| Titel: | Ueber die Dampfproduction bei stationären Kesselanlagen; von L. Ehrhardt. | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 555 | 
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                        Ueber die Dampfproduction bei
                           								stationären Kesselanlagen; von L. Ehrhardt.
                        Ehrhardt, über die Dampfproduction bei
                           								stationären Kesselanlagen.
                        
                     
                        
                           An eine gute Kesselanlage sind folgende Anforderungen zu stellen:
                              									I) die Anlage muß zweckentsprechend
                              									und dauerhaft sein; II) dieselbe muß
                              									möglichst viel trockenen Dampf mit dem geringsten Aufwande von
                              									Brennmaterial, Bedienungsarbeit und Kapitalanlage liefern.
                           Um den Anforderungen des Satzes I
                              									nachzukommen, muß die Anlage in allen Theilen der Oertlichkeit
                              									und den speciellen Verhältnissen, unter denen sie functioniren
                              									soll, angepaßt sein. Es müssen die Eigenschaften des
                              									Speisewassers und des Brennmaterials berücksichtigt, die Höhe
                              									der Dampfspannung, die Größe der Kesselanlage und die einzelnen
                              									Dimensionen der Kessel richtig gewählt sein.
                           Die Eigenschaften des Speisewassers und des Brennmaterials
                              									bestimmen hauptsächlich die Wahl des
                                 									Kesselsystems. Reines Bachwasser, welches wenig oder gar
                              									keinen Kesselstein absetzt, läßt manche Constructionen ganz
                              									zweckmäßig erscheinen, welche bei kesselsteinhaltigem Wasser
                              									absolut unzulässig sind. In diesem letztern Falle muß
                              									hauptsächlich darauf gesehen werden, daß das Innere des Kessels
                              									leicht zugänglich ist und überall vom Kesselstein gereinigt
                              									werden kann. Die Eigenschaften des Brennmaterials bestimmen in
                              									erster Linie die Form und Größe des Rostes
                                 									und des Feuerherdes. Hiervon hängt aber mehr oder weniger
                              									die Form und Construction des ganzen Kessels ab. Je geringer z.
                              									B. die Heizkraft des Brennmaterials im Vergleich mit dem Volum
                              									desselben ist, um so weniger eignet es sich für Kessel mit
                              									innerer Feuerung, während für gute Steinkohlen derartige Kessel
                              									unbedingt den Vorzug verdienen. Bei der Bestimmung der Höhe des Dampfdruckes, für welchen der
                              									Kessel gebaut werden soll, ist die zulässige Dampfspannung
                              									möglichst hoch anzunehmen.
                           Um die Größe der Kesselanlagen richtig
                              									bestimmen zu können, soll der stündliche Wasserverbrauch,
                              									welcher nothwendig ist, um die vom Kessel verlangte Leistung  zu
                              									erzielen, bekannt sein. In zweifelhaften Fällen macht man natürl
                              									ch die Anlagen besser zu groß als zu klein. Wo es thunlich ist,
                              									soll man auch nicht den ganzen Geschäftsbetrieb von einem
                              									einzigen Kessel abhängig machen. Sobald der stündliche
                              									Kohlenverbrauch 60k und der Wasserverbrauch 400l
                              									überschreitet, oder sobald die Heizfläche mehr als 32qm
                              									beträgt, ist es unbedingt anzurathen, zwei gleich große
                              									selbständige Kessel anzulegen, von denen jeder etwas mehr als
                              									die halbe Leistungsfähigkeit hat. Man kann dann den einen putzen
                              									und repariren, während der andere im Betriebe ist, hat also
                              									nicht leicht einen vollständigen Stillstand des
                              									Geschäftsbetriebes zu fürchten.
                           Die einzelnen Kesseldimensionen müssen
                              									so gewählt werden, daß der Kessel in allen Theilen von innen gut
                              									befahren und gereinigt werden kann. Ebenso sollen die
                              									umhüllenden Zugcanäle gut zu reinigen sein und, wenn auch nicht
                              									befahrbar, doch so eingerichtet werden, daß man mittels eines
                              									durch die Putzöffnung eingeschobenen Lichtes diese Canäle, sowie
                              									die darin liegenden Kesseloberflächen überall besichtigen kann.
