| Titel: | Praktisch-theoretische Studie über grünes, blaues und violettes Ultramarin; von Eugen Dollfus und Dr. Friedr. Goppelsröder in Mülhausen. | 
| Autor: | Eugen Dollfus , Friedrich Goppelsröder | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 431 | 
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                        Praktisch-theoretische Studie
                           								über grünes, blaues und violettes Ultramarin; von Eugen Dollfus und
                           								Dr. Friedr.
                              								Goppelsröder in Mülhausen.
                        (Schluß von S. 348 dieses
                           								Bandes.)
                        Dollfus und Goppelsröder, über
                           								Ultramarin.
                        
                     
                        
                           Wir zählen nun unsere qualitativen Versuche auf, welche zeigen,
                              									wie sehr sich die drei Ultramarintypen, Grün, Blau und Violett
                              									in ihren chemischen Eigenschaften von einander unterscheiden.
                              									Obgleich schon andere Chemiker eine Reihe von den von uns
                              									angewendeten Reagentien auf das Ultramarinblau einwirken ließen,
                              									wollen wir doch unsere durch wiederholte Untersuchungen
                              									erhaltenen Resultate vorführen; diese Untersuchungen sind nicht
                              									nur mit den drei von uns quantitativ untersuchten Typen
                              									vorgenommen worden, sondern auch mit andern Mustern; nicht
                              									allein mit dem schon lang bekannten Blau, sondern auch mit den
                              									erst vor wenigen Jahren in den Handel eingeführten Grün und
                              									Violett. Selbst Wurtz z. B. sagt wohl
                              									in seinem Dictionnaire einige Worte über die violetten und
                              									rosavioletten Ultramarine, führt aber keine Analysen davon an.
                              									Wir haben mit den drei Ultramarinen auf nassem und auf trocknem
                              									Wege Reactionen vorgenommen. Die auf S. 432 und 433 angeführte
                              									Tabelle zeigt, in welcher Weise verschiedene Reagentien auf die
                              									drei Ultramarinfarben einwirken unter Berücksichtigung der
                              									Schnelligkeit der Zersetzungen.
                           Mit verdünnten Säuren, z. B. mit Essigsäure, Salzsäure,
                              									Fluorwasserstoffsäure, Kieselfluorwasserstoffsäure,
                              									Citronensäure entwickeln die drei Ultramarine
                              									Schwefelwasserstoff unter Fällung von Schwefel; dabei tritt ein
                              									eigenthümlicher Geruch auf, der nicht nur derjenige des
                              									Schwefelwasserstoffes ist. Das Violett gibt diese Reaction
                              									langsamer und in weniger intensivem Grad. Schon Schützenberger sagt in seinem Werk, daß
                              									ein Ueberschuß von Salzsäure Schwefelwasserstoff entwickle unter
                              									Auftreten eines zu Thränen reizenden Geruches, wie wenn man ein
                              									Alkalipolysulfür mit einem Ueberschuß starker Säure zersetzt;
                              									daß sich durch den ausgeschiedenen freien Schwefel eine milchige
                              									Flüssigkeit bilde und zwar in stärkerm Grade mit dem blauen wie
                              									mit dem grünen Ultramarin.
                           
                           Beispiele, in welcher Weise verschiedene
                              									Reagentien auf die drei Ultramarinfarben einwirken, mit
                              									Berücksichtigung der Schnelligkeit der Zersetzungen. 0 bedeutet:
                              									keine Reaction, 1: langsame, 2: ziemlich schnelle, 3: schnelle
                              									und 4: sehr schnelle Reaction.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 220, S. 432
                              Reagentien.;
                                 										Grün.; Blau (DM).; Violett (VR 24).; Verdünnte Mineralsäuren;
                                 										Zersetzung; Zersetzung; Zersetzung; Citronensäure in
                                 										wässeriger Lösung; Zersetzung; Zersetzung; Zersetzung;
                                 										Zersetzung; Zersetzung; Zersetzung; Oxalsäure in wässeriger
                                 										Lösung; Entwicklung von H2S;
                                 										Entwicklung von H2S;
                                 										Entwicklung von SO2; Concentrirte Essigsäure;
                                 										Entwicklung von H2S;
                                 										Entwicklung von H2S;
                                 										Entwicklung von SO2; Verdünnte and kalte
                                 										Alaunlösung; Zersetzung; Entwicklung von H2S; Entwicklung von SO2;
                                 										Concentrirte und lauwarme Alaunlösung; Zersetzung;
                                 										Zersetzung; Zersetzung; Kochende Alaunlösung; Zersetzung;
                                 										Zersetzung; Zersetzung; Kaustische Lösungen, concentrirte
                                 										oder verdünnte, kalte oder kochende; gebläut; Alkalische
                                 										Bleiacetatlösung; Eine Reihe reducirender Körper auf nassem
                                 										Wege; Eine Ozonatmosphäre; Eine Reihe oxydirender Körper auf
                                 										nassem Wege; Eine salpetersaure Silberlösung mit oder ohne
                                 										Zusatz von Ammoniak; bläuliches Meergrün; Brom mit Wasser
