| Titel: | Ueber Kohlenersparniss bei Dampfmaschinen; von O. H. Müller, Civilingenieur und Maschinenbaumeister in Pest. | 
| Autor: | O. H. Müller | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 97 | 
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                        Ueber Kohlenersparniss bei
                           								Dampfmaschinen; von O. H. Müller, Civilingenieur
                           								und Maschinenbaumeister in Pest.
                        Mit Abbildungen.
                        (Schluß von S. 21 dieses
                           								Bandes.)
                        Müller, über Kohlenersparniß bei
                           								Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           C) Die Maschine.
                           Bei dieser haben wir es blos mit denjenigen Organen zu thun,
                              									welchen unmittelbaren Einfluß auf den Dampfverbrauch ausüben
                              									— also mit der Dampfleitung, dem Cylinder, der Steuerung,
                              									dem Dampfkolben, der Condensation und etwa denjenigen
                              									Vorrichtungen, welche einen Gegendruck veranlassen. Dennoch ist
                              									das Material, welches hier in Betracht käme, ein so
                              									massenhaftes, daß wir uns für den Zweck dieser Abhandlung
                              									gewissermaßen nur auf Andeutungen beschränken können, ohne auf
                              									viele Beispiele in der Praxis einzugehen.
                           Ein oft vorkommender Fehler besteht darin, daß die Dampfleitungen, anstatt vom Kesselhause
                              									aus Gefäll nach dem Cylinder zu haben, unterirdisch gelegt
                              									werden. Es bilden sich dann durch Condensation und Ansammlung
                              									des mitgerissenen Wassers an den tiefern Punkten Wassersäcke,
                              									welche den Querschnitt der Leitung in jedem Falle verengen und
                              									dadurch eine oft wesentliche Verminderung des Druckes im
                              									Schieberkasten erzeugen. Die Ansammlung des Wassers steigt so
                              									lange, bis die Differenz zwischen dem Drucke im Kessel und jenem
                              									im Schieberkasten groß genug ist, um das Wasser auf die Höhe des
                              									Cylinders fortzureißen, was zuweilen in periodischen Stößen
                              									geschieht. Manches mysteriöse Vorkommniß ist auf diesen Umstand
                              									zurückzuführen. Bei einer hiesigen Mühle wurden gegen 10 Proc.
                              									an Kraft gewonnen, nachdem das früher 7m,3
                              									abwärts und unterirdisch laufende Dampfrohr horizontal gelegt
                              									worden war. Bei allen längern Dampfleitungen sollte vor dem
                              									Schieberkasten ein Wassersammler
                              									angebracht sein, welcher, wenn die Niveauverhältnisse es
                              									erlauben, mit den Kesseln in directer Verbindung steht.
                           
                           Die Conservirung und relative Dichtigkeit des Dampfkolbens hängt in erster Linie von
                              									der Differenz zwischen Anfangs- und Endspannung im Cylinder ab.
                              									Ein sonst guter Kolben, welcher bei einer Expansionsmaschine mit
                              									1/6 Füllung, Condensation und 5at Anfangsspannung spätestens nach
                              									6 Wochen gespannt werden muß, würde bei derselben Maschine, wenn
                              									mit ½ Füllung und ohne Condensation gearbeitet würde,
                              									sehr wohl 6 Monate gehen, ohne nachgesehen werden zu müssen.
                              									Wenn der Cylinder derart construirt ist, daß die Schleifringe
                              									bedeutend über den Rand der Dampfeingangscanäle hinausarbeiten,
                              									so daß der beim todten Punkte der Maschine einströmende Dampf
                              									auf den Schleifring stößt, oder wenn die Cylinderbohrung nicht
                              									vollkommen cylindrisch ist (was bei
                              									wenigen, namentlich bei großen Maschinen der Fall ist), oder
                              									wenn die Länge der Cylinderbohrung größer als Hub plus Schleifringbreite ist, so daß sich an
                              									den Enden Ansätze gebildet haben, so wird auch der allerbeste
                              									Kolben zu Grunde gehen. Dasselbe gilt von Cylindern, die nicht
                              									gehörig drainirt sind.
                           Von den unzähligen Kolbenconstructionen ist beinahe jede gut,
                              									wenn sie gut ausgeführt ist, was
                              									leider sehr selten der Fall ist. Kolbenbrüche kommen fast ausschließlich bei liegenden
                              									Maschinen vor; mit Kolben bei stehenden Maschinen hat man höchst
                              									selten Schwierigkeiten, weil jeder Punkt der Peripherie den
                              									gleichen Widerstand zu überwinden hat, während bei liegenden
                              									Maschinen die untere Seite der Schleifringe außer der
                              									Federspannung auch noch den Druck des Eigengewichtes zu erleiden
                              									hat. Um diesem Uebelstande zu begegnen, versieht man dieselben
                              									gewöhnlich mit einer Kolben-Entlastungsvorrichtung
                              									(„hintere Geradführung“). Aber wenn man
                              									diese untersucht, findet man fast ausnahmslos, daß die Stopfbüchsen die Last des Kolbens tragen,
                              									und nicht die Gleitbacken; denn die wenigsten Maschinisten
                              									sorgen für die rechtzeitige Adjustirung dieser letztern. Somit
                              									ist diese Vorrichtung in den meisten Fällen unnütz, und da sie
                              									außerdem der Maschine eine übermäßige Länge und ein
                              									ungeschicktes Aussehen geben, so bedienen wir uns derselben
                              									selbst bei den größten Maschinen nicht mehr. Die großen
                              									Schraubenmaschinen der Kriegsschiffe, mit Kolben von bis zu 3m
                              									Durchmesser und einem Gewicht von mehreren hundert Centnern
                              									können wegen des gegebenen Raumes überhaupt keine hintere
                              									Geradführung erhalten und arbeiten dennoch so befriedigend, daß
                              									Penn, Maudsley, Napier, Rennie und alle diese Meister ersten
                              									Ranges ihre Constructionen in dieser Beziehung seit 20 Jahren
                              									unverändert beibehalten haben. Wir erwähnen diese Umstände, weil
                              									sie alle Bezug auf die Dampfdichtigkeit des Kolbens haben. Diese
                              									ist übrigens niemals eine  vollkommene. Die besten Kolben blasen,
                              									wovon man sich durch die Dampfprobe
                              									leicht überzeugen kann.
                           Viel dichter findet man gewöhnlich die Schieber, besonders die Rundschieber von Corliß. Wir kennen Fälle, wo diese
                              									Schieber 10 Jahre lang bei continuirlicher (Tag und Nacht-)
                              									Arbeit gut dicht blieben, während flache Schieber sich schon
                              									nach wenigen Jahren hohl laufen. Schieberentlastungen erfordern große Aufmerksamkeit bei
                              									der Instandhaltung. Man wendet sie fast nur noch bei
                              									Schiffsmaschinen an, wo die Schieber manchmal ganz riesige
                              									Dimensionen erhalten. Doch haben die Entlastungen gerade hier
                              									schon manches Unheil angestiftet. Es kommt bei Schiffskesseln
                              									bekanntlich vor, daß sie, besonders beim Wechseln des
                              									Speisewassers, plötzlich so massenhaft überschäumen (priming), daß die Sicherheitsventile an
                              									den Cylinderenden nicht mehr genügen; in solchen Fällen kann
                              									sich ein gewöhnlicher Schieber vom Spiegel abheben, um dem
                              									Wasser einen Ausweg zu gestatten; ist derselbe jedoch mit einer
                              									(steifen) Entlastungsvorrichtung versehen, so muß ein
                              									Cylinderbruch erfolgen.
                           Den Einfluß des schädlichen Raumes
                              									haben wir schon früher an einem praktischen Beispiele gezeigt.
