| Titel: | Zur Festigkeit der Baumaterialien. | 
| Autor: | E. Winkler | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 310 | 
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                        Zur Festigkeit der
                           								Baumaterialien.
                        Festigkeit der Baumaterialien.
                        
                     
                        
                           Von der „Station zur Prüfung der Festigkeit von
                                 									Bausteinen an der kgl. Gewerbe-Akademie zu Berlin“
                              									ist nach fast fünfjähriger Thätigkeit vom Vorsteher der Station,
                              									Hrn. Dr. Böhme, der erste BerichtDr. Böhme: Die Festigkeit der Baumaterialien.
                                       									1. Heft. 134 S. in 4. Mit 7 Tafeln. Preis 10 M. (Berlin 1876.
                                       									Nicolaische Verlagsbuchhandlung [Stricker].)D. Red. erschienen. Wir ersehen
                              									aus diesem Berichte, daß diese Anstalt in den drei ersten Jahren
                              									sehr wenig benützt wurde, daß sich indeß das Interesse für
                              									dieselbe nach Publication der ersten Resultate in den
                              									„Verhandlungen  des Vereins zur Beförderung des
                                 									Gewerbefleißes“ bedeutend steigerte.
                           Als ein wesentliches Förderniß ist hervorzuheben, daß die kgl.
                              									Ministerial-Baucommission und die Bauinspection des Berliner
                              									Magistrates bei sämmtlichen zu Submissionen eingereichten
                              									Offerten der Producenten oder Lieferanten ein Prüfungsattest der
                              									Station über das Material fordern. Die Fabrikation von guten
                              									Ziegeln hat sich, wie die Zahlen der mitgetheilten Tabellen
                              									nachweisen, durch die Entstehung dieser Anstalt wesentlich
                              									gehoben.
                           Im Folgenden geben wir eine kurze Zusammenstellung der
                              									Hauptresultate, soweit dieselben von allgemeinerm Interesse
                              									sind. Hierbei sind die Festigkeitscoefficienten für Druck, Zug,
                              									Schub und Bruch mit d, z, s und b bezeichnet. Das Eintreten der ersten
                              									Risse ist durch den Index 0 gekennzeichnet. Alle Zahlen sind
                              									Kilogramm pro Quadratcentimeter.
                           1) Gebrannte Ziegelsteine. Zur Prüfung
                              									der Ziegelsteine wurde ein ganzer Ziegel in den Apparat
                              									eingelegt. Es ergab sich für
                           Gewöhnliche
                                 									Ziegel:
                           d0 =
                              									42–188, im Mittel aus 55 Sorten (843 Proben) d0 =
                              									100
                           d0 =
                              									49–225, im Mittel aus 55 Sorten (843 Proben) d0 =
                              									124.
                           Klinker:
                           d0 =
                              									79–229, im Mittel aus 35 Sorten (850 Proben) d0 =
                              									153
                           d0 =
                              									108–309, im Mittel aus 35 Sorten (850 Proben) d0=
                              									194.
                           Die Proben, welche für die zum Baue eines Gesandtschaftsgebäudes
                              									in Konstantinopel von der k. deutschen Bauverwaltung daselbst
                              									ausgeschriebene Submission mit Ziegeln aus Italien, Frankreich
                              									und der Türkei angestellt wurden, sind hierbei nicht
                              									inbegriffen. — Von der Bau-Abtheilung des kgl.
                              									Polizei-Präsidiums ist für Mauerwerk aus besten Ziegeln in
                              									Cement eine zulässige Belastung von 14k pro 1qc festgesetzt.
                           2) Ziegel aus Cement, Kalk etc. Es
                              									wurde auch eine größere Reihe von Proben mit sehr verschiedenen
                              									Ziegeln aus Cement etc. angestellt. Jedoch ist die Masse der
                              									Ziegel häufig nicht angegeben. Von den bestimmter bezeichneten
                              									ergab sich
                           Kalksandziegel:
                           d0 =
                              									42–139, im Mittel ans 5 Sorten d0 = 84
                           d0 =
                              									44–150, im Mittel aus 5 Sorten d0 = 92.
                           Concretsteine:
                           d0 =
                              									56–189, im Mittel aus 14 Sorten d0 = 100
                           d0 =
                              									61–195, im Mittel aus 14 Sorten d0 = 110.
                           Verschiedene
                                 									Cementsteine:
                           d0 =
                              									50–307, im Mittel aus 26 Sorten d0 = 144
                           d0 =
                              									50–443, im Mittel aus 26 Sorten d0 = 170.
                           