                                 										and Zusatz von Chlorwasserstoffsäure; Zersetzung thoniger
                                 										Rückstand; Zersetzung thoniger Rückstand; Zersetzung
                                 										thoniger Rückstand; Concentrirte Salpetersäure; Zersetzung;
                                 										Zersetzung; Zersetzung
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 220, S. 433
                              Zur dunklen
                                 										Rothglut erhitzt; Färbung blaugrünliche; Färbung blaue; Eine
                                 										höhere Temperatur; Entfärbung; Entfärbung; Entfärbung;
                                 										Einwirkung des Kohlenoxyds bei einer hohen Temperatur;
                                 										Färbung blaue; Einwirkung des Wasserstoffes bei einer hohen
                                 										Temperatur; Färbung braungelbliche; Färbung blaue;
                                 										Einwirkung der arsenigen Säure bei hoher Temperatur; Färbung
                                 										grüne; Färbung grüne, zum Theil blaue; Einwirkung der
                                 										arsenigen Säure bei stärkerer Hitze; Färbung hellblaue;
                                 										Verschiedene oxydirende Körper, die auf trocknem Wege bei
                                 										gemäßigter Temperatur einwirken; Färbung blaue; Färbung
                                 										blaue; Verschiedene oxydirende Körper, die auf trocknem Wege
                                 										bei höherer Temperatur einwirken; Entfärbung; Entfärbung;
                                 										Entfärbung; Einwirkung des trocknen Chlors bei erhöhter
                                 										Temperatur; Färbung blaue; Färbung blauviolette; Färbung
                                 										rosa; Einwirkung des trocknen Chlors bei noch höherer
                                 										Temperatur; Entfärbung; Entfärbung; Entfärbung; Einwirkung
                                 										der alkalischen Körper bei hoher Temperatur; Zersetzung;
                                 										Zersetzung; Zersetzung; Einwirkung des Borax bei hoher
                                 										Temperatur; Färbung hellblau
                              
                           
                           Sehr verdünnte Salzsäure veranlaßt mit den drei Ultramarinen
                              									ebenfalls eine Entwicklung von Schwefelwasserstoff, aber beim
                              									Violett am geringsten — so wenig, daß man ihn kaum durch
                              									den Geruch wahrnehmen kann; beim Blau weniger als beim Grün, nur
                              									spurweise. Nach 3 Minuten sind die drei Farben schon stark
                              									entfärbt, eine Minute später ist das Violett total entfärbt,
                              									milchweiß, das Blau fast, das Grün ist noch ein wenig grünlich.
                              									Nach Verlauf noch einer Minute ist das Blau ganz, das Grün
                              									beinahe vollständig entfärbt. Nach Beendigung dieser Reaction
                              									wirkt das Kaliumferrocyanür durchaus nicht auf die erhaltenen
                              									Flüssigkeiten, das Kaliumferricyanür gibt nur eine ganz schwache
                              									Reaction, eine grünliche Färbung. Dieser Umstand zeigt schon,
                              									daß das Eisen in den Ultramarinfarben nicht als
                              									stellvertretendes Element des Aluminiums vorkommt; denn es
                              									bleibt selbst ungelöst, wenn man die Ultramarine mit ziemlich
                              									concentrirter Salzsäure auszieht, während das Aluminium in
                              									Lösung geht; letztere gibt nur eine ganz schwache Reaction auf
                              									Eisen.
                           Als größere Quantitäten der drei Farben mit Salzsäure, welche mit
                              									dem gleichen Volum Wasser verdünnt war, getränkt wurden, wurden
                              									alle drei zersetzt. Das Grün entwickelte hierbei bedeutend
                              									Wärme, so daß man das Gefäß nicht mehr anrühren konnte; das Blau
                              									und das Violett zeigten diese Erscheinung nicht. Beim blauen und
                              									beim grünen bildete sich eine gelatinöse Masse. Das
                              									Zersetzungsproduct des Violett blieb als ein in der angewendeten
                              									Flüssigkeitsmasse schwimmendes Pulver zurück; es rührt dies von
                              									der großen Menge schwefelsauren Kalkes her, welcher in der Farbe
                              									enthalten, und der durch Aufnahme von Wasser mit den Molecülen
                              									des weißen Productes ein Conglomerat bildet.
                           Eine sehr verdünnte Lösung von Citronensäure greift die drei
                              									Ultramarine an, das Grün weniger schnell wie die beiden andern.
                              									Mit dem Blau bildet sich ein Körper von schmutzig weißer Farbe,
                              									mit dem Violett eine schmutzig gelblich weiße Substanz; das
                              									Filtrat beider ist farblos. Die concentrirte Essigsäure, welche,
                              									den Lazulit nicht angreift, gibt mit dem violetten Ultramarin
                              									wie mit dem grünen eine sehr schwache Entwicklung von
                              									Schwefelwasserstoff, nicht jedoch mit dem Blau.
                           Durch eine kalte Lösung von Oxalsäure werden das Grün und das
                              									Blau langsam entfärbt unter Entwicklung von Schwefelwasserstoff.