                              									Diesen Anforderungen entsprechen im Allgemeinen kurze und weite
                              									Kessel viel besser als solche mit langgestreckten und engen
                              									Formen. Kein Siederohr oder Vorwärmer soll weniger als 450mm
                              									Durchmesser haben. Längere Vorwärmer sollen wenigstens einen
                              									Durchmesser von 550mm erhalten, wo möglich an beiden
                              									Enden durch die Einmauerung vorstehen und dort mit Mannlöchern
                              									versehen sein. Bei Kesseln mit innerer Feuerung ist sehr darauf
                              									zu sehen, daß der Hohlraum zwischen Feuerrohr und Außenkessel
                              									gut befahrbar ist und überall gereinigt werden kann. Es verlangt
                              									dies zwar sehr große Durchmesser der Außenkessel, und die Kessel
                              									werden schwerer und theurer als solche mit engem Zwischenraum;
                              									dafür sind die weiten Kessel aber auch leichter solid
                              									auszuführen, die Wirkungen der verschiedenen Ausdehnungen sind
                              									weniger nachtheilig, und die Kessel sind dauerhafter und
                              									leichter zu repariren. Ein Kessel, der allen Anforderungen
                              									entsprechen soll, kann in der Anschaffung unmöglich der
                              									wohlfeilste sein; es muß eben bei der Anschaffung mehr auf die
                              									Qualität des Kessels als auf niedrigen Preis gesehen werden. Der
                              									Mindestfordernde wird wohl selten Vorzügliches liefern, und wenn
                              									irgendwo, so gilt es hier, daß schlechte Waare um jeden Preis zu
                              									theuer ist.
                           Obwohl alle bisher besprochenen Punkte von größter Wichtigkeit
                              									sind, so wird doch außerordentlich häufig dagegen verstoßen. In
                              									den meisten Fällen weiß und prüft der Besteller nicht genug, was
                              									er wirklich braucht. Er verlangt vom Kesselfabrikanten Auskunft
                              									über Sachen, die er eigentlich dem Fabrikanten als Anhaltspunkt
                              									geben müßte; und schließlich kümmern sich beide Theile mehr oder
                              									weniger nur um die Anforderungen des II Satzes: Großer absoluter und ökonomischer Effect bei
                              									geringem Aufwande an Brennmaterial, Bedienungsarbeiten und
                              									Kapitalanlage.
                           Um diesen Anforderungen entsprechend eine möglichst hohe
                              									Nutzleistung zu erzielen, muß 1) aus dem Brennmaterial möglichst
                              									viel Wärme entwickelt, und 2) diese Wärme vom Kessel möglichst
                              									vollständig aufgenommen und zur Dampfbildung verwendet
                              									werden.
                           Die Entwicklung der größten Wärmemenge aus einem gegebenen
                              									Quantum Brennmaterial ist offenbar das Erste und Wichtigste. Nur
                              									wenn viel Wärme entwickelt wird, kann der Kessel viel Wärme
                              									aufnehmen; wenn die Wärmeproduction mangelhaft war, muß auch die
                              									Dampfbildung mangelhaft sein. Darauf wird aber merkwürdigerweise
                              									allgemein so wenig geachtet, daß ein Kessel nur nach der Größe
                              									und Form seiner Heizfläche taxirt und verkauft wird.
                           
                           Um dieser ersten Bedingung nachzukommen, müssen der
                              									Verbrennungsraum und der Rost der Natur des Brennmaterials
                              									angepaßt und das Feuer richtig bedient werden.
                           Wie nun Verbrennungsraum und Rost beschaffen sein und wie das
                              									Feuer bedient werden muß, soll zunächst durch eine Untersuchung
                              									theoretischer Natur erläutert werden.
