| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 91 | 
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                           Miscellen.
                           
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Einsturz einer eisernen Brücke.
                           Die enormen Hochwässer, welche im Verlaufe der letzten Monate
                              									ganz Mitteleuropa verwüsteten, haben auch die Zerstörung der
                              									eisernen Brücke zur Folge gehabt, welche bei Riesa (Sachsen)
                              									über die Elbe führt. Wir entnehmen über dieses interessante
                              									Ereigniß, dem glücklicherweise nur äußerst wenige analoge Fälle
                              									in der Geschichte unserer Eisenconstructionen an die Seite
                              									gestellt werden können, einige nähere Notizen der Wochenschrift des österr. Ingenieur- und
                              									Architektenvereins, 1876 S. 104, welche seit Anfang dieses
                              									Jahres neben der bekannten Zeitschrift dieses Vereins erscheint.
                           Aus der erwähnten Mittheilung ist zumeist hervorzuheben, daß der
                              									Einsturz dieser Brücke durchaus nicht durch die
                              									Eisenconstruction selbst veranlaßt war, sondern lediglich
                              									dadurch verursacht wurde, daß die Strompfeiler sich gegenüber
                              									dem Andrange des außerordentlich gestiegenen Wassers als zu
                              									schwach erwiesen. Dieselben waren nämlich mit theilweiser
                              									Benützung der Pfeiler einer früher bestehenden Holzbrücke
                              									aufgebaut  worden, und zwar die neu angeschuhten
                              									Pfeilertheile auf Betonfundamenten, während die alten Pfeiler
                              									auf Pfahlrost fundirt waren. Auf diesen reconstruirten Pfeilern
                              									liegt die Brücke, bestehend aus zwei von einander unabhängigen
                              									Theilen für je ein Schienengleise und einer dritten Bahn für
                              									Wagen- und Fußgängerverkehr. Die Hauptöffnung des Stromes ist
                              									mit 98m lichter Weite durch Halbparabelträger überspannt,
                              									ferner drei kleinere Oeffnungen von je 30m
                              									Weite durch Parallelträger.
                           Am 19. Februar begann nun der linksseitige Pfeiler, auf welchem
                              									das eine Ende der drei Hauptträger auflag, in dem angesetzten,
                              									stromaufwärts liegenden Theile nachzugeben, in Folge dessen
                              									alsbald die hier aufliegende Straßenbrücke in die Elbe stürzte,
                              									sowie die mittlere Eisenbahnbrücke sich bedenklich senkte und
                              									mit Ketten an die neben (stromabwärts) liegende Eisenbahnbrücke
                              									gebunden werden mußte. Gleichzeitig wurden zwei zwischen den
                              									Hauptpfeilern stehen gebliebene Pfeiler der alten Holzbrücke mit
                              									größter Eile nachgemauert, um den Bahnbrücken zur Unterstützung
                              									zu dienen; ehe jedoch diese Arbeit vollendet werden konnte,
                              									brach plötzlich der mittlere Strompfeiler, auf welchem das
                              									andere Ende der Hauptträger auflag, in drei Stücke aus einander
                              									und riß auch die stromabwärts liegende Eisenbahnbrücke in die
                              									Elbe, während der Hauptträger der mittlern Eisenbahnbrücke,
                              									obwohl ursprünglich am meisten gefährdet, auf die Nachmauerung
                              									der Zwischenpfeiler auffiel und hier allerdings in total
                              									deformirtem Zustande gehalten wurde.
                           So ist nun das Hauptbett des Stromes durch die beiden
                              									herabgestürzten Brückenträger gänzlich unpassirbar, und als
                              									wichtigste Arbeit muß nun zunächst das Ausbaggern einer neuen
                              									Stromrinne zwischen der mittlern der drei Seitenöffnungen der
                              									Brücke begonnen werden. Ueber die Wiederherstellung der Brücke
                              									selbst, die selbstverständlich im höchsten Grade dringend ist,
                              									wurde bis jetzt noch nichts bestimmtes bekannt.
                           
                              R.
                              