                              									Das Grün verliert seine Schönheit, wird schmutzig grün und, wenn
                              									man erwärmt, so wird es rasch (jedoch nicht ganz so schnell wie
                              									das Blau) zersetzt, indem ein schwach gelblich weißer Rückstand
                              									bleibt. Das Blau verliert bald seine Lebhaftigkeit, wird hell
                              									lavendelblau und beim Erwärmen sehr schnell zersetzt; dabei
                              									tritt der Geruch nach H2S auf,
                              									und 
                              									es bleibt ein graulich weißer Rückstand. Das Violett, wie es
                              									ist, wie auch das von seinem schwefelsauren Kalk befreite, wird
                              									auf der Stelle zersetzt, zuerst mit dem Geruch nach
                              									Schwefelwasserstoff, dann nach schwefliger Säure, während ein
                              									Bleipapier noch gebräunt wird. Es wird zuerst bläulich violett,
                              									hierauf bläulich; endlich verwandelt es sich in eine weiße Masse
                              									mit leicht gelblicher Färbung. Dieselbe Umwandlung geht beim
                              									Erwärmen noch viel schneller vor sich. Das Verhalten des Violett
                              									ist theoretisch von Wichtigkeit. Eine kalte alkoholische Lösung
                              									von Pikrinsäure verändert die drei Ultramarine nicht.
                           Eine kalte und verdünnte Alaunlösung, welche Lazulitpulver nicht
                              									angreift, greift die drei Ultramarine nur sehr langsam an;
                              									letztere verhalten sich folgendermaßen. Das Grün entwickelte
                              									sofort den Geruch nach Schwefelwasserstoff, während das Blau und
                              									das Violett sich indifferent zu verhalten schienen. 6 Minuten
                              									später entwickelte das Violett noch keinen Schwefelwasserstoff,
                              									wohl aber das Blau, und bei dem Grün war der Geruch stark
                              									geworden. Nach 15 Minuten hatten Grün und Blau, trotz der
                              									Entwicklung von Schwefelwasserstoff, ihre Intensität vollständig
                              									beibehalten. Nach derselben Zeit zeigte das Violett noch keinen
                              									Geruch nach H2S und
                              									die violette Färbung war noch eben so intensiv wie im Anfang.
                              									Nach 30 Minuten blieb sich die Sache bei allen dreien noch
                              									gleich; nach mehreren Stunden waren sie noch stark gefärbt,
                              									obgleich etwas heller. Das Grün, vorher von schön meergrüner
                              									Farbe, glich nun einem etwas schmutzigen Chromgrün. Das Blau
                              									erschien matter, mehr himmelblau oder kobaltblau. Das Violett
                              									hatte seine ursprüngliche Lebhaftigkeit ungefähr
                              									beibehalten.
                           Eine lauwarme concentrirte Alaunlösung zersetzte das Grün sehr
                              									schnell, das Blau weniger schnell, während das Violett sehr lang
                              									widerstand. Das Grün gab einen graubraunen Rückstand; das Blau
                              									wurde heller, später graulich, während das Violett noch
                              									angegriffen schien.
                           Eine kochende Alaunlösung griff das Violett nicht an, lebhaft
                              									jedoch das Grün und das Blau. Nach einer Minute war das Grün
                              									schon ziemlich stark angegriffen, das Blau sehr wenig. Nach 2
                              									Minuten war das Blau sehr stark angegriffen, das Grün fast ganz
                              									zersetzt, während das Violett noch nicht angegriffen war. Nach 3
                              									Minuten war das violett viel heller, das Blau sehr hell, nur
                              									noch bläulich, das Grün graulich weiß. Nach 5 Minuten war das
                              									Blau fast ganz zersetzt, während nach 16 Minuten das Violett
                              									noch eine sehr helle, rothviolette Färbung zeigte. In der
                              									Siedhitze wurde das Violett sehr schnell bis zum Weiß
                              									zersetzt.
                           
                           Obgleich das Ultramarin einer warmen Lösung eines Alkalis ein
                              									wenig Schwefel abgibt, so bemerkt man doch keine Aenderung der
                              									Färbung. Eine wässerige Lösung von kaustischem Ammoniak, Natron
                              									oder Kali, sei sie concentrirt oder verdünnt, kalt oder siedend,
                              									wirkt auf das Grün und das Blau nicht ein, aber bläut das
                              									Violett. Nur bei sehr starker Concentration und bei längerm
                              									Erwärmen werden Grün und Blau angegriffen.
                           Eine alkalische Bleiacetatlösung wirkt selbst in der Wärme nicht
                              									ein, ebensowenig eine Lösung von Cyankalium.
                           Indem die drei Ultramarine auch auf nassem Wege der Einwirkung
                              									einer Reihe von reducirenden Körpern ausgesetzt wurden, zeigten
                              									sie ein indifferentes Verhalten. Die Ameisensäure verhielt sich
                              									wie eine einfache Säure. Aldehyd, Natrium- und Kaliumamalgam in
                              									Gegenwart von Wasser, eine kochende Lösung von
                              									Natriumhyposulfit, unterphosphorige Säure mit überschüssigem
                              									Kali, eine kochende Lösung von Kali mit Traubenzucker, eine
                              									warme verdünnte alkoholische oder wässerige Kalilösung neben
                              									einem Strom von Schwefelwasserstoff, und gelbes Schwefelammonium
                              									z. B. in warmer Lösung wirkten weder auf das eine, noch auf das
                              									andere der drei Ultramarine ein. Eine alkoholische Kalilösung
                              									mit Pyrogallussäure, eine kochende alkoholische Kalilösung mit
                              									Schwefel, eine Lösung von Hyposulfit blieben ebenfalls ohne
                              									Einwirkung.
