| Titel: | Verwerthung menschlicher Excremente; von Dr. H. Schwarz, Professor an der k. k. technischen Hochschule in Graz. | 
| Autor: | H. Schwarz | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 162 | 
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                        Verwerthung menschlicher
                           								Excremente; von Dr. H. Schwarz, Professor an der k.
                           								k. technischen Hochschule in Graz.
                        Schwarz, über Verwerthung menschlicher
                           								Excremente.
                        
                     
                        
                           Für alle Städte, welche wie z. B. Graz für die Ansammlung der
                              									menschlichen Excremente das sogen. Tonnensystem adoptirt haben,
                              									erwächst das Bedürfniß diese rationell aufgesammelten
                              									Düngersubstanzen auch auf eine rationelle Art zu verwerthen.
                           Der directen Ablagerung auf dem Acker tritt für einen großen
                              									Theil des Jahres der Frost, die Vegetation, endlich der zu weite
                              									Transport entgegen. Es wäre besonders für größere Städte sehr
                              									wünschenswerth, wenn man diese immerhin beträchtlichen
                              									Düngerwerthe in Form eines geruchlosen, haltbaren, concentrirten
                              									Kaufdüngers herstellen könnte.
                           Die altbekannte Methode der sogen. Poudrette-Erzeugung ist hierzu
                              									absolut ungeeignet, was sich leicht ergibt, wenn man sich die
                              									dabei vorkommenden Manipulationen ins Gedächtniß ruft. Der
                              									flüssige Grubeninhalt, der durch Regenwasser verdünnt, durch
                              									Fäulniß zum Theil zersetzt war, wurde auf einem möglichst
                              									durchlässigen Boden ausgebreitet und so lange gelagert, bis er
                              									durch Absickern, Wind und Sonne eine dickbreiige Consistenz
                              									angenommen hatte, und nun durch Einmengen pulverförmiger
                              									Abfälle, z. B. Torfgruß, gebrauchter Lohe, Knoppern etc. durch
                              									Umhacken und Wenden endlich eine pulverisirbare Masse daraus
                              									dargestellt. Da der Hauptwerth des menschlichen Düngers durch
                              									den Stickstoffgehalt des Harnes repräsentirt ist, dieser aber
                              									durch das Absickern und die Verdunstung gerade beseitigt wird,
                              									da endlich die gegenannten Beimischungen als Dünger fast
                              									werthlos sind, so kann das Product, die Poudrette, nur einen
                              									sehr geringen Werth haben. Nur  so lange die
                              									Düngeranalyse vernachlässigt wurde, konnte die Poudrette Absatz
                              									finden. Sobald man zu analysiren anfing, mußten die
                              									Poudretten-Fabriken, besonders die auf werthlosen Grubeninhalt
                              									angewiesenen, zu Grunde gehen.
                           Beim Tonnensystem fallen die Verluste bei der Aufbewahrung
                              									hinweg. Den Düngerwerth der so gewonnenen frischen Fäcalien kann
                              									man, Harn und feste Excremente zusammen genommen, zu 60 bis 70
                              									Pf. pro Ctr. veranschlagen, und da per Kopf und Jahr 10 Ctr.
                              									solcher Excremente gerechnet werden können, so repräsentirt dies
                              									für eine Stadt mit 100 000 Einwohner schon die beachtenswerthe
                              									Summe von 600 000 bis 700 000 M. Etwa ¾ dieses Werthes
                              									sind aber auf den Stickstoff zu rechnen, welcher besonders aus
                              									dem Harne stammt. Ein Mittel, den Stickstoff, resp. das Ammoniak
                              									zu fällen, ist nicht vorhanden. Auch die hierzu vorgeschlagene
                              									Bildung von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia ist unzulänglich.
                              									Man müßte phosphorsaure Alkalien neben der Magnesia hinzufügen
                              									und würde einen Theil dieses Zusatzes verlieren, da das
                              									Ammoniak-Magnesia-Phosphat eben nur schwerlöslich, nicht