                              									Den Cubikinhalt der Dampfcanäle als constant angenommen, wird
                              									der schädliche Raum um so kleiner, je geringer der Spielraum
                              									ist; dieser letztere braucht bei den allergrößten Maschinen
                              									nicht über 13mm zu betragen, doch finden wir ihn häufig genug 25,
                              									50mm und selbst darüber. Wenn der Maschinist bei
                              									jedesmaligem Nachziehen der Keile an den Köpfen der Pleuelstange
                              									die Beilagen gehörig regulirt, was er ja ohnehin thun sollte, so
                              									kommt man selbst bei großen Maschinen mit 6 bis 8mm,5
                              									aus. Maschinen mit langem Hube sind
                              									schon darum ökonomischer als solche mit kurzem Hube
                              									(„Schnellläufer“), weil bei ihnen der
                              									schädliche Raum geringer ist. Die Oekonomie wächst ferner mit der Dampfspannung, denn da der Gegendruck (ob Atmosphäre oder
                              									Condensator) constant ist, so steigt der Nutzdruck mit der
                              									Dampfspannung, und gleichzeitig vermindert sich die Größe der
                              									Abkühlungs- und Reibungsflächen. Denken wir uns den absurden
                              									Fall Holzschnitt VII, daß die
                              									schädlichen Räume als ein beliebiges Vielfaches des
                              									Cylindervolums, und dazu eine Dampfspannung von wenigen
                              									Kilogramm Ueberdruck, eben genügend, um die Kolben- und
                              									Schieberreibung und die sonstigen Widerstände des Leerganges zu
                              									überwinden, so hätten wir eine Maschine mit dem Maximum des
                              									Dampfverbrauches und ohne alle Nutzleistung. Sie würde nicht
                              									mehr einen Motor, sondern eine Art Dampfmesser — ähnlich
                              									den Gas- oder Wassermessern — darstellen und blos dazu
                              									dienen, den Dampf, welchen der
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 220, S. 100
                              
                           Kessel erzeugt, in gewissen Intervallen
                              									abzulassen. Je mehr wir uns von diesem Extrem entfernen, d. h.
                              									je kleiner die negativen Cylinderräume ausfallen, je größer der
                              									positive Druck wird, desto geringer wird der Dampfverbrauch pro
                              									Einheit der Arbeit, oder desto größer wird die Arbeit, welche
                              									wir aus 1k Dampf gewinnen. Freilich wachsen im gleichen Maße
                              									auch die Schwierigkeiten der Ausführung und Behandlung; denn mit
                              									der Zunahme der Spannung wächst auch die Neigung des Dampfes, an
                              									unberufenen Stellen zu entweichen, sich überhaupt der
                              									Nutzleistung zu entziehen. — Mutter Natur verschenkt nun
                              									einmal nichts. Je mehr wir von ihr verlangen, desto mehr Mühe,
                              									Sorge und Intelligenz müssen wir daran setzen.
                           Wenn die Vortheile der Expansion einfach im Verhältnisse der
                              									Volumvergrößerung wären, wenn im Cylinder alles so zuginge, wie
                              									die Theoretiker es sich noch bis vor zwei Jahrzehnten
                              									vorstellten, dann hätten wir das Maximum der Oekonomie der
                              									Dampfmaschine längst erreicht, und es wäre Zeit, sich nach
                              									andern, noch billigern Motoren umzusehen. Aber dem ist nicht so.
                              									Wieviel Dampf während der Admissionsperiode verbraucht wird,
                              									zeigt kein Indicatordiagramm. Es verschweigt, daß sich während
                              									dieser Zeit ein Quantum von Dampf im Cylinder condensirt, von
                              									dem wir bis zu Stimers' Versuchen
                              									(1857) keine Ahnung hatten, und welches sich unter Umständen bis
                              									zum 3-, 4fachen Gewichte desjenigen Dampfes steigert, welchen
                              									das Diagramm ersichtlich macht. Erst nach dem Schlusse dieser
                              									mysteriösen Periode erhalten wir einige Aufklärung über das
                              									weitere physikalische Verhalten des Dampfes; wir sehen, daß
                              									während der Expansion eine Wiederverdampfung  vor sich geht,
                              									können unter Umständen auch auf eine Ueberhitzung während der
                              									Einströmung schließen, sehen, was im Condensor geschieht, und
                              									daß zuletzt eine Compression von Statten geht. Der
                              									Expansionscylinder ist somit Ueberhitzungs-,
                              									Flächencondensations-, Verdampf- und Compressions-Apparat
                              									— und zwar in einem Athem, denn alle diese Vorgänge
                              									vollziehen sich während eines einzigen Doppelhubes!
                           Diese an der Hand von zahlreichen, ganz verschiedenen Maschinen
                              									und unter verschiedenen Umständen entnommenen Diagramme im
                              									Detail zu beleuchten, würde uns hier viel zu weit führen; wir
                              									können uns vielmehr nur auf die Erfahrungsresultate und
                              									Thatsachen beschränken, in so weit es der Zweck dieses Artikels
                              									erheischt, bei welchem wir ausschließlich den Dampfverbrauch im Auge behalten.
                           Die Anwendung des Dampfmantels hängt
                              									ab von der Temperaturdifferenz zwischen Eintritts- und
                              									Austrittsdampf, von der Masse des Cylinders und von der
                              									Kolbengeschwindigkeit. Je geringer diese ist und je stärker die
                              									Expansion ist, desto nutzbringender ist der Dampfmantel.
                              									— Kataraktmaschinen, deren Kolbengeschwindigkeit,
                              									namentlich bei sehr tiefen Gruben, kaum über 18 bis 37m pro
                              									Minute beträgt, werden schon seit hundert Jahren ausnahmslos mit
                              									Dampfmänteln versehen. Watt wendete
                              									denselben vielfach selbst bei seinen stationären Maschinen an.
                              									Maschinen mit weniger als ⅓ Füllung, und wenn keine
                              									Condensation vorhanden ist bei ¼ Füllung, müssen mit Dampfmantel versehen werden,
                              									wenn die Expansion überhaupt ihren Zweck — nämlich
                              									Dampfersparniß erfüllen soll. Leider findet man die
                              									Verdichtungen zwischen Mantel und dem Cylinder-Einsatze meistens undicht, wobei dann natürlich
                              									durch Entweichung des frischen Dampfes nach dem Condensor große
                              									Verluste entstehen.Wohl nur diesem Umstande läßt sich die Verschiedenartigkeit
                                    									der Meinungen über Dampfmäntel zuschreiben. Auch haben wir
                                    									solche — selbst von renommirten Fabriken ausgeführte
                                    									— angetroffen, bei denen gar keine
                                       									Entwässerungsvorrichtung angebracht war, in Folge dessen
                                    									der Mantel anstatt mit Dampf mit Wasser
                                       									von 60 bis 70° angefüllt war! Wenn übrigens schon der
                                    									Constructeur seine Schuldigkeit gethan hat, so wird sein Zweck
                                    									oft genug durch die Maschinenwärter vereitelt, welche, den Zweck
                                    									des Dampfmantels nicht begreifend, denselben blos beim Anlassen,
                                    									zum Anwärmen, benützen und darauf das Dampfventil schließen. (Es
                                    									ist vielleicht aus diesem Grunde, daß die französischen
                                    									Constructeure ihre Mäntel so einrichten, daß der Dampf, bevor er
                                    									überhaupt im Cylinder zur Wirkung gelangen kann, den Mantel
                                    									durchstreichen muß.)Selten
                                    									wird auch die Entwässerungsvorrichtung in gehöriger Ordnung
                                    									erhalten, so daß anstatt Wasser oft Dampf, und zwar in großer
                                    									Menge, entweicht. Wird die Verdichtung mit Eisenkitt
                              									ausgeführt, so soll diese erst an Ort und Stelle von einem
                              									erfahrenen Monteur ausgeführt werden, weil durch den Transport,
                              									Umladen etc.  der etwa in der Fabrik eingestemmte Kitt
                              									abbröckelt. Außerdem aber zerfrißt der Dampf die beste
                              									Kittverdichtung im Laufe der Jahre. Watt stellte die Verdichtung meistens durch
                              									Hanfverpackungen her, Whitehead in
                              									Fiume durch quadratische, 25mm dicke Gummirollen,
                              									stopfbüchsenartig eingelegt. Andere gießen Mantel und Cylinder
                              									in einem Stücke, wobei der Guß während des Erkaltens gewöhnlich
                              									Sprünge bekommt; noch Andere drehen die Enden des Cylinders
                              									schwach conisch und pressen dieselben in die entsprechenden
                              									conischen Ausbohrungen des Mantels; auch haben wir Dampfmäntel
                              									gesehen, welche warm auf dem Cylinder aufgezogen worden und
                              									somit ohne alle Kittverdichtung waren. Kurz, fast jeder
                              									Constructeur hat seine seine eigene Art der Herstellung —
                              									Beweis, daß sie Alle ihre schlimmen Erfahrungen gemacht
                              									haben.
