| Titel: | Abänderungen an Elektromagneten zur Beseitigung des remanenten Magnetismus; von Héquet, Inspector der Telegraphenlinien in Paris. | 
| Autor: | Héquet | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 146 | 
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                        Abänderungen an
                           								Elektromagneten zur Beseitigung des remanenten Magnetismus; von
                           								Héquet,
                           								Inspector der Telegraphenlinien in Paris.
                        Mit Abbildungen auf Taf. III [c/4].
                        Héquet's Elektromagnet.
                        
                     
                        
                           Die Lösung der Aufgabe der in der Telegraphie und für andere
                              									industrielle Zwecke angewendeten Elektromagnete, dem Anker eine
                              									mehr oder minder rasche Hin- und Herbewegung zu ertheilen, wird
                              									durch die Polarisation oder den remanenten Magnetismus
                              									erschwert. Der durch die Anziehung in einen Magnet verwandelte
                              									Anker wirkt seinerseits auf die Pole des Elektromagnetes und
                              									strebt, dieselben magnetisch erregt zu erhalten, und diese nach
                              									dem Aufhören des Stromes noch fortdauernde Wechselwirkung
                              									verlangsamt die Entmagnetisirung sehr merklich. Der Anker wird
                              									daher mit der erwünschten Schnelligkeit nur bei einer
                              									verhältnißmäßig großen Spannung der Abreißfeder losgerissen,
                              									diese Spannung erschwert aber die nachfolgende Anziehung des
                              									Ankers. Das durch Probiren gefundene günstigste Verhältniß
                              									zwischen beiden Kräften wird bei der geringsten Aenderung der
                              									Stromstärke gestört. Der remanente Magnetismus ist um so
                              									nachtheiliger, je raschere Schwingungen der Anker machen soll.
                              									Eine Beseitigung oder doch entsprechende Schwächung der Remanenz
                              									herbeizuführen, ist wiederholt versucht worden, fast immer durch
                              									Benützung von Localbatterien oder Inductionsströmen, im
                              									allgemeinen jedoch unter arger Schädigung der Einfachheit der
                              									ganzen Anordnung. Héquet hat nun bei
                              									seinen Versuchen gefunden, daß es zur Beseitigung oder fast
                              									vollständigen Schwächung des remanenten Magnetismus nur
                              									erforderlich ist, die Kerne von einander zu trennen, sei es
                              									durch Zwischenräume in dem sie tragenden Verbindungs- oder
                              									Querstücke, sei es an den Berührungstellen der Kerne und des
                              									Verbindungsstückes.
                           Am einfachsten läßt sich dies erreichen, indem man die eisernen
                              									Ansätze, mittels deren gewöhnlich das Verbindungsstück an den
                              									Kernen befestigt wird, so daß alle drei Stücke nur ein einziges
                              									Ganzes bilden, durch solche aus einem nicht magnetischen Metalle
                              									ersetzt. Man beseitigt dann die Berührung des Verbindungsstückes
                              									mit den an demselben anliegenden Kernen, indem man zwischen sie
                              									ein oder mehrere Blätter Papier oder Knittergold u. dgl. legt,
                              									wobei man die Dicke dieser Zwischenlage nach dem
                              									Magnetisirungsvermögen der Spulen und dem münschenswerthen Grade
                              									der Beseitigung der Remanenz bemißt. Ein Blatt gewöhnliches
                              									Papier reicht aus bei Spulen, deren Widerstand unter 250 Ohms
                              									liegt;  zwei und bisweilen drei Blätter sind
                              									nöthig bei Widerständen zwischen 250 und 1000 Ohms.
                           Ein in dem Querstücke senkrecht zu dessen Achse gelassener Spalt
                              									bringt nahezu dieselben Wirkungen hervor; dabei werden die
                              									beiden Theile des Querstückes zweckmäßig durch eiserne Ansätze
                              									mit den Kernen verbunden. Die erstere Ausführungsweise, welche
                              									vielleicht den besten Erfolg liefert, besitzt vor letzterer den
                              									Vorzug, daß sie sich sehr leicht an schon vorhandenen
                              									Elektromagneten anwenden läßt.
                           Aus der Bemerkung, daß der Grad der Beseitigung der Remanenz der
                              									Größe der im Körper des Querstückes oder an den
                              									Berührungsstellen zwischen demselben und den Kernen angebrachten
                              									Zwischenräume proportional ist, fließt eine neue Art der
                              									Regulirung von Apparaten, in denen ein gewöhnlicher
                              									Elektromagnet vorkommt. Anstatt nämlich durch die angegebenen
                              									Mittel den Grad der Beseitigung der Remanenz zu bestimmen, kann
                              									man bei neu anzufertigenden Elektromagneten das Querstück oder
                              									seine Theile beweglich machen und durch eine Stellschraube
                              									dasselbe, wenn es aus dem Ganzen ist, von den Kernen, oder seine
                              									Theile, wenn es getheilt ist, von einander mehr oder weniger
                              									entfernen. Man kann auch diese verschiedenen Mittel zugleich
                              									anwenden. Bei dieser Anordnung bleibt die abreißende Kraft
