| Titel: | Ueber F. W. Kalbfleisch's neuen Platinapparat; von Friedr. Bode, Civilingenieur in Hannover. | 
| Autor: | Friedrich Bode | 
| Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 249 | 
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                        Ueber F. W. Kalbfleisch's neuen Platinapparat;
                           								von Friedr. Bode, Civilingenieur
                           								in Hannover.
                        Mit einer Abbildung.
                        Bode, über Kalbfleisch's neuen Platinapparat.
                        
                     
                        
                           Die Reihe der Construction neuer Platinapparate, über welche früher berichtet worden
                              										istVgl. Faure und Kessler 1874 * 211 26. *213 204. 1876 *220
                                    											334. 336 221 85. 384. 1877 223 299. Desmoutis, Quennessen und Le
                                       												Brun *1876 221 541. Johnson, Matthey und Comp. *1876 221 541. A. de
                                       												Hemptinne *1878 227 74. wird
                              									jetzt durch einen neuen Vorschlag vermehrt, welchen F. W.
                                 										Kalbfleisch (D. R. P. Nr. 1005 vom 9. October 1877) in London soeben durch
                              									Rundschreiben ankündigt, aus welchem der beigefügte Holzschnitt (a. f. S.) entnommen
                              									ist.
                           A ist ein niedriger Kasten, im Boden und den Seiten aus
                              									Eisenblech, in der Decke von dünnerem Stahlblech hergestellt und in einem
                              									Asbestmörtel oder einem andern schlecht leitenden Material verlegt; derselbe trägt
                              									eine flache Bleipfanne B, in welche vorgewärmte Säure
                              									aus C durch den Ueberlauf F gelangt. Der Säurestand in B soll „nicht
                                 										mehr als ¼ Zoll“ (etwa 6mm) betragen. Die
                              									Erwärmung erfolgt durch überhitzten Dampf, und da dieser eine sehr gleichmäſsige
                              									Vertheilung der Wärme ermöglicht, so soll einestheils die Ueberhitzung der Pfanne,
                              									wie es bei directem Feuer geschehen kann, vermieden sein, andererseits das Blei sehr dünn
                              									genommen werden können. Ein Dampfrohr führt den unverbrauchten Dampf durch die
                              									Schlange G, um die Kammersäure in G vorzuwärmen, die so vom Boden weg zum Ueberlauf
                              									kommt. Der noch übrige Dampf kann sodann weiter zum Vorwärmen des
                              									Kesselspeisewassers verwendet und hierauf durch T in
                              									der Bleikammer verwendet werden, wo niedrige Dampftemperatur erwünscht ist.Ich mache darauf aufmerksam, was in der Quelle nicht geschehen ist, daſs die
                                    											verschiedenen Dampfrohre geeignete Vorrichtungen zum Entfernen des
                                    											Condensationswassers haben müssen, da sonst ein erhebliches Schlagen in den
                                    											Rohren und Bersten derselben eintreten wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 228, S. 250
                              
                           Der erhöht gelegte Condensator K ist mit dem
                              									Platingefäſs 1 durch ein aufrechtes Rohr P verbunden, worauf der Erfinder Gewicht legt, ebenso
                              									auf die erhöhte Lage. Um das Pumpen oder Heben des Destillates zu ersparen, gibt es
                              									der Condensator unmittelbar in die Bleikammer H ab.
                              									Dies ist aber zu miſsbilligen, weil die leichte Säure auf der Bodensäure der Kammer
                              									stets oben schwimmen und durch Verwandlung von salpetriger Säure oder
                              									Untersalpetersäure (bei dem reichlich vorhandenen Wassergehalte) in Salpetersäure
                              									einerseits den Kammerproceſs erheblich schädigen und überhaupt zu vermehrten
                              									Salpeterverlusten Veranlassung geben wird, andererseits das Blei rascher zerstört
                              									sein muſs. Im möchte daher (im Geiste der ganzen Anordnung bleibend, welche
                              									äuſserste Ausnutzung des Brennmaterials anstrebt) vorschlagen, den restlichen Dampf
                              									nicht zum Vorwärmen des Speisewassers zu verwenden – eine Verwendung, die mir bei
                              									den Haaren herbeigezogen und nicht streng bei der Sache zu bleiben scheint; denn was
                              									soll man thun, wenn man concentrirt, falls der Dampfkessel nicht im Gange oder sehr
                              									weit vom Platinapparat entfernt ist? – sondern diesen Dampf vielmehr zum Verstärken
                              									des Destillates zu benutzen, wobei man in dem Bestreben, die letzten Consequenzen zu
                              									ziehen, meinetwegen den abtreibenden Wasserdampf in die Bleikammern senden oder,
                              									falls dieselben nicht im Gange, ihn condensiren und dabei neue Mengen des
                              									Destillates vorwärmen mag.
                           