                           
                        
                           Dampfpferd für Straßenverkehr.
                           Nachdem so oft die Befürchtung ausgesprochen wird, daß die
                              									verschiedenen Systeme der Tramway-Locomotiven dadurch einen
                              									störenden Einfluß auf den allgemeinen Verkehr ausüben dürften,
                              									als die Pferde anderer Fahrzeuge durch den ungewohnten Anblick
                              									leicht erschreckt und scheu gemacht werden, so ist S. R. Mathewson in Gilroy(Cal. Amerika) auf den
                              									glücklichen Gedanken gekommen, seiner neuen Tramway-Locomotive
                              									das äußere Ansehen eines Pferdes zu geben, damit die übrigen
                              									Zugthiere in demselben gleichfalls einen Collegen zu begrüßen
                              									glauben. So sehen wir denn (im Scientific
                                 									American, Januar 1876 S. 51) die Abbildung eines riesigen
                              									Pferdes, welches in seinem Bauche — wie das Trojaner
                              									Pferd streitbare Männer — so hier einen completen
                              									Röhrenkessel trägt, im Hintertheile aber einen Sitz für den
                              									Locomotivführer enthält, der auch gleichzeitig die Functionen
                              									des Conducteurs in dem anzuhängenden Waggon versehen soll. Auf
                              									dem Kopfe trägt das Dampfroß eine Allarmglocke, auf der Brust
                              									eine Laterne, vor den Füßen einen Bahnräumer; Rauchfang und
                              									Dampfauspuffrohr sind glücklich vermieden, nachdem
                              									Rauchcondensator, rotirende Dampfmaschine, Dampfcondensator
                              									— alles im Bauch des Riesenpferdes untergebracht sind. Es
                              									ist daher wohl erklärlich und aus dem in unserer Quelle
                              									angeführten Holzschnitte sehr schön zu ersehen, wie das Ganze
                              									einen äußerst beruhigenden Eindruck macht und zur Nachahmung
                              									bestens empfohlen werden kann.
                           
                              M-M.
                              
                           
                        
                           Ersatz der Sandstreu-Vorrichtungen für
                              									Locomotiven.
                           Ingenieur C. Heinrich von der
                              									Grubenbahn der österreichischen Staatseisenbahngesellschaft in
                              									Reschitza (Ungarn) hat sich ein Verfahren zur Erhöhung der
                              									Adhäsion von Locomotiven patentiren lassen, das als eine
                              									wesentliche Verbesserung wohl geeignet ist, in weitesten Kreisen
                              									Aufsehen zu erregen. Wie bekannt, schwankt der Betrag des
                              									Reibungscoefficienten zwischen den Locomotivtreibrädern und den
                              									Schienen in außerordentlich hohem Grade, zwischen 1/5 bis 1/15,
                              									je nachdem die Schienen trocken oder durch Nebel, Regen, Schnee
                              									feucht und schlüpfrig sind. Nachdem aber durch den Betrag dieses
                              									Reibungscoefficienten im selben Maß die disponible Zugkraft der
                              									Maschine  bestimmt wird, dieselbe somit je nach der
                              									Witterung zwischen den Grenzen 1 und 3 schwanken würde, ist man
                              									bei feuchtem Wetter genöthigt, zum Befahren von Steigungen mit
                              									der normalen angehängten Last andauernd die
                              									Sandstreu-Vorrichtung zu gebrauchen. Abgesehen davon, daß
                              									hierdurch zwar die Adhäsion der Triebräder vermehrt wird,
                              									gleichzeitig aber auch der Widerstand sämmtlicher Laufräder des
                              									Eisenbahnzuges zunimmt, so ist an und für sich schon die
                              									Anbringung des unschönen, schwer und unsicher zu handhabenden
                              									Sandkastens, welcher zu dem noch das Gewicht der Maschine um 400
                              									bis 500k vermehrt, ein Uebelstand, dessen Entfernung mit
                              									Freuden begrüßt werden muß. Dies wird durch die vorliegende
                              									Erfindung erreicht, und zwar einfach dadurch, daß vor den
                              									Treibrädern durch ein 10mm weites Röhrchen heißes
                              									Kesselwasser auf die feucht-schmutzigen Schienen gespritzt wird,
                              									welches den Schienenkopf reinigt, gleichzeitig trocknet, und dem
                              									nachfolgenden Rade seine volle Adhäsion, der Maschine somit die
                              									bei günstigster Witterung erzielbare Zugkraft wiedergibt.
                           In einer Notiz der Wochenschrift des österr. Ingenieur- und
                              									Architektenvereines, 1876 S. 98 werden Versuchsresultate
                              									angeführt, welche auch vom ökonomischen Standpunkte aus die
                              									Vortheile der neuen Erfindung darthun; dieselbe ist nun schon
                              									seit einem Jahr an allen Maschinen der schmalspurigen Montanbahn
                              									in Reschitza in Gebrauch und hat sich durchgehends bestens
                              									bewährt.Beiläufig
                                    									sei hier in Erinnerung gebracht, daß die Amerikaner Ortiz und Valladare (18701871 199 422) den zur Verhütung des
                                    									Schleifens der Locomotivräder auf feuchten Schienengleisen
                                    									gestreuten Sand durch einen dem Kessel entnommenen Dampfstrahl
                                    									wegfegen, welch letzterer durch ein 1mm,6
                                    									weites Röhrchen hinter die letzten Treibräder ausgeblasen wird,
                                    									ehe die Laufräder der an die Locomotive angehängten Wägen auf
                                    									die bestreuten Schienentheile gelangen.
                           
