| Titel: | Ueber den Gloverthurm. | 
| Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 545 | 
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                        Ueber den Gloverthurm.
                        Ueber den Gloverthurm.
                        
                     
                        
                           
                              Die denitrirende Function des Gloverthurmes; von Ferd. Hurter.
                              
                           Der Kritik Prof. Dr. G. Lunge's (S. 70 und 152 d. Bd.)
                              									verdanke ich die Aufdeckung vieler Schwächen meiner Arbeit über die Functionen des
                              									Gloverthurmes (1878 227 465) 563), welche ich hiermit
                              									berichtige. Vorerst muſs ich versichern, daſs ich nirgends absichtlich falsch
                              									citiren wollte. Es schien mir immerhin möglich, daſs Lunge sich irren konnte;
                              									doch hat er die beiden Punkte, welche ich an seiner Arbeit als Versehen rügte, jetzt
                              									vollständig-aufgeklärt. Bei dem einen Punkt, nämlich jene 3 Proc. Verluste, welche
                              									ich zu groſs fand, übersah ich ein „etc.“, hinter welchem alle übrigen
                              									Verluste sich versteckten. Der andere Punkt, jenes „1/50 davon“, ist in einem Satze
                              									enthalten, der stets eine verschiedene Deutung gestattet, welchen aber Lunge jetzt aufgeklärt hat.
                           Lunge beschuldigt mich, ich sehe mich als „Mandatar
                                 										jedes anderen Chemikers an“. Es passirt ihm aber ebenso wie mir, von einem
                              									ähnlichen vielsagenden Ausdruck Gebrauch zu machen, wenn er sagt, daſs „kein
                                 										Leser“ von Vorster's Bericht darauf kommen
                              									könne, ob der Thurm C einem anderen Systeme angehörte als der Thurm A oder nicht.
                              									Nun verdanke ich aber diese Kenntniſs keiner Privatmittheilung, sondern der Arbeit
                              										Vorster's selbst. Ich konnte doch nicht annehmen,
                              									daſs Lunge die Arbeit Vorster's, welche er so über den „Haufen werfend“, „Schutt
                                 										wegräumend“ kritisirte, nicht einmal aufmerksam durchgelesen; sonst hätte
                              									ich freilich darauf ausdrücklich hingewiesen, daſs Vorster die seinen 8900k Pyrite
                              									entsprechende Menge schweflige Säure in den A-Thurm gehen läſst und sie also nicht
                              									wohl auch noch durch den C-Thurm streichen konnten.
                           Weiter beschuldigt mich Lunge, daſs ich die mir
                              									obliegende Pflicht versäumte, meine Leser darauf aufmerksam zu machen, daſs durch
                              									den C-Thurm blos 18/100 der Nitrose floſs. Mir war es aber gar nicht darum zu thun, Lunge's Rechnung zu verbessern, sondern nur darum, meine Rechnungsweise zu begründen. Uebrigens denke ich,
                              									es wäre seine Pflicht gewesen, mit dem C-Thurm eine ähnliche Rechnung anzustellen
                              									wie mit dem A-Thurm.
                           Ich wende mich nun nochmals zu dieser wichtigen Rechnung. So, wie sie jetzt steht,
                              									ist sie ziemlich richtig; aber ich muſs noch immer behaupten, daſs man einen Proceſs
                              									A nicht mit den Verlusten eines anderen Processes B behaften darf, ohne den Nachweis
                              									geliefert zu haben, daſs jedem einzelnen Verlustposten des Processes B ein solcher
                              									des Processes A genau entspricht. Von dieser Rechnung behauptete Lunge (1875 216 180), daſs
                              									sie den ganzen Vorster'schen Schluſs über den Haufen
                              									werfe, nicht blos ihn modificire. Eben hierin stimme ich mit Vorster überein, daſs diese Rechnung seinen Schluſs höchstens modificirt,
                              									d.h. zeigt, daſs Vorster zu weit ging, wenn er seine
                              									Laboratoriumsversuche direct als Maſsstab für den Groſsbetrieb benutzen wollte. Mehr
                              									als dies kann diese Rechnung gar nicht beweisen, und es besteht eben auch, wie meine
                              									unangefochtene Rechnung zeigt, zwischen der Ansicht, daſs im Gloverthurm Salpeter
                              									zersetzt wird, und einem Verbrauch von 5 Proc. Salpeter kein Widerspruch; einen
                              									solchen kann auch Lunge nicht nachweisen.
                           Da Lunge meinen Rechnungen eigentlich so gut wie nichts
                              									entgegen setzte und nur die Richtigkeit der Bestimmungen als „problematisch“
                              									bezeichnete, so brauchte ich auf dieselbe hier nicht weiter einzugehen, namentlich
                              									auch deshalb nicht, da er jetzt (S. 73) nicht mehr behauptet, daſs im Gloverthurm
                              									absolut gar kein Verlust stattfindet. Wir sind also nur noch über den Betrag dieses
                              									Verlustes verschiedener Meinung. Ich möchte nun blos noch zeigen, wie ich zu dem
                              									Schlüsse kam, daſs der dem Gloverthurme zuzuschreibende Theil des chemischen
                              									Verlustes, wie ich ihn kurz nannte, den groſsen Theil oder die gröſsere Hälfte des
                              									ganzen chemischen Verlustes ausmache.