                           Alle drei Typen widerstanden einer 14tägigen Einwirkung einer
                              									stark ozonisirten Atmosphäre unter erneuerter Benetzung sehr
                              									gut. Sie waren gar nicht verändert, obgleich
                              									unterschwefligsaures Natron trocken oder gelöst durch das Ozon
                              									in Sulfat umgewandelt worden waren. Höchstens das Violett schien
                              									etwas heller geworden zu sein. Diese Reaction verdient eine
                              									nähere Untersuchung. Offenbar schied sich durch eine Wirkung der
                              									Capillarität ein wenig Gyps aus dem Violett ab und zog sich an
                              									den Wänden des Gefäßes herauf.
                           Eine Reihe oxydirender Agentien wirkten auf nassem Wege nicht
                              									ein. Eine alkoholische Jodlösung in der Wärme, Chlorwasser,
                              									Chlorkalk, eine wässerige Lösung von Ferricyankalium unter
                              									Zusatz von kochender Kalilauge, die siedend heiße Fehling'sche
                              									Flüssigkeit, siedende Lösungen von salpetersaurem
                              									Quecksilberoxydul, schwefelsaurem Kupferoxyd mit oder ohne
                              									Zusatz von Ammoniak, von salpetersaurem Ammoniak, oder von
                              									salpetrigsaurem Kali, sowie eine verdünnte oder concentrirte
                              									siedende Lösung von kohlensaurem Natron mit oder ohne Zusatz von
                              									Bleisuperoxyd wirkten nicht ein.
                           Eine kochende Lösung von salpetersaurem Silber mit oder ohne
                              									Ammoniak ändert weder das Grün, noch das Violett. Das Blau wird
                              									
                              									schmutzig dunkelgrün, und wenn man die Lösung durch Ammoniak
                              									leicht alkalisch macht, so verwandelt es sich ebenfalls in ein
                              									schmutziges Dunkelgrün oder in ein bläuliches Meergrün.
                              									Geschmolzenes Silbernitrat greift die Ultramarine sehr stark an
                              									und macht sie weiß. Durch Brom in Gegenwart von mit Salzsäure
                              									angesäuertem Wasser werden alle drei entfärbt, das Grün
                              									langsamer als die beiden andern. Man kann diese Reaction
                              									benützen, um die Ultramarine für analytische Zwecke aufzulösen.
                              									Indem man nach der Einwirkung des Broms Wasser in größerer Menge
                              									zufügt, löst sich alles, nur der nicht veränderte Kaolin setzt
                              									sich nach einiger Zeit nieder. Schon das Bromwasser zersetzt sie
                              									und setzt die Kieselsäure in gelatinösem Zustand in Freiheit, so
                              									daß man das Glas umkehren kann, ohne daß die Masse herausfließt.
                              									Die concentrirte Salpetersäure entfärbt die drei Ultramarine
                              									unter Entwicklung rother Dämpfe, indem sie nicht nur als Säure,
                              									sondern auch als Oxydationsmittel einwirkt. Schon bei gemäßigter
                              									Temperatur verändert sich das Violett in Blau und verhält sich
                              									dann bei erhöhter Temperatur wie Blau. Die zu stark erhitzten
                              									Partien werden weiß. Das Blau verändert sich erst bei heller
                              									Rothglut und wird weiß oder perlgrau. Das Grün widersteht der
                              									Wärme besser als das Violett, aber nach einiger Zeit wird es mit
                              									ohne Abschluß der Luft bei starker Hitze grünlich blau mit
                              									weniger lebhafter Nüance wie das Ultramarinblau. Bei sehr hoher
                              									Temperatur wird das Grün weiß. Eine Mischung von Grün und
                              									Violett wird durch starkes Erhitzen blau, eine Mischung von Blau
                              									und Violett ebenfalls.
                           Mit verschiedenen reducirenden Substanzen gemischt, verhielt sich
                              									das violette Ultramarin bei hoher Temperatur gerade, wie wenn es
                              									für sich allein erhitzt worden wäre. Das Grün verhielt sich
                              									indifferent, wurde gelblich, violett oder blau oder wurde ganz
                              									entfärbt. Das Blau verhielt sich indifferent, wurde grün oder
                              									wurde entfärbt. In einem Strom von trocknem Kohlenoxyd erhitzt,
                              									änderten Grün und Blau ihre Farbe nicht; das violette Ultramarin
                              									wurde wie durch blose Hitze blau. In einem Strom von trocknem
                              									Wasserstoffgas erhitzt, erlitt das blaue Ultramarin keine
                              									Veränderung, das Violett wurde blau wie durch blose Hitze, das
                              									Grün gelblichbraun. Mit arseniger Säure, innig gemischt erhitzt,
                              									blieb das Grün unverändert; nur an einigen Stellen war die Farbe
                              									röthlichgrau geworden. Unter denselben Umständen bildete sich
                              									beim Blau ein Sublimat von Arsensulfür und eine Umwandlung in
                              									Grün, welche selbst nach dem Kochen mit Ammoncarbonat oder
                              									Ammoniak bleibt. Unter denselben Bedingungen wird das Violett
                              									blau an der Luft, grün bei Abschluß der Luft, während Arsen
                              									reducirt wird.  Wird das Violett noch einmal mit
                              									arseniger Säure zur dunkeln Rothglut erhitzt, so wird es zum
                              									Theil blau, zum Theil grün, bei heller Rothglut hellblau.
