| Titel: | Basteiofen mit Gasfeuerung zur Massenproduction von Kalk, Gyps, gebranntem Thon, zum Rösten der Erze &c.; von Ferdinand Steinmann, Civilingenieur in Dresden. | 
| Autor: | Ferdinand Steinmann | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 151 | 
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                        Basteiofen mit Gasfeuerung
                           								zur Massenproduction von Kalk, Gyps, gebranntem Thon, zum Rösten der
                           								Erze &c.; von Ferdinand Steinmann, Civilingenieur in Dresden.
                        Mit Abbildungen auf Taf. II [d/4].
                        Steinmann's Basteiofen mit
                           								Gasfeuerung.
                        
                     
                        
                           In richtiger Erkenntniß ihrer außerordentlichen Vortheile hat die
                              									Gasfeuerung zum Zwecke der Kalk- und Kohlensäuregewinnung bei
                              									der Zuckerfabrikation rasch Eingang gefunden, und wird es
                              									wenigstens in Deutschland und Oesterreich nur noch eine geringe
                              									Zahl von Zuckerfabriken geben, welche diese wichtige
                              									Verbesserung an ihren Saturationsöfen noch nicht eingeführt
                              									haben.
                           Leider kann man dasselbe von den Kalkbrennereien etc. nicht
                              									behaupten, trotzdem gerade für Schachtöfen die Gasfeuerung wegen
                              									der eminent einfachen Constructionselemente die meisten Chancen
                              									bietet. Und doch ist wohl in neuerer Zeit bei keiner
                              									Hüttenbranche das Bedürfniß nach größerer Oekonomie im
                              									Brennstoffverbrauch so sehr in den Vordergrund getreten, als
                              									gerade hier, wo das Rohproduct den relativ geringsten Werth hat,
                              									und die Erzeugung der Waare lediglich nur von dem Preise und der
                              									Qualität des Brennstoffes, welcher obendrein stets der beste
                              									sein soll, abhängig gemacht ist. Die ausschließliche Verwendung
                              									geringwerthiger Brennstoffe verbietet sich von selbst, nicht
                              									allein wegen der erforderlichen großen Mengen, sondern auch
                              									wegen der mit ihrer Benützung verbundenen Gefahr, einen
                              									schlechten Brand zu erzielen. Die mit Holz brennenden
                              									Kalkofenbesitzer vermögen aber wegen der bedeutend gestiegenen
                              									Holzpreise schon seit lange nicht mehr mit denjenigen zu
                              									concurriren, denen Kohle oder Torf zur Verfügung steht. Daher
                              									kommt es auch, daß es jenen Orten, wo Kalkstein und gute Kohle
                              									vereint auftreten, möglich ist, ihr vergängliches, ja für den
                              									Transport gefährliches Product thatsächlich bis auf 50 deutsche
                              									Meilen im Umkreise abzusetzen.
                           Die Kalkbrennerei ist aber auch eine der größten industriellen
                              									Landplagen; ein einziger Kalkofen mit directer Feuerung
                              									verpestet bekanntlich meilenweit seine Umgebung und stellt
                              									häufig genug den landwirthschaftlichen Betrieb der Anwohner in
                              									Frage.
                           Alle diese Uebelstände werden durch die Gasfeuerung vollständig
                              									und gründlich beseitigt, denn diese gestattet:
                           1) die Anwendung eines jeden
                              									Brennstoffes;
                           2) ist die Rauchverzehrung eine vollständige, woraus auch resultirt,
                              									daß
                           
                           3) je nach der Qualität des Kalksteines und
                              									des Brennstoffes nur 25 bis 40 Proc. des letztern (auf 100 Th.