                           Es ist eben die eigenthümliche Thatsache, daſs die auf rein mechanische Weise dem
                              									Systeme entzogene Menge Salpeter so klein ist, welche den Verdacht erregt, daſs man
                              										mit dem Gloverthurm eine neue Verlustquelle von Salpeter
                                 										mit eingeführt habe, welche den erwarteten Nutzen, wenn nicht gerade
                              									aufhebt, doch ganz bedeutend schmälert. Angenommen, während der 14 Tage, für welche
                              									ich die Betriebsresultate mitgetheilt, hätte man mit demselben Kammerraum dieselbe
                              									Menge Schwefelsäure darzustellen gehabt, aber ohne Anwendung des Gloverthurmes, so
                              									müſste zu allererst die Menge des umlaufenden Salpeters genau auf derselben Höhe
                              									gehalten werden, wodurch dann auch die Gay-Lussac-Thürme in genau gleicher
                              									Thätigkeit sich befänden und die Kammersäure bei denselben Umständen natürlich auch mit derselben Menge
                              									salpetriger Säure sich niederschlüge. Da aber kein Gloverthurm vorhanden sein soll,
                              									so würde in diesem Falle die Kammersäure mit jenen 15264 Pfund Salpeter einfach in
                              									die Sulfatfabrik abflieſsen. Gleichfalls würden hinten am Gay-Lussac-Thurme wiederum
                              									1996 Pfund Salpeter in Gestalt von salpetriger Säure oder NO2 in den Kamin entweichen. Die gesammten Verluste
                              									würden in diesem Falle 17260 Pfund Salpeter äquivalent sein. Diese Summe ist noch
                              									etwas zu klein, weil man etwa die Hälfte mehr Kammersäure abziehen müſste, um den
                              									Gay-Lussac-Thurm zu speisen, und diese wohl bei der Concentration etwas N2O3 verlieren
                              									könnte, welcher Verlust also noch zuaddirt werden müſste. Hiervon sehe ich aber ab.
                              									Stellt man nun noch den Erfahrungssatz auf, daſs bei gleicher Leitung der beiden
                              									Verfahren ungefähr dieselbe Salpetermenge verbraucht werden würde, so ergibt sich
                              									der in dem Kammersysteme ohne Gloverthurm durch chemische Veränderung erlittene
                              									Verlust einfach als die Differenz zwischen 23654 und 17260 = 6394 Pfund Salpeter und
                              									hieraus wiederum die dem Gloverthurm zuzuschiebende Menge des chemischen Verlustes
                              									auf 20921 – 6394 = 14527 Pfund Salpeter, was ich als den „groſsen Theil“ des
                              									zersetzten Salpeters bezeichnete.
                           Gibt man aber zu, daſs unter denselben Umständen „eher mehr Salpeter“ beim
                              									Verdünnungsverfahren verwendet werden muſs als beim Gloverthurm, und zieht hierbei
                              									noch in Betracht, daſs bei Anwendung von Gloverthürmen die Dampſstrahlen in der
                              									ersten Kammer für gewöhnlich wegfallen, indem diese vom Gloverthurm hinreichend mit
                              									Wasserdampf versehen wird, so kommt man zum Schlüsse, daſs, wenn beispielsweise 6
                              									Proc. Salpeter nöthig würden und das System 4 Kammern enthält, die dem Gloverthurme
                              									zuzuschreibende Menge des „absolut zerstörten“ Salpeters die gröſsere Hälfte,
                              									nämlich 12577 Pfund, betragen würde. Die Rechnung ist so leicht, daſs deren
                              									Ausführung mir unnöthig erscheint.
                           Daſs der Salpeterverbrauch mit der Kleinheit des verfügbaren Kammerraumes und der
                              									Vollkommenheit der zu erzielenden Production wächst, versteht sich von selbst, und
                              									ist es ganz einerlei, ob andere Fabriken blos 3 Proc. verbrauchen- oder nicht; denn
                              									sobald wir unsere Kammern weniger anstrengen, können wir mit einer kleineren Menge
                              									umlaufenden Salpeters und damit einer kleinern Quantität frisch zugesetzten
                              									Salpeters auch fertig werden. Ich wollte eben das von Lunge verworfene Argument des Vergleiches beider Methoden nur auf gleiche Arbeit angewendet wissen.
                           Wenn ich behaupte, daſs im Gloverthurme die Bedingungen für eine Zersetzung besser
                              									seien als in den Kammern, so habe ich dabei gerade den Umstand ins Auge gefaſst,
                              									daſs hier Stickoxyd im Entstehungsmoment mit Wasserdampf und schwefliger Säure bei
                              									höherer Temperatur in Berührung kommt. Hier ist also von einem Widerspruch mit Weber's Resultaten gar keine Rede.
                           Mein Ausspruch, daſs die mit den Vorster'schen Zahlen
                              									ausgeführte Berechnung das gerade Gegentheil von dem beweise, was Lunge's Versuche zeigen sollten, war nicht ganz
                              									glücklich, indem er nicht gehörig erklärt ist. Jene Rechnung zeigt, daſs die Summe
                              									aller chemischen Verluste vom Gloverthurm bis ans Ende des Gay-Lussac-Thurmes von 0
                              									verschieden ist, nämlich 20 Proc. beträgt, während Lunge's Versuche mit einem Apparat, der alle Theile der Fabrikation vom
                              									Gloverthurm bis zum Gay-Lussac Thurm darstellt, die Summe der chemischen Verluste
                              									als 0 erscheinen läſst. Also doch das Gegentheil! Und dies gilt auch von seinen
                              									neuen Versuchen.
