| Titel: | Saxby und Farmer's verbesserter Meichen- und Signal-Blockapparat. | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 41 | 
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                        Saxby und Farmer's
                           								verbesserter Meichen- und Signal-Blockapparat.
                        Mit einer Abbildung auf Taf. I [b.c/2].
                        Saxby und Farmer's verbesserter Meichen- und
                           								Signalblockapparat.
                        
                     
                        
                           In der zugehörigen Abbildung Figur 44
                              									geben wir einen Theil des von Saxby
                              									und Farmer in Kilburn entworfenen
                              									Blockapparates zur Controle des gewaltigen Verkehrs der
                              									Waterloo-Endstation der Süd-West-Eisenbahn. Der Signalapparat
                              									dieser Station in London ordnet thatsächlich den Betrieb auf
                              									zwei Eisenbahnen, der Hauptlinie und der Windsor-Linie, deren
                              									jede ihre hin- und zurücklaufenden Gleise hat. Die beiden
                              									Endstationen enthalten nicht weniger als 12 Perrongleise und
                              									verschiedene Weichen, mit Uebergängen von einer Linie auf die
                              									andere. Auch ist nicht blos die Bewegung der ankommenden und der
                              									abgehenden Züge zu reguliren, sondern viele von diesen Zügen
                              									sind nach ihrer Ankunft zu trennen und für die Abfahrt wieder
                              									neu zu rangiren, unter der Controle des Weichen- und
                              									Signalapparates, durch welchen 1, 2 oder mehr Wagen von der
                              									einen Stelle eines Zuges an eine andere versetzt werden müssen,
                              									und alles dies ohne Gefahr eines Zusammenstoßes zwischen den
                              									Weichen, welche von oder nach den verschiedenen Linien führen,
                              									und den Signalen, welche den Verkehr auf jenen Linien
                              									beherrschen.
                           Alle dazu nöthigen Dienste verrichten blos zwei Signalleute. Der
                              									Apparat befindet sich in einem Glashause auf einer Brücke,
                              									welche die 4 Hauptgleise eine kurze Strecke vor der Station
                              									überspannt. Er enthält 109 Hebel H
                              									in einer Reihe, welche sich über die ganze Länge des
                              									Signalhauses erstreckt. Diese Hebel sind in zwei Gruppen
                              									abgetheilt, deren jede einem Signalmanne zugewiesen ist. Rechts
                              									liegt die Gruppe für die Hauptlinie und enthält 15 Weichenhebel,
                              									35 Signalhebel und 5 Schluß- oder Blockhebel, im Ganzen 55
                              									Hebel. Linker Hand liegt die Gruppe für die Windsor-Linie,
                              									bestehend aus 12 Weichenhebeln, 31 Signalhebeln, 2 Riegelhebeln,
                              									4 Schluß- oder Blockhebeln und 5 Reservehebeln, im Ganzen 54
                              									Hebel. Somit hat der eine Signalmann 55, der andere 49 Hebel zu
                              									bedienen. Doch das Stellen der Hebel ist nur der eine Theil
                              									ihres Dienstes; sie haben durch die Glaswände ihres Hauses die
                              									Stellung der Züge zu beobachten, welche einfahren und ausfahren,
                              									oder zerlegt oder gebildet werden; sie haben auch auf die von
                              									andern Signalstationen kommenden Signale zu achten und diesen
                              									Stationen elektrische Signale zu geben. Auf der Hauptlinienseite
                              									sind außer den zu stellenden 55 Hebeln noch 9 Scheibensignale
                              									und 8 elektrische Indicatoren zu beachten,  und 7 Knöpfe
                              									oder Handgriffe zum Geben von elektrischen Signalen vorhanden.
                              									Auf der Windsor-Seite sind 7 Scheibensignale, 5 elektrische
                              									Indicatoren und 3 elektrische Knöpfe vorhanden. Der eine
                              									Signalmann hat also außer der Beachtung dessen, was auf den
                              									Schienen unter ihm vorgeht, 79, der andere 64 verschiedene
                              									Instrumente zu bedienen; diese alle sind aber so geschickt
