| Titel: | Ueber physikalische Veränderungen von Eisen und Stahl bei hoher Temperatur. | 
| Autor: | – r. | 
| Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 36 | 
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                        Ueber physikalische Veränderungen von Eisen und
                           								Stahl bei hoher Temperatur.
                        Wrightson, über Eisen und Stahl.
                        
                     
                        
                           Eine genaue Beobachtung der Molecularveränderungen von Metallen gehört, wenn sie
                              									wissenschaftlichen Werth haben soll, zu den schwierigeren Aufgaben. Bei gewöhnlichen
                              									Temperaturgraden vollziehen sich dieselben so langsam, daſs sehr lange Zeiträume erforderlich sind,
                              									um zuverlässige Resultate zu erhalten; bei hoher Temperatur gehen die Veränderungen
                              									zwar rasch vor sich, allein die Schwierigkeiten der Beobachtung mehren sich so sehr,
                              									daſs letztere in einer groſsen Anzahl von Fällen angestellt werden muſs, um ein
                              									einigermaſsen sicheres Urtheil zu gestatten. Diesen Weg hat Thomas Wrightson nach einem im Engineering,
                                 									1879 Bd. 28 * S. 483 ff. abgedruckten Vortrage im Iron and
                                       										Steel Institute beschritten.
                           Wenn die von ihm gemachten Versuche auch einen verhältniſsmäſsig nur geringen Beitrag
                              									zur Kenntniſs der physikalischen Eigenschaften des Eisens liefern, so haben sie doch
                              									jedenfalls den Werth der Zuverlässigkeit, nicht nur weil sie mit gröſster
                              									Gewissenhaftigkeit und Ausdauer angestellt worden sind, sondern auch weil sie mit
                              									anderen an maſsgebender Stelle gewonnenen Erfahrungen übereinstimmen.
                           Die vorzuführende Versuchsreihe ist eine dreifache, in so fern sie sich erstreckt
                              									auf: I) Die Veränderungen in Schmiedeisen und Guſseisen bei wiederholter Erhitzung
                              									und darauf folgender Abkühlung; II) die Wirkung auf Stäbe und Ringe, wenn nach dem
                              									Erhitzen verschiedene Theile derselben auf verschiedene Weise abgekühlt werden; III)
                              									die Veränderungen, welche in geschmolzenem Eisen während des Erstarrens und
                              									umgekehrt vorgehen.
                           I) Daſs durch den Gebrauch grobkrystallinisch und brüchig gewordenes Eisen, sei es in
                              									Stäben oder Platten, durch Ausglühen wieder sehnig und dehnbar gemacht werden kann,
                              									ist eine bekannte Thatsache; weniger bekannt dagegen dürfte die Art der
                              									Formveränderungen sein, welchen Eisen und Stahl bei bedeutenden plötzlichen
                              									Temperaturunterschieden unterliegen. Um dies zu erfahren, wurden folgende Versuche
                              									angestellt:
                           a) Zwei Stangen aus Schmiedeisen, die eine von gewöhnlicher, die
                              									andere von bester Qualität, je 76cm,33 lang und
                              										2cm,86 im Quadrat, wurden 15 mal hinter
                              									einander dunkel rothglühend gemacht, alsdann plötzlich in Wasser von gewöhnlicher
                              									Temperatur abgekühlt und zwischen je zwei solcher Behandlungen genau in der
                              									Längsrichtung gemessen. Schlieſslich ergab sich eine bleibende Verkürzung bei
                              									ersterer von 17mm,27 oder 2,26 Proc. und bei
                              									letzterer von 14mm,22 oder 1,86 Proc. Die Zunahme der Verkürzung zwischen je zwei
                              									Abkühlungen war ungefähr gleich und betrug durchschnittlich 0,13 Proc.
                           b) Eine schmiedeiserne Stange von derselben Gröſse wie vorher, 5
                              									mal hinter einander dunkel rothglühend gemacht und in atmosphärischer Luft
                              									allmählicher Abkühlung ausgesetzt, erlitt keine Formveränderung.
                           c) Ein schmiedeiserner Reifen mit 1m,465 äuſserem Umfang, zusammengeschweiſst aus einem Stab von 2cm,86 im Quadrat, wurde 25 mal dunkel rothglühend
                              									gemacht und dann plötzlich in Wasser abgekühlt. Das Umfassungsmaſs nahm dabei um
                              										4cm,47 gleich 3,05 Proc. und zwischen je zwei
                              									Abkühlungen ziemlich regelmäſsig um 0,122 Proc. ab.
                           Die Resultate von a und c sind demnach ungefähr dieselben.
                           Da sich obige Versuche nur auf das Verhalten von Eisenstäben in der Längsrichtung
                              									beziehen, so wurden erstere in folgender Weise ausgedehnt:
                           