                              G.
                              
                           
                        
                           Croßley, Hanson
                              									und Hick's Patent
                              									Wasserstandsgläser.
                           Ein bekannter Uebelstand unserer gewöhnlichen Wasserstandsgläser
                              									besteht darin, daß in Folge des Durchscheinens der dunklen
                              									Kesselwand der Wasserstand nur undeutlich erkannt werden kann,
                              									und daß es besonders fast unmöglich ist, zu unterscheiden, ob
                              									das Glas ganz voll oder ganz leer ist. Wenn wir nun auch nicht
                              									die Ansicht der Erfinder theilen, daß dieser Mangel die meisten
                              									Kesselexplosionen verschuldet haben soll, so besitzt doch ihr
                              									neues Wasserstandsglas Interesse genug, um den Kesselbesitzern
                              									einen Versuch mit demselben zu empfehlen.
                           Das Glas, welches im übrigen in den Dimensionen der gewöhnlichen
                              									Wasserstandsgläser gehalten ist, besitzt an seiner hintern, dem
                              									Kessel zuzuwendenden Hälfte einen weißen Emailüberzug, welcher
                              									das Licht reflectirt, bei mittlerm Wasserstand die
                              									Trennungsfläche hell beleuchtet und den vollen Wasserstand von
                              									dem niedersten Wasserstand durch die verschiedene Lichtbrechung
                              									des gefüllten oder geleerten Glases deutlich unterscheidet.
                           Auf diese Weise kann man sich auch schon aus größerer Distanz von
                              									dem richtigen Betrieb eines Dampfkessels überzeugen.
                           
                              R.
                              
                           
                        
                           Stahlmaßstäbe von Chestermann in Manchester.
                           Nach Kick (Technische Blätter, 1875 S.
                              									259) scheinen die Chestermann'schen
                              									Stahlmaßstäbe mittels eines dem Molettiren ähnlichen Verfahrens
                              									geprägt zu sein. Die hochgravirte Prägewalze muß für jede
                              									Maßstabart eine andere sein, und wenn auch bei deren Herstellung
                              									alle Sorgfalt verwendet wird, so müssen ganz kleine Differenzen
                              									bei den Maßstäben verschiedener Länge (Art) sich herausstellen,
                              									während alle, welche mit der gleichen Walze hergestellt sind,
                              									auch genau übereinstimmen müssen. Eine Vergleichung der Maßstäbe
                              									dieser Firma bestätigte dies.
                           
