| Titel: | Ueber Neuerungen in der Spiritusfabrikation. | 
| Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 60 | 
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                        Ueber Neuerungen in der
                           								Spiritusfabrikation.
                        (Fortsetzung des Berichtes Bd. 235 S.
                           								51.)
                        Ueber Neuerungen in der Spiritusfabrikation.
                        
                     
                        
                           Die Bestimmung des Stärkemehles in den
                                 										Kartoffeln aus dem specifischen Gewichte derselben ist zuerst von Berg (1837 65 48)
                              									ausgeführt, dann von Holdefleiſs (1879 231 164) u.a. weiter ausgebildet. M. Märcker (Zeitschrift für
                                       										Spiritusindustrie, 1879 S. 362) hat nun auf Grund von 144 Bestimmungen
                              									folgende Tabelle für den Gehalt an Trockensubstanz aufgestellt.
                           Danach weichen die Angaben von Holdefleiſs nur um etwa
                              									0,5 Proc. von diesen ab, während die Tabelle von Heidepriem Abweichungen bis 1,2 und die von Balling bis 3,5 Proc. gibt. Nach den vorliegenden Versuchen kann man die
                              									Bestimmung des Trockensubstanzgehaltes durch Ermittlung des specifischen Gewichtes
                              									im Allgemeinen als ziemlich zuverlässig gelten lassen.
                           Viel weniger zutreffend ist der Gehalt an Stärkemehl in Beziehung zum specifischen
                              									Gewicht. Für das specifische Gewicht von 1,097 ergaben sich z.B. unter 9 Proben
                              									15,23 bis 18,31 Proc. Stärke, also Unterschiede bis zu 3,6 Proc. Danach bildet das
                              									specifische Gewicht einen sehr unsicheren Ausdruck für den Stärkegehalt ärmerer
                              									Kartoffeln, während sich für die reicheren Kartoffeln Fehlergrenzen von nur 0,3 bis
                              									0,5 Proc. ergeben, Für wissenschaftlich genaue Versuche ist daher diese
                              									Untersuchungsmethode nicht brauchbar; in der Praxis wird man
                           
                           
                              
                                 Spec.Gew.
                                 Trocken-substanz
                                 Stärke-mehl
                                 Spec.Gew.
                                 Trocken-substanz
                                 Stärke-mehl
                                 Spec.Gew.
                                 Trocken-substanz
                                 Stärke-mehl
                                 
                              
                                 
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                              
                                 1,080
                                 19,7
                                 13,9
                                 1,107
                                 25,5
                                 19,7
                                 1,134
                                 31,3
                                 25,5
                                 
                              
                                 081
                                 19,9
                                 14,1
                                 108
                                 25,7
                                 19,9
                                 135
                                 31,5
                                 25,7
                                 
                              
                                 082
                                 20,1
                                 14,3
                                 109
                                 25,9
                                 20,1
                                 136
                                 31,7
                                 25,9
                                 
                              
                                 083
                                 20,3
                                 14,5
                                 1,110
                                 26,1
                                 20,3
                                 137
                                 31,9
                                 26,1
                                 
                              
                                 084
                                 20,5
                                 14,7
                                 111
                                 26,3
                                 20,5
                                 138
                                 32,1
                                 26,3
                                 
                              
                                 085
                                 20,7
                                 14,9
                                 112
                                 26,5
                                 20,7
                                 139
                                 32,3
                                 26,5
                                 
                              
                                 086
                                 20,9
                                 15,1
                                 113
                                 26,7
                                 20,9
                                 1,140
                                 32,5
                                 26,7
                                 
                              
                                 087
                                 21,2
                                 15,4
                                 114
                                 26,9
                                 21,1
                                 141
                                 32,7
                                 27,0
                                 
                              
                                 088
                                 21,4
                                 15,6
                                 115
                                 27,2
                                 21,4
                                 142
                                 33,0
                                 27,2
                                 
                              
                                 089
                                 21,6
                                 15,8
                                 116
                                 27,4
                                 21,6
                                 143
                                 33,2
                                 27,4
                                 
                              
                                 1,090
                                 21,8
                                 16,0
                                 117
                                 27,6
                                 21,8
                                 144
                                 33,4
                                 27,6
                                 