                           d) Eine genau winklig bearbeitete schmiedeiserne Platte, 30cm,48 lang, 15cm,24 breit und 18mm,8 dick, von guter
                              									Qualität und nach zwei verschiedenen Ermittlungen von 7,629 und 7,651 oder
                              									durchschnittlich von 7,64 sp. G. wurde 50 mal rothglühend gemacht und in Wasser von
                              									gewöhnlicher Temperatur abgekühlt. Nach je 10 Vornahmen wurden genaue Messungen
                              									vorgenommen, wobei sich ergab, daſs mit jeder Abkühlung die Lange und Breite
                              									abgenommen hatte, während die Platte zum Schlusse der Versuche in der Richtung der
                              									Dicke mehrfach Ausbauchungen und Risse zeigte. Nach der 50. Abkühlung hatte die
                              									Platte in der Längsrichtung 6,2, in der Breite 6,52 Proc. abgenommen, dagegen in der
                              									Dicke 4,6 Proc. zugenommen bei einer Zunahme des Gesammtvolumens von 8,2 Proc. – Es
                              									wurden nun 3 Stücke und zwar je eins aus dem schwächsten, mittleren und stärksten
                              									Theile der Platte herausgehauen, welche 7,552, 7,574 bezieh. 7,560 oder
                              									durchschnittlich 7,562 sp. G. ergaben. Letzteres hatte demnach um 1,02 Proc.
                              									abgenommen. Weiter fortgesetzte Versuche ergaben, daſs das specifische Gewicht bis
                              									zur 100. Erhitzung bezieh. Abkühlung um etwa 1,57 Proc. abnimmt und von da ab
                              									unverändert bleibt.
                           Aus dem oben Mitgetheilten folgt, daſs die Form Veränderung verschiedene Ursachen
                              									hat: 1) Durch die fortwährende Zusammenziehung der äuſseren Haut wird entweder eine
                              									Verkleinerung der Masse veranlaſst, oder es entstehen seitliche Ausbauchungen. 2)
                              									Aus der Abnahme des specifischen Gewichtes folgt eine Vergröſserung der Masse,
                              									welche in den Ausbauchungen ihre Bestätigung findet. 3) Auſserdem muſs eine
                              									Verminderung der Masse stattfinden durch die bei jeder Erhitzung und Abkühlung sich
                              									wiederholenden Schalenbildungen.
                           e) Zur Ermittlung der Schalenbildungen wurde mit einem
                              									rechteckigen Plattenstück von denselben Gröſsenverhältnissen wie oben gearbeitet.
                              									Dasselbe wurde ebenfalls 50 mal zur Rothglut erhitzt und darauf in Wasser von
                              									gewöhnlicher Temperatur plötzlich abgekühlt. Die Erscheinungen in Bezug auf die
                              									Veränderungen der Form boten nichts Neues. Das Gewicht des Platten-Stückes betrug
                              									vor der Erhitzung 6k,66 und nach der 50. Abkühlung
                              										6k,056, entsprechend einer
                              									Gewichtsverminderung von 9,07 Proc. durch Abschalung und einer Verminderung der
                              									Dicke von 0mm,72 über die ganze Oberfläche. Unter
                              									der Annahme, daſs die Abschalung des Plattenstückes überall eine gleichmäſsige ist,
                              									folgt daraus eine Verminderung der Umfassung, sowohl nach der langen als nach der
                              									breiten Seite gemessen, von 8 × 0,73 = 5mm,84. Es
                              									ergibt sich sonach folgende Berechnung:
                           
                              
                                 Der gesammte Umfassungsverlust betrug:
                                 Nach der Länge
                                 Breite
                                 
                              
                                 Bei Plattenstück d
                                 35,05mm
                                 21,84mm
                                 
                              
                                    „          „          e
                                       30,48
                                   13,21
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Durchschnittlich also
                                       32,76
                                   17,52
                                 
                              
                                 Hiervon ab Verlust durch Abschalung
                                         5,84
                                     5,84
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Bleibt Verlust durch Zusammenziehen der
                                    											Masse
                                       26,92
                                   11,68
                                 
                              
                                 Ursprüngliche Umfassung betrug
                                     646,68
                                 341,12
                                 
                              
                                 Somit Verminderung in Procent
                                     4,16 Proc.
                                 3,42 Proc.
                                 