                              									angelegt und geordnet, daß weder die Kraft, noch die
                              									Aufmerksamkeit des Mannes übermäßig in Anspruch genommen
                              									wird.
                           Die zu leistende Arbeit ist nicht nach dem Durchschnitte, sondern
                              									nach der Anstrengung der geschäftsreichsten Stunde zu bemessen.
                              									Es kommt vor, daß 515, 553, ja 556 ankommende und abgehende
                              									Züge, Locomotiven und leere Wagen das Waterloo-Signalhaus
                              									Passiren; jeder passirende Zug erfordert im Mittel zu seiner
                              									Sicherstellung 16 elektrische Bewegungen und 6 Bewegungen der
                              									Weichen- und Signalhebel, so daß am lebhaftesten Tage von 20
                              									Arbeitsstunden mehr als 3300 Hebelbewegungen und etwa 8900
                              									elektrische Bewegungen gemacht werden müssen, was im Ganzen mehr
                              									als 600 in der Stunde oder 10 in der Minute ausmacht außer
                              									jenen, welche von Zeit zu Zeit zur Trennung und Formirung der
                              									Züge und zu ihrer Bewegung durch die Weichen nöthig sind. Wie
                              									beträchtlich aber auch diese Zahlen sind, so geben sie doch noch
                              									nicht die größte Leistung, welche an gewissen Morgen- und
                              									Nachmittagsstunden täglich beschafft werden muß. Während einer
                              									halben Stunde, z. B. gegen 5 Uhr täglich, folgen die
                              									Hebelbewegungen und die gegebenen und empfangenen elektrischen
                              									Signale sich einander so rasch, daß in jeder Minute mehr als 12
                              									verschiedene Thätigkeitsäußerungen die Anstrengung oder die
                              									Aufmerksamkeit des Signalmannes im Glashause in Anspruch
                              									nehmen.
                           Saxby und Farmer haben, indem sie die Bewältigung einer solchen
                              									Aufgabe ohne jede unangemessene Hast durch 2 Mann ermöglichten,
                              									viel zur Erleichterung des Betriebes der großen Eisenbahnsysteme
                              									beigetragen. Das Charakteristische der neuen Art des Blockirens
                              									oder Verschließens liegt darin, daß das Blockiren nicht durch
                              									die Bewegung der Signal- oder Weichenhebel H bewirkt wird, sondern durch diejenige
                              									der Sperrklinkenhebel h, so daß in
                              									dem Augenblicke, wo ein Hebel erfaßt wird, und noch bevor er
                              									überhaupt bewegt werden kann, die Feststellung schon bewirkt
                              									ist. (Engineer, Februar 1876 S.
                              									87.)
                           Zu besserem Verständniß der letztern Bemerkung sei daran
                              									erinnert, daß bei den Blockapparaten von Saxby und Farmer die Stellung
                              									der Weichen und Signale mittels der Hebel H und der von den Hebelarmen Z
                              									ausgehenden Zugstangen durch den Signalmann bewirkt wird,  daß aber
                              									diese Hebel in dem Apparate selbst durch Riegel so mit einander
                              									in Verbindung gesetzt sind, daß jede Stellung eines Signales-
                              									oder einer Weiche erst erfolgen kann, wenn alle dieser Stellung
                              									widersprechende, d. h. einen in Folge dieser Stellung sich
                              									bewegenden Zug gefährdende Signale und Weichen zuvor dem zu
                              									gebenden Signale oder der zu stellenden Weiche entsprechend
                              									gestellt wurden, und daß erstere dann durch die Stellung des
                              									Signals oder der Weiche in ihrer Stellung festgemacht (blockirt
                              									oder verschlossen) werden, bis das Signal wieder eingezogen oder
                              									die Weiche wieder umgestellt wird. (Vgl. hierüber u. a. Heusingerss
                                    									Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1875 S.
                                 									209.)
                           
                              E—e.
                              
                           
                        
                     
                  
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