                        
                           
                           Unterirdische Kabel anstatt oberirdischer
                              									Telegraphenleitungen.
                           Durch den diesjährigen deutschen Reichshaushalts-Etat sind die
                              									Mittel bereit gestellt worden, um die etwa 160km
                              									lange oberirdische Drahtleitung Berlin-Halle, welche
                              									stellenweise 31 Drähte enthält, durch ein Kabel zu ersetzen. Bei
                              									der Etatsberathung hat der General-Postmeister erklärt, daß,
                              									wenn dieser Versuch mit Erfolg gekrönt werden würde, vielleicht
                              									schon beim nächsten Budget ein Plan über die Ausdehnung der
                              									Kabelleitungen auf alle Hauptlinien der deutschen Telegraphie
                              									vorgelegt werden könnte. Daß es indessen auf eine ganz
                              									allgemeine Beseitigung der offenen Drähte selbst bei günstigsten
                              									Erfolgen mit den Kabelleitungen nicht abgesehen ist, geht aus
                              									einer gleichzeitigen Aeußernng des jetzigen Leiters der
                              									Reichstelegraphie hervor, in welcher derselbe dem von Seiten
                              									eines Abgeordneten ausgesprochenen Wunsche, daß die offenen
                              									Leitungen in Städten sämmtlich durch Kabelleitungen ersetzt
                              									werden möchten, mit Hinweis auf den hohen Kostenpunkt lebhaft
                              									entgegen trat.
                           Wie allgemein bekannt, sind für die ersten Telegraphenleitungen
                              									wie anderwärts auch in Preußen Kabel benützt; 1848/49 wurde der
                              									Beschluß gefaßt und in großem Maßstabe auch ausgeführt, die
                              									Hauptlinien im ganzen Staate als Kabelleitungen herzustellen;
                              									bekannt ist ferner, daß die Kabel sich damals nicht bewährten
                              									und man dann zu offenen Leitungen übergegangen ist. Einerseits
                              									die zahlreichen Mißstände, welche den offenen Leitungen
                              									anhaften, anderseits die großen Vervollkommnungen in der
                              									Kabelfabrikation, veranlaßt durch die Legung zahlreicher
                              									unterseeischer Kabel, rechtfertigen die Rückkehr zu
                              									unterirdischen Kabeln.
                           Die Mängel offener Leitungen sind nach den Auseinandersetzungen
                              									des General-Postmeisters, kurz zusammengefaßt, etwa folgende: 1)
                              									Stromverluste, so groß, daß bei einer 450km
                              									langen Leitung die Stromstärke mitunter auf ½ der
                              									ursprünglichen reducirt wird und in Folge davon die Verbindung
                              									zeitweilig ganz aufhört; 2) Drahtbrüche und Drahtberührungen
                              									durch Temperaturwechsel; 3) häufige Zerstörungen durch Stürme,
                              									wodurch auch der Eisenbahnbetrieb in Mitleidenschaft geräth; 4)
                              									Anhängen bedeutender Rauhfrostmassen, die häufig Drahtbrüche
                              									veranlassen, weil die Eislast, welche auf eine Spannung von
                              									75m Länge kommt, unter Umständen bis zu 1500k
                              									anwachsen kann; 5) Betriebsstörungen durch die atmosphärische
                              									Elektricität; 6) Entstehen von Nebenschließungen in der Zeit des
                              									Spätsommers durch den sogen. fliegenden Sommer, wenn dieser
                              									durch Nebel oder sonstige Niederschläge naß wird; endlich 7) die
                              									Gefahren für den Betrieb durch muthwillige und fahrlässige
                              									Beschädigung der Drähte und eine ganze Reihe kleiner, nicht
                              									speciell anzuführender Ursachen.
                           Die frühern Mängel der Kabelleitungen (ungenügende Kenntniß des
                              									Isolirmaterials, der Guttapercha, unzweckmäßig construirte
                              									Maschinen für die Kabelfabrikation, zu wenig tiefe Legung der
                              									Kabel (450mm, in welcher Tiefe die Umhüllung der Drähte vor
                              									Beschädigungen durch Nagethiere nicht genügend sicher ist) sind
                              									jetzt genau erkannt und überwindbar. Eine im Sommer 1875 nach
                              									England entsendete Commission von Technikern hat sich derart
                              									günstig ausgesprochen, daß man nach Ansicht der Behörde jetzt
                              									mit vollem Vertrauen an die Herstellung einer Kabelleitung gehen
                              									kann. (Nach der deutschen Bauzeitung, 1876 S. 60.)
                           
