| Titel: | Beitrag zur Kenntniss des Gerb- und Bitterstoffes der Hopfenzapfen; von Carl Etti. | 
| Autor: | Carl Etti | 
| Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 354 | 
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                        Beitrag zur Kenntniſs des Gerb- und Bitterstoffes
                           								der Hopfenzapfen; von Carl
                              								Etti.
                        Etti, über den Gerb- und Bitterstoff der Hopfenzapfen.
                        
                     
                        
                           Grieſsmayer's Erwähnung meiner Untersuchung über die
                              									Hopfengerbsäure (1878 227 491) veranlaſst mich zur kurzen Mittheilung folgender
                              									Beobachtungen, welche zum Theil vielleicht bei der quantitativen Bestimmung des
                              									Gerbstoffes in den Hopfenzapfen und im Biere verwerthet werden können. Die von mir
                              									aus dem Hopfen dargestellte und mit dem Namen „Hopfengerbsäure“ belegte
                              									Substanz verdient eigentlich diese Bezeichnung nicht, da sie Leimsubstanz nicht fällt. Dieselbe ist amorph, von gelblichweiſser
                              									Farbe, in kaltem Wasser schwer löslich, dagegen in kochendem Wasser, sowie in kaltem
                              									Weingeist, selbst in sehr verdünntem, und in Essigäther leicht löslich. In Aether
                              									ist sie unlöslich. Sie ist sehr veränderlicher Natur, bei 100° getrocknet kann sie
                              									zwar vor Feuchtigkeit geschützt unverändert aufbewahrt werden, ebenso bleiben ihre
                              									Lösungen bei gewöhnlicher Temperatur lange Zeit unverändert; wird sie jedoch bei 120
                              									bis 130° getrocknet, so färbt sie sich roth, verliert Wasser, und in sehr verdünntem
                              									Weingeist gelöst, fällt sie jetzt gleich dem Tannin
                                 										Leimlösung vollständig. Erhitzt man ihre schwach weingelb gefärbten,
                              									wässerigen und weingeistigen Lösungen auf dem Wasserbade, so werden sie in kurzer Zeit roth gefärbt
                              									und nach dem Abdampfen der Flüssigkeit bleibt ein dunkelrother Rückstand, der sich
                              									leicht pulvern läſst und in wässerigem Weingeist gelöst ebenfalls Leim fällt. Ich
                              									nannte diese Substaz einstweilen nach dem Vorgange von Stähelin und HofstetterAnnalen der Chemie und Pharmacie, 1844 Bd.
                                       												51 S. 63., sowie von HlasiwetzAnnalen der Chemie und Pharmacie, 1866 Bd.
                                       												143 S. 290., Phlobaphen der Hopfenzapfen. Die Analysen
                              									zeigten nun, daſs die durch Trocknen der Hopfengerbsäure bei 120 bis 130°
                              									entstandene Substanz mit der beim Abdämpfen der Gerbsäurelösung erhaltenen die ganz
                              									gleiche Zusammensetzung hat, welche der Formel C50H16O25
                              									entspricht, und es läſst sich annehmen, daſs 2 Mol. Gerbsäure, welcher die Formel C25H24O16C25H24O13 zukommt, 1 Mol. Wasser nach der Umwandlung in das Phlobaphen verloren
                              									haben. Letzteres kommt nun auch in den Hopfenzapfen fertig gebildet vor, und ich
                              									vermuthe, daſs der Rothhopfen dasselbe in gröſserer Menge enthält, wie der
                              									Grünhopfen. Es kann auf folgende Weise sehr leicht dargestellt werden.