                           Bei Woolf'schen Maschinen versieht man aus leicht begreiflichen
                              									Gründen wenigstens den Niederdruckcylinder mit einem
                              									Dampfmantel, so z. B. fast durchgängig bei den neuern
                              									„Compound-Engines“.
                           Zur Speisung der Mäntel wendet man 1) frischen Kesseldampf, 2)
                              									überhitzten Dampf aus besondern Kesseln, 3) den Maschinendampf,
                              									bevor er in die Schieberkasten geht, an. Nr. 1 genügt für solche
                              									Maschinen, welche mit nicht allzu geringen Füllungsgraden
                              									arbeiten, Nr. 2 ist für sehr starke Expansion unerläßlich, Nr.
                              									3, die französische Praxis, empfiehlt sich dadurch, daß der im
                              									Mantel befindliche Dampf in fortwährender Strömung bleibt, somit
                              									verhältnißmäßig besser heizt als stagnirender Dampf; doch liegen
                              									vergleichende Versuche in dieser Hinsicht nicht vor. Von der
                              									Absurdität, Auspuffdampf zu verwenden, können wir hier absehen.
                              									Manche Pumpmaschinen in Cornwall sind mit gemauerten Mänteln
                              									versehen, in denen der Rauch der Kessel circulirt, —
                              									jedenfalls eine gute Methode, da der Rauch hier heißer als der
                              									Kesseldampf ist. Dies ist, beiläufig bemerkt, wohl der
                              									rationellste Dampftrockenapparat. — Daß Cylinderdeckel
                              									und Boden gleichfalls mit Dampf geheizt sein müssen, versteht
                              									sich von selbst. Bei den großen Schraubenmaschinen der
                              									Kriegsschiffe repräsentiren diese Flächen eine ebenso große
                              									Ziffer wie der Cylinderumfang. In der französischen Marine
                              									versucht man in neuester Zeit selbst die Dampfkolben mit Heizung
                              									zu versehen, — in Anbetracht des oft höchst bedeutenden
                              									Gewichtes dieser Kolben ein jedenfalls rationelles Vorgehen. Die
                              									Entwässerung der Dampfmäntel muß durch Automaten oder, wenn
                              									möglich, durch direct nach den Kesseln zurückführende Rohre
                              									geschehen. Daß die Dampfmäntel ebenso wie die Schieberkasten und
                              									Dampfleitungen gehörig eingehüllt sein müssen, braucht wohl kaum
                              									betont zu werden. Kuhhaarfilz verbrennt sehr bald, wird dann
                              									schwarz, bröcklig wie Holz und ist dann ein Wärmeleiter. Am  besten
                              									empfiehlt sich Composition und darüber Blechmäntel oder gut
                              									gefugte, aus alten Hölzern bestehende, 50 bis 75mm
                              									dicke Dauben.
                           Unterliegt der Dampf vor Eintritt einer sehr starken Drosselung,
                              									so wird derselbe überhitzt, oder
                              									wenigstens das vom Kessel her mitgerissene Wasser verdampft. In
                              									solchen Fällen kann man des Dampfmantels entrathen. Wir fanden
                              									den Kohlenverbrauch einer Mc Naught'schen Maschine, welche ohne
                              									Dampfmäntel, mit Cylindern von 1 : 2,2 und ganz gewöhnlichen
                              									einfachen Schiebern versehen war, = 1k,46
                              									pro indicirte Pferdekraft; der Dampf wurde von 2
                              									Lancashire-Kesseln entnommen, welche mit einer Kohle von ca.
                              									5700c Gehalt gefeuert wurden. Verdampfungsversuche mit
                              									derselben Kohle hatten bei ganz ähnlichen Kesseln die Ziffer 7
                              									ergeben; es entspricht daher obiger Kohlenverbrauch 1,46
                              									× 7 = 10k,2 Speisewasser pro indicirte
                              									Pferdekraft und Stunde — eine Leistung, welche sich nur
                              									dadurch erklären läßt, daß die Oeffnung des Drosselventils
                              									(Doppelsitzventil) für den normalen Betrieb nur 1/120 des
                              									Cylinderquerschnittes repräsentirte, wodurch allerdings die
                              									Dampfspannung von 25k in den Kesseln auf eine
                              									Cylinder-Anfangsspannung von nur 15k herabgebracht wurde, und
                              									wodurch die Maschine im Verhältniß zu ihren Dimensionen wenig
                              									leistete. Hätte der Constructeur die Cylinder für normale
                              									mittlere Dampfspannungen berechnet, also kleiner gemacht, so
                              									würde er mit der Materialersparniß die Kosten einer stärkern
                              									Expansion, Dampfmäntel etc. reichlich gedeckt und eine Maschine
                              									erhalten haben, welche noch weniger als 10k,2
                              									Speisewasser pro indicirte Pferdekraft gebraucht hätte.
                           Der Einfluß guter Steuerungen auf den
                              									Dampfverbrauch wurde schon oben an einem Beispiele aus der
                              									Praxis erörtert. Die Anwendung von Präcisionssteuerungen,
                              									worunter wir solche verstehen, welche vom Regulator bethätigt
                              									werden, ist seit Corliß 1852 eine
                              									allgemeine geworden. Zwar wurden schon seit 1840 von J. J. Mayer in Mülhausen zahlreiche Maschinen
                              									geliefert, bei denen der Regulator mittels einer auf der Spindel
                              									desselben befindlichen, unrunden Muffe ein besonderes
                              									Absperrventil gesteuert wurde; allein die schädlichen Räume
                              									zwischen diesem und dem Kolben waren so bedeutend, daß die dem
                              									veränderten Widerstande entsprechende mittlere Cylinderspannung
                              									erst nach einer Anzahl von Huben erfolgen konnte, so daß die
                              									Regulirung keineswegs eine gute war. Die Corlißsteuerung dagegen
                              									gestattet bei Anwendung Porter'scher Regulatoren eine
                              									Regelmäßigkeit des Ganges, wie man diese selbst für den Betrieb
                              									von Webereien und Spinnereien nicht besser wünschen kann. Man
                              									kann es dahin bringen, daß die höchste Abweichung von der normalen Geschwindigkeit nicht
                              									über ± 5 Proc.  beträgt. Wie alles Neue und Geniale hat
                              									auch diese herrliche Erfindung in den ersten Jahren viel
                              									Anfeindung und Widerspruch erfahren. Noch jetzt behaupten Viele,
                              									daß diese Steuerung — wir sprechen hier von der
                              									Originalconstruction, mit Keilstange über den Einlaßschiebern
                              									und im Quermittel des Cylinders angebrachter Steuerungsscheibe,
                              									welche sich um einen Winkel von 90° drehtDie seit
                                    									dem Verkaufe der Corliß'schen Fabrik von seinen Nachfolgern
                                    									ausgeführten Steuerungen, sowie die zahlreichen Varianten von
                                    									Spencer, Inglis, Hick u. s. w. stehen
                                    									der Originalconstruction an Einfachheit nach. Uebrigens hat eine
                                    									25jährige Erfahrung darüber endgiltig entschieden, daß dieselbe
                                    									die einfachste und beste aller Präcisionssteuerungen
                                    									ist. — nicht über 25 Proc. Füllung und nicht
                              									über 40 bis 45 Umdrehungen gestatte. Wir können
                              									Indicatordiagramme aufweisen von Maschinen dieser Art, nach
                              									unserer Construction, welche 88 Umdrehungen und bis zu 55 Proc.