                           Mit metallischem Arsen erhitzt, wird das Grün zum Theil bläulich,
                              									zu einem sehr kleinen Theil orangegelb, während sich ein gelbes
                              									Sublimat bildet; das Blau wird dunkler und schmutzig, mit
                              									gelben, rosarothen, bräunlichen und grünen Stellen. Das Violett
                              									verändert sich nicht; nur einige Stellen werden grünlich, blau,
                              									gelb und roth.
                           Mit Zinkstaub erhitzt, werden alle drei entfärbt.
                           Durch Erhitzen mit Quecksilber in geschlossenen Röhren, verändern
                              									sich Grün und Violett nicht; das Blau wird dunkler, vielleicht
                              									wegen der Bildung von schwarzem Schwefelquecksilber, neben
                              									welchem gleichzeitig die rothe Modification auftritt.
                           Im zugeschmolzenen Rohr mit Schwefelkohlenstoff erhitzt, zeigt
                              									sich keine Reaction; nur Schwefel löst sich auf; letzterer ist
                              									wahrscheinlich in freiem Zustand vorhanden, wie ihn schon Guignet im Blau gefunden hat. Fügt man
                              									vorher zum Schwefelkohlenstoff Schwefel, so ändert sich das Grün
                              									nicht, das Violett wird bläulich.
                           Wenn man das Grün mit Schwefel bei Abschluß der Luft erhitzt, so
                              									nimmt es eine dunkelgrüne bläuliche Farbe an, eine blaue bei
                              									Zutritt der Luft; das Blau bleibt blau und wird nur stellenweise
                              									rosaroth; das Violett wird blauviolett und geht zum Theil in
                              									Rosenroth über. Mit Drei- oder Fünffach-Schwefelarsen erhitzt,
                              									werden Grün und Violett blau.
                           Das Grün wird durch gelindes Erhitzen in einem Strom schwefliger
                              									Säure rein violett. In einem Schwefelwasserstoffstrom erhitzt,
                              									verändern sich Grün und Blau nicht, das Violett wird blau.
                           Mit Kohle erhitzt, wird das Grün gelblich, das Blau entwickelt
                              									schweflige Säure, ohne die Farbe zu ändern, während das Violett
                              									blau und zum Theil grün wird, bei zu weit getriebenem Erhitzen
                              									sogar in Weiß übergeht.
                           Erhitzt man bei Abschluß der Luft mit schwefligsaurem Natron, so
                              									wird das Grün graulich, das Blau verändert sich nicht und das
                              									Violett wird blau; mit unterschwefligsaurem Natron zeigen Grün
                              									und Blau keinerlei Veränderung, während das Violett blau
                              									wird.
                           Bei den Versuchen mit oxydirenden Körpern veränderten einige der
                              									letztern, wie Arsensäure und Quecksilberoxyd, die Farbe des
                              									Grüns bei mäßig hoher Temperatur in Grünlichblau, während das
                              									Blau widersteht und das Violett blau wird. Bei höherer
                              									Temperatur werden alle drei Ultramarine weiß.
                           
                           Erhitzt man das Grün mit Arsensäure bis zur dunklen Rothglut, so
                              									geht es in Blau über, bei stärkerm Erhitzen in Weiß. Blau,
                              									welches durch arsenige Säure in Grün umgewandelt worden ist,
                              									wird durch Arsensäure wieder blau. Durch Erhitzen mit trockner
                              									Arsensäure werden Blau und Violett weiß. Arsenige Säure stellt
                              									die ursprüngliche Farbe nicht wieder her.
                           Mit Quecksilberoxyd erhitzt, wird das Grün grünlichblau, das Blau
                              									weiß, das Violett zum Theil blau, zum Theil rosenroth, zum Theil
                              									weiß, je nach der Temperatur.
                           Mit salpetersaurem Ammoniak erhitzt, wird das Violett blau,
                              									während Grün und Blau nicht verändert werden; das letztere wird
                              									jedoch bei hoher Temperatur weiß. Mit salpetersaurem Kali
                              									erhitzt, wird das Grün heller und bläulich, das Blau erleidet
                              									keine Veränderung und das Violett wird graulichgrün. Bei längerm
                              									Erhitzen bildet sich durch die Einwirkung des sich zersetzenden
                              									Salpeters Kali und die Ultramarine werden vollkommen weiß.
                           Mit chlorsaurem Kali erhitzt, wird das Grün dunkler und verliert
                              									an Schönheit, das Blau bleibt blau, doch findet Aufbrausen
                              									statt; das Violett geht unter lebhafterm Aufbrausen in ein
                              									schönes Blau über.
                           In Sauerstoff erhitzt, wird das Grün blau; das Blau bleibt blau,
                              									entwickelt jedoch schweflige Säure; bei starker Hitze entfärbt
                              									sich das Ultramarinblau. Das Violett wird bei gemäßigter
                              									Temperatur bläulich, bei höherer Temperatur weiß. Das Violett
                              									gab 0,516, das Blau in vier Versuchen 1,876, 1,739, 1,941 und
                              									2,063 Proc. schweflige Säure, welch letztere durch Jodlösung
                              									gemessen wurde. In Sauerstoff bis zum constanten Gewicht
                              									erhitzt, verliert das Violett nur 2,266 Proc.