                           Was nun noch das Vorkommen von NO2 in der
                              									Fabriknitrose betrifft, welches Lunge bezweifelt und
                              									auf Versuchsfehler zurückzuführen sich berechtigt glaubt, so muſs ich darauf
                              									aufmerksam machen, daſs, wenn aller Stickstoff der am 13. Februar 1871 von uns
                              									untersuchten Nitrose als N2O3 vorhanden gewesen, man statt 45cc,5 Chamäleon etwas mehr als 70cc hätte verbrauchen müssen. Daſs wir zu jener
                              									Zeit die Chamäleonmethode gut zu behandeln verstanden, hat Lunge anerkannt und bewiesen, indem er mit besseren Methoden die
                              									Richtigkeit eines ebenfalls 1871 ausgeführten Versuches festgestellt hat. Diese
                              									Nitrosen sind übrigens kein Vortheil, wie dies alle Welt weiſs, und ich wollte damit
                              									ja nur zeigen, daſs die Nitrosen nicht „immer nur“ N2O3 enthalten. Hier
                              									muſs ich auch noch zufügen, daſs eben das in jener Nitrose enthaltene NO2 dort bei Gegenwart von Schwefelsäure sich bildete.
                              									Ich habe ferner nirgends behauptet, daſs Cl. Winkler
                              									auſser mit Halsbrücker Nitrose keine Versuche angestellt habe.
                           Was nun endlich meine Denitrationsversuche und die dabei verwendete Methode betrifft,
                              									so muſs ich mich zuerst des Vorwurfes entledigen, ich hätte mich hinter Eder verstecken wollen. Eder hat bewiesen, daſs der Chemismus, welcher der Zink-Eisenmethode
                              									unterliegt, richtig ist. Er hat die Schwierigkeit erkannt, alles Ammoniak
                              									abzutreiben und wendet einen Luftstrom an, um diesem Uebelstande abzuhelfen. Ich
                              									habe einen Luftstrom nicht angewendet; dagegen habe ich immer die Destillation so
                              									lange fortgesetzt, bis eben kein Ammoniak in den Dämpfen nachzuweisen war, und wenn
                              									ich auch in meiner Abhandlung von Versuchen mit abgewogenen Quantitäten Salpeter
                              									nichts erwähnte, so war es gerade bei diesen, wo ich jene Vorsichtsmaſsregel
                              									erlernte. Die andere Vorsicht, die Reduction kalt vor sich gehen zu lassen, ist
                              									schon von Will in seiner Anleitung zur chemischen Analyse (Wiesbaden 1866) enthalten und ist nicht
                              									meine Erfindung. Was den von Lunge an meiner Methode
                              									gerügten, sonst noch haftenden Fehler betrifft, so würde letzterer in der Weise
                              									wirken, daſs die gefundenen Zersetzungen noch zu klein ausfallen. Der letzte Versuch
                              									ist als Controlversuch der ganzen Reihe anzusehen und wirft kein gar schlechtes
                              									Licht auf die „rohen“ Methoden. Daſs dieser Versuch aber Winkler's Resultaten widerspreche, ist aus meinen
                              									Worten ganz gewiſs nicht abzuleiten. Ich habe nirgends gesagt, es wäre mir die
                              									Denitration nicht gelungen, sondern nur, daſs kein Salpeter zersetzt worden sei.
                           Wenn der Gloverthurm sich einer allgemeinen Aufnahme erfreut, so verdankt er dies
                              									mehr den anderen Eigenschaften als seiner denitrirenden Function, nämlich seiner
                              									Ausnutzung der von den Pyriten erzeugten Wärme für Concentration der Säure und für
                              									Erzeugung eines Theiles des in den Kammern nöthigen Dampfes.
                           Ich muſs jedenfalls folgende Punkte absolut festhalten:
                           1) Lunge's Rechnung liefert keinen Beweis, daſs zwischen
                              									einem Verbrauch von 5 Proc. Salpeter und einer Zersetzung im Gloverthurm ein
                              									Widerspruch besteht.
                           2) Meine eigenen Rechnungen weisen nach, daſs eine Zersetzung von 20 Proc. in zwei
                              									gröſseren Fabriken Englands mit einem Verbrauch von 5 Proc. Salpeter verträglich
                              									ist.
                           3) Bis Thatsachen bekannt werden, welche, wie meine Zahlen, dem Betriebe gröſserer
                              									Fabriken entnommen sind und das Gegentheil nachweisen, muſs ich auf meiner wohl
                              									motivirten Ansicht, es sei die dem Gloverthurm zuzuschreibende Menge des chemischen
                              									Verlustes ungefähr die gröſsere Hälfte des gesammten chemischen Verlustes, fest
                              									beharren, trotz der neuen Versuche Lunge's. –
                           Hr. Bode hat mich aufmerksam gemacht, daſs seine
                              									Rechnung (1876 223 507) nicht nur den täglich zugesetzten
                              									Salpeter, sondern auch den sonst im Systeme vorhandenen mit berücksichtigte, wenn er
                              									auch (was er nicht für nöthig erachtete) nicht eigens darauf aufmerksam machte. –
                              									Nach nochmaliger Durchsicht seiner Arbeit gestehe ich ihm gerne zu, daſs seine ganze
                              									Rechnung dem Principe nach richtig ist und mir nur deshalb unverständlich war, weil
                              									ich jene 4 Proc. Salpeter irrthümlich als täglich verbrauchten auf 100 Schwefel
                              									anstatt auf 100 Schwefelsäure bezog. Ich nehme deshalb meinen Vorwurf, er hätte sich
                              									hierin versehen, zurück und bedaure meine falsche Auffassung der sonst klaren
                              									Rechnung.
                           Widnes, Anfang Mai 1878.
                           
                        
                           
                              Bemerkungen zu Obigem; von G. Lunge.