                              									Füllung zeigen. Da die durch die Ueberlappung des Schiebers
                              									allein bewirkte Füllung 0,75 ist, und da die Differenz zwischen
                              									der mittlern Cylinderspannung bei z. B. 3at,5
                              									Kesseldruck nicht mehr als 17 Proc. beträgt, so leistet diese
                              									Steuerung Alles, was man von einer guten Regulirung verlangt. Es
                              									sei uns gestattet, einen der glänzendsten Erfolge mit dieser
                              									Maschine hier anzuführen. Im J. 1864 wurde in einer hiesigen
                              									großen Mühle eine Corliß-Zwillingsmaschine mit Cylindern von
                              									510mm Durchmesser und 1m,370 Hub aufgestellt. Die frühern
                              									Maschinen hatten denselben Kolbendurchmesser, jedoch nur 915mm
                              									Hub; die Anzahl der Umdrehungen sowie die Kessel blieben
                              									unverändert. Die frühern Maschinen — erst seit 6 Jahren
                              									im Betriebe — hatten Schiebersteuerungen, bei denen die
                              									Expansion mittels Coulisse variabel war, die Cylinder hatten keine Dampfmäntel und die Regulirung
                              									wurde durch einen gewöhnlichen langsamen Pendelregulator und
                              									Drosselklappe bethätigt. Die Vermahlung betrug 801 Metzen (zu
                              									ca. 45k) Weizen in 24 Stunden, wobei die Füllung
                              									durchschnittlich ℵ war. Die Corlißmaschinen arbeiten bei
                              									derselben Kesselspannung mit 1/6 Füllung und vermahlen
                              									regelmäßig 1200 bis 1300 Metzen bei dem gleichen Kohlenverbrauche, und leisten heute, nach 11
                              									Jahren, dasselbe, was sie bei den Garantieversuchen 1864
                              									geleistet haben. Wir ziehen diese Steuerung auch jener mit Ventilen vor. Bei letzterer beträgt der
                              									Hub der einzelnen Ventile nur wenige Millimeter. Zwischen den
                              									Ventilen und den Excentern sind aber eine Anzahl von Charniren,
                              									deren todter Gang sich in kurzer Zeit so bedeutend summirt, daß
                              									die Ventile, wenn nicht fortwährend regulirt, ganz uncorrect
                              									functioniren. Solche Steuerungen erfordern einen Grad von
                              									Aufmerksamkeit und Sachkenntniß seitens des Maschinisten,
                              									welchen man in den wenigsten Fällen findet. Bei der
                              									Corlißsteuerung hingegen machen alle Gelenke einen so großen  Weg,
                              									daß die Abnützung wegen des geringen Druckes eine unmerkliche
                              									ist, und daß, wenn diese wirklich stattfindet, der correcte Gang
                              									der Schieber dadurch nicht beeinträchtigt wird. Auch bei der
                              									Allen-Steuerung, so sinnreich diese sonst ist, machen die
                              									Gelenke zu kurze Wege, unterliegen also, namentlich durch die
                              									enorme Geschwindigkeit dieser Maschinen, zu sehr der
                              									Abnützung.
                           Manche „Verbesserer“ der Corlißsteuerung
                              									scheinen die Pointen derselben gar nicht begriffen zu haben. Es
                              									kann nicht die Absicht sein, hier auf diese näher einzugehen.
                              									Aber Diejenigen, welche solche Steuerungen im Sinne des
                              									Erfinders ausgeführt und mit Hilfe des Indicators studirt haben,
                              									werden mit uns darüber einverstanden sein, daß eine Nöthigung zu
                              									Verbesserungen derselben nicht vorlag.
                           Auf die von vielen Seiten angestrebte rapide Schließung der
                              									Einlaßschieber können wir nach dem oben Gesagten wenig Werth
                              									legen, da ein gewisser Grad von Drosselung der Oekonomie nur
                              									günstig ist. Bei Locomotiven liegt diese Thatsache schon lange
                              									vor. Der amerikanische Ingenieur Alban C. Stimers wies, unseres Wissens, zuerst auf diesen Umstand
                              									hin, und zwar in seinem Bericht über die von ihm vorgenommenen
                              									Indicatorversuche mit den Maschinen der
                              									„Saranah“,
                              									„Valparaiso“ und
                              									„Callao“, 1860.Bei der von uns in der Zeitschrift
                                    									des deutschen Ingenieurvereins, 1866 und 1867 beschriebenen
                                    									Schiffsmaschine des Dampfers „Tisza“ wurde
                                    									die Tourenzahl durch Drosselung des Kesselabsperrventils bei gleichem Kohlenverbrauch von 30½
                                    									auf 31½ gesteigert. Wird Dampf von 5at,
                              									also von 153° Temperatur, durch Drosselung auf 4at
                              									gebracht, wobei die Temperatur für den Zustand der Saturation
                              									nur 145° beträgt, so muß, da doch die Wärmedifferenz von
                              									8° nicht ebenfalls verloren gehen kann, dies entweder auf
                              									die Verdampfung des im Dampfe befindlichen übergerissenen
                              									Wassers oder, falls dieser trocken war, auf Ueberhitzung
                              									wirken.
                           Das Austrittsvoreilen ist bei weitaus
                              									den meisten Maschinen viel zu gering, wie man dies an der Form
                              									des untern Theiles der Indicatorcurven beobachten kann. Die
                              									Größe desselben hängt ab von der Differenz zwischen Endspannung
                              									im Cylinder und Condensatorspannung, sowie von der
                              									Kolbengeschwindigkeit.
                           Die Eintrittsvoreilung wird bedingt
                              									durch die Größe der schädlichen Räume, Kolbengeschwindigkeit und
                              									Differenz der Spannung des Vorderdampfes am Ende des Hubes und
                              									jener des eintretenden frischen Dampfes. Der Betrag schwankt von
                              									1/50 bis zu 1/1500 der Kolbenfläche. Im engen Zusammenhange
                              									damit steht, wie man leicht sieht, der Grad der Compression; der Schluß der
                              									Austrittsöffnung muß um so früher erfolgen, je geringer die
                              									Endspannung des Vorderdampfes und je größer  der schädliche
                              									Raum ist. Der sehr geringe Verlust an Kraft steht in keinem
                              									Verhältnisse zu dem Gewinne, den man dadurch erzielt, daß die
                              									Temperatur des Cylinderdeckels und Kolbens auf jene des
                              									Eintrittsdampfes gesteigert wird.