                              									nahezu unveränderlich, und die Beweglichkeit des Querstückes
                              									oder seiner Theile ermöglicht den Uebergang von einem
                              									gewöhnlichen Elektromagnete zu einem ohne Remanenz, welche mit
                              									Vergrößerung der Zwischenräume allmälig verschwindet.
                           In Fig. 13
                              									und 14 ist im
                              									Verticalschnitte und im Grundrisse ein Elektromagnet mit
                              									getheiltem Querstück c, c′
                              									abgebildet. Der Kern n′ und
                              									der Theil c′ des Querstückes
                              									sind an der Platte p mittels einer
                              									Schraube, der Kern n ist an
                              									derselben Platte durch den Ansatz g
                              									und eine Schraubenmutter befestigt; der Theil c des Querstückes ist in die Platte p so eingelassen, daß er sich in
                              									derselben mit schwacher Reibung in seiner Längsrichtung bewegen
                              									kann; ein längliches Loch h, durch
                              									welches der Ansatz g hindurch geht,
                              									bestimmt das Maß der Verschiebung, welches die Schraube v dem Theile c zu ertheilen vermag. Bei Berührung der beiden Theile c und c′ hat man einen gewöhnlichen Elektromagnet; durch
                              									die Schraube v lassen sich beide
                              									Theile in den durch das Loch h
                              									gezogenen Grenzen von einander entfernen.
                           Figur 15 gibt eine andere Anordnung im Verticalschnitte;
                              									dabei ist das eiserne Querstück c
                              									aus dem Ganzen und tangential zu den Kernen n und n′ beweglich; es enthält zwei mit Kupfer ausgelegte
                              									keilförmige Ausschnitte e und e′; wird es mehr oder weniger in
                              									seiner Längsrichtung verschoben, so kommt es mit den Rändern der
                              									Kerne unmittelbar  in Berührung, oder es kommen zu dem schon
                              									angeführten Zwecke die Kupferstücke zwischen die Kerne und das
                              									Eisen des Querstückes c zu
                              									liegen.
                           Es ist wichtig, zu bemerken, daß die Beibehaltung des Querstückes
                              									oder seiner Theile unerläßlich ist, um dem Elektromagnete die
                              									erforderliche Anziehungskraft zu erhalten.
                           Unsere Quelle (Annales
                                 									télégraphiques, 1875 S. 423) fügt einige Angaben über die
                              									Wirksamkeit des vorgeschlagenen Mittels nach Versuchen bei blos
                              									localer Einschaltung und bei Einschaltung in verschieden lange
                              									Telegraphenlinien hinzu, bei welchen Morse- und Zeigerapparate
                              									benützt wurden, deren Querstück durch Anwendung kupferner
                              									Schrauben und zweier Blätter Papier von den Kernen getrennt
                              									waren, während die Spulen 300 Ohms Widerstand hatten.
                           1) In kurzem Schließungskreise gestattete der auf den Strom von
                              									20 Callaud'schen Elementen eingestellte (Morse- und Zeiger-)
                              									Apparat bequem den Uebergang zu 60, 80 und 100 Elementen, ohne
                              									Aenderung in der Regulirung und unter nur sehr geringer
                              									Aenderung der Geschwindigkeit.
                           2) Ein auf 25 Callaud-Elemente regulirter Morse in einem 550km
                              									langen Stromkreise aus 4 und 5mm dickem Drahte lieferte bezieh,
                              									bei 25, 50, 75, 100 Elementen 24, 19, 16, 14 Zeichen in der
                              									Secunde; bei sehr feuchtem Wetter und Stromverlusten auf der
                              									Linie mit 25, 50, 100, 150 Callaud-Elementen bezieh. 11, 24, 19,
                              									16 Zeichen in der Secunde; doch wurde der Apparat bei 50
                              									Elementen frisch regulirt. Die Verminderung der Geschwindigkeit
                              									bei wachsender Stromstärke kommt auf Rechnung der Entladung der
                              									Linie, welche die Magnetisirung merklich verlängert; auf noch
                              									längerer Linie tritt dieselbe noch schärfer hervor.
                           3) Ein auf 25 und dann auf 50 Elemente regulirter Morse in einer
                              									1100km langen Leitung aus 4 und 5mm
                              									dickem Drahte gab bezieh. 13, 16, 12, 10 Zeichen in der Secunde.
                              									Der erste Versuch in dieser letzten Reihe zeigt, welchen Grad
                              									der Empfindlichkeit der Elektomagnet nach der Aenderung bewahrt
                              									hat. Die zum Abreißen erforderliche Gegenkraft ist in ihrem
                              									Minimum. Die Geschwindigkeit ist im Allgemeinen nicht mehr so
                              									groß, wie bei der zweiten Reihe, in Folge der in einem solchen
                              									Kreise sehr merklichen und erst nach einer gewissen Zeit
                              									verschwindenden Ladung. Dessenungeachtet könnte man leicht eine
                              									größere Geschwindigkeit erreichen, wenn man das Spiel des Ankers
                              									hätte in engere Grenzen einschließen wollen; dann hätte man sich
                              									jedoch nicht mehr in den gewöhnlichen Bedingungen der Arbeit
                              									befunden, welche man doch aufrecht erhalten wollte.
                           