                              
                           Die Leser dieses Journals werden der Polemik in Sachen des Gloverthurmes zwischen
                              									Hrn. Dr. Hurter und mir längst müde sein, und ich werde
                              									denn auch auf seinen vorstehenden Aufsatz nur ganz kurz erwiedern um so mehr, als
                              										Hurter
                              									theils ausdrücklich,
                              									theils stillschweigend durch Nicht-Erwiederung auf meine Argumente sämmtliche gegen
                              									die Genauigkeit meiner Beobachtungen und die Richtigkeit meiner Rechnungen gemachte
                              									Angriffe zurücknimmt. Von allen irgend wesentlichen Punkten, in welchen wir
                              									differiren, hält er nur noch einige an sich ganz bedeutungslose negative Sätze fest
                              									und eine – wie wir unter Nr. 3 sehen werden – auf durchaus unzulängliche Basis
                              									gestützte Schätzung der „chemischen“ Verluste an Salpeter und, daraus
                              									berechnet, der Zersetzung im Gloverthurme.
                           Daſs Harter sich darauf berufen würde, er stimme nur mit
                              									den „modificirten“ Schlüssen Vorster's überein,
                              									hatte ich vorausgesehen und schon (auf S. 158 Anmerkung) nachgewiesen, daſs damit
                              										Hurter's Verteidigung Vorster's gegenstandslos und mein Standpunkt thatsächlich anerkannt
                              									wird.
                           Der einzige neue Vorwurf Hurter's ist, ich hätte die
                              									Abhandlung Vorster's nicht mit Aufmerksamkeit
                              									durchgelesen; sonst hätte ich daraus selbst sehen müssen, daſs der Thurm C in der
                              										Muspratt'schen Fabrik einem anderen Systeme als der
                              									Thurm A angehört habe; er seinerseits habe diese Kenntniſs keiner Privatmittheilung,
                              									sondern der Arbeit Vorster's selbst entnommen. Hierauf
                              									antworte ich: Die Ausdrucksweise Vorster's läſst die
                              									Annahme, das Gas des einzigen von ihm erwähnten
                              									Kiesbrennersystemes sei auf die beiden Thürme A und C vertheilt gewesen, vollkommen
                              									zu; Vorster selbst hat meiner darauf gegründeten
                              									Berechnung nicht widersprochen. Hurter behauptet zwar,
                              									er verdanke seine Kenntnisse keiner Privatmittheilung, ist aber bei Gaskell, Deacon und Comp. nächster Nachbar und
                              									jedenfalls sehr häufiger Besucher der Muspratt'schen
                              									Fabrik, und berechtigte dies mich um so mehr zu der Annahme, daſs er Privatkenntniſs
                              									von jenem Umstand hatte, als er ähnliche Kenntniſs auf S. 466 (Bd. 227) verräth, wo
                              									er mittheilt, daſs ein Thurm B in der Fabrik zwar entworfen, aber noch nicht gebaut
                              									war, wovon bei Vorster kein Wort steht. Sehr komischer
                              									Weise folgt unmittelbar auf diese Beschuldigung des unaufmerksamen Durchlesens von
                              										Vorster's Arbeit eine Aeuſserung Hurter's, welche eine solche Unaufmerksamkeit
                              									seinerseits beweist. Er sagt nämlich, es sei meine „Pflicht“ gewesen, eine
                              									ähnliche Rechnung mit dem C-Thurme wie mit dem A-Thurme anzustellen, übersieht aber,
                              									daſs Vorster's Arbeit eben keine Andeutung darüber
                              									enthält, für welches Kammersystem dieser Punkt gedient habe, wie viel Pyritgas durch
                              									ihn ging u. dgl., also gar kein Material für die mir zur Pflicht gemachte Berechnung
                              									vorliegt; ferner, daſs der C-Thurm fast ausschlieſslich zur Concentration diente und
                              									eine derartige Vergleichung des berechneten mit dem wirklichen Salpeterverluste, wie
                              									ich sie für den A-Thurm angestellt hatte, hier absolut keinen Sinn hat. Auch hatte
                              									ich ja in meinem letzten Aufsatze an der betreffenden Stelle (S. 71 d. Bd.)
                              									nachgewiesen, daſs das Resultat bei Weglassung des C-Thurmes aus der Calculation in
                              									keinem wesentlichen Stücke verändert wird.
                           Im Uebrigen will ich, um diese Polemik endlich abzuschlieſsen, nur noch die Punkte
                              									erwähnen, in welchen mich Hurter wiederum so citirt,
                              									daſs dabei etwas total Verschiedenes von dem herauskommt, was ich mit deutlichen
                              									Worten gesagt habe. Seiner Versicherung, daſs er nichts habe falsch citiren wollen,
                              									bedarf es weder für meine früheren, noch für meine jetzigen Einwände in dieser
                              									Beziehung; wenn auch Hrn. Hurter nicht schon seine
                              									anerkannte wissenschaftliche Stellung vor einem solchen Verdachte schützte, so würde
                              									doch Niemand auf den Gedanken kommen, daſs er sich absichtlich der leichten Kritik
                              									seines Gegners in so schlagender Weise aussetzen würde. Wohl aber steht es mir zu,
                              									darüber Beschwerde zu führen, daſs er sich nicht mehr Mühe gegeben hat, meine
                              									Aufsätze genau zu lesen, ehe er mir u.a. Vorwürfe der Unkenntniſs elementarer
                              									Thatsachen machte.