                           Durch die Einwirkung chlorhaltiger Körper geht das Grün bei nicht
                              									zu hoher Temperatur in Blau, bei höherer Temperatur in Weiß
                              									über, das Violett wird rosenroth, dann weiß; das Blau wandelt
                              									sich bei gemäßigter Temperatur in Blauviolett um. Das
                              									Quecksilberchlorid z. B. verwandelt das Violett in Blau, das
                              									Grün bei Dunkelrothglut ebenfalls in Blau, bei Weißglut in Weiß,
                              									während das Blau bei nicht zu großer Hitze blau bleibt; bei
                              									großer Hitze würde es schon an und für sich in eine weiße
                              									Substanz übergehen.
                           Mit Kohlenstofftetrachlorid C Cl4 in geschlossenen Gefäßen auf
                              									140° erhitzt, verwandelt sich das Grün zum Theil in Blau;
                              									daneben bildet sich eine feste gelbe Substanz. Das Violett wird
                              									zum Theil rosenroth, zum Theil heller, zum Theil weiß. Eine
                              									gelbe Substanz bildete sich hierbei auch, aber in zu geringer
                              									Quantität, um untersucht werden zu können.
                           
                           Beim Erhitzen mit Antimonpentachlorid in geschlossenen Gefäßen
                              									auf 140° verändert sich das Grün nicht sehr, seine Nüance
                              									wird nur schmutziger; das Violett wird zum Theil schön
                              									purpurroth, zum Theil orangegelb und zum Theil hellgelb. Das
                              									Blau wird braunroth.
                           Schon Gentele hat die Blaufärbung des
                              									grünen Ultramarins durch Erhitzen mit Chlorammonium erwähnt; er
                              									erklärte die Veränderung durch einen Verlust an Natrium in Form
                              									von Chlornatrium oder von Schwefelnatrium.
                           Erhitzt man das Grün langsam in einem Chlorstrom zur dunkeln
                              									Rothglut, so wird es blau; das Blau wird zuerst blauviolett,
                              									durch längeres Erhitzen zieht es mehr ins Rosafarbene. Nach Gentele bildet sich kein Chloraluminium;
                              									bei unsern Versuchen bildete sich solches neben Spuren von
                              									Eisenchlorid, jedoch ohne Chlorschwefel. Durch sehr starkes
                              									Erhitzen wird die Masse weiß. Beim Violett bildet sich sehr
                              									wenig Chloraluminium, viel Chlorschwefel, ein wenig
                              									Schwefelsäure, ein wenig Eisenchlorid, während die Masse
                              									rosaroth, dann weiß wird. Auch gelbe Stellen zeigen sich.
                              									— In Chlor bis zum constanten Gewicht erhitzt, verliert
                              									das Violett z. B. 6,082 Proc.
                           Die Alkalien greifen bei erhöhter Temperatur die drei Ultramarine
                              									stark an. Trägt man sie in geschmolzenes Kali ein, so werden
                              									alle drei zerstört. Die geschmolzene Masse erscheint alsdann
                              									weiß oder graulich. In einem geschmolzenen Gemisch von Natrium-
                              									und Kaliumcarbonat werden alle drei grauweiß. Die Rückstände,
                              									mit siedendem Wasser ausgezogen, färben dieses gelblich,
                              									grünlich oder grün.
                           Dem Borax widerstehen Grün und Blau, während das Violett hellblau
                              									wird.
                           Erhitzt man eine innige Mischung von 25 Th. wasserfreiem
                              									schwefelsaurem Kalk mit 75 Th. Grün, so geht das letztere in
                              									Blau über. Das Blau verändert sich nicht unter diesen
                              									Umständen.
                           Mit phosphorsaurem Natron und phosphorsaurem Ammoniak erhitzt,
                              									wird das Grün zuerst violettblau, dann bläulich, dann schmutzig
                              									graulich; bei stärkerer Hitze weiß. Das Blau verwandelt sich zum
                              									größten Theil in Rostgelb, Bräunlichgelb; nach dem Erkalten wird
                              									es weiß; von Neuem zum Glühen erhitzt, wird es wieder
                              									bräunlichgelb. Das Violett wird blau, dann gelb und grün; bei
                              									stärkerer Hitze weiß. Je nach der Hitze zeigen sich folgende
                              									Farben: in der Mitte rothviolett und vom Mittelpunkt gegen den
                              									Umfang, gegen die Wände des Tiegels hin blauviolett, blau, grün,
                              									gelb und weiß. Der innere Theil ist ebenfalls weiß.
                           
                           Nicht nur durch diese Reaction mit dem doppelten Phosphat,
                              									sondern auch durch andere Reactionen sieht man Farben entstehen,
                              									welche verschieden von den drei im Handel bekannten
                              									Ultramarinfarben sind. Scheffer
                              									erwähnt z. B. (1874 211 137) die rothen und gelben
                              									Ultramarine als Producte einer unterdrückten Ultramarinbildung.
                              									Im Fortschreiten der Operation verwandelt sich nach ihm das Gelb
                              									in Röthlichgelb, Roth, Violett und endlich in Blau. — Büchner betrachtet die beiden Farben Scheffer's als Zersetzungsproducte des
                              									Ultramarins bei hoher Temperatur, denn das in Sauerstoff
                              									erhitzte Ultramarin verändert sich nach ihm, ehe die Zersetzung
                              									eine vollständige ist, d. h. ehe das Weiß und das Grau sich
                              									zeigen.