                           Es werden entwickelt bei der Verbrennung von 1k
                              									Kohlenstoff zu Kohlenoxyd 2473c, zu Kohlensäure 8080c. Ist
                              									die Kohlenschicht auf einem Roste zu hoch, so bildet die
                              									zuströmende Luft unten Kohlensäure. Indem dieses Gas durch die
                              									höher lagernden glühenden Kohlen aufsteigt, wird es zu
                              									Kohlenoxyd reducirt, und dabei werden 5607c von
                              									den zuvor erzeugten 8080c wieder gebunden. Für die
                              									Erzielung des höchsten calorischen Effectes ist demnach die
                              									Entstehung von Kohlenoxyd zu vermeiden. Reducirt man die Höhe
                              									der Brennmaterialschicht auf dem Roste bis auf 3 bis 5cm
                              									Höhe, so genügt bei einem feinstabigen Roste schon mäßiger Zug,
                              									um eine vollständige Verbrennung zu bewirken.
                           Das Maximum der Temperatur werden die Verbrennungsproducte
                              									erreichen, wenn gerade so viel Luft zuströmt, als erforderlich
                              									ist, um nur Kohlensäure und Stickstoff in den abziehenden Gasen
                              									zu haben.
                           Strömt zu viel Luft zu, so wird allerdings eine vollständige
                              									Verbrennung stattfinden, aber es wird viel überschüssige Luft
                              									mit erwärmt, daher die Gesammtwärme auf ein viel größeres
                              									Gasquantum vertheilt, und so die Temperatur desselben
                              									erniedrigt. Ein größeres Gasquantum von niedriger Temperatur
                              									verlangt aber eine viel größere Heizfläche zur Ausnützung seiner
                              									Wärme als ein geringeres mit derselben absoluten Wärmemenge.
                           Eine geringe Gasmenge mit möglichst hoher Anfangstemperatur und
                              									eine möglichst vollständige Verbrennung wird man in der Praxis
                              									durch große Rostflächen mit dünner Beschickung und einem mäßigen
                              									Luftzuge erreichen. Die Heizfläche braucht dann nur klein zu
                              									sein, und doch wird eine vollständige Ausnützung der Wärme
                              									stattfinden.
                           Es wird diese Verbrennung zwar nicht rauchfrei sein, sie ist aber
                              									doch vortheilhafter, als wenn man zur Erzielung rauchfreier
                              									Verbrennung hastigen Zug, also übergroßen Luftzutritt
                              									anwendet.
                           Noch irrationeller sind kleine Roste mit dicker Beschickung. Man
                              									sieht häufig Dampfkesselfeuerungen mit 15 bis 20cm
                              									hoher Beschickung. Hierbei wird allerdings stets scharfer Zug
                              									angewendet, weil nur dadurch eine einigermaßen günstige Wirkung
                              									erzielt werden kann. Die reichliche Bildung von Kohlenoxyd ist
                              									unvermeidlich und also auch hier die Menge der Verbrennungsgase
                              									groß und ihre Anfangstemperatur niedrig. Ein solches Feuer wird
                              									auch stets mehr rauchen als ein Feuer mit mäßigem Zuge, großer
                              									Rostfläche und dünner Beschickung, weil viel mehr kleine
                              									Kohlenpartikel Mechanisch durch den heftigen Zug fortgeführt
                              									werden. Bei Steinkohlenbrand vermindert dieser Rauch den Werth
                              									der Heizfläche durch Berußung ganz außerordentlich.
                           Nach ältern in England ausgeführten Versuchen sind zur richtigen
                              									Verbrennung von 100 Pfd. guter englischer Dampfkesselkohle pro
                              									Stunde 0qm,9 Rostfläche nöthig. Vorgewärmtes Speisewasser von
                              									80 bis 90° vorausgesetzt, genügen bei richtiger Anordnung
                              									des Kessels 20 × 0,9 = 18qm Heizfläche vollständig, um die
                              									durch den Kessel auszunützende Wärme aufzunehmen.
                           Zur Speisung des eigentlichen Dampfkessels soll nur auf
                              									mindestens 80° vorgewärmtes Wasser verwendet werden. Wo
                              									dieses Vorwärmen durch abziehende Dämpfe  bewerkstelligt
                              									wird, ist dafür zu sorgen, daß nicht eine directe Berührung
                              									zwische Dampf und Speisewasser stattfindet und das im Dampfe
                              									enthaltene Oel das Speisewasser verunreinigt.