                           1) Es ist mir nicht eingefallen, die ganze Arbeit von Vorster
                              									„über den Haufen werfen“ zu wollen, sondern nur seine Versuche über
                              									Denitrirung, namentlich aber seine in klaren Worten ausgesprochenen Schlüsse aus
                              									seinen Laboratoriumsversuchen auf die Denitrirungsvorgänge im Gloverthurm. Hierbei
                              									muſs ich allerdings im vollsten Maſse stehen bleiben, und Hurter hat ja Vorster's Versuche schlieſslich
                              									auch nicht vor jenem Urtheil retten können; denn er stimmt dem zu, daſs diese
                              									Versuche nicht „direct“ als Maſsstab für den Groſsbetrieb zu benutzen
                              									sind. Dasselbe hatte ich eben von vornherein, allerdings in etwas
                              										„directerer“ Fassung, behauptet, und meine erneuerte Polemik gegen Vorster's erste Arbeit, welche mir Hurter's Angriffe zugezogen hat, war, wie ich daselbst
                              									klar ausgesprochen habe, dadurch veranlaſst worden, daſs mehrfach Vorster's Versuche als maſsgebend in jener Beziehung
                              									aufgeführt wurden, auch nachdem ich ihre Unanwendbarkeit bewiesen und er dieselbe
                              									thatsächlich zugestanden hatte.
                           2) Es ist mir gar nicht eingefallen, nachweisen zu wollen, daſs zwischen der Ansicht,
                              									es werde im Gloverthurm Salpeter zersetzt und einem Verbrauche von 5 Proc. Salpeter
                              									ein Widerspruch bestehe; ich sage ja (S. 74 d. Bd.) grade das Gegentheil davon, eben
                              									um auch wieder einer ganz schiefen Darstellung Hurter's
                              									zu begegnen. Aber wenige Zeilen darauf steht es deutlich, daſs man kein Recht hat,
                              									jene 5 Proc. Salpeterverlust als Anhalt für eine Zersetzung im Gloverthurme zu
                              									benutzen, da ja so viele Fabriken nur 3 Proc., neuerdings noch weniger verlieren
                              									(vgl. unter Nr. 3).
                           3) Ganz ungemein falsch ist Hurter's Auffassung, daſs
                              									ich seinen Rechnungen eigentlich „so gut wie nichts“ entgegensetze. Ich sage
                              									ausdrücklich (S. 73), daſs ich, um diese Polemik nicht
                                 										ungebührlich lang auszudehnen, nicht erst auf die mir höchst problematisch scheinende
                              									„Genauigkeit“ der Angaben über den Verlust an Salpeter in der Kammer und dem
                              									Kamin eingehe, sondern Hurter's Berechnung der
                              										„mechanischen“ Salpeterverluste dafür annehme. Ich that dies, weil ich
                              									auch mit Hurter's eigenen Zahlen noch einen wahrhaft
                              									enormen Widerspruch zwischen Vorster's
                              									Versuchsresultaten und dem von Hurter errechneten
                              									denkbaren Maximal-Verluste von 312k nachweisen konnte; auch machte ich ausdrücklich
                              									darauf aufmerksam, daſs von einem Beweise, es komme
                              									auch nur 1k jener 312k auf den Gloverthurm, gar nicht die Rede sei. Und dies nimmt Hurter für ein Zugeständniſs seines Standpunktes! Da er
                              									es nicht anders haben will, so muſs ich ihm eben mit deutlichen Worten heraussagen,
                              									daſs ich an die von ihm so stark mir gegenüber betonte „Genauigkeit“ jener
                              									Rechnungen absolut gar nicht glaube und zwar: a) weil die quantitative Bestimmung
                              									von minimalen Mengen salpetriger Verbindungen bei der
                              									steten Anwesenheit anderer Verunreinigungen in der Kammersäure noch heut ganz
                              									unsicher ist, zur Zeit von Vorster's Versuchen es aber
                              									noch viel mehr war; b) weil auch für die Bestimmung der in einem ungemein groſsen
                              									Gasvolum vertheilten minimalen Mengen von Stickstoffoxyden in den
                              									Kammer-Austrittsgasen sichere Methoden nicht bekannt
                              									sind; c) weil nach dem Urtheile der Fachmänner (ich habe hierüber meine Collegen der
                              									Physik und der Mechanik speciell zu Rath gezogen) die allen anemometrischen
                              									Messungen anhaftenden Fehler so groſs sind, daſs den auf sie gestützten Berechnungen
                              									von vornherein jede Beweiskraft abgesprochen werden muſs. Dies wird auch dadurch
                              									bewiesen, daſs man selbst da, wo die Analyse nur verschwindend kleine Minima jener
                              									Oxyde zeigte, doch durch Erbauung von additionellen Absorptionsthürmen ganz erhebliche Mengen von Salpeter erspart hat, und
                              									zwar bei schon vorher sehr gutem Betriebe. In einer Fabrik am Tyne ist man dadurch
                              									von 1,45 Salpeter auf 1,05 für 100 Pyrit herabgekommen. Jene erste Zahl, also etwa 3
                              									Salpeter auf 100 chargirten Schwefel, wird in allen besseren Fabriken, welche mit
                              									Gloverthürmen arbeiten, nicht oder doch nur unbedeutend überschritten. Hiervon habe
                              									ich mich ganz neuerdings durch eine Rundreise nach Westdeutschland, England und
                              									Nordfrankreich zu überzeugen Gelegenheit gehabt; an einigen Orten habe ich sogar die
                              									Fabrikbücher einsehen dürfen. Grade der Umstand also, daſs man in dem von Hurter so „genau“ berechneten Falle nur 45k,3 Salpeter täglich, also 317k,1 wöchentlich auf 50t Schwefel, d. i. nur 0,6 Proc. Salpeter, im Kamin und der Kammersäure
                              									auffinden konnte, und daſs man dabei doch 5 Proc. Salpeter im Ganzen verbrauchte,
                              									während in so vielen anderen mit Gloverthurm arbeitenden Fabriken nicht mehr als 3