                              									Aetzkalk) erfordert werden, während Kalköfen mit directer
                              									Feuerung 60 bis 100 Proc. consumiren;
                           4) belästigt ein Schachtofen mit
                              									Gasfeuerung die Nachbarschaft in keiner Weise;
                           5) ist das gewonnene Product vollkommen
                              									frei von Asche und Schlacken; dazu kommt auch, daß der bei
                              									Gasfeuer gebrannte Kalk notorisch transportfähiger, daher sein
                              									Handelswerth ein größerer istDies hat seinen Grund darin, daß
                                    									das Gas auf seinem Wege bis zur Verbrennung den größten Theil
                                    									seiner dampfförmigen Bestandtheile, also Wasser, Ammoniak, Theer
                                    									etc., condensirt, jene also nicht in den gebrannten Kalk mit
                                    									übergehen wie beim directen Feuer. Der Gaskalk conservirt sich
                                    									deshalb auch länger und ist von Allen, die ihn kennen,
                                    									entschieden bevorzugt.;
                           6) ist der Betrieb für die Brenner ein weit
                              									weniger anstrengender und gesundheitsnachtheiliger;
                           7) kommt der Bedarf an Holz gänzlich in
                              									Wegfall, und
                           8) kann man die maximale Leistung eines
                              									solchen Ofens mindestens auf 30 Proc. ohne jede Benachtheiligung
                              									verringern, ein erheblicher Vortheil für jeden Brenner bei
                              									Beginn oder Beendigung der Bausaison, überhaupt bei jedweder
                              									Schwankung der Conjunctur.
                           Der Umstand nun, daß sich bei Schachtöfen die Gasflamme ganz
                              									vorzugsweise in verticaler Richtung entwickelt, so zwar, daß man
                              									sie leicht auf eine Länge von 9 bis 10m
                              									ziehen kann, ergab für mich bei meinen diesbezüglich
                              									angestellten praktischen Untersuchungen für Schachtöfen mit
                              									kreisrundem Querschnitte das Maß von 1m,57
                              									als den größten zulässigen Durchmesser. Solche Kalköfen
                              									entsprechen einer maximalen Ausbeute von 100 Ctr. Aetzkalk in 24
                              									Stunden.Vgl.
                                    									“Compendium der Gasfeuerung etc.„ 2. Auflage.
                                    									Freiberg 1876. J. G. Engelhardt'sche
                                    									Buchhandlung (M. Isensee).
                              									Hieraus erhellt, daß Oefen mit größerer Leistungsfähigkeit einen
                              									oblongen Querschnitt mit einer constanten kleinen Achse von 1m,57
                              									erhalten müssen; solche Oefen bis zu einer maximalen Production
                              									von 350 Ctr. habe ich selbst in größerer Anzahl erbaut.
                              									Abgesehen von dem sich potenzirenden schädlichen Einflusse der
                              									Winde auf die Breitseiten oblonger Oefen vermehren sich auch mit
                              									zunehmender Größe dieser Oefen die constructiven Schwierigkeiten
                              									besonders wegen der Anlage der Generator-Batterien, und kam ich
                              									daher auf die Construction des in Fig. 19
                              									und 20
                              									dargestellten Basteiofens, welcher
                              									ähnlich wie der Hoffmann-Licht'sche Ringofen ohne wesentliche
                              									Modificationen auf jede Leistungshöhe veranlagt werden  kann.
                              									So anerkannt vortreffliche Dienste der letztgenannte Ofen in der
                              									Ziegelfabrikation leistet, so sind seine Schwächen beim Brennen
                              									anderer Materialien hinlänglich bekannt, und ich habe zum
                              									Unterschied und im Hinblick auf eine unverkennbare Aehnlichkeit
                              									meinem Ofen den Namen “Basteiofen„ beigelegt. Zur
                              									Erläuterung der Abbildungen diene Folgendes.
                           a a ist der ringförmige Schacht, in
                              									welchem der Brand des Rohproductes sich vollzieht, b b die sich anschließende Rast, in
                              									welcher das fertig gebrannte Material liegt, g die Gaserzeuger oder Generatoren, f die Gasableitung, e die Zweigcanäle, d die Ringcanäle, aus denen in
                              									entsprechender Vertheilung die Düsen c aus der ganzen Pheripherie in den Schacht einmünden, i sind die mit einem scharfgebrannten
                              									Chamotteconus verschließbaren Abzüge für das Brenngut. Den Conus
                              									dirigirt man mittels eines Hebels in der Weise, daß man je nach
                              									dem größern oder geringern Bedarf an Verbrennungsluft, welche
                              									eben ihren Weg durch i zu nehmen
                              									hat, denselben mehr oder weniger scharf anpreßt. Um einer
                              									vorzeitigen Abnützung der Passagen i
                              									vorzubeugen, sind diese, wie Figur 19
                              									zeigt, mit starken gußeisernen Trichtern ausgefüttert. Die
                              									Verbrennungsluft nimmt Wärme aus dem in der Rast b stehenden Brenngute auf und vereinigt
                              									sich stürmisch mit dem den Düsen entströmenden Gase zur Flamme.