                           Die grob gepulverten Hopfenzapfen werden in einem Verdrängungsapparate von den Harzen
                              									und dem Bitterstoffe so viel als möglich befreit. Hierauf wendet man zur Extraction
                              									Weingeist von 20 Proc. an. Dieser Auszug fällt Leimlösung und enthält die in Wasser
                              									bei gewöhnlicher Temperatur sehr schwerlösliche Gerbsäure und deren Phlobaphen,
                              									sowie die in Wasser löslichen Verbindungen, schwefelsaure (in geringer Menge),
                              									phosphorsaure, salpetersaure, äpfelsaure und citronensaure Salze, gröſstentheils als
                              									Kalisalze, ferner Scheibler's ArabinsäureAus der pektinartigen Substanz, die aus dem Ammoniak-Bleiessigniederschlage
                                    											gewonnen wurde, konnte nach Scheibler's
                                    											Vorschrift (Berichte der deutschen chemischen
                                       												Gesellschaft, 1868 S. 58 und 108) der Pektinzucker in sehr schön
                                    											ausgebildeten Krystallen dargestellt werden. als pektinartige
                              									Substanz und in geringer Quantität eine noch wenig bekannte Substanz.Nachdem der Auszug durch Bleizucker, Bleiessig und Ammoniak-Bleiessig von den
                                    											übrigen (Substanzen befreit, das Filtrat entbleit, auf ein geringes Volum
                                    											abgedampft worden war, krystallisirte salpetersaures
                                       												Kalium heraus (aus 16k,5
                                    											Hopfenzapfen wurden etwa 25g erhalten) und
                                    											aus der Mutterlauge konnte nach dem Neutralisiren mit Kaliumhydrat durch
                                    											Aether eine Substanz ausgeschüttelt werden, die nach dem Verdampfen des
                                    											Aethers bis jetzt nur flüssig gesehen wurde, einen durchdringenden
                                    											unangenehmen Geruch besitzt und über 100° unzersetzt überdestillirt. Es ist
                                    											möglich, daſs diese Substanz im Zusammenhange steht mit der von Grieſsmager durch Destillation mit Aetzkali und
                                    											Wasser neben Trimethylamin erhaltenen. (Vgl. 1873 212 67.)
                           Dampft man nun den Auszug auf ein kleines Volum ein, so befindet sich nach dem
                              									Erkalten in dem Rückstande ein rother Niederschlag von Phlobaphen, der auf einem
                              									Filter gesammelt und so lange mit kaltem Wasser ausgewaschen wird, bis Chlorbarium
                              									in dem Filtrate keine Trübung mehr veranlaſst. Man löst hierauf das auf dem Filter
                              									Befindliche in 90proc. Weingeist und dampft das Filtrat auf dem Wasserbade zum Trocknen
                              									ein. Der rothe Rückstand kann noch nicht veränderte Gerbsäure enthalten und deswegen
                              									wird ersterer auf alle Fälle bei 120 bis 130° getrocknet, bis kein Gewichtsverlust
                              									mehr bemerkbar ist. Sollte das so dargestellte Phlobaphen bitter schmecken, so kann
                              									ihm durch Aether der Bitterstoff entzogen werden. Die sicherste Ermittelung der
                              									reinen Beschaffenheit des Phlobaphens bleibt seine Elementaranalyse, nachdem es, bei
                              									120° getrocknet, von aller anhängender Feuchtigkeit befreit worden ist. Neben den
                              									genannten Eigenschaften löst sich das Phlobaphen in Alkalien leicht auf und wird aus
                              									der Lösung unverändert durch verdünnte Mineralsäuren gefällt. Mit den letzteren
                              									gekocht, wird von dem frisch gefällten, nicht zuvor getrockneten Phlobaphen Glucose
                              									und 1 Mol. Wasser abgespaltet.
                           Da nach dem Erwähnten das Phlobaphen der Hopfenzapfen auf leichte Weise dargestellt
                              									werden kann, beim Aufbewahren unverändert bleibt, ferner eine constante
                              									Zusammensetzung hat und Leimsubstanz vollständig fällt, so ist seine quantitative
                              									Bestimmung mit den nämlichen Mitteln möglich, welche bei der des Tannins angewendet
                              									werden, und anstatt des letzteren, wie bisher üblich, kann das Phlobaphen selber zur
                              									Stellung des Titers, sowie zur Prüfung der anzuwendenden Methode benutzt werden.