                              
                                 091
                                 22,0
                                 16,2
                                 118
                                 27,8
                                 22,0
                                 145
                                 33,6
                                 27,8
                                 
                              
                                 092
                                 22,2
                                 16,4
                                 119
                                 28,0
                                 22,2
                                 146
                                 33,8
                                 28,0
                                 
                              
                                 093
                                 22,4
                                 16,6
                                 1,120
                                 28,3
                                 22,5
                                 147
                                 34,1
                                 28,3
                                 
                              
                                 094
                                 22,7
                                 16,9
                                 121
                                 28,5
                                 22,7
                                 148
                                 34,3
                                 28,5
                                 
                              
                                 095
                                 22,9
                                 17,1
                                 122
                                 28,7
                                 22,9
                                 149
                                 34,5
                                 28,7
                                 
                              
                                 096
                                 23,1
                                 17,3
                                 123
                                 28,9
                                 23,1
                                 1,150
                                 34,7
                                 28,9
                                 
                              
                                 097
                                 23,3
                                 17,5
                                 124
                                 29,1
                                 23,3
                                 151
                                 34,9
                                 29,1
                                 
                              
                                 098
                                 23,5
                                 17,7
                                 125
                                 29,3
                                 23,5
                                 152
                                 35,1
                                 29,3
                                 
                              
                                 099
                                 23,7
                                 17,9
                                 126
                                 29,5
                                 23,7
                                 153
                                 35,4
                                 29,6
                                 
                              
                                 1,100
                                 24,0
                                 18,2
                                 127
                                 29,8
                                 24,0
                                 154
                                 35,6
                                 29,8
                                 
                              
                                 101
                                 24,2
                                 18,4
                                 128
                                 30,0
                                 24,2
                                 155
                                 35,8
                                 30,0
                                 
                              
                                 102
                                 24,4
                                 18,6
                                 129
                                 30,2
                                 24,4
                                 156
                                 36,0
                                 30,2
                                 
                              
                                 103
                                 24,6
                                 18,8
                                 1,130
                                 30,4
                                 24,6
                                 157
                                 36,2
                                 30,4
                                 
                              
                                 104
                                 24,8
                                 19,0
                                 131
                                 30,6
                                 24,8
                                 158
                                 36,4
                                 30,6
                                 
                              
                                 105
                                 25,0
                                 19,2
                                 132
                                 30,8
                                 25,0
                                 159
                                 36,6
                                 30,8
                                 