                              
                                 Oder für jede Abkühlung
                                     0,083
                                 0,07
                                 
                              
                           Die Zusammenziehung der Eisenplatte in der
                              									Längsrichtung verhält sich also zu derjenigen eines Eisenstabes wie 0,083 zu
                              									0,125.
                           Wir kommen demnach aus den Resultaten obiger Versuche zu nachfolgenden Schlüssen: 1)
                              									Wenn schmiedeiserne Stäbe oder Platten bis zur Rothglut erhitzt und dann in Wasser
                              									von gewöhnlicher Temperatur plötzlich abgekühlt werden, so findet eine Verminderung
                              									des specifischen Gewichtes statt, welche nach der 50. Abkühlung ungefähr 1 Proc.,
                              									nach der 100. Abkühlung 1,57 Proc. beträgt und von da ab sich nicht weiter verändert. –
                              									2) Bei jeder Abkühlung findet ferner eine Oberflächenverminderung statt, welche
                              									begründet ist: a) In der Oberflächenabschalung, im Betrage von 0mm,73 für je 50 oder 0mm,014 für jede Abkühlung, b) In einer bleibenden Zusammenziehung, welche
                              									mit jeder Abkühlung zunimmt. Dieselbe beträgt für Eisen in Platten nach der
                              									Längsrichtung 0,07 bis 0,083 Proc. und für Stäbe 0,122 bis 0,15 Proc. Diese Zahlen
                              									sind erwiesen bis zur 50. Abkühlung. – 3) Bei Eisenplatten finden an den Breitseiten
                              									Ausbauchungen statt, welche nach dem Plattenmittel zu ihre gröſste Ausdehnung
                              									erreichen. – 4) Schmied eiserne Stäbe, bis zur Rothglut erhitzt, erleiden, wenn sie
                              									in atmosphärischer Luft allmählich abgekühlt werden, keine Formveränderung.
                           Die Gröſsenverminderung durch Abschalung bedarf keiner weiteren Erklärung; die
                              									fortschreitende Volumenverminderung durch wiederholte Erhitzung und darauf folgende
                              									Wiederabkühlung dagegen ist nur dadurch erklärlich, daſs die Entfernung der
                              									einzelnen Eisenmolecüle unter einander sich durch plötzliche Temperaturwechsel
                              									ändert. Dieses Verhalten ist indessen bei anderen Metallen wesentlich verschieden.
                              									Stäbe aus gegossenem Kupfer zeigten in der Luft abgekühlt gar keine Formveränderung,
                              									im Wasser abgekühlt, nach dem 10. Versuch eine Ausdehnung von 0,125 Proc. Stäbe aus
                              									Guſseisen dehnten sich sowohl bei allmählicher, als plötzlicher Abkühlung um 0,13
                              									und 0,10 Proc. aus, während Radreifen aus Stahl sich bei plötzlicher Abkühlung um
                              									0,14 Proc. zusammenzogen.
                           II) Ein von dem bisher beschriebenen ganz abweichendes und jeder Voraussetzung
                              									widersprechendes Verhalten zeigen Eisenstäbe, wenn dieselben im rothglühenden
                              									Zustand nur theilweise in Wasser eingetaucht werden. Es wurden folgende Versuche
                              									angestellt:
                           a) Ein schmiedeiserner Ring von 45cm,72 äuſserem Durchmesser, entsprechend einem Umfang von 1m,47, zusammengeschweiſst aus einer Stange von
                              										8cm,89 Breite und 1cm,27 Dicke, wurde, nachdem er rothglühend
                              									gemacht, flach gelegt und bis zur halben Höhe in kaltes Wasser eingetaucht. Nach der
                              									20. Abkühlung zeigte derselbe eine Ausdehnung am unteren Ende von 3cm,15 oder 2,14 Proc. und eine Zusammenziehung am
                              									oberen Ende von 20cm,07 oder 13,65 Proc. Die
                              									Ausdehnung bezieh. Zusammenziehung war zwischen je 2 Abkühlungen eine ziemlich
                              									gleichmäſsig fortschreitende. Hierbei fällt sofort die Ausdehnung im Wasser und die
                              									Zusammenziehung in der Luft auf.
                           b) Eine schmiedeiserne Stange 72cm,13 lang, 8cm,89 breit und 1cm,27 dick wurde ebenfalls rothglühend gemacht und
                              									mit der flachen Seite, hochkantig zur Hälfte in Wasser eingetaucht, worauf dieselbe
                              									sich krümmte und am unteren Ende eine Ausdehnung von 1cm,117 oder 1,55 Proc. und am oberen Ende eine Zusammenziehung von 4cm,98 oder 6,9 Proc. nach der 12. Abkühlung
                              									zeigte. Auch hier schritt Ausdehnung und Zusammenziehung zwischen je zwei
                              									Abkühlungen ziemlich gleichmäſsig fort.
                           c) Um zu zeigen, welche Wirkung der umgekehrte Abkühlungsproceſs
                              									hat, wurde eine schmiedeiserne Stange von 71cm,12
                              									Länge, 8cm,89 Breite und 1cm,27 Dicke rothglühend gemacht und ganz wie oben
                              									5 mal bis zur halben Höhe in Wasser eingetaucht, worauf dieselbe sich mit einer
                              									Bogenhöhe von 3cm,81 an der concaven Seite krümmte. Darauf wurde
                              									die Stange umgedreht und wieder 5 mal mit dieser Seite in Wasser abgekühlt, während
                              									die convexe Seite der Luft ausgesetzt blieb. Hierbei ereignete es sich, daſs die
                              									Stange bei der 10. Abkühlung wieder gerade gerichtet wurde und bei der 11. Abkühlung
                              									sich entgegengesetzt bog.
                           Zur weiteren Bestätigung dieser Erscheinungen wurde hierauf noch
                              									eine Reihe von Versuchen mit schmiedeisernen Ringen verschiedener Gröſse vorgenommen
                              
