| Titel: | Hydraulische Luppenpresse von C. W. Siemens in London. | 
| Autor: | P. M. | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 214 | 
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                        Hydraulische Luppenpresse von
                           								C. W.
                              								Siemens in London.
                        Mit Abbildungen auf Taf. IV [a/2].
                        Siemens' hydraulische Luppenpresse.
                        
                     
                        
                           Bei den bis heute zum Zängen der Luppen fast ausschließlich
                              									gebräuchlichen Apparaten wird das zu bearbeitende Metall einem
                              									momentanen, in einer bestimmten Richtung wirkenden Drucke
                              									ausgesetzt, welche Manipulation je nach der Natur der in der
                              									Luppe eingeschlossenen Schlacke ein mehr oder weniger starkes
                              									Zerreißen der Luppe zur Folge haben kann. Vor einiger Zeit (1875
                              									216 539) wurde in allgemeinen Umrissen schon angedeutet, auf
                              									welche Weise C. W. Siemens diesem
                              									Uebelstande abzuhelfen suchte; in Fig. 15
                              									bis 19 ist
                              									nun (nach Armengaud's Publication
                                 									industrielle, vol. 22 p. 501
                              									pl. 48) die vollständige Einrichtung
                              									des Siemens'schen Apparates veranschaulicht.
                           Die zu bearbeitende Luppe wird auf einen runden, horizontalen
                              									Tisch A gelegt, welcher mittels des
                              									Hebelwerkes D, D′ um ¼
                              									bis ⅛ seines Umfanges gedreht werden kann. Um diesen
                              									Tisch A ist die eigentliche Presse
                              									aufgestellt. Vier hohle Preßkolben P, welche sich in entsprechenden hydraulischen Cylindern
                              									bewegen, sind mit Kopfstücken B
                              									(Fig. 18)
                              									zur Uebermittlung des horizontalen Druckes an die Luppe
                              									versehen, während der hydraulische Kolben P′ eine verticale Pressung auf die Luppe
                              									ausübt.
                           Die eigentliche Kraftmaschine, welche an der rechten Seite der
                              									Luppenpresse aufgestellt ist, besteht wesentlich aus einem
                              									hydraulischen Cylinder C1 und einem Dampfcylinder C2 sammt
                              									Zubehör. Der Dampfkolben p, welcher
                              									während des Stillstandes der Maschine den untern Cylinderraum
                              									einnimmt, trägt eine hohle Kolbenstange P′, deren äußerer  Durchmesser
                              									genau dem innern Durchmesser des hydraulischen Cylinders C1
                              									entspricht, und welcher auf diese Weise zugleich als Plunger des
                              									letztern functionirt. Die Einrichtung der Dampfsteuerung E′ ergibt sich aus Figur 19. Der Schieber besteht aus zwei an einer hohlen
                              									Kolbenstange befestigten Kolben e,
                                 									e, welche Einrichtung eine gleichmäßige Vertheilung des
                              									Druckes auf beide Schieberflächen bezweckt. Die Bewegung des
                              									Schiebers erfolgt von Hand mittels des Hebelwerkes f, F, F1
                              									und F2. Bei der mittlern Stellung des Schiebers (Fig.
                                 									15) dringt der Dampf aus der Leitung E in den Schieberkasten E′, umspült den eigentlichen
                              									Schieber und begibt sich durch die Oeffnungen e′ und den Rohrstutzen G unter den Dampfkolben p. Durch das Rohr H steht der Schieberkasten mit einem gewöhnlichen
                              									Röhrencondensator I und Luftpumpe
                              									N in Verbindung, deren Kolben n mittels Kolbenstange vom Dampfkolben
                              									p seine Bewegung erhält. Der Zu- und
                              									Abfluß des Kühlwassers nach und aus dem Condensator erfolgt
                              									durch die Röhren L und M, während das condensirte Wasser aus
                              									N′ (Fig. 15)
                              									durch das Rohr O abfließt.
                           Vor der Inbetriebsetzung des Apparates entfernt man die Luft aus
                              									dem Dampfcylinder C2 oberhalb des Kolbens p durch Einlassen von Dampf aus der
                              									Dampfleitung U, wobei die im
                              									Cylinder befindliche Luft durch das Rohr U′ in den Condensator fortgerissen wird. Auf diese
                              									Weise wird nach Abschluß der Dampfleitung U zwischen dem Plungerkolben p′ und Cylinder C2 eine theilweise Luftverdünnung
                              									erzeugt, und man hat nur dem Schieber e
                                 									e eine abwärts gerichtete Bewegung zu ertheilen, um das
                              									Dampfeinströmen unterhalb des Dampfkolbens p zu veranlassen. Beim Aufgang dieses
                              									Kolbens p wird das im Cylinder C1
                              									eingeschlossene Wasser durch die Röhren R, R zurückgedrängt und veranlaßt die Bewegung der
                              									Preßkolben P, P′. Die
                              									entgegengesetzte Bewegung findet statt beim Aufziehen des
                              									Dampfschiebers e e, wo alsdann der
                              									Dampf unterhalb des Kolbens p zu dem
                              									Condensator entweicht.
                           Man hat dem verticalen Preßkolben P′ einen geringern Durchmesser gegeben als den
                              									horizontalen Kolben P, um den auf
                              									die Luppe auszuübenden verticalen Druck in Bezug auf die in den
                              									Kolben P ausgeübte horizontale
                              									Pressung zu vermindern; auch ist die Entfernung dieses Kolbens