                           Eines der wichtigsten Organe ist die Condensation. Die Größe des Condensors ist fast
                              									nebensächlich. Es bedarf gar keines besondern Gefäßes, da das
                              									gehörig weite Ausströmungsdampfrohr vollkommen genügt. Viele
                              									stellen sich vor, daß die Condensation eine gewisse Zeit
                              									erfordert. Wir haben versucht, ein Maximum derselben zu
                              									bestimmen, indem wir Diagramme schnellgehender Maschinen darauf
                              									hin untersuchten. In Diagramm Figur
                                 									VIII, entnommen einer Schiffsmaschine mit Condensation, 92
                              									Touren pro Minute machend, beginnt im Punkte b der
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 220, S. 106
                              
                           Austritt des Dampfes, bei c am Ende des Hubes ist derselbe
                              									vollendet. Errichtet man über dem Diagramm den Kreis H H, dessen Halbmesser gleich der Länge
                              									des Diagrammes ist, und errichtet in b die Senkrechte b d′,
                              									so stellt der Bogen d d′ im
                              									vorliegenden Falle den achten Theil des Halbkreises H H dar; folglich ist die zur
                              									Ausströmung resp. zur Condensation erforderliche Zeit = 60 : (92
                              									× 8 × 2) = ca. 1/24 Secunde!Bei einer von uns indicirten, von der Withworth-Company ausgeführten Allen-Maschine mit 620mm
                                    									Kolbenhub, 150 Touren pro Minute machend, fanden wir diese Zeit
                                    									sogar nur zu 1/35 Secunde. Dabei ist zu
                              									berücksichtigen, daß der Schieber in b erst sehr  wenig, in c
                              									etwa erst ⅔ geöffnet ist; wäre es möglich, die Schieber
                              									binnen einer unmeßbar kurzen Zeit zu öffnen, so würde die
                              									Austrittslinie b c wahrscheinlich
                              									von b aus fast senkrecht abfallen.
                              									Da nun die obige Zeit etwa derjenigen entspricht, welche zum
                              									Ausströmen allein nöthig ist, so ist
                              									klar, daß die Condensation in demselben Augenblick erfolgt, wie die Ausströmung, daß
                              									also von einem gewissen Verweilen des Dampfes im Condensor zur
                              									Vollziehung des Condensationsprocesses keine Rede sein kann. Zu
                              									bemerken ist, daß der Schieber schon im Punkte a beginnt, zu öffnen, während die Curve
                              									von a bis b noch der Mariotte'schen Linie folgt. Locomotivdiagramme
                              									zeigen, daß der Punkt b bei 93m
                              									Kolbengeschwindigkeit und bei einer Differenz von 16k,5
                              									zwischen der Spannung im Blasrohre und jener im Punkte a mit einer Eröffnung des
                              									Austrittscanals von ca. 1½ Proc. der Kolbenfläche
                              									zusammenfällt. Es entspricht dies bei einem Cylinderdurchmesser
                              									von 406mm einer kreisrunden Oeffnung von ca. 50mm
                              									Durchmesser. Von einer geringern Oeffnung nimmt der Dampf somit
                              									behufs Entweichung gar keine Notiz, und resultirt daraus, daß z.
                              									B. Undichtigkeiten bis zu 1½ Proc. —
                              									beispielsweise ein Spielraum von 1mm rings um den Kolben
                              									— im Diagramme schnellgehender Maschinen gar nicht
                              									ersichtlich sind, auch auf die Kraftleistung keinen Einfluß
                              									haben.
                           Die Vernichtung erfolgt gleich rapid, ob der Dampf in ein
                              									luftleeres Gefäß oder in die Atmosphäre strömt. Deshalb kann man
                              									die Hand dicht vor dem geöffneten Probirhahn oder vor ein
                              									blasendes Sicherheitsventil halten, ohne sich zu verbrennen. In
                              									unmittelbarer Nähe der Ausströmung sinkt sogar das Thermometer
                              									(indem der umgebenden Luft durch die Codensation Wärme entzogen
                              									wird). Noch überzeugender ist der Anblick des frei ausströmenden
                              									Dampfstrahles. Dampf ist bekanntlich unsichtbar, allein diese
                              									Eigenschaft hört auf in demselben Augenblicke, wo der Dampf den
                              									Kessel verläßt. Was wir sehen, ist dann kein Dampf mehr, sondern
                              									ein Product der Condensation, Dunst, Nebel. Strömt Dampf durch
                              									ein Rohr in kaltes Wasser, so vernimmt man ein donnerartiges
                              									Krachen; wie der Blitzstrahl ein Vacuum, und das darauf darauf
                              									erfolgende Zusammenprallen der umgebenden Luftmassen den Donner
                              									erzeugt, so verursacht das plötzliche Zusammendrücken der durch
                              									den condensirten Dampf gebildeten hohlen Räume im Wasser das
                              									Krachen — mit einer Gewalt, welche, wie wir erlebt haben,
                              									starke gußeiserne Gefäße zertrümmern kann. Der Dampf hat diese zwei merkwürdigen und gefährlichen
                              									Eigenschaften: er hört urplötzlich auf, Dampf zu sein, sobald
                              									ihm die Bedingung seiner Existenz — die Wärme entzogen wird, und er bildet sich
                              									ebenso rapid aus dem Kesselwasser, sobald  eine Druckverminderung erfolgt. Nicht der im
                              									Kessel befindliche Dampf, sondern die heißen Wassermassen sind
                              									es, welche Kesselexplosionen so verheerend gestalten. Diese
                              									letztere Eigenschaft des Dampfes läßt sich sehr schön bei großen
                              									Kataraktmaschinen mit langen Hubpausen beobachten. Beim Oeffnen
                              									des Admissionsventiles am Cylinder, wodurch dem Kessel plötzlich
                              									ein bedeutendes Quantum Dampf entzogen wird, springt der Zeiger
                              									des Manometers oft bis um 5k zurück, aber in demselben
                              									Augenblicke nimmt er auch schon wieder seine frühere Stellung
                              									ein. Nicht das ruhige Weitersieden
                              									des Wassers, sondern eine plötzliche, spontane, durch
                              									Druckverminderung entstandene Verdampfung hat die frühere
                              									Kesselspannung wieder hergestellt. Umgekehrt hört ein
                              									Locomotivkessel augenblicklich auf, zu sieden, sobald der
                              									Regulator geschlossen wird.
                           Eine Verbesserung des Vacuums über ein gewisses Maß hinaus läßt
                              									sich weder durch Vergrößerung des Injectionswasserquantums noch
                              									der Luftpumpe erzwingen. Im Gegentheile steigt die Spannung im
                              									Condensor, wenn der Injectionshahn mehr als normal geöffnet
                              									wird. Es ist die Luft, welche außer
                              									durch das Speisewasser und durch Undichtigkeit der Verpackungen
                              									in den Dampf, durch das Injectionswasser, besonders wenn
                              									dasselbe strömendem Wasser in geringer Tiefe unter der
                              									Oberfläche entnommen wird, in den Condensor gelangt, und welche
                              									sich eben nicht condensiren läßt. Die Luftpumpe macht man meistens viel zu groß. Watt schrieb ⅛ der Cylindergröße
                              									für dieselbe vor. Durch Indicatordiagramme, der Luftpumpe
                              									entnommen, finden wir, daß die Größe von 1/7,33 für eine
                              									Endspannung im Cylinder von bis zu 15k
                              									(absolutem Druck) zur Erzeugung einer Luftleere von 5k im
                              									Cylinder genügt, und viel mehr (höchstens 5k,67)
                              									hat man ja bei den wenigsten Maschinen. Ist also die Endspannung
                              									7k,5, so muß eine Größe von 1/14,66 dasselbe Vacuum
                              									erzeugen. Dies ist auch in der That der Fall. Folgendes beweist
                              									es.