                              									unlöslich ist.
                           Alle Fällungsmethoden, auch das von mir (1875 215 251) 349) beschriebene Grazer Phosphatverfahren, haben
                              									deshalb Fiasco gemacht, weil sie den werthvollsten Theil, das
                              									Ammoniak, in der ablaufenden Flüssigkeit verloren geben
                              									mußten.
                           Es bleibt als radicales Mittel die Abdampfung zur Trockne, z. B.
                              									in einem Flammofen, nachdem man das Ammoniak durch Zusatz von
                              									Schwefelsäure gebunden hat. Wie ich gehört, soll man in Berlin
                              									nach dieser Methode arbeiten. Dabei ist nur zu bedenken, daß
                              									einmal die zu verdampfenden Massen ziemlich viel Brennstoff
                              									kostenEs müssen
                                    									etwa 9 Ctr. Wasser auf 1 Ctr. trocknen Dünger verdampft werden;
                                    									dazu braucht man 3 Ctr. Braunkohlen oder 1,5 Ctr. Steinkohlen
                                    									und erhält einen Düngerwerth von etwa 5,4 bis 6,3 M., also
                                    									immerhin noch einen ziemlichen Nutzen., und daß
                              									ferner der Geruch der sich verflüchtigenden Substanzen, welcher,
                              									wie es scheint, besonders von fetten Säuren herrührt, ein
                              									äußerst unangenehmer ist. Bei dem Abdampfen in einer Pfanne läßt
                              									sich die riechende Substanz durch Niederschlagen der
                              									Wasserdämpfe, z. B. durch einen Körting'schen Exhaustor, wohl
                              									beseitigen; doch wird dann die Anlage und der Betrieb bedeutend
                              									kostspieliger.
                           Ich frug mich nunmehr, ob man die zu verdampfende Wassermenge
                              									nicht reduciren und doch den größten Theil des Düngerwerthes
                              									gewinnen könne. Es bot sich hierzu der sehr einfache Weg, den
                              									rohen Dünger mit Kalkmilch zu mischen, in einem verschlossenen
                              									Kessel so lange zu erhitzen, bis eine Art Scheidung eingetreten
                              									und das Ammoniak verflüchtigt  ist. Dieses
                              									Ammoniak ist zu entwässern und zu condensiren, ferner der
                              									entstandene Scheideschlamm abzufiltriren und auszupressen, das
                              									geklärte Wasser aber weglaufen zu lassen.
                           Der Düngerwerth der Excremente setzt sich aus folgenden Daten
                              									zusammen:
                           1) Das Ammoniak, meist an Kohlensäure gebunden und aus der
                              									Gährung des Harnstoffes entstanden. Bekanntlich tritt besonders
                              									bei reichlicher Gegenwart des Harnstofffermentes diese Umsetzung
                              									sehr rasch ein. In den Abortfäßern ist dieses Ferment im
                              									reichsten Maße vorhanden, und selbst in der Winterzeit ist die
                              									Umwandlung schon nach 24 Stunden eine nahezu vollständige.
                           2) Gebundener Stickstoff findet sich in geringen Mengen. Was
                              									davon als Harnsäure und Eiweiß vorhanden ist, geht in den
                              									Kalkniederschlag über. Nur relativ geringe Mengen finden sich in
                              									der ablaufenden geklärten Flüssigkeit.
                           3) Phosphorsäure, welche theils als phosphorsaurer Kalk, theils
                              									als phosphorsaures Alkali vorhanden ist, geht mit dem Kalk in
                              									Verbindung in den Niederschlag.
                           4) Das Kali allein bleibt löslich und geht mit der ablaufenden
                              									Flüssigkeit verloren. Dies ist der einzige unvermeidliche
                              									Verlust, welchen man indessen gegenüber dem sonstigen
                              									Düngergewinn leicht verschmerzen kann.
                           Wenden wir uns nunmehr zu den quantitativen Verhältnissen, so
                              									ergaben Versuche, theils im Laboratorium, theils in einem
                              									Versuchsapparate in der Fabrik angestellt, folgende Zahlen.
                           300k Tonneninhalt, gleichmäßig aus mehreren Tonnen