                           Sind keine abziehenden Dämpfe verfügbar, so müssen die vom Kessel
                              									abziehenden Verbrennungsgase zum Vorwärmen benützt werden; aber
                              									der Vorwärmer muß möglichst selbstständig und vom Kessel durch
                              									Speiseventile getrennt sein.
                           An Vorwärmfläche genügt das Fünffache der Rostfläche in den
                              									meisten Fällen vollständig, um das Speisewasser genügend
                              									vorzubereiten und den abziehenden Verbrennungsgasen die noch
                              									ausnützbare Wärme zu entziehen.
                           Da ich den Vorwärmer nicht als Kesseltheil betrachte, so rechne
                              									ich die Vorwärmfläche nie zur Heizfläche des Kessels. Mit einer
                              									Heizfläche von 18qm hat man durch die eine Stunde
                              									dauernde Verbrennung von 100 Pfd. bester englischer
                              									Dampfkesselkohle auf einer Rostfläche von 0qm,9
                              									eine Dampfproduction von 850 Pfd., also pro Quadratmeter
                              									Heizfläche 47,2 Pfd.
                           Nach meinen eigenen Erfahrungen beträgt die Dampfproduction durch
                              									die einstündige Verbrennung von 100 Pfd. Saarkohlen auf 1qm
                              									Rostfläche mit einer Heizfläche von 22qm 700
                              									Pfd., d. h. 31,8 Pfd. Dampf pro Stunde und pro Quadratmeter
                              									Heizfläche.
                           Für staubförmige Kohle oder Gemenge von Sägemehl mit Grieskohle
                              									oder für Braunkohle hat man zur einstündigen Verbrennung von 100
                              									Pfd. eine Rostfläche von 1qm,40 nöthig und producirt unter
                              									Anwendung einer Heizfläche von 39qm,2 400 Pfd. Dampf, also 10,2
                              									Pfd. pro Quadratmeter und Stunde.
                           Die mitgetheilten Zahlenwerthe zeigen, wie verschiedenartig je
                              									nach der Wahl des Brennmaterials eine Kesselanlage ausfallen
                              									muß, und wie Qualität des Brennmaterials und Kapitalanlage sich
                              									gegenüber stehen. Gutes Brennmaterial — geringe
                              									Kapitalanlage, schlechtes Brennmaterial — hohe
                              									Kapitalanlage.
                           Ich habe gezeigt, daß große Rostflächen mit dünner Beschickung
                              									bessere Resultate geben als kleine Kostflächen mit starker
                              									Beschickung. Die gleichmäßige Beschickung einer großen
                              									Rostfläche in dünner Schicht verlangt aber einen geschickten und
                              									geübten Heizer, wenn das Feuer nicht stellenweise erlöschen und
                              									durch nnbedeckte Roststellen kalte Luft einströmen soll. Dadurch
                              									erklärt sich, daß bei den großen öffentlichen Versuchen, bei
                              									denen die verschiedenen Heizer unter sich, und die einzelnen
                              									Kesselsysteme in Concurrenz standen, sehr geübte Heizer mit
                              									einfachen und wohlfeilen, aber in richtigen Verhältnissen
                              									angelegten Kesseln, mit gleichem Brennmaterial mehr oder
                              									mindestens ebenso viel Dampf producirten, als weniger geübte
                              									Heizer mit den vollkommensten Kesseln fertig zu bringen im
                              									Stande waren. Nicht Jeder, der Feuer machen kann, ist deshalb
                              									schon ein Kesselwärter. Einem ungeübten Tagelöhner gegenüber
                              									kann ein geschulter Heizer ganz gut 25 Proc. Brennmaterial
                              									sparen.
                           Aber darauf wird gewöhnlich so gut wie gar nicht gesehen. Ja,
                              									viele Industrielle verwerfen sogar jedes Kesselsystem, welches
                              									verständige Wartung verlangt, also nicht von jedem Taglöhner
                              									bedient werden kann.