                           3) Natürliche Steine. Auch hier ist
                              									die Steingattung nicht immer bezeichnet; so z. B. fungiren in
                              									den Tabellen Grimmaer Pflastersteine, Pflastersteine aus
                              									belgischen Steinbrüchen etc. Die hauptsächlichsten Zahlen für
                              									die bestimmter bezeichneten Steine sind folgende.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 220, S. 311
                              Steingattung;
                                 										Anzahl der; Sorten.; Versuche.; d0; Grenzen.; Mittel.;
                                 										d; Grenzen.; Mittel.; Diorit;
                                 										Granit; Grauwacke; Porphyr; Sandstein
                              
                           Mit dem Sandsteine aus den bei Löwenberg
                              									in Schlesien gelegenen Rackwitzer Sandsteinbrüchen wurden
                              									ausführliche Versuche angestellt. Es ergaben sich folgende
                              									Resultate:
                           d0 =
                              									98–315, im Mittel aus 48 Versuchen d0 = 186
                           d0 =
                              									112–360, im Mittel aus 48 Versuchen d0 =
                              									113
                           b = 41–101, im Mittel aus 38
                              									Versuchen d0 = 74.
                           Hiernach würde b =0,35 d sein.
                           4) Cemente. Mit Cementen wurde eine
                              									große Reihe von Versuchen (nämlich 3150 einzelne Versuche)
                              									angestellt. Der Cement wurde rein und außerdem für die Erhärtung
                              									unter Wasser mit dem 1- und 2fachen, für die Erhärtung an der
                              									Luft bei den Prüfungen auf Zug mit dem 1- und 2fachen, bei den
                              									Prüfungen auf Druck mit dem 1-, 2-, 3- und 4fachen Volum Sand
                              									angewendet. Die Prüfung erfolgte nach 7, 30, 60 und 90 Tagen der
                              									Anfertigung. Den Versuchen wurden folgende Cemente
                              									unterworfen:
                           
                              
                                 
                                    I
                                    
                                 Cement der Vorwohler Portlandcementfabrik Prühsing, Planck und Comp. in
                                    											Holzminden.
                                 
                              
                                 
                                    II
                                    
                                 Cement der Hermsdorfer Portlandcement-Verblendziegel-
                                    											und Thonwaaren-Fabriks-Actiengesellschaft in Hermsdorf
                                    											in Preußen.
                                 
                              
                                 
                                    III
                                    
                                 Cement aus dem Portlandcementwerk von Schifferdecker und Söhne in Heidelberg.
                                 
                              
                                 
                                    IV
                                    
                                 Cement von Dr. Briegleb, aus Rüdersdorfer
                                    											Kalkstein in der Cementfabrik zu Zossen
                                    											hergestellt.
                                 
                              
                                 
                                    V
                                    
                                 Stettiner Portlandcement von Lossius und Dr. Delbrück.
                                 
                              
                                 
                                    VI
                                    
                                 Wildauer Portlandcement der Cementfabrik von A. Bernoully.
                                 
                              
                                 
                                    VII
                                    
                                 Cement der Portlandcementfabrik
                                    											„Stern“ von Töpffer, Grawitz und
                                    											Comp. in Stettin.
                                 
                              
                              
                                 
                                    VIII
                                    
                                 Cement der Portlandcementfabrik von Gebrüder Heyn in Lüneburg.
                                 
                              
                                 
                                    IX
                                    
                                 Cement der Portlandcementfabrik der Actiengesellschaft
                                    											für Rheinisch-Westphälische Industrie in Beckum.
                                 