                              									entnommen und gut gemengt, wurden mit 11k
                              									gebranntem Kalk, der mit 39k Wasser gelöscht war, innig
                              									gemengt und so 350k = 350l Mischung erhalten. 1l
                              									davon wurde in einer Retorte mit aufwärts gerichteten Schnabel
                              									gebracht, dieser mit einem Liebig'schen Kühler verbunden und
                              									vorsichtig mit vorgelegter Normalsäure destillirt. Nachdem
                              									100cc übergegangen waren, wurde die freie Säure
                              									zurücktitrirt und so das übergegangene Ammoniak bestimmt. Es
                              									wurden schließlich noch 40cc abdestillirt, die indessen nur
                              									noch wenig Ammoniak enthielten.
                           Man hätte sich demnach eventuell auf 10 Proc. Destillat,
                              									vielleicht noch weniger, beschränken können. Es wurden auf diese
                              									Weise 0,606 Proc. Ammoniak oder 0,499 Proc. Stickstoff gefunden.
                              									Dies entspricht in den unvermischten Fäcalien, welche durch den
                              									Kalkmilchzusatz im Verhältnisse 6 : 7 verdünnt wurden, 0,707
                              									Proc. Ammoniak, oder auf Stickstoff berechnet, 0,582 Proc. Ein
                              									Versuch mit mehr (6 Proc.) Kalk gab, ebenso berechnet, nur 0,579
                              									Proc. Stickstoff; 2 bis 3 Proc. Kalk  dürften also
                              									genügen. Bei diesem Kochen mit Kalk trat eine deutliche
                              									Scheidung ein; es bildete sich eine bräunliche Schaumdecke, die
                              									indessen nur wenig stieg, sich bei weiterm Kochen zertheilte und
                              									leicht absetzte.
                           Die Masse, noch heiß auf ein einfaches Filter gebracht, ließ mit
                              									großer Schnelligkeit ein weinklares gelbliches Filtrat ablaufen,
                              									welches vollkommen geruchlos war. In gleicher Weise zeigte sich
                              									auch der zurückbleibende hellbräunliche Filterrückstand gänzlich
                              									geruchlos. Gegenüber dem früher erwähnten Niederschlag der
                              									Phosphatmethode war die Leichtigkeit des Filtrirens geradezu
                              									überraschend. Dies erklärt sich einfach durch die bei dieser
                              									Kalkkochung eintretende Bildung einer Kalkseife, welcher
                              									nebenbei kohlensaurer Kalk in krystallinischer Form beigemengt
                              									ist. Beide Verbindungen zeichnen sich, wie bekannt, durch die
                              									Leichtigkeit aus, mit der sie das Wasser durchlassen.
                           Es blieben auf dem Filter 260g dieses feuchten Rückstandes, der
                              									beim Trocknen noch 76,1 Proc. Feuchtigkeit verlor, so daß im
                              									Ganzen auf 100 Th. Fäcalien 7,29 Th. trockner Kalkdünger
                              									gewonnen wurden. Es ist kaum zweifelhaft, daß eine Filtration
                              									unter Druck, beispielsweise in einer Fachfilterpresse, ein noch
                              									trockeneres Material liefern würde. Statt etwa 64 Proc. würden
                              									vielleicht 75 bis 80 Proc. der Fäcalmasse als Filtrat beseitigt
                              									werden. Der Kalkniederschlag trocknet auch an der Luft viel
                              									leichter aus, als ein Phosphatdüngerschlamm von demselben
                              									Wassergehalte. Es ist bekannt, daß gerade die
                              									Thonerde-Verbindungen, wie Thonerdehydrat oder Thonerdephosphat,
                              									als Colloide das aufgesogene Wasser ungemein langsam abdunsten
                              									lassen. Die Consistenz des Kalkschlammes ist eine solche, daß
                              									man ihn direct oder eventuell nach Beimengung von pulverförmigen
                              									organischen Abfällen, Lohe, Sägespänen, in Pressen einfüllen und
                              									zu Ziegeln pressen könnte, welche dann nur der Trocknung an der
                              									Luft bedürften.
                           Eine Analyse des trocknen Kalkdüngers ergab:
                           