                              									Wird jedoch das Ausfällen des Gerbstoffes durch thierische Haut oder Leimlösung zur
                              									Bestimmung verwendet, so wird natürlich nur das Phlobaphen, nicht die
                              									Hopfengerbsäure selbst berücksichtigt, und um letztere mitzubestimmen, müſste der
                              									Auszug zur sicheren Ueberführung der letzteren in das erstere unter Zusatz von wenig
                              									kohlensaurem Natron auf dem Wasserbade erwärmt werden, da Alkalien die
                              									Phlobaphenbildung beschleunigen.
                           Schlieſslich bemerke ich noch, daſs Phlobaphen sehr hygroskopisch ist und unter
                              									Verschluſs gewogen werden soll, und daſs der Hopfen selbst durch oftmaliges
                              									Ausziehen mit Weingeist oder kochendem Wasser nicht so erschöpft werden kannLipowitz, K. Neubauer und Alfred Wolf (Inaugural-Dissertation: Ueber den Gerbstoff der Eiche, Leipzig 1869)
                                    											machten bei dem Gerbstoffe der Eichenrinde dieselbe Erfahrung und Letzterer
                                    											will jedoch durch Ausziehen der Rinde mit kochendem Wasser und Weinstein
                                    											vollständige Erschöpfung bezweckt haben., daſs der letzte Auszug
                              									durch Eisenchlorid nicht mehr schwarzgrün gefärbt wird. Die quantitative Bestimmung
                              									des Gerbstoffes im Hopfen weiter zu verfolgen, beabsichtige ich nicht.
                           Der Aetherauszug der Hopfenzapfen enthält, wenn das ätherische Oel nicht
                              									berücksichtigt wird, Chlorophyll, ein krystallisirtes weiſses und ein amorphes
                              									braunes Harz, welchem der Bitterstoff anhängt. Löst man den Rückstand nach
                              									Entfernung des Aethers in 90proc. Weingeist, so bleibt neben Chlorophyll das
                              									krystallisirte ungelöst zurück, während das braune Harz und der Bitterstoff sich in
                              									der Lösung befinden. Um letztere zwei Substanzen von einander zu trennen, verdünnt
                              									man die weingeistige Lösung vorsichtig und so lange mit Wasser, als sich noch braunes Harz abscheidet.
                              									Nach dem Abgieſsen der wässerigen Lösung, wird dasselbe wieder in Weingeist gelöst
                              									und mit Wasser verdünnt. Nach vielmaliger Wiederholung dieser Operation kann das
                              									Harz beinahe vollständig entbittert werden. Die wässerige Lösung ist auch nach dem
                              									Filtriren sehr trübe und nach dem Abdampfen im Vacuum über Schwefelsäure entstehen,
                              									wenn man den zuerst amorphen Rückstand in Weingeist von 90 Proc. löst, wieder
                              									abdampft und dies öfter wiederholt, wohl ausgebildete, farblose Krystalle. Wird
                              									dagegen die Lösung im Wasserbade abgedampft, so bleibt als Rückstand eine schmierige
                              									syrupförmige Masse, in welcher nach einiger Zeit verhältniſsmäſsig nur wenige
                              									Krystalle entstehen. Diese Masse und die im Vacuum entstandenen Krystalle schmecken
                              									sehr bitter und lösen sich wieder, besonders beim gelinden Erwärmen, vollständig in
                              									Wasser auf. – Diese Versuche, die ohne Schwierigkeit leicht controlirt werden
                              									können, sprechen gegen die vielfach ausgesprochene Meinung, daſs das „bittere
                                 										Harz“ des Hopfens nur mit Hilfe von Zucker, Gerbsäure, Gummi, ätherischem
                              									Oele u.a. in wässerige Lösung gebracht werden kann. Das braune amorphe Harz und der
                              									Bitterstoff des Hopfens sind eben, wie in der Aloe, zwei grundverschiedene
                              									Substanzen.
                           Wien, April 1878.