                              									von der Luppe eine größere als die der andern Kolben, in Folge
                              									dessen der verticale Druck erst einige Zeit nach Einwirkung der
                              									horizontalen Pressung auftritt. Außerdem hat man oberhalb des
                              									Kolbens P′ einen
                              									Regulirungshahn r angebracht,
                              									wodurch man nicht allein dessen Einwirkung beim Rückgang des
                              									horizontalen Kolbens aufrecht halten, sondern denselben auch
                              									ganz außer Betrieb setzen kann. An den Kopfstücken  B der Preßkolben P sind Führungsstangen t
                              									angebracht, welche ein Abweichen dieser Hammerstücke aus der
                              									verticalen Stellung verhindern.
                           Der hydraulische Cylinder C1 ist selbstverständlich mit einem
                              									Sicherheitsventil S (Fig. 15
                              									und 16)
                              									versehen. Durch das am obern Theile dieses Cylinders ausmündende
                              									Wasserrohr t′, in welches ein
                              									Saugventil s eingeschaltet ist, wird
                              									der hydraulische Apparat mit Wasser gespeist, und dadurch ein
                              									etwaiger Wasserverlust beim Rückgang der Kolben selbstthätig
                              									ersetzt. Auch würde bei einem etwaigen Austritt des Wassers aus
                              									dem Cylinder C1 in den Dampfcylinder C2
                              									dieses Wasser in dem luftleeren Raume oberhalb des Kolbens p sofort verdampft und der entstandene
                              									Dampf beim Aufgange des Kolbens durch das Rohr U′ in den Condensator
                              									zurückgedrängt.
                           Der Hub des Hebels F2 kann durch die
                              									Arretirungsvorrichtung g regulirt
                              									und in Folge dessen der Steuerungsschieber beliebig gestellt,
                              									resp. der Hub der hydraulischen Preßkolben je nach der Größe der
                              									zu zängenden Luppen begrenzt werden.
                           Der horizontale Tisch A wird durch
                              									einen hydraulischen Kolben getragen, welcher im Cylinder A′ (Fig. 15)
                              									spielt und durch ein Rohr a aus
                              									einem höher gelegenen Reservoir mit Wasser gespeist wird. Auf
                              									diese Weise werden einerseits die auf diesen Tisch wirkenden
                              									Stöße aufgehoben, anderseits wird durch das zwischen diesem
                              									Cylinder und Kolben austretende Wasser die Drehung des Tisches
                              									A in Folge Verminderung der Reibung
                              									zwischen den beweglichen Theilen durch das zwischentretende
                              									Wasser möglichst erleichtert.
                           Selbstverständlich muß der Inhalt des Cylinders C1 dem
                              									der übrigen hydraulischen Cylinder wenigstens gleich sein. Auch
                              									darf der totale Druck der Wassersäule den der atmosphärischen
                              									Luft nicht übersteigen, soll der Apparat noch betriebsfähig
                              									bleiben. Wegen den Widerständen und der Reibung in den Röhren
                              									sollte diese Wassersäulenhöhe nie 5m übersteigen.
                           Der beschriebene Siemens'sche Apparat eignet sich am besten nicht
                              									nur zum Zängen der großen Luppen, wie sie heute in den neuern
                              									Puddelöfen dargestellt werden, sondern erlaubt auch mehrere
                              									kleinere Luppen mit der größten Leichtigkeit an einander zu
                              									schweißen. Da die Pressung eine langsame, aber continuirlich
                              									wirkende ist, welche sich leicht reguliren läßt, so kann man aus
                              									den durch den directen Proceß dargestellten Luppen die Schlacke
                              									mit Leichtigkeit entfernen, worauf ein festes Zusammenschweißen
                              									nach vorheriger Erhitzung am Schweißofen stattfindet.
                           Auf die Qualität der Producte ist die Luppenpresse von
                              									wesentlichem Einfluß. Wie die Erfahrung bekanntlich bestätigt,
                              									wird beim  Puddelproceß der Phosphor aus dem Eisen
                              									um so leichter entfernt, je geringer die Ofentemperatur ist. Bei
                              									dem jetzt üblichen gleichzeitigen Zängen und Schweißen der
                              									Luppen unter dem Dampfhammer ist man jedoch allgemein gezwungen,
                              									die Ofentemperatur mit Rücksicht auf das Zusammenschweißen
                              									möglichst hoch zu halten, wodurch die Qualität des Eisens durch
                              									einen größern Phosphorgehalt beeinträchtigt wird. Vollführt man
                              									jedoch, wie C. W. Siemens, Zängen und
                              									Schweißen in zwei getrennten Zeiträumen, so ist es gestattet,
                              									die Ofentemperatur zuerst möglichst niedrig zu halten, genügend,
                              									um den größten Theil der Schlacke auf der so wirksamen
                              									hydraulischen Luppenpresse auszuquetschen, worauf erst das
                              									Zusammenschweißen nach nochmaliger Erhitzung der Luppe bis zur
                              									Schweißhitze unter dem Dampfhammer oder im Walzwerk erfolgt, bei
                              									welcher Arbeitsmethode der Phosphor fast vollständig
                              									ausgetrieben und die Qualität des gewonnenen Eisens also eine
                              									viel bessere wird.
                           
                              
                                 P. M.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