                           Hinter dem Platingefäſs trifft das Feuer Röhren zur Ueberhitzung des Dampfes, für
                              									deren Controle der Erfinder die Anwendung eines Pyrometers (vgl. 1877 225 272)
                              									wünscht.
                           Das Platingefäſs ist von neuer Construction, viereckig, mit ovaler Decke, die von
                              									vorn nach hinten sich neigt. Diese Einrichtung ist getroffen, weil vorn über dem
                              									Abzugsrohr P der Einfluſs der Säure stattfindet und die
                              									meisten Dämpfe sich entwickeln. Der ganze Boden ist dem Feuer direct ausgesetzt und
                              									wird innen getragen durch Querträger L, die mit dem
                              									Boden und den Seiten verlöthet sind und das Gefäſs in Fächer theilen, an deren Boden
                              									die Säure communicirt, um bei M concentrirt
                              									abzuflieſsen. Das Abfluſsrohr ist zum Wasserverschluſs gebogen, und richtet sich
                              									nach dem Grade der Biegung der Säurestand im Gefäſs. Je geringer derselbe, desto
                              									gröſser die Leistung des Apparates. Die ablaufende Säure wird, wie bei den früheren
                              									Apparaten, vom Boden weggenommen.
                           Die Bildung der Fächer erinnert an meinen früheren Vorschlag (vgl. 1876 221 541, Fig.
                              									23), und ebenfalls deutete ich schon im September 1876 dem Vertreter für Deutschland
                              									der Londoner Firma Johnson, Matthey und Comp. brieflich
                              									an, daſs sich die Fächerwände zur Versteifung des Gefäſses verwenden lassen.
                           Der Aufwand an Brennmaterial soll weniger als die Hälfte wie bei den alten
                              									Platinkesseln betragen. Ein Gefäſs von 635 × 1270mm Grundfläche, welches unter 1250 Pfund Sterling (rund 25000 M.) mit
                              									vollständigem Kühler kostet, soll rund 7710k
                              									concentrirte Säure in 24 Stunden mit einem Kohlenaufwande von weniger als 500k liefern, entsprechend 6,5 Proc.Folgende merkwürdige Patenttaxe wird aufgestellt: a) Für die Anwendung des
                                    											Processes und jedes vollständigen Apparates 100 Guineen, mit einer
                                    											jährlichen Taxe von 25 Guineen; b) Für die Anwendung des überhitzten
                                    											Wasserdampfes mit Bleipfannen und des Restdampfes in den Bleikammern 50
                                    											Guineen, mit jährlicher Taxe von 15 Guineen; c) für den Gebrauch, eines
                                    											jeden erhöht gelegten Condensators 25 Guineen und eine jährliche Taxe von 10
                                    											Guineen.
                           Als einen Mangel des Platingefäſses muſs ich es bezeichnen, daſs es behufs der
                              									Reinigung sehr schlecht zugänglich ist, und daſs diese Reinigung durch die
                              									eingelegten Querwände noch ungemein erschwert wird. Falls die Säure beim Verstärken
                              									das bekannte Eisensulfat abscheidet, so wird zur Beseitigung desselben kaum etwas
                              									anderes übrig bleiben, als bei erheblich gemäſsigtem Feuer schwache Säure, etwa
                              									Destillat, durch das Gefäſs zu schicken, um die Absätze aufzulösen; doch kann man
                              									auch in diesem Falle nicht controliren.
                           Neu meines Wissens und Erfolg versprechend ist der Gedanke, die Abhitze des
                              									Platingefäſses zur Bildung und Ueberhitzung von Wasserdampf zu benutzen; doch kann
                              									ich mich der Vermuthung nicht entschlagen, daſs die gesammte Einrichtung mit der
                              									Ausnutzung desselben bis
                              									aufs Aeuſserste etwas complicirt und vielleicht zu häufigen Anständen Anlaſs gebend
                              									geworden ist, so daſs in der Praxis wahrscheinlich eine oder die andere der
                              									angegebenen Anwendungen fortfallen wird. Die Abführung der Dämpfe durchaus nach oben
                              									hat man auch schon bei den Apparaten von Faure und
                                 										Kessler, welche bekanntlich die in den Glocken nicht condensirten Dämpfe
                              									als solche der Bleikammer übergeben. Falls dieselbe keinen Ueberdruck hat, sondern
                              									einsaugt, so halte ich dies, auch abgesehen von der Ersparniſs von einem Theile des
                              									Kühlwassers, für zweckmäſsiger als das Einlassen des Destillates in die Kammer, weil
                              									man dabei die Bodensäure stets in der geeigneten Stärke halten kann.