                              
                                 Stickstoff
                                 1,21
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                 3,75
                                 
                              
                                 Kalk
                                 38,00
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 1,30
                                 
                              
                                 Kali
                                 0,52
                                 
                              
                                 Natron
                                 1,10
                                 
                              
                                 Organische Substanz
                                 28,53
                                 
                              
                                 Sand
                                 2,85
                                 
                              
                                 Kohlensäure, Wasser und Verlust
                                 22,74
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00.
                                 
                              
                           Die beim Versuch mit 1l erhaltene klare Flüssigkeit
                              									betrug 600cc. 100cc davon hinterließen beim
                              									Abdampfen im Durchschnitt von 2 Versuchen  2g,69
                              									schwach feuchten Rückstandes; dies macht 16g,14
                              									für 600cc; für die totale Kalkmischung von 350k
                              									berechnen sich 5649g für 100k
                              									Rohfäcalien 1883g oder 1,88 Proc.
                           Die Analyse des Abdampfrückstandes ergab:
                           
                              
                                 Stickstoff
                                 
                                 1,04
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                 
                                 Spur
                                 
                              
                                 Kalk
                                 
                                 19,13
                                 
                              
                                 Kali
                                 
                                 1,18
                                 
                              
                                 Natron
                                 
                                 14,36
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 
                                 3,33
                                 
                              
                                 Organische Substanz
                                 
                                 33,89
                                 
                              
                                 Chlor
                                 
                                 17,13
                                 
                              
                                 Feuchtigkeit, Sauerstoff des Kalis,Natrons und
                                    											Verlust
                                 
                                    
                                    
                                 9,94
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00.
                                 
                              
                           Wird diese Analyse nach den Regeln chemischer Wahrscheinlichkeit
                              									gruppirt, so besteht dieser Rückstand aus:
                           
                              
                                 Chlorkalium
                                 1,87
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 27,09
                                 
                              
                                 Schwefelsauren Kalk
                                 5,66
                                 
                              
                                 Organischsauren Kalk
                                 50,50
                                 
                              
                                 Harnstoff (?)
                                 2,23
                                 
                              
                                 Feuchtigkeit und Verlust
                                 12,65
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00.
                                 
                              
                           Es werden demnach aus 100 Th. Rohfäcalien erhalten resp.
                              									verloren:
                           
                              
                                 Gewonnen
                                 Verloren
                                 
                              
                                 durch Destillation.
                                 als Niederschlag.
                                 als Flüssigkeit.
                                 
                              
                                 Stickstoff 0,582 bis 0,579,
                                 Kalkdünger
                                 Abdampfrückstand
                                 
                              
                                 im Mittel 0,58 Proc.
                                 7,24 Proc.
                                 1,88 Proc.
                                 
                              
                           Darin sind an werthvollen Düngerstoffen vorhanden:
                           
                              
                                 
                                    
                                       N
                                       
                                    
                                 0,58
                                 Proc.
                                 0,08
                                 Proc.
                                 0,017
                                 Proc.
                                 
                              
                                 
                                    
                                       PO
                                       
                                    5
                                    
                                 —
                                 
                                 0,27
                                 Proc.
                                 —
                                 
                                 
                              
                                 
                                    
                                       KO
                                       
                                    
                                 —
                                 
                                 0,08
                                 Proc.
                                 0,022
                                 Proc.
                                 
                              
                           Setzen wir 1k Stickstoff zu 2 M., 1k
                              									Phosphorsäure zu 40 Pf. und 1k Kali zu 24 Pf., so beträgt der
                              									Werth in Mark für 100k Fäcalien:
                           
                              
                                 Gewonnen
                                 Verloren
                                 
                              
                                 im
                                 Destillat.
                                 im
                                 Niederschlag.
                                 im Abfluß.
                                 
                              
                                  N
                                 1,16
                                 
                                 0,16
                                 0,034
                                 
                              
                                  PO5
                                 —
                                 
                                 0,11
                                 —
                                 
                              
                                  KO
                                 —
                                 
                                 0,02
                                 0,052
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Summe
                                 1,16
                                 
                                 0,29
                                 0,086.
                                 
                              
                           
                           Der Totalwerth der Fäcalien beträgt
                              									hiernach pro 100k 1,536 M.; davon werden gewonnen
                              									1,45 M. oder 94,4 Proc., dagegen verloren 0,086 M. oder 5,6
                              									Proc.
                           Diese Laboratoriumszahlen wurden im Wesentlichsten durch einen
                              									Versuch im größern Maßstabe bestätigt. 4 Ctr. Excremente wurden
                              									in einem verschlossenen Dampffasse mit 3 Proc. Kalk versetzt und
                              									das durch Dampf ausgetriebene Ammoniak nach genügender Abkühlung
                              									des Dampfes durch vorgeschlagene verdünnte Schwefelsäure
                              									condensirt. Das ganze Condensat wurde alsdann gewogen, und darin
                              									das aufgenommene Ammoniak bestimmt, theils indem man es durch
                              									Kochen mit Aetznatron austrieb, in einem gemessenen Volum
                              									Normalsäure auffing und mit Normalalkali zurücktitrirte, theils
                              									dadurch, daß man mit Natron genau neutralisirte, zur Trockne
                              									abdampfte und glühte. Der dabei gefundene Glühverlust entspricht
                              									dem schwefelsauren Ammoniak.
                           200k Fäcalien geben 45k Condensat, mit 1,93 Proc.
                              									Ammoniak oder 1,60 Proc. = 0,36 Proc. Stickstoff der Fäcalien.
                              									Der Niederschlag, gesammelt und getrocknet, entsprach 8,37 Proc.
                              									Kalkdünger mit 0,96 Proc. oder auf 100 Th. Fäcalien 0,08 Proc.
                              									Stickstoff. Das Filtrat lieferte beim Abdampfen für 100 Th.
                              									Fäcalien 1,48 Th. Rückstand mit 4,06 Proc. Stickstoff, also mehr
                              									als beim vorigen Versuche, was wahrscheinlich von einer nicht so
                              									weit vorgeschrittenen Zersetzung der Excremente herrührt und für
                              									100 Th. Fäcalien 0,06 Th. Stickstoff ausmacht. Wir haben also
                              									wieder:
                           