                        
                           Torpedo-Experimente.
                           Die englische Admiralität beschäftigt sich seit mehreren Jahren
                              									unausgesetzt mit den großartigsten Torpedo-Experimenten und hat
                              									erst kürzlich ein ausrangirtes Kriegsschiff, den
                              									„Oberon“, diesem Zwecke geopfert. In
                              									weiterer Verfolgung desselben Zweckes soll nun eines der
                              									kolossalsten Thurmschiffe der englischen Marine, die erst vor 4
                              									Jahren erbaute „Devastation“ den Angriffen
                              									von scharf geladenen Whitehead-Torpedos ausgesetzt werden. Hier
                              									soll aber nicht die Wirksamkeit der Torpedos, deren zerstörende
                              									Wirkung in gehöriger Nähe genügend bekannt ist, versucht werden,
                              									sondern die Verläßlichkeit einer eigenthümlichen
                              									Sicherheitsvorrichtung zur Erprobung kommen, deren Wesenheit
                              									darin besteht, daß das Schiff unter Wasser ringsum mit einem
                              									Drahtnetze umgeben wird, das an weit hervorstehenden Stangen
                              									getragen wird und jeden Torpedo auf eine Distanz von 9m vom
                              									Schiffe entfernt unfehlbar zur unschädlichen Explosion bringen
                              									soll.
                           
                           Sollte sich diese Zuversicht etwa doch nicht erfüllen, so könnte
                              									dieser gewagte Versuch leicht fatal für ein Schiff werden,
                              									dessen Herstellungskosten sich s. Z. in die Millionen
                              									beliefen.
                           
                              M.
                              
                           
                        
                           Heraklin.
                           Nach der Deutschen Industriezeitung; 1876 S. 88 ist dies ein
                              									Sprengpulver, welches neuerdings in französischen Kohlengruben
                              									versucht wird und in Oesterreich bereits Verbreitung finden
                              									soll. Nach der französischen Patentbeschreibung von Dickerhoff enthält das Pulver
                              									Pikrinsäure, Kali- und Natronsalpeter, Schwefel und Sägespäne;
                              									es soll unschädliche Verbrennungsgase geben und verhältnißmäßig
                              									langsam abbrennen, so daß es die zu sprengenden Massen nur
                              									zerreißt, aber nicht herumwirft. Der Preis beträgt 80 Pf. pro
                              									1k.
                           