                              									Proc. verbraucht wird, – grade dieser Umstand beweist fast direct, daſs eben die Bestimmungsmethoden in Hurter's Fall ungenau sein muſsten; wo aber
                              									die Beobachtungsmethoden unzureichend sind, werden noch
                              									so genaue Berechnungen nichts nutzen können. Es muss eben viel mehr Salpeter auf mechanischem Wege, wie
                              										Hurter sich ausdrückt, verloren gegangen sein, als
                              									er annimmt; denn man kann doch unmöglich annehmen, daſs die Bedingungen der Schwefelsäurefabrikation bei ihm
                              									ganz anders lägen als sonst in der Welt; auch sein Kammerraum, welchen er in der
                              									Tabelle S. 469 (Bd. 227) angibt, ist ein ganz normaler und erklärt nicht den groſsen
                              									Salpeterverlust gegenüber anderen Fabriken mit nicht mehr Kammerraum. Kurz und gut,
                              									es fällt mir nicht ein, Hurter's Rechnungen als giltig
                              									anerkennen zu wollen, und habe ich sie a. a. O. ausdrücklich nur, um Worte zu sparen
                              									und weil es für meine damalige Argumentation nichts ausmachte, aber mit allem
                              									Zweifel an der Richtigkeit ihrer Basis, vorläufig angenommen. Folglich muſs ich auch
                              									der neuen Rechnung von Hurter in seinem letzten
                              									Aufsatze die Giltigkeit absprechen. Aus den Resultaten einer so ungünstig
                              									arbeitenden Fabrik wie die seinige soll man überhaupt nicht derartige Schlüsse
                              									ziehen wollen. Seine neue Rechnung beruht ebenfalls ganz und gar darauf, daſs bei
                              									jenem 14tägigen Betriebe nicht sämmtliche in der Kammersäure enthaltene salpetrige
                              									Verbindungen wiedergewonnen worden seien, in anderen Worten, daſs der Gloverthurm
                              									als denitrirender Apparat allerdings einen gewissen, aber nicht ganz so groſsen Vorzug vor dem Verdünnungsverfahren
                              									gezeigt habe, als man theoretisch berechnen kann – gesetzt eben diese Berechnung
                              									könnte sich auf wirklich absolut zuverlässige
                              									Beobachtungsmethoden stützen. Da dies aber nicht der Fall ist, so fällt sie einfach
                              									dahin.
                           4) Hurter sagt, daſs ich „nicht mehr“ behaupte,
                              									es komme absolut gar kein Verlust an Salpeter im
                              									Gloverthurm vor. Wer kann denn so etwas Absolutes von
                              									irgend welchem technischen Processe behaupten! Aber sage ich nicht gleich darauf und
                              									belege es mit Gründen, daſs unter normalen Umständen dieser Verlust ein höchst minimaler sein muſs, im Gegensatz zu Vorster und Hurter, welche
                              									von 70, bezieh. der gröſseren Hälfte von 22 Proc. sprechen, wofür sie aber den Beweis ganz und gar schuldig bleiben?
                           5) Hurter stellt es so hin, als ob meine Versuche das
                              									monströse Resultat ergeben hätten, in der Fabrikation vom Gloverthurm bis zum
                              									Gay-Lussac-Thurm sei die Summe der chemischen Verluste an Salpeter = 0, und
                              									widerspreche dies seinen Rechnungen, welche den Verlust = 20 ergeben. Dies ist
                              									durchaus irrig. Einmal war schon bei meinen Versuchen der Verlust nie = 0, sondern
                              									ich fand manchmal um etwa 1 Proc. mehr, ein anderes Mal etwa 1 Proc. weniger
                              									Salpeter nach Schluſs des Versuches als am Anfange und sagte daher, daſs „kein
                                 											merkbarer Verlust bei der Denitrirung
                                 										constatirt werden konnte“ (vgl. S. 158 d. Bd.); dies ist einfach eine Thatsache und nicht der mir von Hurter zugemuthete doctrinäre Schluſs, daſs der Verlust = 0 sei. Aber noch
                              									unrichtiger ist Hurter's Auffassung, als hätte ich in
                              									meinem Apparate eine wirklich in allen Stücken
                              									maſsgebende Nachbildung des Kammersystemes zu erreichen geglaubt; habe ich doch auf
                              									S. 156 das grade Gegentheil hiervon mit dürren Worten gesagt! Mein Apparat war
                              									selbstverständlich so construirt, um andere Salpeterverluste als die eventuell im
                              									Denitrirungsrohr selbst vorkommenden möglichst zu vermeiden, was man natürlich im
                              									Kleinen besser thun kann als im Groſsen. Muſs ich wirklich Hurter daran erinnern, daſs ich in meiner Nachbildung der
                              									Schwefelsäurekammer keinen Wasserdampf hatte, daſs also
                              									hier nicht die Weber'sche Stickoxydulbildung eintreten
                              									konnte?
                           Mit dieser Berichtigung der wichtigeren Miſsverständnisse meiner Ansichten in Hurter's letzter Erwiederung will ich mich begnügen und
                              									hoffe durch diese Zurückhaltung es zu erreichen, daſs meinerseits diese Polemik, aus
                              									welcher wohl in diesem Stadium nicht mehr viel Nutzen für die technische Welt
                              									herauskommen möchte, als geschlossen angesehen werden kann. Ich bekämpfe daher auch
                              									nicht die Punkte, in welchen wir noch differiren, namentlich die drei Endschlüsse,
                              									an welchen Hurter absolut festhalten zu müssen erklärt,
                              									mit besonderen Gründen; alles Material dafür glaube ich schon früher und zum Theil
                              									bei Gelegenheit obiger Berichtigungen geliefert zu haben. Punkt 1 und 2 sind ohnehin
                              									völlig irrelevant, da es keinem Schwefelsäurefabrikanten auf theoretische
                              									Möglichkeiten negativer Art, sondern nur auf positive Thatsachen ankommen wird.