                              									und letztere zur Abkühlung in verschiedenen Tiefen in Wasser eingetaucht. Das
                              									Endresultat war in allen Fällen in so fern dasselbe, als der dem Wasser ausgesetzte
                              									Theil eine Ausdehnung und der der Luft ausgesetzte eine Zusammenziehung erlitt.
                           Die Erklärung dieser Erscheinungen ist weniger einfach als diejenige der vorhin
                              									besprochenen. Das beschriebene Verhalten läſst sich nur zurückführen auf die
                              									wechselseitigen Einflüsse der die Abkühlung in verschiedenem Maſse fördernden
                              									Mittel. Der in das Wasser eingetauchte Theil hat das Bestreben, sich schnell
                              									zusammenzuziehen, wird aber durch den der Luft ausgesetzten Theil hieran theil weise
                              									verhindert, erstarrt und übt seine Wirkung auf letzteren nur in so weit aus, als er
                              									dessen Masse bis zu einem gewissen Grade einengt. Hierauf beginnt erst bei diesem
                              									die Wirkung der ihm durch die Abkühlung eigenthümlichen Zusammenziehung, welche
                              									durch die vorausgegangene Einschnürung sich in höherem Grade äuſsert, als dies der
                              									Fall gewesen wäre ohne die Verbindung mit dem in das Wasser eingetauchten Theil. Da
                              									nun aber während der Zusammenziehung des oberen Theiles die in der Nähe des
                              									Wasserspiegels befindliche Metallmasse schon erstarrt ist, während die höher
                              									liegenden Theile derselben noch glühen, so muſs nothwendig nach vollendeter
                              									Erstarrung der Stab oder Ring eine conische Form annehmen, welche sich auch den dem
                              									Wasser ausgesetzten Massen mittheilt und dieselben an der unteren Kante aus einander
                              									zu reiſsen bestrebt ist. Hieraus folgt die geringe Ausdehnung im Wasser und die
                              									starke Zusammenziehung in der Luft.
                           Auch hier finden wir wieder ein abweichendes Verhalten bei den verschiedenen
                              									Metallen:
                           d) Ein gegossener Kupferring, ausgebohrt und abgedreht, von 15cm,24 äuſserem Durchmesser, 5cm,08 hoch und 0cm,95 dick, rothglühend gemacht und 20 mal zur Hälfte in Wasser abgekühlt,
                              									zeigte am oberen Ende im Umfang eine Zusammenziehung von nur 5mm,08 oder 0,10 Proc., welche indessen schon von
                              									der 4. Abkühlung an nicht mehr zunahm; am unteren Ende dagegen war im Umfang eine
                              									Ausdehnung von 17mm,78 oder 3,70 Proc.
                              									bemerkbar.
                           e) Ein Stahlring, ausgebohrt und abgedreht, von 47cm,07 äuſserem Umfang, 6cm,03 hoch und 6mm,86 dick, ebenfalls rothglühend gemacht und 3 mal in Wasser bis zur
                              									Hälfte eingetaucht, ergab am oberen Ende eine Zusammenziehung von 5mm,08 oder 1,08 Proc. und am unteren Ende eine
                              									Ausdehnung von 1mm,27 oder 0,27 Proc. Der dem
                              									Wasser ausgesetzte Theil war an verschiedenen Stellen geborsten.
                           III) Der einfachste Weg, um die Vorgänge in geschmolzenem und erstarrendem Guſseisen