                              
                                 im Destillat gewonnenNiederschlagAbfluß
                                    											verloren
                                 0,36 Proc. Stickstoff oder 72 Proc.0,08 Proc.
                                    											Stickstoff oder 16 Proc.0,06 Proc. Stickstoff oder
                                    											12 Proc.
                                 
                                    
                                    
                                 des totalen Stickstoffgehaltes.
                                 
                              
                                 
                                 0,50 Proc. Stickstoff oder 100 Proc.
                                 
                                 
                              
                           100 Th. Fäcalien ergeben so an Düngerwerthen:
                           
                              
                                 Im Destillat für Stickstoff
                                 0,72 M.
                                 
                              
                                 Im Niederschlag für Stickstoff
                                 0,16 M.
                                 
                              
                                 Im Niederschlag für PO5 und KO
                                 0,13 M.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 Summe
                                 1,01 M.
                                 
                              
                           Verloren gehen im Abfluß:
                           
                              
                                 An Stickstoff
                                 0.12 M.
                                 
                              
                                 An sonstigen Düngersubstanzen (KO S. o.)
                                 0,05 M.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 Summe
                                 0,17 M.
                                 
                              
                           Es werden vom totalen Düngerwerth an Stickstoff 85,6 Proc.
                              									gewonnen, 14,4 Proc. verloren. Hiernach wird man wohl nicht
                              									fehlgreifen, wenn man annimmt, daß nach dieser Methode
                              									mindestens 4/5 des ganzen  Düngerwerthes gewonnen werden, den wir
                              									bei gutem normalmäßigen Tonneninhalte mindestes zu 1,2 M. für
                              									100k veranschlagen dürfen.
                           Die Kosten der Verarbeitung sind besonders vom verbrauchten
                              									Brennmaterial abhängig. Nehmen wir den ungünstigsten Fall an,
                              									daß jede Düngerportion neu erhitzt und daß zur Austreibung des
                              									Ammoniaks 14 Proc. Wasser einmal abdestillirt, dann bei der
                              									Concentration des gewonnenen schwefelsauren Ammoniaks nochmals
                              									verdampft werden müßten:
                           
                              
                                 100k Fäcalien von 15 bis 100° erhitzt,
                                    											brauchen dazu
                                 8 500c
                                 
                              
                                 28k Wasser von 100° verdampft
                                 15 400
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 23 900c.
                                 