                           Mit Aluminiumoxyd zur dunkeln Rothglut erhitzt, wird das Grün
                              									blau, das Blau verändert sich nicht, das Violett geht
                              									gleichfalls in ein sehr helles Blau über. Mit demselben Körper
                              									bis zur hellen Rothglut erhitzt, verwandelt sich das Grün bei
                              									Abschluß der Luft in Dunkelgrau mit einem Stich ins Braune, bei
                              									Zutritt der Luft in ein hellblaues Grau; an den heißesten
                              									Stellen in Weiß. Das Blau wird mehr grünlich bei Abschluß der
                              									Luft, aber weniger schön wie das Berlinerblau; bei Zutritt der
                              									Luft bleibt es blau. Das Violett wird hellblau bei Zutritt oder
                              									Abschluß der Luft.
                           Mit Kieselsäure zur Rothglut erhitzt, wird das Gelbgrün oder
                              									Meergrün in Blaugrün verwandelt, das Blau bleibt blau, das
                              									Violett wird hellblau.
                           Kochendes Wasser zieht aus den blauen und grünen Ultramarinen nur
                              									ganz geringe Mengen von schwefelsaurem Kalk aus, aus dem
                              									violetten Ultramarin bedeutende Mengen. Erhitzt man mit einer
                              									Lösung von unterschwefligsaurem Natron, dem geeignetsten Mittel
                              									zur Extraction des schwefelsauren Kalkes, so gibt das Violett
                              									vom letztern fast 42 Proc. ab, während das Grün und das Blau DM nur Spuren abgaben. Alle drei bleiben
                              									in der Färbung unbeeinträchtigt, wenn man sie mit Wasser im
                              									zugeschmolzenen Rohr auf eine hohe Temperatur erhitzt; das
                              									Wasser zieht hingegen etwas Schwefelalkali und sehr wenig freies
                              									Alkali aus.
                           Was den Einfluß des Dämpfens anbetrifft, so verändern sich die
                              									blauen, grünen und violetten Ultramarine selbst in den hellern
                              									Nüancen nach halbstündigem Dämpfen nicht merklich, sobald sie
                              									mit einer Substanz verdickt sind, welche ungefärbt ist und sich
                              									durch das Dämpfen nicht färbt. Es versteht sich, daß der Dampf,
                              									welcher die in verschiedenen Nüancen aufgedruckten Ultramarine
                              									fixiren soll, so rein als möglich sein muß und auf die Nüancen
                              									schädlich wirkende Gase nicht enthalten darf. Ebenso ist es gut,
                              									einen bei geringer Pression gespannten Dampf  anzuwenden, um
                              									seinen Einfluß auf die Verdickungsmittel zu mildern. Wir haben
                              									ohne Zusatz des färbenden Pulvers die verschiedenen
                              									gebräuchlichen Verdickungsmittel, rein oder gemischt,
                              									aufgedruckt und dabei sehr verschiedene Veränderungen bemerkt.
                              									Albumin war nach 30 Minuten dauerndem Dämpfen bei einem Druck
                              									von 1at,25 merklich gelb geworden; vorzügliches
                              									Senegalgummi war sichtlich weniger gefärbt, weißes Traganthgummi
                              									erlitt nur geringe Veränderung.
                           Indem wir diese Versuche mit denselben, jedoch nunmehr durch die
                              									Ultramarine blau, grün oder violett gefärbten Verdickungsmitteln
                              									wiederholten, war die zu beobachtende Veränderung proportional
                              									der Veränderung, welche die ohne Farbstoff aufgedruckten
                              									Verdickungsmittel erlitten; mit Caseïn und Kalk, einem wenig
                              									gefärbten Verdickungsmittel, ist die durch das Dämpfen
                              									hervorgebrachte Veränderung weit weniger bemerkbar wie bei
                              									Albumin. Hieraus schließen wir, daß die Veränderung, die beim
                              									Dämpfen der blauen, violetten und grünen Ultramarine entsteht,
                              									nicht einer Veränderung der färbenden Pulver zuzuschreiben ist,
                              									sondern vielmehr der Einwirkung der Dämpfe auf die
                              									Verdickungsmittel selber. Und mit Recht können wir annehmen,
                              									daß, wenn man sich vollkommen ungefärbte und durch die Dämpfe
                              									nicht gelb werdende Verdickungsmittel verschaffen könnte, diese
                              									Veränderung gar nicht stattfinden würde. Unsere Versuche, die
                              									Albumine und verschiedene Gummisorten zu bleichen, haben uns
                              									noch keine befriedigenden Resultate geliefert. Für das Gummi
                              									erschien uns bis jetzt die Fällung der filtrirten wässerigen
                              									Lösung durch Alkohol als das beste Mittel. Das Caseïn konnte z.
                              									B. durch Ozon weder trocken, noch mit Wasser befeuchtet, noch in
                              									ammoniakalischer Lösung gebleicht werden.
                           Indem wir auch die Wirkung eines Zusatzes von Zinkweiß und
                              									kohlensaurem Barit vergleichsweise untersuchten, konnten wir
                              									keinen scharfen Unterschied in der Wirkung der beiden
                              									plastischen Substanzen wahrnehmen. Die eine wie die andere
                              									verdecken die durch die Einwirkung des Dampfes auf die
                              									Verdickungsmittel hervorgebrachte gelbe Färbung sehr
                              									unvollständig. Ueber den Einfluß der Verdickungsmittel auf die
                              									verschiedenen in der Druckerei angewendeten färbenden Materien
                              									werden wir noch weitere Studien machen.