                              									zu beobachten, besteht darin, voll gegossene eiserne Kugeln in die geschmolzene
                              									Masse einzutauchen und deren Verhalten bis zum Flüssigwerden aufzuzeichnen. Es mag
                              									hier vorausgeschickt werden, daſs oft die irrige Ansicht herrscht, festes Eisen sei specifisch leichter
                              									als geschmolzenes, weil ersteres auf letzterem schwimmt. Dies beruht jedoch auf
                              									einer ungenauen Beobachtung, wie aus nachstehenden Versuchen zur Genüge hervorgeht.
                              									Jedes in geschmolzenes Roheisen geworfene oder frei eingetauchte Eisenstück sinkt in
                              									ersterem bis zu einer gewissen Tiefe nieder, erhitzt sich dadurch, vergröſsert sein
                              									Volumen und tritt erst an die Oberfläche, nachdem die erlittene Ausdehnung so groſs
                              									geworden ist, daſs das Gewicht der von ihm verdrängten flüssigen Masse sein eigenes
                              									Gewicht übersteigt.
                           Zur bequemen Beobachtung des Verhaltens von Eisenkugeln, welche in flüssiges Eisen
                              									eingetaucht worden sind, ist eine Federwage mit rundem Zifferblatt und darauf
                              									drehbarem Zeiger sehr geeignet. Man befestigt ringförmig um den äuſseren Rand des
                              									Zifferblattes, jedoch ohne die Ziffern zu bedecken, einen Papierstreifen. An die
                              									Schale hängt man eine steife eiserne Stange von etwa 1k Schwere und markirt auf dem Papierstreifen die Stelle, welche der Zeiger
                              									in Folge dessen einnimmt. In diesem Zustand stellt man die Wage über einen Behälter
                              									mit flüssigem Eisen so auf, daſs das untere Ende der Stange unmittelbar über dem
                              									Eisenspiegel schwebt; befestigt man nun an demselben eine eiserne Kugel derart, daſs
                              									dieselbe in dem geschmolzenen Eisen schwimmt, so müſste, wenn die specifischen
                              									Gewichte der Kugel und des flüssigen Eisens gleich wären, die Stellung des Zeigers
                              									unverändert bleiben. Dies ist indessen, wie wir gleich sehen werden, nicht der Fall.
                              									Unmittelbar nach dem Eintauchen gibt der Zeiger ein höheres Gewicht an, geht dann
                              									sehr rasch bis über die zuerst gezeichnete Stelle zurück und kommt erst zum
                              									Stillstand, nachdem die Kugel zum gröſsten Theil über der Oberfläche sichtbar
                              									geworden ist. Von dem Augenblick ab, wo die Kugel zu schmelzen beginnt, macht der
                              									Zeiger den umgekehrten Weg und bleibt schlieſslich auf der ersten Marke stehen.
                              									Diese Zeigerbewegung läſst sich, unter Berücksichtigung der zwischen den einzelnen
                              									Zeigerstellungen verlaufenen Zeiträumen, zur Aufzeichnung von Diagrammen auf dem
                              									Papierstreifen benutzen, aus welchem das Gewichtsverhältniſs zwischen flüssigem und
                              									festem Eisen in jedem Augenblick ersichtlich ist. Es wurden beispielsweise 5 Kugeln
                              									von verschiedener Gröſse in die geschmolzene Masse eingetaucht und dabei Folgendes
                              									beobachtet:
                           