                              
                           1k gewöhnliche Steinkohle liefert
                              									7000c, man brauchte daher theoretisch 3k,4
                              									Steinkohlen. Diese Zahl erscheint zu günstig. — Nehmen
                              									wir an, daß 1 Th. Steinkohle 6 Th. Wasser verdampft, und daß
                              									dieselbe Wärme, die 1 Th. Wasser verdampft, 5 Th. kaltes Wasser
                              									auf 100° erhitzt, so macht dies eine totale Menge von
                              									(100 : 5) + 28 = 48k Wasser zu verdampfen, was 8k
                              									Steinkohlen gleichkommt. Es treten freilich noch
                              									Trocknungskosten für den Kalkdünger hinzu; es sind dabei 21k
                              									Wasser zu verflüchtigen, was noch 3k,5 Steinkohlen kostet, in
                              									Summe 11k,5. Nehmen wir 100k Steinkohle zu 3 M., so betragen
                              									die sämmtlichen Brennstoffkosten 0,345 M.
                           Hier sind die ungünstigsten Verhältnisse angenommen. Durch eine
                              									passende Construction der Destillationsapparate wird es unnöthig
                              									werden, überhaupt mehr als höchstens 10 Proc. der Fäcalien zu
                              									verdampfen, um alles Ammoniak zu gewinnen. Durch die
                              									Dephlegmation desselben wird genügend Wärme disponibel, um die
                              									Fäcalien bis zum Sieden zu erhitzen. Selbst die Wärme des
                              									Abflusses läßt sich zum Vorwärmen der nächsten Portion benützen.
                              									Durch Schlammfilterpressen wird der so leicht filtrirende
                              									Niederschlag so weit entwässert werden, daß er an der Luft von
                              									selbst austrocknet. So läßt sich wahrscheinlich mit 4k
                              									Steinkohlen für 100k Fäcalien auskommen, was dann nur
                              									0,12 M. an Brennstoffkosten betragen würde.
                           Das zweite Material, der gebrannte Kalk, ist wahrscheinlich auf 2
                              									Proc. der Fäcalien zu reduciren. Da 100k
                              									desselben zu 3 M. leicht zu beschaffen sind, so betragen die
                              									Kosten für Kalk pro 100k Fäcalstoffe höchstens 0,06 M.
                           Das dritte Material, die Schwefelsäure zur Absorption des
                              									Ammoniaks, kommt theurer zu stehen. Man braucht bei einem
                              									Gehalte der Fäcalien an Ammoniak, der 0,5 Proc. Stickstoff
                              									entspricht, zur Absorption 3,5 Proc. Schwefelsäurehydrat oder
                              									vielleicht 6 Proc. Kammerschwefelsäure  von 58 Proc.
                              									SO3HO. 100k
                              									derselben dürften heute leicht zu 6 M. zu beschaffen sein, so
                              									daß die 6 Proc. 0,36 M. kosten.
                           Die Totalmaterialkosten betragen also für 100k
                              									Fäcalien 0,64 M., was eine genügende Deckung für Generalkosten,
                              									Arbeit und Gewinn übrig läßt.
                           Der Gang der Fabrikation würde folgender sein. Die Tonnen mit den
                              									Fäcalien werden in der Fabrik in ein gut verschließbares Bassin
                              									aus Cementmauerwerk entleert, in welchem sie eventuell 1 oder 2
                              									Tage lagern können, um die Harnstoffgährung sich vollenden zu
                              									lassen. Aus diesem Bassin werden sie entweder mittels der
                              									Luftleere oder durch eine Dampfstrahlpumpe, eventuell, wenn das
                              									Terrain es gestattet, durch den natürlichen Fall in die
                              									Destillationsapparate übergeführt. Dies sind liegende
                              									cylindrische Dampfkessel, paarweise in der Art verbunden, daß
                              									man alternirend den Kessel A oder
                              									B direct heizt, während der Dampf
                              									bald aus A nach B oder aus B
                              									nach A geht. Diese Art Heizung ist
                              									z. B. bei dem in verschiedenen Lehrbüchern aufgeführten
                              									Gall'schen Marienbadapparat zur Destillation des Spiritus in
                              									Anwendung, auch ist sie in England zur Gewinnung von Ammoniak
                              									aus Gaswasser ziemlich allgemein im Gebrauch. Der Kessel A, der z. B. direct geheizt wird,
                              									enthält die am weitesten erschöpfte Mischung. Die Spuren
                              									Ammoniak, die noch darin enthalten sind, werden durch das
                              									lebhafte Kochen ausgetrieben. Der gleichzeitig gebildete
                              									Wasserdampf tritt in den Kessel B
                              									über, durchströmt die darin enthaltene frische Mischung und
                              									erwärmt sich durch seine Condensation sehr bald bis zum Sieden.
                              									Nun wird das übergehende Ammoniak nicht mehr condensirt und
                              									addirt sich zu dem gleichzeitig aus der Mischung B ausgetriebenen. Es wird schon in B die Mischung nahezu an Ammoniak
                              									erschöpft werden, so daß sie bei der nächsten Operation, nachdem