                        
                           Analyse des zur Schießpulverfabrikation
                              									bestimmten Kalisalpeters.
                           Das von den chemischen Fabriken zur Herstellung von Schießpulver
                              									gelieferte salpetersaure Kalium ist in der Regel so rein, daß
                              									die Spuren beigemischter Salze in gewöhnlicher Weise nicht
                              									bestimmt werden können. Fresenius
                              									(Zeitschrift für analytische Chemie, 1876 S. 63) empfiehlt daher
                              									folgendes Verfahren.
                           Die Wasserbestimmung wird wie
                              									gewöhnlich durch mäßiges Erhitzen einer im Platintiegel
                              									abgewogenen Probe ausgeführt. Man kann die Hitze steigern, bis
                              									der Salpeter eben anfängt zu schmelzen.
                           Zur Bestimmung des im Wasser unlöslichen
                                 									Rückstandes löst man 100g
                              									Salpeter in heißem Wasser, sammelt den Rückstand auf einem bei
                              									100° getrockneten Filterchen, wäscht ihn aus, trocknet
                              									bei 100° und wägt. Sollte der Rückstand irgend
                              									erheblicher sein, so ist das Trocknen des Filters und
                              									Rückstandes bei 120° vorzuziehen.
                           Zur Chlorbestimmung wird das erhaltene
                              									Filtrat mit reiner Salpetersäure angesäuert, mit etwas
                              									salpetersaurem Silber versetzt und die Flüssigkeit längere Zeit
                              									bei Lichtabschluß gelinde erwärmt. Den Niederschlag von
                              									Chlorsilber sammelt man auf einem kleinen Filterchen und
                              									bestimmt ihn in üblicher Weise entweder als Chlorsilber oder als
                              									metallisches Silber. Die maßanalytische Methode von Mohr gibt ungenügende Resultate.
                           Bestimmung des Kalkes, der Magnesia und des
                                 									Natrons. Man löst 100g des
                              									Salpeters und 1g,5 Chlorkalium (zur
                              									Zersetzung des Natriumnitrates) in etwa 100cc
                              									Wasser unter Erhitzen in einer Platin- oder Porzellanschale auf
                              									und gießt die Lösung unter Umrühren in etwa 500cc
                              									reinen Alkohols von etwa 96 Proc. unter stetem Umrühren. Nach
                              									dem Absitzen sammelt man den krystallinischen Niederschlag auf
                              									einem gut ausgewaschenen Saugfilter und wäscht ihn mit Alkohol
                              									unter stetem Absaugen aus. Das Filtrat wird zur Entfernung des
                              									Weingeistes abdestillirt, der Rückstand in wenig Wasser gelöst
                              									und nochmals mit Alkohol gefällt. Nachdem diese Operation noch
                              									einmal wiederholt ist, hat man in der weingeistigen Lösung den
                              									Gesammtgehalt an Kalk, Magnesium und Natron, neben so wenig
                              									Kalisalzen, daß nun eine Trennung des Natrons ausführbar ist.
                              									Enthält der Salpeter Sulfate, was jedoch selten der Fall ist, so
                              									würde allerdings auch schwefelsaures Calcium durch den Alkohol
                              									gefällt werden. Diese Lösung wird nun abgedampft, der Rückstand
                              									mehrmals mit Salzsäure verdampft, um die Nitrate in Chloride
                              									überzuführen, und in der filtrirten Lösung der Kalk durch
                              									oxalsaures Ammonium, die Magnesia mittels Natriumphosphat
                              									gefällt. Das Filtrat erhitzt man in einer Platinschale, um das
                              									Ammoniak zu entfernen, fetzt einen oder zwei Tropfen
                              									Eisenchloridlösung zu, neutralisirt mit Ammoniak oder
                              									kohlensaurem Ammonium bis zu ganz geringer alkalischer Reaction,
                              									erhitzt und filtrirt den aus basisch phosphorsaurem Eisenoxyd
                              									bestehenden Niederschlag ab. Das Filtrat verdampft man zur
                              									Trockne, verflüchtigt die Ammonsalze, scheidet das Chlorkalium
                              									als Kaliumplatinchlorid ab, verdampft das weingeistige Filtrat
                              									zur Trockne und zersetzt das Natriumplatinchlorid sammt dem
                              									überschüssigen Platinchlorid durch vorsichtiges Erhitzen im
                              									Wasserstoffstrom. Man zieht alsdann das Chlornatrium  mit Wasser aus,
                              									verdampft die Lösung zur Trockne und berechnet das Natron aus
                              									dem gewogenen Rückstand.
                           Ein auf diese Weise untersuchter Salpeter zeigte folgende
                              									Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Salpetersaures Kalium
                                 99,8124
                                 
                              
                                 Salpetersaures Natrium
                                 0,0207
                                 
                              
                                 Salpetersaures Magnesium
                                 0,0093
                                 
                              
                                 Salpetersaures Calcium
                                 0,0006
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 0,0134
                                 
                              
                                 Unlöslicher Rückstand
                                 0,0210
                                 
                              
                                 Feuchtigkeit
                                 0,1226
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0000.
                                 
                              
                           