                              
                                 106
                                 25,2
                                 19,4
                                 133
                                 31,0
                                 25,2
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           aber den Stärkemehlgehalt der Kartoffeln im Mittel auf etwa
                              									0,4 Proc. finden, da sieh dann die Ungenauigkeiten bis zu einem gewissen Grade
                              									ausgleichen.
                           A. Küster beschreibt in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, * 1880 S. 30 eine einfache Methode der
                              									Bestimmung des specifischen Gewichtes der Kartoffeln, die jedoch weniger gute
                              									Resultate geben dürfte als die gebräuchlichen Wagen.
                           J. Scheibner hebt in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1880 S. 47 hervor, daſs durch die
                              									chemische Analyse höhere Stärkewerthzahlen festgestellt werden wie in der Praxis,
                              									namentlich bei Stickstoff reichen Maischmaterialien. Vielleicht werden bei der
                              									chemischen Behandlung auch solche Stoffe in Dextrose umgewandelt, welche bei der
                              									gewöhnlichen Maischbereitung nicht in Zucker übergehen, oder aber ein Theil der
                              									Fehling'schen Lösung wird durch Eiweiſskörper reducirt,
                           Erfahrungen mit neueren Maischapparaten liegen eine
                              									ganze Anzahl vorZeitschrift für Spiritusindustrie, 1879 S. 121.
                                    											247. 314. 327. 1880 S. 49., denen wir folgende Angaben entnehmen.
                              									In der Brennerei zu Hohenjesar werden je 350k Mais
                              									in einem Henze'schen Dämpfer durchaus gleichmäſsig und
                              									gut aufgeschlossen, obgleich dieser keine Vorrichtung zur weiteren mechanischen
                              									Zerkleinerung der Körner hat. Die Dämpfzeit beträgt 1¾ Stunden; während der letzten 45
                              									Minuten wird der Druck auf 3at,5 gesteigert.
                           Die Lwowski'sche Maischmühle (* 1879 231 335) hat sich auf der Brennerei in Burgbelchau
                              									bewährt; die Kartoffeln werden sehr gut aufgeschlossen und sollen einen wesentlich
                              									höheren Spiritusertrag geben. Ebenso wird günstig über die Apparate von Bohm (1879 231 167) und Paucksch (* 1879 232 64)
                              									berichtet.
                           Ueber das Ansäuren alkalischer Maischen. H. Briem (Organ des Centralvereines für Rübenzuckerindustrie,
                              									1880 S. 23) führt auf Grund der Untersuchungen von Märcker (1879 234 405) die Ansäuerung der
                              									verdünnten Melasse von 30° B. in der Weise aus, daſs die mit Schwefelsäure versetzte
                              									Flüssigkeit so lange auf etwa 50° erwärmt wird, bis der Schaum mit der entwickelten
                              									Kohlensäure verschwunden ist. Dann wird Kalkmilch zugesetzt, bis Lackmuspapier
                              									deutlich blau wird. In Folge dieser Behandlung wurden stets tadellose Gährungen
                              									erhalten.
                           Von einigen Seiten wird das Ansäuren der Maische als überflüssig, ja schädlich
                              									bezeichnet, wenn die Schlempe auf Potasche verarbeitet wird. Dabei ist jedoch zu
                              									berücksichtigen, daſs im Schlempeofen ein Theil des schwefelsauren Kaliums wieder in
                              									kohlensaures zurückverwandelt wird. Wenn ohne Säurezusatz die Melasse zufällig nur
                              									schwach alkalisch oder die Säuremenge der Hefe eine genügend groſse ist, wird ohne
                              									Zweifel auch bei sonstigen normalen Verhältnissen eine gesunde Gährung von Statten
                              									gehen können. In der Regel wird dies jedoch nicht der Fall sein, abgesehen davon,
                              									daſs es überhaupt verwerflich ist, statt einer billigen Mineralsäure die theure
                              									Milchsäure der Hefe zu verwenden, wo es in manchen Fällen wohl möglich wäre, die
                              									Menge des Fermentes zu vermindern. Nach anderen Angaben soll die Melasse
                              									neutralisirt oder aber angesäuert werden. Nirgend ist aber auf die Säure der Hefe (1
                              									bis 1k,2 in 100l) Rücksicht genommen, welche in allen diesen Fällen einen mehr oder weniger
                              									bedeutenden Säureüberschuſs bewirkt und so die Reinheit der Gährung stört.
                           E. Bauer berichtet in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1880 S. 43 über eine Reihe von
                              									Versuchen, bei welchen die Maische bis zur eben schwach sauren Reaction mit
                              									Schwefelsäure versetzt wurde. In vielen Fällen, wo die Melasse jedenfalls geringe
                              									Mengen flüchtiger Säuren enthielt, war die Gährung normal, oft vorzüglich. Oft trat
                              									jedoch bei derselben Behandlung und gleich guter Hefe, aber anderer Melasse ein
                              									Mattwerden der Gährung ein, welches ein langsameres Vorgehen derselben, eine