                           Die Größe der Rostfläche ist nur dadurch begrenzt, daß der Heizer
                              									schließlich nicht mehr im Stande ist, mit dem Quantum Kohlen,
                              									welches verbrannt werden darf, den Rost vollständig bedeckt zu
                              									erhalten; denn würde er mehr Kohlen aufwerfen, so würde zu viel
                              									Dampf produciren und die Sicherheitsventile würden abblasen.
                           Die Rostfläche eines Feuerherdes darf nie so groß genommen
                              									werden, daß der Rost unbequem zu bedienen ist; es ist in solchem
                              									Falle besser, die nöthige Rostfläche auf zwei Roste in zwei
                              									Verbrennungsräumen zu vertheilen.
                           
                           Eine weitere Bedingung zur Erzielung ökonomischer Resultate ist
                              									eine häufige und sorgfältige Reinigung der Kesseloberfläche und
                              									der Züge von Ruß und Flugasche und des Kesselinnern vom
                              									Kesselstein.
                           In seinem bekannten Buche behauptet v. Reiche S. 38, daß Bleche, welche stärker als 12mm
                              									sind, die Wärme sehr schlecht leiten, während solche von 10mm
                              									Dicke und darunter gute Dienste leisten. Hieraus folgert er die
                              									Regel: Die Blechdicke der Kessel (soweit sie die Heizfläche
                              									bilden) soll unter keinen Umständen größer als 12 bis 13mm,
                              									nur in Ausnahmfällen größer als 10mm für normale Verhältnisse
                              									stets kleiner sein.
                           Diese Vorstellung vom Einflusse der Stärke der Kesselwand stützt
                              									sich nicht auf Thatsachen, sondern auf die bekannten Formeln Redtenbacher's. Gerade aus dessen
                              									Abhandlungen aber läßt sich zeigen, daß den Widerständen
                              									gegenüber, welche die Kesseloberflächen der Wärme bei ihrem
                              									Eintritt und Austritt schaffen, die Widerstände, welche größere
                              									oder geringere Wandstärken der einmal in das Metall
                              									eingedrungenen Wärme bieten, vollständig verschwinden. Mit
                              									andern Worten: Das Wärmetransmissionsvermögen der Kesselwände
                              									hängt lediglich von der Beschaffenheit der Oberfläche, nicht
                              									aber von der Dicke der Wand ab. Die Stärke der Kesselwände hat
                              									nur Einfluß auf die Dauer des Anheizens. Wenn einmal die Wärme
                              									durch die berußte Oberfläche von den Verbrennungsgasen in das
                              									Blech eingedrungen ist, wird sie nicht durch eine größere oder
                              									geringere Metallstärke zurückgehalten, sondern durch die
                              									Incrustation auf der Innenseite des Kessels. Eine
                              									Kesselsteinschicht von 10mm Dicke leistet der Wärme viel
                              									mehr Widerstand als eine Blechwand von 10cm
                              									Dicke. Eine ganz rein metallische Kesselwand wird auf ihren
                              									beiden Oberflächen stets dieselbe Temperatur zeigen, gleichviel,
                              									ob sie 10 oder 50mm dick ist.
                           Berußte oder mit Flugasche bedeckte Kesselwände nehmen sehr viel
                              									weniger Wärme auf als reine Wandungen. Liegt die Flugasche 10
                              									bis 15cm hoch auf, so hört überhaupt alle Wärmeübertragung
                              									auf die Kesselwand auf.
                           Bei stationären, fortwährend im Betriebe befindlichen Kesseln
                              									spielt die Wandstärke in Bezug auf die Wärmeübertragung keine
                              									Rolle.
                           Der Dampfraum soll so groß und so angeordnet sein, daß der
                              									abziehende Dampf kein Wasser mitreißt; denn alle Wärme, welche
                              									nothwendig war, um das fortgerissene Wasser auf die
                              									Dampftemperatur zu bringen, ist beinahe vollständig verloren.
                              									Zudem ist dieses mitgerissene Wasser bei der Verwendung des
                              									Dampfes sehr häufig die Ursache großer Unannehmlichkeiten.