                              
                           Die Resultate der quantitativen chemischen Analysen sind in dem
                              									Berichte angegeben.
                           a) Druckfestigkeit. Für die Druckversuche wurden
                              									Parallelepipede von 10, 10 und 6cm Seitenlänge verwendet. Die
                              									Resultate für die Erhärtung an der Luft und unter Wasser sind
                              									fast gleich, weshalb in der folgenden Tabelle nur das Mittel aus
                              									den Versuchen für die Erhärtung unter Wasser und an der Luft
                              									angegeben ist, und zwar nur für die Erhärtung in 90 Tagen. Für
                              									die Erhärtung in 60 Tagen ist die Festigkeit etwas kleiner.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 220, S. 312
                              Bezeichnung des
                                 										Cementes.; Reiner Cement.; 1Th. Cement, 1Th. Sand.; 1Th.
                                 										Cement, 2Th. Sand.; 1Th. Cement, 3Th. Sand.; d0;
                                 										d; d0; d; d0; d; d0; d; I Vorwohler Cement; II Hermsdorfer Cement; III Heidelberger Cement; IV Cement von Dr. Briegleb; V Stettiner
                                 										Cement; VI Wildauer Cement; VII Cement
                                 										„Stern“, Stettin; VIII Lüneburger Cement; IX Beckumer Cement; Mittel
                              
                           Es wurde auch noch eine größere Reihe von Versuchen mit Platten
                              									von 5 und 4cm Dicke und 48 bis 230qc Querschnittsfläche aus
                              									reinem Cemente gemacht, welche zeigen, daß bei gleichbleibender
                              									Dicke und abnehmender Querschnittsfläche die Druckfestigkeit
                              									abnimmt. So ergab sich bei 90tägiger Erhärtung an der Luft für
                              									230qc Querschnitt durchschnittlich d0 =
                              									334, d = 390, für 60qc
                              									Querschnitt dagegen durchschnittlich nur d0 = 167, d =190.
                           b) Zug-
                              									und Bruchfestigkeit. Die auf Zug zu
                              									prüfenden Stücke erhielten 5qc Querschnitt; die auf Bruch
                              									zu prüfenden Stücke erhielten 25 bis 42cm Länge, 3 bis 10cm
                              									Breite, 3 bis 10cm Höhe. Die Festigkeit ist
                              									meistentheils bei 90 Tagen Erhärtung größer als bei 30 und 60
                              									Tagen, indeß hinsichtlich der Zugfestigkeit häufig bei 30 Tagen
                              									größer als bei 60 Tagen. Zwischen der Erhärtung unter Wasser und
                              									an der Luft findet hinsichtlich der Zugfestigkeit zwar meist ein
                              									größerer Unterschied statt als bei der Druckfestigkeit; doch
                              									gibt theilweise die Erhärtung  unter Wasser,
                              									theilweise die Erhärtung an der Luft eine größere Festigkeit.
                              									Wir haben daher in folgender Tabelle wiederum nur die
                              									Mittelwerthe, und zwar nur für eine Erhärtung in 90 Tagen,
                              									angegeben. Hinsichtlich der Bruchfestigkeit wurden nur Versuche
                              									mit an der Luft erhärteten Stücken gemacht.
                           
                              
                                 
                                 Bezeichnung des Cementes.
                                 Reiner Cement.z
                                 1 Th. Cement, 1Th. Sand.z
                                 1 Th. Cement, 2 Th. Sand.z
                                 Reiner Cement.b
                                 
                              
                                 I
                                 Vorwohler Cement
                                 —
                                 —
                                 —
                                 66
                                 
                              
                                 II
                                 Hermsdorfer Cement
                                 60
                                 45
                                 38
                                 74
                                 
                              
                                 III
                                 Heidelberger Cement
                                 45
                                 31
                                 21
                                 66
                                 
                              
                                 IV
                                 Cement von Dr. Vriegleb
                                 39
                                 32
                                 26
                                 40
                                 