                           Der Anker eines gewöhnlichen Elektromagnetes wird bei diesen
                              									verschiedenen Versuchen nicht schnell genug abgerissen, oft
                              									selbst gar nicht, wenn man von der ersten Elementengruppe zur
                              									zweiten übergeht. Die Zeichen verschwimmen und eine neue
                              									Regulirung wird nöthig. Uebrigens braucht dazu der Unterschied
                              									zwischen den Gruppen nicht immer so groß zu sein.
                           Die oben gegebenen Zahlen sind Mittelwerthe und können nach oben
                              									oder unten schwanken, je nach dem Zustande der Linie, der
                              									magnetisirenden Kraft der Spulen, der Dicke des trennenden
                              									Körpers zwischen den Kernen und dem Querstücke. Doch weisen sie
                              									deutlich die wesentliche Vereinfachung der Regulirung nach;
                              									diese Vereinfachung erleichtert aber einerseits ungeübten oder
                              									nur nebenbei telegraphirenden Personen das Arbeiten auf den
                              									Apparaten, anderseits macht sie während des Arbeitens die
                              									Apparate unempfindlich gegen die aus mangelhafter Isolirung der
                              									Linie oder aus einer Benützung derselben Batterie für eine große
                              									Anzahl von Linien zugleich entspringenden Stromschwankungen.
                              									Wenn man der Abreißfeder die kleinste zu einem regelmäßigen
                              									Spiele des Ankers erforderliche Spannung gibt, so hat man
                              									thatsächlich den Apparat dadurch für eine mindestens doppelt
                              									oder dreimal so große Anziehungskraft regulirt, je nachdem es
                              									sich um einen längern oder kürzern Stromkreis handelt. Unter
                              									diesen Verhältnissen kann sich die aus wechselnden
                              									Stromverlusten auf der Linie oder aus der Anwendung einer
                              									gemeinschaftlichen Linienbatterie herrührende Stromschwächung
                              									auf der Empfangsstation nicht mehr fühlbar machen, der
                              									Empfangsapparat der letztern wird vielmehr mit der gewünschten
                              									Genauigkeit fortarbeiten.
                           Seit 6 Monaten ist ein gewöhnliches, nicht polarisirtes Relais,
                              									dessen Elektromagnete in der ersten oben beschriebenen Weise
                              									abgeändert worden sind, in der Centralstation zu Paris in eine
                              									der Leitungen Marseille-London eingeschaltet, an deren beiden
                              									Enden ein Morse aufgestellt ist. Die Spannung der Abreißfeder
                              									ist ein wenig größer, als unbedingt nöthig, damit die Zeichen
                              									nicht verschwimmen. Bei dieser Regulirung verträgt das Relais
                              									ohne Beeinträchtigung seines regelmäßigen Ganges die in jedem
                              									Augenblicke auf einer so langen Linie auftretenden
                              									Stromschwankungen.
                           Die äußersten Grenzen der Spannung, welche in einem gegebenen
                              									Momente und während der Arbeit die
                              									Abreißfeder verträgt, liegen im Allgemeinen zwischen 25 und
                              									100g bei trockenem, und zwischen 18 und 70g bei
