebaute schwimmende Krahn bei den Proben
                              									gezeigt hat.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