                              									Sollte freilich wider meine Erwartung unsere Polemik hiermit noch nicht zu Ende
                              									sein, so behalte ich mir vor, auf mehrere Sachen zurückzukommen, welche ich durchaus
                              									nicht zugeben kann, und will mein jetziges Schweigen darüber nicht als Zustimmung gedeutet
                              									wissen. Nur in einem Punkte glaube ich mir noch eine Berichtigung einer Thatfrage erlauben zu dürfen.
                           Hurter schreibt die allgemeine Aufnahme des
                              									Gloverthurmes nicht seiner denitrirenden Function, sondern nur seiner Ausnutzung der
                              									Wärme der Röstgase zu. Diese hat man in vielen continentalen Fabriken schon vorher
                              									zur Concentration der Säure benutzt und wirklich damit sämmtliche Kammersäure von
                              									52° auf 60° gebracht; dennoch ist man in der Mehrzahl derselben zum Gloverthurm
                              									übergegangen, was man wahrhaftig nicht gethan haben würde, wenn nach Vorster (und, man muſs es schlieſsen, auch nach Hurter) die Denitrirung mit heiſsem Wasser bezieh.
                              									Dampf vorzuziehen wäre. In einer der besten nordfranzösischen Fabriken, wo obiger
                              									Uebergang geschehen ist, gab mir aber der Director an, daſs man früher (mit der
                              									Kochtrommel) 2,0, neuerdings (mit dem Gloverthurm) nur 1,3 Th. Salpeter auf 100 Th.
                              									Pyrit verbraucht habe. Dort, wie fast überall, schickt
                              									man auch in den lezten Jahren das frische Salpetergas oder die frische Salpetersäure
                              									durch den Gloverthurm, ohne irgend welchen Verlust gegen früher zu finden, wo man
                              									den frischen Salpeter besonders einführen zu müssen glaubte.
                           Ferner mache ich darauf aufmerksam, daſs in der eben erschienenen Arbeit von Davis (Chemical News, 1878
                              									Bd. 37 S. 155) in einer ganzen Anzahl von Fällen der gesammte Salpeterverlust bis
                              									auf wenige Procente als „mechanischer“ gezeigt worden ist. Zwar möchte ich,
                              									eben wegen der vorhin gerügten Unzuverlässigkeit der analytischen und
                              									anemometrischen Methoden für die Bestimmung der hier in Betracht kommenden
                              									Minimalquantitäten, auch die Resultate von Davis nicht
                              									als sicher annehmen; vermuthlich ist der „chemische“ Verlust innerhalb der
                              									Kammer selbst, durch Lecke u. dgl., doch gröſser als der sehr geringe, von Davis dafür übrig gelassene Betrag; aber Niemand wird
                              									mir das Recht abstreiten können, der Hurter'schen
                              									Berechnung eines „chemischen“ Verlustes von 89 Proc. der frisch
                              									hinzugesetzten Salpetermenge die ebenso berechtigte von Davis im Betrage von 5,7 Proc., einschlieſslich
                                 										des Verlustes im Kammerprocesse selbst, also hinter dem Gloverthurme entgegenzustellen; ein anderes Mal fand Davis gar 2 Proc. mehr Salpeter in dem Austrittsgase
                              									allein, als zugesetzt worden war, natürlich eben wegen der unzureichenden
                              									Genauigkeit der Methoden. Nur in einem Falle, bei sehr alten Kammern und schlechter
                              									Arbeit fand er 20 Procent des verbrauchten Salpeters nicht im Austrittsgase wieder,
                              									was aber den Verlust im Kammerproceſs und durch die
                                 										Lecke der augenscheinlich schadhaften Kammern, sowie in der immer noch
                              										„Spuren“ von N2O3 haltenden Gloverthurm-Säure einschlieſst. Bei
                              									Fabriken ohne Gloverthurm fand er die durch chemische
                              									Zersetzung und Lecke zusammen entstehende Proportion des Salpeterverlustes 4,9 bis
                              									9,1 Proc., also sicher nicht geringer, sondern eher gröſser als in den obigen beiden
                              									Fällen mit Gloverthurm, abgesehen von dem abnormen
                              									dritten Falle. Da die Fehlerquellen der Methoden von Davis in allen Fällen dieselben waren, so ist man jedenfalls berechtigt,
                              									aus denselben zu schlieſsen, daſs die „chemischen“ Verluste an Salpeter mit Gloverthurm sicher nicht gröſser als ohne Gloverthurm sind, also eine directe Widerlegung
                              									der auf Vermuthungen gestützten Behauptung Hurter's, es
                              									finde ein erheblicher Verlust im Gloverthurme statt. Allerdings macht Mactear (Chemical News,
                              									1878 Bd. 38 S. 195) darauf aufmerksam, daſs die Basis der Berechnungen von Davis, nämlich die Analyse von wenigen Cubikfuſs Gas,
                              									wo die Gesammtmenge desselben nach Millionen Cubikfuſs zählt, ganz ungenügend sei,
                              									zumal da die Geschwindigkeit des Luftstromes und sein Sauerstoffgehalt sich in sehr
                              									groſsen Schwankungen bewegen. Dieser Kritik stimme ich vollkommen zu; aber sie ist
                              									genau ebenso auf die Bestimmungen von Jurisch und Hurter anwendbar, macht also die Berechnungen des
                              									Letzteren ebenso wenig maſsgebend. Desgleichen stimme ich mit Mactear überein, wenn er den Beweis für die von Davis aufgestellte Behauptung, der Salpeterverlust