                              									feuchtem Wetter. In Marseille, welches mit Paris durch einen
                              									5mm dicken Draht verbunden ist und eine Batterie von
                              									80 Callaud-Elementen  besitzt, liegt der Spielraum für die
                              									Regulirung bisweilen zwischen 40 und 130g.
                           Diese Ergebnisse bestätigen die oben angeführten Versuche der
                              									zweiten und dritten Reihe, und wenn sie über diese selbst noch
                              									hinaus zu gehen scheinen, so kommt das daher, daß die genannten
                              									Versuche sich auf eine weit höhere Anzahl von Stromsendungen
                              									beziehen, als beim Morse vorkommen, bei welchem ja höchstens 5
                              									bis 6 in der Secunde stattfinden.
                           Beim Wiederabdruck des vorstehenden Artikels in dem Journal télégraphique, 1875 S. 220 fügt
                              									der Verfasser noch hinzu, daß die erste der vorgeschlagenen
                              									Abänderungen zur Beseitigung der Polarisation mit Vortheil bei
                              									Elektromagneten angewendet werde, deren Querstück, bei gleichem
                              									Gewicht mit jedem der Kerne, ungefähr 10 auf 12mm
                              									Seite habe. Wenn man dagegen dieselbe Umgestaltung bei
                              									Elektromagneten mit flachem Querstück unter Beibehaltung
                              									desselben vornehmen wolle, so müsse man, um eine genügende
                              									Verminderung des remanenten Magnetismus zu erzielen, die Dicke
                              									des trennenden isolirten Körpers verdoppeln, was jedoch die
                              									Wirkung des Querstückes auf die Kerne beträchtlich schwäche und
                              									dadurch auch die Anziehungskraft des Elektromagnetes. Dieser aus
                              									einem Mißverhältnisse zwischen den Abmessungen des flachen
                              									Querstückes und der Kerne herrührende Uebelstand lasse sich
                              									beseitigen, wenn man an jedem dem Querstücke benachbarten Ende
                              									der Kerne ein quadratisches weiches Eisenstück von 2 bis 3mm
                              									Dicke hinzufüge, dessen Seitenlänge nahezu der Breite des
                              									Querstückes gleiche. Der zur Trennung des Querstückes von den
                              									Kernen bestimmte, nicht magnetische Körper wird noch zwischen
                              									das Querstück und die quadratischen Stücke weichen Eisens
                              									gebracht, indem die letztern an die Kerne selbst zu liegen
                              									kommen und mit ihnen ein Ganzes ausmachen müssen. Durch diesen
                              									Kunstgriff hätte Héquet die Kraft
                              									eines Elektromagnetes mit isolirtem flachem Querstücke zu
                              									verdoppeln vermocht.
                           Es läßt sich übrigens darthun, daß eine größere Dicke der
                              									hinzugefügten Eisenstücke die Kraft des Elektromagnetes nicht
                              									merklich vergrößere. In der Praxis reiche eine Dicke von 2 bis
                              									3mm hin, und eine solche Angabe störe die anfängliche
                              									Anordnung des Apparates keineswegs.
                           
                              E—e.
                              
                           
                        
                     
                  
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