                              
                                 V
                                 Stettiner Cement
                                 31
                                 31
                                 26
                                 63
                                 
                              
                                 VI
                                 Wildauer Cement
                                 43
                                 27
                                 25
                                 50
                                 
                              
                                 VIII
                                 Cement „Stern“, Stettin
                                 43
                                 35
                                 30
                                 62
                                 
                              
                                 VIII
                                 Lneburger Cement
                                 50
                                 36
                                 33
                                 70
                                 
                              
                                 IX
                                 Beckumer Cement
                                 43
                                 26
                                 21
                                 47
                                 
                              
                                 
                                 Mittel
                                 44
                                 33
                                 28
                                 60
                                 
                              
                           Hiernach ist durchschnittlich:
                           z = 0,136 d = 1/7 d
                              									und b = 0,181 d = 1/5,5 d.
                           c) Druckfestigkeit für Mauerfugen. In einer großen Reihe von
                              									Versuchen wurden zwei Rathenower Ziegel und Klinker, welche
                              									flach über einander gelegt und durch Cementmörtel mit einander
                              									verbunden waren, zerdrückt. Unter Anwendung von Mörtel mit wenig
                              									Sand blieb die Fuge meist erhalten, während bei Anwendung von
                              									Mörtel mit viel Sand meist der Mörtel zerdrückt wurde. Die
                              									Druckfestigkeit der Rathenower Steine ist 220, die der Klinker
                              									278; die Druckfestigkeit d der
                              									Verbindung bei 90tägiger Erhärtung im Mittel:
                           
                              
                                 
                                 1 Th. Cement und
                                 
                                 
                              
                                 
                                 0 Th.
                                 1 Th.
                                 2 Th.
                                 3 Th.
                                 4 Th.
                                 
                              
                                 
                                 Sand
                                 
                                 
                              
                                 Rathenower Ziegel,
                                 d
                                    											=
                                 188
                                 182
                                 172
                                 152
                                 133
                                 
                              
                                 Klinker
                                 d
                                    											=
                                 254
                                 242
                                 224
                                 186
                                 167.
                                 
                              
                           Die Zahlen sind bei reinem Cement und
                              									Mörtel mit wenig Sand kleiner, bei Mörtel mit viel Sand nahe
                              									gleich der oben angegebenen Druckfestigkeit der
                              									Cementkörper.
                           d) Schubfestigkeit der Mauerfugen. Bei den Versuchen auf
                              									Schubfestigkeit, wozu gewöhnliche Mauerziegel verwendet wurden,
                              									blieben die Fugen bei Anwendung von reinem Cement oder von
                              									Mörtel mit wenig Sand meist ganz oder theilweise erhalten,
                              									während dieselben  bei Anwendung von Mörtel mit viel Sand
                              									zerstört wurden. Die beobachtete Schubfestigkeit s ist im Mittel folgende:
                           
                              
                                 
                                 1 Th. Cement und
                                 
                                 
                              
                                 
                                 0 Th.
                                 1 Th.
                                 2 Th.
                                 3 Th.
                                 4 Th.
                                 
                              
                                 
                                 Sand
                                 
                                 
                              
                                 Gewöhnliche Ziegel,
                                 s
                                    											=
                                 52
                                 50
                                 45
                                 34
                                 33.
                                 
                              
                           Hiernach ist die Schubfestigkeit nahe =
                              									0,2 der Druckfestigkeit.
                           5) Steinkohlen. Behufs Gewinnung einer
                              									genauen Grundlage für die Methoden des Abbaues in
                              									Kohlenbergwerken wurden auch Druckversuche mit oberschlesischen
                              									Steinkohlen angestellt. Es ergab sich im Mittel für die Kohlen
                              									der kgl. Berg-Inspectionen:
                           Zabrze d0 = 31, d = 49, Königshütte
                              									d0 =
                              									115, d = 156.
                           (Wochenblatt des österreichischen Ingenieur- und
                                    									Architectenvereins, 1876 S. 20.)
                           
                              E. Winkler.