                              
                                 Nr.
                                 Durchmesser
                                 Gewicht
                                 1. Versuch
                                 2. Versuch
                                 
                              
                                 1
                                      2,54cm
                                  0,057k
                                          5 Sec.
                                          3 Sec.
                                 
                              
                                 2
                                   5,08
                                 0,496
                                 25
                                 –
                                 
                              
                                 3
                                   7,62
                                 1,644
                                 20
                                 15
                                 
                              
                                 4
                                 10,16
                                 3,657
                                   6
                                 15
                                 
                              
                                 5
                                 12,70
                                 7,654
                                   5
                                  10.
                                 
                              
                           (Die verzeichneten Secunden geben den Zeitunterschied
                              									zwischen dem Eintauchen und Wiedererscheinen der Kugeln an der Metalloberfläche
                              									an.)
                           Die auf den ersten Augenblick auffallenden Zeitunterschiede im Aufsteigen der Kugeln
                              									haben ihren Grund lediglich in dem verschiedenen Verhältniſs zwischen Oberfläche
                              									und Inhalt derselben. Kugel Nr. 1 stieg am schnellsten, weil in Folge ihrer geringen
                              									Masse die Hitze sehr rasch bis zum Mittelpunkt vorgedrungen war, was bei Nr. 2 und 3
                              									nicht in dem Maſse der Fall sein konnte. Da nun bei Kugeln die Oberflächen sich wie
                              									die zweiten und die Inhalte wie die dritten Potenzen der Durchmesser verhalten, so
                              									brauchte bei den schwereren Kugeln Nr. 4 und 5 die Erhitzung in linearer Richtung
                              									weniger tief in das Innere vorzudringen, um die zum Steigen erforderliche
                              									Verminderung des specifischen Gewichtes zu erzeugen, als bei Nr. 2 und 3.
                           Genau umgekehrt, wie ein in flüssigem Eisen sich erhitzendes und schmelzendes, festes
                              									Eisenstück, muſs sich eine flüssige und allmählich erstarrende Eisenmasse verhalten.
                              									Wir finden dies in der That bei Beobachtung frisch angefertigter Guſsstücke. Die
                              									Form wird gewöhnlich in linearer Richtung 1 Proc. gröſser gemacht, als das Guſsstück
                              									nach dem Erkalten sein soll. Trotzdem dehnt sich das Eisen unmittelbar nach dem
                              									Eingieſsen aus; den Beweis dafür finden wir in der scharfen Auszeichnung sämmtlicher
                              									Kanten und Ecken in der Formmasse. Sobald aber die äuſsere Haut erstarrt, zieht
                              									dieselbe sich zusammen und übt einen gewaltigen Druck auf die innere noch
                              									groſsentheils flüssige Masse, so daſs dieselbe theilweise aus der Einguſsöffnung
                              									herausquillt. Dieser Vorgang ist, nebenbei bemerkt, von auſserordentlicher
                              									Wichtigkeit für das Zustandekommen dichter Güsse. Sobald die innere Masse nun aber
                              									ebenfalls zu erstarren beginnt, zieht sich ein Theil des emporgequollenen Metalles
                              									wieder in den zuerst gebildeten Mantel zurück. Wir haben also zunächst eine kurze
                              									schnelle Abnahme und darauf folgende stetige Zunahme des specifischen Gewichtes vom
                              									Augenblick des Eingieſsens in die Form bis zur vollendeten Erstarrung.
                           Um die auf einander folgenden Aenderungen des specifischen Gewichtes von festen
                              									Eisenstücken, welche in geschmolzenem Eisen erhitzt werden, genau graphisch
                              									darstellen zu können, haben Elliott Brothers in London
                              									einen Apparat construirt mit einem senkrecht stehenden und durch ein Uhrwerk
                              									gleichförmig drehbaren Cylinder, welcher mit Papier überkleidet wird. Der gegen den
                              									Cylindermantel federnd angedrückte Schreibstift steckt an dem Ende des Zeigers der
                              									Federwage, an welcher das einzutauchende Eisenstück hängt. Während nun der Zeiger
                              									beim Erhitzen des Eisenstückes in der Fluſsmasse senkrecht auf- und abgehende
                              									Bewegungen macht und der Cylinder durch das Uhrwerk in Drehung versetzt ist,
                              									zeichnet der Schreibstift auf letzterem eine stetige Curve als Diagramm der zu
                              									beobachtenden Erscheinungen. Die mit diesem Instrument ausgeführten Versuche stimmen
                              									genau mit den oben angegebenen Resultaten überein.
                           
                              
                                 –
                                    										r.