                           Eine gekuppelte Corlißmaschine mit Cylindern von 648mm
                              									× 1m,525, jede mit einer Luftpumpe versehen, von denen
                              									die eine stehend, einfachwirkend und 432mm
                              									× 520mm, die andere liegend, doppeltwirkend, 381mm
                              									× 445mm war, wurde von uns in eine Woolf'sche Maschine
                              									verwandelt, indem der rechtsseitige Corlißcylinder cassirt und
                              									dafür ein Niederdruckcylinder von 1m,245 × 1m,525
                              									aufgestellt wurde. Früher war die Endspannung 12k,5
                              									gewesen, jetzt betrug dieselbe (im größten Cylinder) 5k.
                              									Anfänglich ließen wir beide Luftpumpen arbeiten, in der
                              									Erwartung, daß das Vacuum sich bessern werde. Nachdem dies nicht
                              									der Fall, das Abflußwasser von den Luftpumpen jedoch ganz kalt
                              									war, cassirten wir die  stehende Luftpumpe, und das Vacuum,
                              									welches nun durch eine Luftpumpe von nur 1/18,3 erzeugt wurde,
                              									blieb genau dasselbe.
                           Den Injectionshahn zu nahe am Cylinder anzubringen, ist ein
                              									großer, oft begangener Fehler. Man scheint nach und nach zu
                              									vergessen, daß Watt dadurch, daß er
                              									die Einspritzung aus dem Cylinder entfernte und dieselbe abseits
                              									vornahm, seine bedeutendsten ökonomischen
                                 									Erfolge erzielte.
                           Mit Flächencondensationen erreicht man
                              									eine ebenso gute Luftleere als durch Einspritzung. Dennoch macht
                              									man die Luftpumpen bei Seeschiffsmaschinen gewohnheitsmäßig eben
                              									so groß als für Einspritzung — auch da, wo für den
                              									Nothfall angebrachte Einspritzcondensoren gar nicht vorhanden
                              									sind. Da sich die Luftleere hier nicht wie bei directer
                              									Condensation plötzlich, sondern allmälig, in dem Maße, als die
                              									Kalkwasserpumpe den Condensor füllt, bildet, so wendet man oft
                              									besondere Dampfmaschinen zum Betriebe der Condensationspumpen
                              									an.
                           Zur Erreichung einer guten Luftleere muß man vor Allem den
                              									Erzfeind derselben — die Luft — fernhalten. Wenn
                              									die Dampfkolbenstange nicht genau cylindrisch ist, was häufig
                              									der Fall, wenn man zu den verschiedenen, zwischen Cylinder und
                              									Luftpumpen befindlichen Verpackungen nicht zukommen kann, oder
                              									wenn die Anzahl derselben eine zu große ist, ist alle Mühe
                              									vergebens. Der letzte Fall kam uns in einer englischen Spinnerei
                              									vor, wo man den von den Maschinen abströmenden Dampf zur Heizung
                              									der Fabrik benützte, bevor er condensirt wurde. Es ist wahr, die
                              									Heizung war eine sehr schlechte, aber die Condensation noch
                              									schlechter — ziemlich Null. Röhren-Vorwärmer für das Speisewasser, welche durch den
                              									Dampf, bevor er condensirt wird, geheizt werden, können das
                              									Wasser aus leicht begreiflichen Ursachen nicht wärmer machen,
                              									als das Abflußwasser ist. Eine bessere, von uns vielfach
                              									angewendete Methode besteht darin, durch einen kleinen besondern
                              									Einspritzhahn einen Theil des Dampfes zu condensiren, bevor er
                              									zum großen Einspritzhahn gelangt, und dieses, bis zu 70°
                              									heiße Wasser in einem Wassersacke abzufangen, aus welchem die
                              									Speisepumpe saugt, zwar nicht im eigentlichen Sinne des Wortes,
                              									denn die Pumpe muß tiefer als der
                              									Wassersack liegen. Daß die Dichtungen derselben, besonders die
                              									Stoffbüchsenverpackung des Pumpenstempels immer gehörig in
                              									Ordnung gehalten werden muß, ist selbstverständlich.
                           Der untere Theil der Indicatorlinie weist selten mehr als 4,5 bis
                              									5k
                              									an Luftleere im Cylinder auf. Bei ganz vorzüglichen Maschinen
                              									steigt dieselbe auf 5,45 bis 5k,90. Im Condensor ist immer
                              									bessere Luftleere, weil der Vorderdampf des Cylinders einen
                              									gewissen Ueberschuß  an Spannung zur Forttreibung des Dampfes
                              									nach dem Condensor braucht. Die Vacuummeter zeigen immer zuviel
                              									Luftleere und zwar in dem Maße, als sie entfernt vom Condensor
                              									angebracht sind. Der laut Diagramm gemessene Gegendruck beträgt
                              									gewöhnlich nicht unter 1k,82, selten nur 1k,36,
                              									meistens 2,05 bis 2k,27.
                           Bei Nichtcondensationsmaschinen ist
                              									der Gegendruck Null nur bei sehr
                              									kurzen, weiten Ausströmungsröhren. Durch Speisewasservorwärmer
                              									steigt derselbe auf 0,91 bis 2k,27. Ist die mittlere Spannung im
                              									Cylinder nicht sehr hoch, so kann es sich leicht ereignen, daß
                              									der Kraftverlust resp. Dampfverbrauch größer als der Gewinn bei der Dampferzeugung ist. Ist bei
                              									einer Maschine mit ¼ Füllung, 20k
                              									Cylinder-Anfangsspannung, ⅓ Füllung, der mittlere Druck
                              									9k, der Gegendruck wegen des Vorwärmers 1k,5, =
                              									0,17, und wird das Speisewasser von 15 auf 70° erwärmt
                              									(höher kommt es so leicht nicht), so ist die Kohlenersparniß bei
                              									3at Kesselspannung = (70 - 15) : (650 - 15) = 0,08;
                              									man verbraucht also doppelt soviel Dampf, als man an Kohle
                              									erspart, mit andern Worten, durch den Vorwärmer wird der
                              									Kohlenverbrauch um 9 Proc. gesteigert. Dagegen darf der
                              									Gegendruck ein beliebiger sein, wenn es sich darum handelt,
                              									sämmtliche oder doch den größten Theil der Calorien des Dampfes
                              									auszunützen, wie bei Zuckerfabriken zum Abdampfen der Säfte, bei
                              									Spiritusfabriken zum Abtreiben der Maische u. s. w. Fließt bei
                              									diesen das Condensationswasser aus den Apparaten mit 100°
                              									ab, so beträgt die Ausnützung der Wärme des Dampfes, wenn dieser
                              									mit 4at Druck in die Maschine gelangte, = (650 - 100) :
                              									650 = 88 Proc.
                           Die höchste Oekonomie erreicht man
                              									bezüglich des Dampfverbrauches nur durch das Woolf'sche Princip,
                              									insbesondere durch Anwendung der Corlißsteuerung beim
                              									Hochdruckcylinder. Durch Umwandlung einer gekuppelten
                              									Corlißmaschine in eine Woolf'sche (s. unter Luftpumpen), bei
                              									welcher beide Cylinder mit Dampfmänteln versehen waren, und
                              									wobei der aus dem Hochdruckcylinder abströmende Dampf in einem
                              									besondern Apparate getrocknet wurde, wurde der
                              									Speisewasserverbrauch auf 6k,75 pro Ind.-Pferdekraft und
                              									Stunde reducirt, was einem Kohlenverbrauche von guten
                              									Steinkohlen mit 7800c Gehalt und bei Anwendung von
                              									großen Speisewasservorwärmern von 6,75 : 10 = 0k,675
                              									entsprechen würde. Dieses Resultat kann nicht befremden, wenn
                              									man weiß, daß eine Menge von den neuern englischen
                              									Schiffsmaschinen nach dem Compound-System als
                              									Durchschnittsverbrauch von großen Reisen die Ziffer 0k,726
                              									(ja der „Briton“ sogar 0k,590)
                              									erreicht hat, was, da Schiffskessel wegen der mangelhaften
                              									Verbrennung, wegen des großen Verlustes an  Wärme durch den
                              									Rauch, welcher selten unter 350° abgeht, und wegen Mangel
                              									eines Speisewasservorwärmes, höchstens 7½fache
                              									Verdampfung aufweisen, einer Speisewassermenge von 0,726
                              									× 7,5 = 5k,444 entspricht.