                              									A entleert und mit frischer Mischung
                              									gefüllt ist, nur kurze Zeit erhitzt zu werden braucht, um den
                              									letzten Rest Ammoniak abzugeben.
                           Die Kessel sind mit einem Rührwerke mit durchlöcherten Flügeln
                              									versehen, welches zur gleichmäßigen Mischung, zur Verhütung des
                              									Anbrennens und gleichzeitig zum Unterrühren des im Momente der
                              									Scheidung etwa auftretenden Schaumes dient. Natürlich ist es
                              									zweckmäßig, die Dampfabzugsröhren von ziemlich geräumigen
                              									Dampfdomen abgehen zu lassen und außerdem hinreichend weit zu
                              									wählen. Röhren mit Kreuzmuffen dürften zum bequemen Reinigen
                              									zweckmäßig sein.
                           Die Kalkmilch tritt in abgemessener Menge aus einem höher
                              									stehenden Reservoir mit Rührwerk in den Kessel ein. Ein weiter
                              									Ablaßhahn am tiefsten Punkte gestattet eine rasche Entleerung.
                              									Sicherheitsventil,  WasserstandgläserWohl am besten eingeschraubte
                                    									Plangläser, die man leichter reinigen kann als
                                    									Wasserstandsröhren. Der geringe Dampfdruck macht diese
                                    									Construction unbedenklich. Probirhähne zur Prüfung
                              									auf Reste von Ammoniak u. s. w. vollenden die Montirung der
                              									Kessel.
                           Das entwickelte Ammoniak ist immer noch von viel Wasserdampf
                              									begleitet. Man leitet es daher durch ein aufsteigendes
                              									Schlangenrohr, welches innerhalb des Vorwärmers liegt.
                              									Zweckmäßig dürfte es sein, bei jeder Windung nach unten ein
                              									Röhrchen abzuzweigen, welches das condensirte Wasser
                              									zurückfließen läßt, ohne dem Dampf den Weg zu versperren. Es
                              									wird sonst das Wasser leicht mit dem Ammoniak fortgerissen. Der
                              									Vorwärmer ist ein geschlossener stehender Cylinder, ebenfalls
                              									mit Rührwerk. Er steht durch ein Rohr einerseits mit der
                              									Luftpumpe, anderseits mit dem Fäcalreservoir in Verbindung. Man
                              									kann auch die Kalkmilch in den Vorwärmer einsaugen lassen und
                              									nach inniger Mischung die Flüssigkeit bald nach rechts, bald
                              									nach links in den Destillationskessel ablassen. Von dem
                              									Vorwärmer geht das schon stark entwässerte Ammoniakgas eventuell
                              									noch durch einige Liebig'sche Kühler immer aufsteigend und
                              									endlich in die Condensationsvorrichtung, wo es entweder von
                              									Kammerschwefelsäure oder auch wohl, zur Bereitung von Salmiak,
                              									von Salzsäure absorbirt wird. Für Düngerzwecke dürfte sich die
                              									Absorption durch Superphosphat empfehlen. Es ist meines
                              									Erachtens vollkommen gleichgiltig, ob ich gelöstes Superphosphat
                              									oder das aus dieser Lösung durch Alkali regenerirte, chemisch
                              									feinvertheilte basische Phosphat dem Boden einverleibe, da ja
                              									doch in jedem kalkhaltigen Boden diese Fällung bei der
                              									Verwendung zum Dünger von selbst erfolgt.
                           Man kann demnach die Schwefelsäure in doppelter Weise, einmal zum
                              									Aufschließen der Phosphate, dann zur Absorption des Ammoniaks
                              									verwenden, und wird durch die Combination von Ammoniaksalzen mit
                              									feinst vertheilten Phosphaten einen sehr wirksamen Dünger
                              									erzielen welcher dem Peruguano gleichkommt.
                           Natürlich läßt sich das Ammoniakgas auch, nachdem man es noch
                              									durch einen Cylinder mit Holzkohle von etwaigem Geruch befreit,
                              									zur Bereitung von Ammoniakflüssigkeit verwenden.
                           Der in den Kochkesseln gebildete Niederschlag läßt sich wohl am
                              									besten durch eine Fachfilterpresse gewinnen. Man läßt die noch
                              									kochend heiße Flüssigkeit in ein Montejüs übertreten und
                              									befördert sie aus diesem durch Dampfdruck in die Filterpresse.
                              									Durch Nachdecken mit Dampf wird man die Preßkuchen nahezu
                              									trocken bekommen können. Bei der leichten Durchdringlichkeit des
                              									Niederschlages dürften zwei solcher Pressen zum Verarbeiten von
                              									täglich 1000 Ctr. frischer Fäcalien genügen. Die  Preßkuchen
                              									können in einer Thonschneidemaschine, mit trockenen Abfällen
                              									gemischt, in Ziegelform zur Trockne gebracht und endlich
                              									gemahlen werden.
                           Der Düngerwerth dieses Kalkdüngers ist nicht groß. Für 100k hat
                              									man nach obenstehender Analyse:
                           