                              									stamme so gut wie ausschlieſslich von dem Arsengehalt her, für durchaus ungenügend
                              									hält; auch Davis selbst spricht sich darüber neuerdings
                              									(auf derselben Seite) sehr vorsichtig aus; dagegen kann ich Mactear durchaus nicht beipflichten, wenn er zum Beweise der Reduction von
                              									salpetrigen Gasen durch „heiſses“ schwefligsaures Gas bis zu N2O oder N darauf zurückgreift, daſs man in den
                              									wenigen alten Fabriken, wo man noch die Salpeterzersetzungstöpfe in die Brenner selbst stellt, mehr Salpeter brauche;
                              									denn erstens kann eine solche Reaction in der Rothglühhitze der Pyritbrenner ganz
                              									wohl im merklichen Maſse eintreten, während sie in der viel mäſsigeren Temperatur
                              									des Gloverthurmes und der Kammern selbst nur in unmerklich kleinem Maſsstabe
                              									stattfände (abgesehen von der Weber'schen Beobachtung
                              									der N2O-Bildung an den Stellen des Vorherrschens von Wasserdampf, wo ganz verdünnte Schwefelsäure vorhanden sein muſs, also ganz sicher
                              									nicht, wie Hurter meint, im Gloverthurm): zweitens ist
                              									ein Fabrikbetrieb, bei welchem man noch in so barbarisch roher Weise verfährt,
                              									wahrlich kein solcher, dessen Verluste für die Beurtheilung von chemischen
                              									Reactionen einen giltigen Ruckschluſs erlauben.
                           Zürich, im Mai 1878.
                           
                        
                           
                              Salpetersäureverlust in der Schwefelsäurefabrikation: von
                                 										Ferd. Hurter.
                              
                           Da Prof. Lunge leider noch die Arbeit von Davis (Chemical News, 1878
                              									Bd. 37 S. 155) der meinigen gegenüber stellt, so bin ich gezwungen, noch über die
                              										Davis'sche Arbeit Einiges zu sagen, um dann den
                              									Gegenstand fallen zu lassen.
                           Davis hat analytische und anemometrische Resultate
                              									veröffentlicht. Die analytischen stimmen mit den meinigen ziemlich gut überein, und
                              									wären seine anemometrischen Bestimmungen ebenso gut wie seine analytischen, so wäre
                              									seine Arbeit eine ausgezeichnete Stütze der meinigen geworden. Leider hat er aber
                              									die Geschwindigkeit der Gase dadurch zu bestimmen versucht, daſs er sie aus dem
                              									Druckunterschied zwischen dem Innern des Abzugkanales und der äuſseren Luft
                              									berechnete. Dadurch hat er Zahlen erhalten, welche die für 1t Sulfat abflieſsenden Gasmengen um 4 bis 5 Mal so
                              									groſs erscheinen lassen, als sie in Wirklichkeit gewöhnlich sind, und damit sind
                              									auch seine mechanischen Verluste, welche fast den ganzen Salpeterverbrauch decken,
                              									um 4 bis 5 Mal zu groſs geworden. Ganz derselbe Fehler hat Davis auf die irrige Ansicht geführt, es bestehe zwischen der am
                              									Gay-Lussac-Thurme entweichenden salpetrigen Säure (er glaubt, es sei Stickoxyd) und
                              									der in der Gay-Lussac-Säure enthaltenen Menge Arsen die durch folgende Gleichung
                              									ausgedrückte Beziehung: As2O3 + 2N2O3 = As2O5 + 2N2O2. Das Experiment zeigt aber, daſs arsenige Säure
                              									salpetrige Säure nicht zu reduciren vermag, wie dies auch zu erwarten war.
                           Ich habe diese Umstände Hrn. Davis selbst mitgetheilt,
                              									und er hat deshalb auch seine Schlüsse, so weit sie sich auf solche Fabriken
                              									beziehen, welche mit Gay-Lussac- und Glover-Thürmen arbeiten, zurückgezogen.
                           Widnes, Anfang Juni 1878.
                           
                        
                           
                              Schluſsbemerkung zu Obigem: von G. Lunge.
                              
                           Es fällt mir nicht ein, die Genauigkeit von Davis'
                              									Arbeiten in Schutz nehmen zu wollen; aber ohne auf dieselben näher einzugehen, kann
                              									man sie ganz wie die hierher bezüglichen von Hurter
                              									eben darum nicht gelten lassen, weil, worauf ich schon das letztemal hingewiesen
                              									habe, anemometrische Messungen überhaupt keine verläſslichen Resultate ergeben. Im
                              									besten Falle zeigen sie die Geschwindigkeit der Luft doch nur für den Punkt an, an
                              									welchem die Saugröhren u. dgl. des Anemometers sich befinden, während doch die
                              									Geschwindigkeiten an verschiedenen Stellen des Kanalquerschnittes völlig verschieden
                              									sind. Aus diesem Grunde hat z.B. auch Mactear den
                              									Gebrauch des Anemometers für die Bestimmung der Verluste bei der
                              									Schwefelsäurefabrikation ganz verwerfen zu müssen geglaubt. Daſs Davis übrigens sich der Hurter'schen Ansicht auch nur entfernt angenähert hätte, davon steht in
                              									seiner bezüglichen Erklärung (Chemical News, 1878 Bd. 37
                                 										S. 195) kein Wort.
                           Zürich, Mitte Juni 1878.