                           Uebrigens ist nicht zu übersehen, daß diese Schiffsmaschinen noch günstiger arbeiten müssen, als die
                              									von uns citirte, weil bei denselben 1) die Kolbengeschwindigkeit
                              									fast doppelt, 2) die effective Leistung nach
                              									Indicatorpferdekräften ca. 3 Mal so groß ist, weil 3) diese
                              									Maschinen stehende sind, somit
                              									geringern Dampfverlust wegen der Kolben haben, und weil 4) alle
                              									diese Maschinen von unvergleichlich guter Ausführung sind und
                              									ebenso sorgfältig gewartet werden, da der Maschinist nach
                              									Beendigung jeder Reise Zeit hat, sich auch nimmt, die Kolben,
                              									Schieber u. s. w. nachzusehen resp. wieder zu reguliren.
                              									Berechnet man den theoretischen Dampfverbrauch dieser Maschinen
                              									für 12fache Expansion und unter Annahme von (unvermeidlichen)
                              									1k,5 Gegendruck im Niederdruckcylinder, so ergibt sich
                              									dieser zu etwa 4k,5; da der obige aber 6k,75
                              									war, so gehen noch immer 33⅓ Proc. an Dampf durch
                              									Abkühlung, Undichtigkeiten etc. verloren. Als nächstbeste
                              									Leistung stellt sich jene der großen Cornwaller Pumpmaschinen
                              									heraus, von denen manche 125 Millionen Pfund Wasser pro Bushel
                              									(100 Pfund engl. = 45k,36) beste Welshkohle einen Fuß
                              									(305mm) hoch heben, was pro Pferdekraft und Stunde, da
                              									obige Leistung = 125 000 000 : (33 000 × 60) = 63e,2
                              									entspricht, 100 : 63,2 = 1,58 Pfd. oder 0k,717
                              									beträgt. Die Ursache liegt hier jedoch weniger in den Maschinen
                              									als in den Kesseln und Feuerungen.
                           Fast jede Maschine läßt sich in eine Woolf'sche umändern. Man
                              									kann den zweiten Cylinder in die verlängerte Achse des
                              									bestehenden legen, wenn dieselbe liegend ist, oder an der
                              									Schwungradswelle eine zweite Kurbel für den Niederdruckcylinder
                              									bei liegenden, wie bei stehenden Maschinen, bei letztern auch
                              									unter dem bestehenden Cylinder und bei Balancirmaschinen auf
                              									ganz beliebige Art anbringen; die Frage ist immer nur die, ob man den bestehenden Cylinder als
                              									Hochdruck- oder als Niederdruckcylinder oder gar nicht
                              									beibehält. Zur See werden jetzt fast ausschließlich Woolf'sche
                              									Maschinen angewendet, ebenso auf Flußdampfern (die k. k. priv.
                              									Donaudampfschifffahrt-Gesellschaft hat den größten Theil ihrer
                              									Maschinen nach diesem System umgebaut, die neu anzuschaffenden
                              									werden nur als Woolf'sche bestellt, sowohl für Passagier- als
                              									für Fracht- und Schleppdampfer), für Pumpmaschinen, zum Betriebe
                              									von Spinnereien, Webereien, Papierfabriken, Mühlen u. s. w.
                           Wir können nicht schließen, ohne eine der in Bezug auf Oekonomie
                              									merkwürdigsten Gattung von Dampfmaschinen in Kürze zu
                              									betrachten.  Es ist die Locomotive. Wenn man erwägt, daß diese Maschinen in einem
                              									so hohen Maße der Abkühlung ausgesetzt aufgesetzt sind, daß die
                              									Kessel wahre Ueberkochapparate sind, daß die Speisung während
                              									der Fahrt mit höchstens lauwarmem Wasser erfolgt, daß der Rauch
                              									mit 300 bis 400° entweicht, daß die Cylinder weder eine
                              									besondere Expansionsvorrichtung noch Dampfmantel haben, daß
                              									keine Condensation vorhanden ist u. s. w., so sollte man
                              									glauben, daß diese Maschinen wahre Kohlenfresser wären. Gerade
                              									das Gegentheil ist der Fall, sie arbeiten mit ca. 1k,75
                              									guter Kohle pro Ind.-Pferdekraft, brauchen also viel weniger als
                              									die Mehrzahl der stationären Maschinen mit Expansion,
                              									Condensation und sonstigen Vorrichtungen für Oekonomie. Alle
                              									Mängel dieser Maschinen werden wett gemacht: 1) durch die
                              									vollkommenste Verbrennung, die man denken kann, da diese,
                              									angefacht durch das Blasrohr, unter einer Temperatur bis zu
                              									1500° vor sich geht, während man bei stationären Kesseln
                              									in der Regel nur 400 bis 600° erreicht, 2) dadurch, daß
                              									die Feuerung eine Innenfeuerung ist,
                              									3) durch die im Vergleich zu andern Maschinen 2 bis 3 mal
                              									größere Kolbengeschwindigkeit und durch die daraus sich
                              									ergebende relativ sehr kleine Abkühlungsfläche der Cylinder, 4)
                              									durch die hohe mittlere Cylinderspannung trotz der sehr
                              									bedeutenden Drosselung (bis zu einer Regulatoröffnung von 1/230
                              									der Kolbenflächen), welche die Differenz zwischen Kessel- und
                              									Anfangsspannung bis zu 2k,1 pro 1qc und
                              									mehr erhebt, und 5) durch die hieraus resultirende Ueberhitzung
                              									resp. Trocknung des Kesseldampfes.
                           Gerade das Gegentheil obiger Umstände findet statt bei der Schiffsmaschine: Schlechte Verbrennung,
                              									große Cylinderabkühlungsflächen, viel geringere
                              									Kolbengeschwindigkeit, voller Kesseldruck als Anfangsspannung im
                              									Cylinder, und man erreicht hier die Oekonomie ausschließlich
                              									durch die Maschine, indem man diese
                              									mit allem Raffinement in Bezug auf rationellste Dampfausnützung
                              									ausstattet.
                           Schlußwort.
                           Savery's Dampfmaschine —
                              									eigentlich nur Apparat, da sie mehr das Aussehen eines Montejus
                              									hatte, hob mit 1 Pfd. guter englischer Kohle, etwa um das Jahr
                              									1700, 18 300k Wasser 1m hoch; Newcomen brachte diese Leistung ein Jahrzehnt später auf
                              									das Doppelte. 60 Jahre hindurch blieb dies so, bis Watt mit seinen genialen Verbesserungen
                              									es auf 76 000k brachte. Heute, ein Jahrhundert später, erreicht
                              									man über 380 000k — und zwar nicht mit einer
                              									einzigen, sondern mit einer großen Anzahl von Maschinen.