                        
                           Zur Darstellung des Platins.
                           Die von Deville und Debray (1859 153 38) 154 130. 199. 287. 1862 165 198. 205) empfohlenen Methoden der Platindarstellung auf
                              									trockenem Wege haben in die Platin-Industrie keinen Eingang
                              									finden können, da sich der Anwendung derselben vielfache
                              									Schwierigkeiten in den Weg stellten. Die Schmelzung des Platins
                              									in größern Massen zu einem homogenen Ganzen ist keine leichte
                              									Arbeit und bietet nicht immer die wünschenswerthe Garantie, daß
                              									das Platin auch von sämmtlichen Verunreinigungen befreit wird;
                              									auch haben die Legirungen des Platins mit dem Iridium und
                              									Rhodium nicht genügende Verwendung gefunden. Daher wird bisher
                              									noch überall die Darstellung des Platins auf nassem Wege
                              									ausgeführt. Auf der Petersburger Münze wurde die Methode von Döbereiner angewendet, welche auf der
                              									Annahme beruht, daß das Platin aus Lösungen, in denen es als
                              									Chlorid enthalten ist, bei Ausschluß von Licht nicht durch Kalk
                              									gefällt wird. Es hat sich jedoch gezeigt, daß diese Annahme
                              									nicht richtig ist; es wird das Platin auch theilweise durch Kalk
                              									gefällt, und das aus der Lösung gewonnene Platin ist nicht rein,
                              									sondern noch mit Iridium gemengt. Bessere Resultate gibt das
                              									Verfahren von Schneider (1868 190 118).
                           In der Fabrik von Heräus in Hanau wird
                              									nach I. Philipp (Amtlicher Bericht
                              									über die Wiener Weltausstellung, Heft 20 S. 999) folgendes
                              									Verfahren befolgt. Das rohe Erz wird mit einem Gemisch von 1 Th.
                              									Königswasser und 2 Th. Wasser in Glasretorten unter 314mm
                              									Wasserdruck gelöst, die Lösung eingedampft und die trockene
                              									Masse auf 125° erhitzt, bei welcher Temperatur das
                              									Palladium- und Iridiumsalz zu Chlorür reducirt werden (aus der
                              									ursprünglichen Lösung des Platinerzes in Königswasser erhält man
                              									durch Salmiak stets einen rothen Iridium- und eisenhaltenden
                              									Niederschlag). In der nun mit Salzsäure sauer gemachten und
                              									geklärten Lösung entsteht durch Salmiak ein Niederschlag von
                              									reinem Platinsalmiak, während Iridiumsalmiak sich beim
                              									Eindampfen der Mutterlaugen abscheidet. Aus der nach der Fällung
                              									des Platinsalmiaks verbleibenden Lösung werden die Metalle durch
                              									Eisendrehspäne gefällt; der durch Salzsäure vom überschüssigen
                              									Eisen befreite Niederschlag wird aufs Neue in Königswasser
                              									qelöst; aus der Lösung erhält man durch Salmiak eine neue Menge
                              									Platin- und Iridiumsalmiak. Der aus dem Platinsalmiak durch
                              									Glühen erhaltene Platinschwamm wird gepreßt, alsdann in Stücke
                              									zerbrochen und im Kalktiegel mit überschüssigem Sauerstoff
                              									zusammen geschmolzen. Das meiste im Handel vorkommende Platin
                              									ist nicht rein, sondern enthält, wie die russischen Münzen, bis
                              									2 Proc. Iridium — eine Beimengung, welche das Platin
                              									besonders geeignet für Geräthe macht.
                           Zur Darstellung der das Platin begleitenden Metalle, Palladium,
                              									Rhodium, Ruthenium, Osmium und Iridium, werden, die bei der
                              									Platindarstellung erhaltenen Mutterlaugen eingedampft, wobei
                              									sich Iridiumsalmiak mit wenig Platin ausscheidet. Die
                              									concentrirte Lauge wird einige Zeit bei Seite gestellt, vom
                              									ausgeschiedenen Iridiumsalmiak getrennt, verdünnt und mit Zink
                              									gefällt. Der Niederschlag wird mit Salzsäure digerirt, gewaschen
                              									und geglüht. Königswasser löst aus demselben Palladium und eine
                              									kleine Menge Gold auf, während unreines Rhodium zurückbleibt.
                              									Die Lösung wird mit Ammoniak übersättigt und durch Salzsäure das
                              									Palladium ausgefällt. Der Rückstand vom Auflösen des Platins,
                              									der bei russischem Platin durchschnittlich gegen 8 Proc.
                              									beträgt, wird, um ihn mürbe zu machen, geglüht, gemahlen  und
                              									geschlämmt, um den größten Theil von Eisen, Gangart etc. zu
                              									entfernen. Der Staub, der jetzt noch 2 bis 3 Proc. vom
                              									ursprünglichen Erz beträgt, wird mit gleichen Theilen eines
                              									Gemisches aus Borax und Salpeter geschmolzen, bis die Masse
                              									ruhig fließt. Nach Behandlung der zerriebenen Schmelze mit
                              									Salzsäure und Wasser bleiben vorzugsweise die Platinmetalle
                              									zurück. Dieselben werden mit der doppelten Menge Zink im
                              									Graphittiegel legirt, die erhaltene Legirung wird zerstoßen und
                              									gemahlen und durch Salzsäure vom Zink befreit. In Röhren aus
                              									hessischem Thon mit gläsernen Vorlagen wird die Masse durch
                              									Chlor aufgeschlossen. Man erhält auf diese Weise, neben einer
                              									kleinen Menge Platin, Iridium- und Osmiumchlorid. Aus dem im
                              									Wasserstoffstrome geglühten Rückstande wird durch Schmelzen mit
                              									Aetzkali und Salpeter das Ruthenium ausgezogen.
                           