                              
                                 1,21 Proc. N zu
                                 2
                                 M.
                                 =
                                 2,42 M.
                                 
                              
                                 3,75 Proc. PO5 zu
                                 40
                                 Pf.
                                 =
                                 1,50 M.
                                 
                              
                                 0,52 Proc. KO zu
                                 24
                                 Pf.
                                 =
                                 0,12 M.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 Summe
                                 4,04 M.,
                                 
                              
                           wobei man noch immer eine Kleinigkeit für
                              									den reichlich vorhandenen fein vertheilten Kalk rechnen kann.
                              									Durch Brennen könnte man daraus wieder einen Theil des Kalkes
                              									zur Fällung gewinnen und würde so eine Anreicherung an
                              									Phosphorsäure erzielen, müßte aber natürlich den Stickstoff
                              									opfern. Ein Theil des Kalkes geht als lösliches organisches
                              									Kalksalz in die Abflußwässer über. Die letztern werden direct in
                              									den nächsten Flußlauf geleitet; eventuell lassen sie sich zur
                              									Berieselung von Wiesen etc. verwenden.
                           Als Vorzüge dieser Methode betrachte ich:
                           1) Die möglichst vollständige Gewinnung des werthvollsten
                              									Düngerbestandtheiles, des Ammoniaks, in concentrirter, jederzeit
                              									verwerthbarer Form. Ammoniak und Ammoniaksalze werden immer auf
                              									dem Markte gesucht sein und wegen ihres hohen Preises auch
                              									Transportdistanzen vertragen, welche bei dem Dünger mindern
                              									Werthes unmöglich sind.
                           2) Daneben wird ein freilich geringwerthiger, indessen immerhin
                              									noch verwendbarer Kalkdünger erzeugt, welcher den großen Vorzug
                              									besitzt unveränderlich und geruchlos zu sein.
                           3) Das Gleiche ist bei der ablaufenden Flüssigkeit der Fall, die
                              									also ohne Anstand abgeleitet werden kann.
                           4) Die Verarbeitung erfolgt rasch und in vollkommen geschlossenen
                              									Apparaten, so daß sich keinerlei belästigende Emanationen nach
                              									außen verbreiten können. Die Anhäufung solcher Excrementalstoffe
                              									in kolossalen Massen, die Wochen und Monate zur vollständigen
                              									Aufarbeitung bedürfen, war der Hauptübelstand der bisherigen
                              									Poudrette-Anstalten. — Eine nach meiner Methode in
                              									genügender Ausdehnung angelegte Fabrik, die besonders mit den
                              									nöthigen Reserveapparaten im Falle einer Reparatur ausgerüstet
                              									ist, wird die abgelieferten Excremente spätestens nach 48
                              									Stunden in fertige Marktwaare verwandeln.
                           5) Bei irgendwie mäßigen Preisen des Brennmaterials und der Säure
                              									kommen die Kosten der Verarbeitung nicht zu hoch zu stehen. Auch
                              									die Kosten der Anlage halten sich in mäßigen Grenzen, indem die
                              									Leistungsfähigkeit der Apparate eine große ist.
                           
                           6) Endlich bietet wohl keine der bisherigen Verarbeitungsmethoden
                              									der Fäcalien eine so vollkommene Garantie gegen sanitäre
                              									Schädlichkeiten. Wir können zuversichtlich annehmen, daß alle
                              									etwa in den Excrementen vorhandenen Fermentkeime durch das
                              									Kochen und den Kalk getödtet werden. — Dem Abfließen der
                              									filtrirten Flüssigkeit in die Flußläufe dürfte wohl keine
                              									Medicinalpolizei Hindernisse in den Weg legen.
                           Ich würde mich freuen, wenn diese Veröffentlichung Veranlassung
                              									gäbe, meine Methode irgendwo in größerm Maßstabe auszuführen und
                              									bin zu weitern Mittheilungen an sich Interessirende gerne
                              									bereit. Natürlich ist irgend ein Tonnensystem, das hinreichend
                              									reine Fäcalien liefert, die Vorbedingung zur Anwendung meiner
                              									Methode.