                           Aus dem Vorhergehenden folgt, daß es kein absolut bestes
                              									Kesselsystem geben kann. Jede wirklich gute Kesselanlage ist nur
                              									unter den Umständen, unter welchen sie functionirt, gut.
                           Um dies an einem bestimmten Kessel zu erörtern, wähle ich ein
                              									Object der Wiener Ausstellung, den Röhrenkessel von Paucksch und Freund.
                           In ihrer Broschüre, auf welche wir hier verweisen müssen, stellen
                              									die Genannten folgende zwei Sätze auf:
                           „1) Je mehr ein Kessel Fläche besitzt, die vom Feuer
                              									berührt wird, bevor dasselbe in den Schornstein geht, desto mehr
                              									wird das Feuer, mithin das verwendete Brennmaterial,
                              									ausgenützt.
                           2) Je dünner die Kesselwände sind, auf welche das Feuer einwirkt,
                              									um so schneller geht die Dampfentwicklung vor sich, was abermals
                              									eine Brennmaterialersparniß bedingt.“
                           
                           Es fragt sich, ob die Brennmaterialersparniß so viel beträgt, als
                              									die zur übermäßigen Vergrößerung der Heizfläche aufzuwendende
                              									Kapitalanlage für die Verzinsung beansprucht. Schneller wird die
                              									Dampfentwicklung allerdings erfolgen; ob dies aber bei
                              									continuirlichem Betriebe eine Brennmaterialersparniß zur Folge
                              									hat, ist doch sehr fraglich.
                           Die genannte Firma behauptet ferner, daß ihre Construction ein
                              									Drittel weniger Brennmaterial verbraucht als alle bis heut
                              									bekannt gewordenen Constructionen stationärer Dampfkessel.
                           Diese Behauptung befremdet, wenn man weiß, daß das Maximum des
                              									ökonomischen Effectes bei jedem Kessel nur mit einem bestimmten
                              									Brennmaterial erreichbar ist. Mit 1 Pfd. Waldenburger Kleinkohle
                              									werden 8,15 Pfd., mit 1 Pfd. Stückkohle 9,7 Pfd. Wasser aus dem
                              									Kessel entfernt. Daß dieses Resultat wirklich ein so günstiges
                              									ist, muß ich verneinen. Die Experimentatoren wollen ein
                              									Mitreißen von Wasser nicht annehmen, haben aber keine Thatsache
                              									zur Stütze ihrer Meinung anzuführen. Nur dann ist das Verhältniß
                              									1 : 8,15 und 1 : 9,7 erklärbar, wenn man daran denkt, daß der
                              									Dampf sehr naß gewesen sein muß.
                           Die Kesselconstruction von Paucksch
                              									und Freund ist eine ganz vorzügliche
                              									für das geeignete Brennmaterial, z. B. für erdige Braunkohlen.
                              									Man erhält unter diesen Umständen große Mengen Heizgas von
                              									niedriger Temperatur, welche wenig Ruß absetzen, und denen die
                              									Wärme durch die sehr große Heizfläche (die Heizfläche verhält
                              									sich zur Rostfläche wie 1355 : 25) aufs Beste entzogen wird. Bei
                              									genügend reinem Wasser und häufiger Reinigung der Röhren wird
                              									der Nutzeffect ein vorzüglicher sein.
                           Jedenfalls ist der Dampf aber naß, und er wird immer nässer, je
                              									besseres Brennmaterial man anwendet. Denkt man sich z. B. den
                              									Rost mit englischer Steinkohle beschickt, so ist die Wirkung der
                              									strahlenden Wärme sehr groß und die Heizgase haben eine hohe
                              									Temperatur. In Folge der übergroßen Heizfläche des Wassers im
                              									Kessel bewirkt die starke Dampfentwicklung ein andauerndes
                              									heftiges Aufwallen der Flüssigkeit und somit die Bildung eines
                              									sehr nassen Dampfes. (Nach der Zeitschrift des Vereins
                                    									deutscher Ingenieure, 1875 S. 248.)