                              									Schreiten wir in dem Maße fort wie seit den letzten 25 Jahren,
                              									— und wir werden  es, da die
                              									Anforderungen an die Oekonomie immer größer werden — so
                              									ist kein Zweifel, daß binnen Kurzem die Ziffer von ½
                              									Million und darüber erreicht sein wird — entsprechend
                              									etwa 0k,45 pro stündliche Pferdekraft. Diese Leistung setzt
                              									beispielsweise eine 10fache Verdampfung und 4k,5
                              									Speisewasserverbrauch pro Pferdekraft voraus, welches, wie wir
                              									oben gesehen haben, sehr wohl zu erreichen wäre, und zwar nach
                              									unserer festbegründeten Ueberzeugung lediglich durch das
                              									mehrcylindrige Expansionsprincip, welches in seinen Details noch
                              									großer Fortschritte fähig ist. Wir würden längst schon dahin
                              									gelangt sein, wenn der Dampfmaschinenbau nicht, wie es leider im
                              									Allgemeinen der Fall ist, rein geschäftlich aufgefaßt und
                              									betrieben würde. Wie sehr vereinzelt sind selbst heute noch
                              									diejenigen Constructeure, welche ihren Maschinen mit dem
                              									Indicator nachgehen und genauere Studien vornehmen. Die Mehrzahl
                              									sinnt auf Novitäten in der äußern
                                 									Form, obwohl für diese längst schon rationelle und
                              									praktisch bewährte Muster vorhanden sind.Dafür übersehen sie oft genug die
                                    									Hauptanforderungen, welche man an
                                    									gute Maschinen stellen muß: Einfachheit und Compactheit,
                                       									richtige Verbindungen zwischen den treibenden und
                                    									getriebenen Theilen, leichte Zugänglichkeit zu den Schiebern, Kolben, den Verpackungen
                                    									etc. und Sicherheit gegen
                                       									Beschädigungen während des Ganges. Wie viele große
                                    									Maschinen existiren nicht, bei denen manche Haupttheile nur mit
                                    									Lebensgefahr zu schmieren sind, und wie viele Menschenleben
                                    									haben nicht manche Constructeure schon auf ihrem Gewissen?Ist es da zu verwundern, daß selbst heute noch, wenigstens in
                                    									Oesterreich-Ungarn, fast sämmtliche große Dampfmaschinen aus
                                    									England, Belgien, Frankreich, der Schweiz, ja selbst aus den
                                    									Vereinigten Staaten Amerikas bezogen werden? In allen diesen
                                    									Staaten steht der technische Unterricht bei weitem nicht auf
                                    									derjenigen Höhe wie in Deutschland und Oesterreich, dafür wird
                                    									um so mehr auf praktische Bildung gehalten. Die dortigen
                                    									Constructeure machen ausnahmslos die — zwar nicht gerade
                                    									angenehme, aber ganz unerläßliche — vollständige
                                    									Werkstättencarrière durch, und erst, wenn sie sich als tüchtige
                                    									Monteurs erwiesen haben, vertraut man ihnen Constructionen an,
                                    									während die Mehrzahl unserer „absolvirten
                                       									Techniker“ wunder glaubt, wie
                                    									„praktisch“ sie gebildet sind, wenn sie ein
                                    									bischen Feile und Meißel hantiren können. Wer nicht selber
                                    									Maschinen gebaut, montirt und in Betrieb gebracht hat, wer nicht
                                    									die Tausende von Dingen, welche nur die Praxis lehrt, erfahren
                                    									hat, der taugt zu keinem Constructeur, auch wenn er das sonstige
                                    									Zeug dazu — Phantasie, Geschmack, Erfindungskraft,
                                    									Gedächtniß, rasche Auffassung u. s. w. — besäße. Watt, die beiden Stephenson, fairbairn, Cockerill, Borsig, Hartmann und
                                    									fast sämmtliche übrigen Koryphäen des Maschinenbaues waren
                                    									durchaus praktische
                                       									Naturen. Nicht die
                              									reine Mechanik, sondern die Physik und die praktische Erfahrung sind die Hauptgrundlagen des
                              									Dampfmaschinenbaues. Oder woher rühren denn die zahllosen
                              									Anstände wegen nicht zutreffender Kohlengarantie, wegen
                              									verfehlter Fundamente und Hauptantriebstransmissionen, Brüche
                              									von Zahnschwungrädern und Balanciers, heißgehender Krummzapfen-
                              									und Hauptlager u. a. m. ? Soll es in dieser Beziehung besser
                              									werden, so muß auf den technischen Hochschulen das
                              									Dampfmaschinenwesen als ein besonderes Fach mit den dazu
                              									erforderlichen Lehrmitteln eingeführt werden, zu welchem Zwecke
                              									allerdings die heutige Literatur  darüber
                              									wesentlich erweitert werden müßte. Studirende, welche das
                              									gesammte Gebiet des Maschinenwesens erlernen wollen, können es
                              									darin nur zu einem encyklopädischen Wissen bringen. Wer
                              									Spinnmaschinen, Webstühle, Turbinen und Papiermaschinen baut und
                              									gelegentlich auch Dampfmaschinen übernimmt, kann diese unmöglich
                              									in derjenigen Vollkommenheit liefern wie Specialisten dieses
                              									Faches, und für diese dürfte denn doch bei dem heutigen Umfange
                              									der deutschen Industrie endlich auch die Zeit gekommen sein.
                              									Selbst der Dampfmaschinenbau muß wiederum specialisirt werden:
                              									mit Herstellung von Locomotiven, Schiffsmaschinen, Locomobilen,
                              									Dampfhämmern, Fabriksbetriebsmaschinen, Wasserhaltungs- und
                              									Pumpdampfmaschinen, Dampfpumpen, kleinen Dampfmaschinen u. s. w.
                              									müssen sich besondere Fabriken befassen, wie dies z. B. in
                              									England längst der Fall ist, wo selbst die einzelnen
                              									Bestandtheile gewisser Kategorien von Dampfmaschinen, wie
                              									Dampfkolben, Zahnschwungräder, Regulatoren, Cylinder etc. ihre
                              									Specialisten gefunden haben.
                           Die Wiener Weltausstellung 1873, deren Dampfmaschinenabtheilung
                              									weitaus nur Deutschland und Oesterreich-Ungarn repräsentirte,
                              									bekräftigte obige Anschauungen. Von einem wirklichen Streben
                              									nach Oekonomie war sehr wenig zu spüren. Indicatoren waren fast
                              									nirgends angebracht, und über die ökonomischen Leistungen
                              									erhielt man in den seltensten Fällen Auskunft. (Die in dieser
                              									Hinsicht wirklich renommirten Firmen Englands, Amerikas etc.
                              									waren leider gar nicht vertreten.) Dagegen fehlte es nicht an
                              									verunglückten Versuchen, das mehrcylindrige Expansionsprincip zu
                              									verbessern, während anderseits dasselbe in seiner primitivsten
                              									Form zur Darstellung gelangte. Desto lehrreicher dürfte sich in
                              									dieser Hinsicht die diesjährige Ausstellung in Philadelphia
                              									gestalten, da in Amerika bekanntlich Kohle überall theuer ist,
                              									und daher die Oekonomie der Dampfmaschine dort seit Jahrzehnten
                              									auf einem sehr hohen Standpunkt steht.
                           Nicht wenig zur Hebung des Dampfmaschinenbaues könnten auch die
                              									Besteller in ihrem eigenen Interesse beitragen, indem sie ihre
                              									Aufträge nur Solchen anvertrauen, die durch ihre Leistungen
                              									dasselbe rechtfertigen, anstatt wie es die bisherige
                              									Gepflogenheit war, die Ausführung der Fabrikseinrichtung und der Betriebsdampfmaschinen, Kessel
                              									etc. in Eine Hand zu legen.
                           Pest, Januar 1876.
                           
                              Otto H. Müller.