                        
                           Ueber den Lackmusfarbstoff; von Wartha.
                           Behandelt man den käuflichen Lackmus mit gewöhnlichem Weingeist,
                              									so erhält man eine trübe, blauviolette Flüssigkeit, aus welcher
                              									sich beim Kochen Indigo als feines Pulver absetzt, während ein
                              									schön roth, oder bei manchen Sorten grün fluorescirender
                              									Farbstoff, der gegen Säure indifferent ist, in Lösung bleibt.
                              									Die auf diese Weise behandelten, zurückbleibenden Lackmuswürfel
                              									werden nun mit destillirtem Wasser übergossen und mindestens 24
                              									Stunden hingestellt, worauf die tiefgefärbte Lösung abgegossen
                              									und auf dem Wasserbade eingedampft wird. Der zurückbleibende
                              									Farbextract wird einigemale mit absolutem, etwas Essigsäure
                              									enthaltendem Alkohol behandelt und weiter eingedampft, wodurch
                              									das Wasser so vollständig entfernt wird, daß der trockene,
                              									spröde Rückstand sich pulvern läßt. Das erhaltene braune Pulver
                              									wird nun mit absolutem, essigsäurehaltigem Alkohol extrahirt,
                              									wobei große Mengen eines scharlachrothen — mit Ammoniak
                              									nicht blauen, sondern purpurroth
                              									werdenden — ganz dem Orcëin ähnlichen Farbstoffes
                              									entfernt werden. Dadurch wird der zurückbleibende
                              									Lackmusfarbstoff so empfindlich, daß man damit die im
                              									Brunnenwasser enthaltenen kohlensauren alkalischen Erden gerade
                              									so genau titriren kann wie mit Cochenilletinctur, was mit der
                              									nach der bisher üblichen Weise hergestellten Lackmustinctur
                              									nicht ausgeführt werden konnte. Der in absolutem essigsaurem
                              									Alkohol unlösliche braunrothe Farbstoff wird nun in Wasser
                              									gelöst, filtrirt, im Wasserbade zur Trockne verdampft und
                              									schließlich durch mehrmaliges Befeuchten mit reinem, absolutem
                              									Alkohol und abermaligem Verdampfen jede Spur von Essigsäure
                              									entfernt. Der nun zurückbleibende, spröde, zu einem braunen
                              									Pulver leicht zerreibbare Körper ist der im Wasser mit
                              									röthlichbrauner Farbe lösliche, höchst empfindliche
                              									Lackmusfarbstoff. (Nach den Berichten der deutschen chemischen
                              									Gesellschaft, 1876 S. 217.)
                           
                        
                           Ueber Resorcinschwarz; von Rudolf Wagner.
                           Das Resorcin, welches, seitdem es fabrikmäßig durch Schmelzen der
                              									Benzoldisulfonsäure mit Kaliumhydroxyd dargestellt wird, die
                              									Aufmerksamkeit der technischen Chemiker auf sich gelenkt, zeigt,
                              									mit gewissen Reagentien zusammengebracht, eigenthümliche
                              									Farbenerscheinungen, die den Beweis liefern, daß das Resorcin
                              									nicht nur als Ausgangsproduct für die Darstellung des
                              									Fluoresceïns und des Eosins von Interesse ist.
                           Versetzt man eine wässerige Lösung von Resorcin mit Kupfersulfat
                              									und setzt dann so viel Ammoniak hinzu, daß der anfänglich
                              									entstandene Niederschlag sich wieder auflöst, so erhält man eine
                              									tiefschwarze Flüssigkeit, mit welcher Wolle und Seide schwarz
                              									gefärbt werden kann, und die vielleicht auch als schwarze Tinte
                              									zu verwenden ist. (Deutsche Industriezeitung, 1876 S. 4.)