                              									Sie erfüllt also gleichzeitig zwei Zwecke; sie heizt sich selbst
                              									vor und entzieht damit dem Brenngute die hohe Temperatur, so daß
                              									dieses ohne weiteres verladungsfähig ist.
                           Unter den 6 Einfahrten h gelangt man
                              									nach dem innern Raume m, welcher als
                              									Stapelplatz für das Rohproduct dienen kann, von wo aus letzteres
                              									durch geeignete, von dem Podium l
                              									aus betriebene Hebevorrichtungen bequem und schnell nach der
                              									Gicht befördert werden kann. Die Passagen oder Trichter i sind übrigens durch sattelförmige
                              									Schiede von einander getrennt, so daß damit ein constantes
                              									Rollen des Brenngutes nach links und rechts ermöglicht wird.
                           Der abgebildete Ofen ist leicht auf eine Production von 1500 Ctr.
                              									Aetzkalk pro 24 Stunden zu bringen. Da, wo es etwa die
                              									Oertlichkeit erheischt, ist natürlich die kreisrunde Form des
                              									Ofens unbedenklich durch eine elliptische zu ersetzen.
                           Zur Inbetriebsetzung eines derartigen Basteiofens sei
                              									Nachstehendes bemerkt.
                           Bevor der Schacht mit Kalkstein gefüllt wird, muß man alle Theile
                              									des Ofens, also Generatoren, Canalsystem und Schacht mehrere
                              									Tage hindurch mittels gelinder Schmauchfeuer behufs Austrocknung
                              									ausheizen. Es ist dies bei Gasfeuerungsanlagen um so
                              									nothwendiger, weil andern Falls die Entzündung des Gasstromes
                              									nicht allein schwierig, sondern  unter Umständen
                              									sogar unmöglich wird. Hat man die Ueberzeugung gewonnen, daß das
                              									Mauerwerk auf ungefähr 300mm Tiefe trocken ist, so belegt man
                              									zuvörderst den Boden der Rast, d. h. die Sättel, kreuzweis mit
                              									einer Schicht trockenen Holzes, darauf schüttet man ca. 300 bis
                              									500mm hoch Kohle oder Torf, alsdann die erste Schicht
                              									Kalkstein in gleicher Höhe, und fährt mit dem Wechsel von Kohle
                              									und Kalkstein in gleicher Weise fort, bis etwa 600mm
                              									über die Gasdüsen hinaus, von wo ab der Schacht bis zur
                              									Gichtmündung ausschließlich mit Stein gefüllt werden kann.
                              									Innerhalb dieser Zeit sind auch die Generatoren zu beschicken.
                              									Man breitet zu dem Ende erst eine Schicht Hobelspäne auf den
                              									Planrosten aus, legt darauf eine Lage gespaltenen Scheitholzes
                              									und beschütttet dieselbe bis zum Rande der Zargen mit dem zu
                              									verwendenden Brennmaterial. Bevor man das Feuer in den
                              									Generatoren in Gang bringt, muß die Glut in dem Schachte bereits
                              									die untern Schaubüchsen erreicht haben, denn nur dann wird die
                              									Entzündung des Gases eine zweifellose und constante sein. Das
                              									erste Kalkziehen hat spätestens 3 Stunden nach Zutritt des Gases
                              									zur Gicht zu beginnen und von da an, je nach dem Bedarf an Kalk,
                              									in Pausen von nicht unter 1½ und nicht über 3 Stunden
                              									möglichst rasch nach einem bestimmten Maße zu erfolgen; nach
                              									einem jeden Abzuge ist bei der Gicht sofort wieder an dem ganzen
                              									Umfange des Ofens Kalkstein nachzufüllen.
                           Nachschrift. Ein in Pirna bei Dresden
                              									nach diesem System errichteter Röstofen
                                 									für Magneteisenstein hat sich ebenfalls ganz vorzüglich
                              									bewährt und in Hinsicht auf Leistungsfähigkeit, Ersparniß an
                              									Brennstoff etc. alle Röstöfen mit directer Feuerung übertroffen,
                              									so daß der Basteiofen auch für Eisenhüttenwerke sich empfehlen
                              									würde.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