                           Abgesehen von schwefelsaurem Kalk, der sich in Mischung mit dem
                              									Violett findet, geben die drei Ultramarine bei ihrer Zersetzung
                              									durch verdünnte Salzsäure wechselnde Mengen verschiedener
                              									Schwefelverbindungen. Das Grün gibt am wenigsten, das Violett am
                              									meisten Schwefelsäure; das Grün gibt am wenigsten, das Violett
                              									am meisten schweflige Säure; das Grün gibt keine, oder sehr
                              									wenig unterschweflige Säure; das Blau  gibt nur den
                              									fünften Theil von der vom Violett gelieferten Menge. Das Grün
                              									gibt am meisten, das Violett am wenigsten Schwefelwasserstoff.
                              									Auch findet man nach Hoffmann's
                              									Methode im Blau am weisten und im Grün am wenigsten
                              									„freien Schwefel.“
                           Wir können noch nicht sagen, ob diese verschiedenen Arten von
                              									Verbindungen, in welchen der Schwefel sich zeigt, sich in
                              									Wirklichkeit in den Ultramarinen vorfinden, oder ob die
                              									schweflige Säure, die unterschweflige Säure, der freie Schwefel
                              									und der Schwefel des Schwefelwasserstoffes und Schwefelnatriums
                              									nur Zustände sind, in welchen der Schwefel im Momente der
                              									Zersetzung der Ultramarine durch eine Säure bei der
                              									Untersuchungsmethode von Hoffmann
                              									sich befindet. Beim Grün gibt diese Methode Resultate von
                              									er Uebereinstimmug,
                              									wie sie gar nicht besser erwartet werden kann. Beim Violett und
                              									Blau läßt die Genauigkeit noch zu wünschen übrig, indem die
                              									Schwierigkeit durch die Gegenwart des im Grün fehlenden
                              									Hyposulfites noch vermehrt wird.
                           Ueber die chemischen Formeln der drei Ultramarine können wir uns
                              									noch nicht bestimmt ausdrücken. Wir bestätigen weder eine der
                              									bis jetzt aufgestellten Hypothesen, noch vermehren wir ihre Zahl
                              									um eine neue. Durch unsere verschiedenen Reactionen wie auch
                              									durch unsere quantitativen Analysen haben wir constatirt, daß
                              									jedes der drei Ultramarine seine besondere Zusammensetzung hat,
                              									wenn auch die zusammensetzenden Elemente ganz die nämlichen sind
                              									und die wirklich bestehenden Unterschiede sich nur auf
                              									Variationen eines und desselben Typus gründen. Als die
                              									wahrscheinlichste Constitution erscheint uns diejenige, wo in
                              									Doppelsilicaten von Aluminium und Natrium der Sauerstoff
                              									theilweise durch Schwefel ersetzt ist. Um die Frage endgiltig zu
                              									lösen, wird es noch weitergehende Untersuchungen mit großem
                              									Aufwand von Geduld und Zeit kosten. Wenn man auch die drei
                              									Ultramarine chemisch rein und frei von jedem Rest der
                              									Rohmatertalien oder derer Zersetzungsproducte erhalten könnte,
                              									so würde doch noch die sichere Feststellung der
                              									Molecularconstitution, der Stellung der Atome, der rationellen
                              									Formel ihre große Schwierigkeiten haben wegen der Unlöslichkeit
                              									der drei Farben in den gewöhnlichen Lösungsmitteln und wegen
                              									ihres Verhaltens gegen die energischern Reagentien, welche
                              									nöthig sind, um sie zu zersetzen und ihre integrirenden
                              									Bestandtheile aufzulösen. Auch konnte bis jetzt das Ultramarin
                              									noch nicht im krystallisirten Zustand erhalten werden (1875 215 168). Trotz der in unserm Jahrhundert in der organischen
                              									Chemie gemachten großen Fortschritte bilden doch die Ultramarine
                              									schlagende Beispiele unter den unorganischen Körpern, welche
                              									zeigen, daß noch viele Probleme in der Mineralchemie zu lösen
                              									sind.
                           
                           Am Schlüsse möchten wir noch erwähnen, daß Einer von uns auch
                              									organische Körper aus verschiedenen Gruppen auf die Ultramarine
                              									hat einwirken lassen, sich aber Mittheilungen über diesen weiter
                              									zu verfolgenden Gegenstand auf spätere Zeit vorbehält. Auch die
                              									Untersuchung der Farben vom physikalischen Standpunkt aus, ist
                              									sehr wichtig; deshalb hat auch Einer von uns zur gleichen Zeit
                              									eine zweite Reihe von Versuchen angefangen. Jede in chemischer
                              									Hinsicht geprüfte Farbe soll auch auf ihre Beziehungen zum
                              									Spectrum geprüft und nach der chemischen Analyse soll auch die
                              									prismatische Analyse gemacht werden. Auf diese Art fördert man
                              									nicht nur die Kenntniß der chemischen Metamorphosen, sondern
                              									auch der optischen Veränderungen, welche letztere in inniger
                              									Beziehung zur Constitution der Körper stehen.