                              									schlechtere Vergährung und eine mehr oder weniger verminderte Ausbeute zur Folge
                              									hatte. Dabei ist noch zu bemerken, daſs 10 Procent der Melasse als Ferment verwendet
                              									wurden. Die Hefe wurde mit 1hl Melassemaische zur
                              									Gährung angesetzt, nach 3 bis 4 Stunden in den Vorgährbottich gelassen, welcher die
                              									Hälfte Rauminhalt des Hauptbottiches hatte, um von da nach 2 bis 3 Stunden mit der übrigen Maische in
                              									den Hauptbottich gefüllt zu werden.
                           Die äuſseren Erscheinungen machen sich bei einem Säureüberschuſs vor allem in dem
                              									Mangel einer Deckenbewegung geltend. Findet eine solche statt, so erscheinen kurze
                              									Zeit nach dem Anstellen, nachdem der Säuregehalt noch nicht beträchtlich gestiegen
                              									ist, niedrige, verschwommene Wellen, die jedoch mit zunehmender Gährung und
                              									zunehmender Säure bald verschwinden, um entweder im günstigeren Falle bis zu Ende
                              									der Gährung eine bewegungslose Decke zu behalten oder, falls der Säuregehalt ein
                              									beträchtlicherer, in theilweises, besonders an den Rändern des Bottichs auftretendes
                              									sogen. Kochen zu gerathen. In besonders ungünstigen Fällen, also bei besonders hohem
                              									Säuregehalt, geräth der ganze Bottich in diese Gährungsform, wobei die Oberfläche
                              										„spiegelt“, sehr dunkel erscheint und bald die Decke verliert. Die
                              									Erwärmung ist hierbei eine beträchtlichere und die Vergährung, besonders dem Ende
                              									zu, sehr verlangsamt. Nie wird die Deckenbewegung eine fortdauernd lebhafte sein,
                              									was sich leicht durch die mattere Gährung erklärt; besonders charakteristisch bei
                              									starker Säurebildung erscheint aber die dunkle Farbe der Maische. Die
                              									Alkoholausbeute fiel in solchen Fällen von 5,1 bis 5,2 Proc. für 1hl auf 4,8 Proc. und noch tiefer.
                           Auch das Mikroskop läſst den auſsergewöhnlichen Zustand einer
                              									solchen Gährung erkennen. Während bei einer normalen Gährung nach einer 12 stündigen
                              									Gährdauer die Pilze zumeist noch mit ungetheilten Vacuolen versehen sind, die Zahl
                              									der abgestorbenen Zellen im Verhältniſs zu den gesunden eine verschwindend kleine
                              									sein muſs (durch den hervortretenden Doppelrand an der Peripherie den naturgemäſs
                              									erfolgten Tod nach vollendeter Lebensfunction anzeigend) und die Menge und
                              									individuelle Ausbildung der Bacterien eine schwache ist, finden wir andererseits bei
                              									Säureüberschuſs, daſs die Anzahl der abgestorbenen Zellen eine weit beträchtlichere
                              									ist, die Zellmembrane, besonders an den älteren todten Zellen, angegriffen
                              									erscheinen und die Bacterienbildung immer eine bedeutende, oft enorme ist. Diese
                              									beträchtliche Bacterienbildung ist eine einfache Folge des Absterbens der
                              									Hefenpilze. Die in ihrer Entwicklung nun nicht mehr beengten Bacterien, welche gegen
                              									Säure weit widerstandsfähiger sind, werden sich nicht nur auf Kosten der
                              									abgestorbenen Pilze ernähren, sondern auch den noch gesunden die Nahrung entziehen.
                              									Diese schädliche Wirkung einer einmal hervorgerufenen Säuerung steigert sich, da die
                              									bei der unreinen Gährung gebildeten Nebenproducte, höhere Alkohole, Aldehyde und
                              									Fettsäuren, die Hefe um so schneller tödten.
                           Enthalten die Melassen gröſsere Mengen Fettsäuren, was besonders häufig bei solchen
                              									der Fall ist, die von faulenden Rüben herrühren, so treten solche Erscheinungen
                              									häufiger auf, und zwar um so stärker, je concentrirter die Maische ist, weil in
                              									Folge dessen auch der Gehalt an Fettsäuren um so gröſser ist. Hierin ist wohl ein
                              									Hauptgrund zu suchen, daſs die Gährung concentrirter Melassenmaischen überhaupt nie
                              									oder höchst selten eine so reine sein wird, wie weniger concentrirter, und daſs die
                              									Alkoholausbeute bei denselben auch entsprechend geringer ausfällt.
                           Bauer hat beobachtet, daſs auf 17,5° Saccharometer
                              									Concentration gestellte
                              									Maischen bis auf 10° Sacch. vergohren und schnell in Säuerung übergingen. Das
                              									Mikroskop zeigte bereits nach 16 Stunden eine groſse Anzahl abgestorbener Zellen und
                              									zahlreiche Bacterien, und nach 24 Stunden war der Säuregehalt auf 1,1 Proc.
                              									gestiegen, die Alkoholgährung vollständig vernichtet. Einmal blieben 2 Bottiche von
                              									je 220hl Inhalt gleichzeitig auf 10° stehen, der
                              									Säuregehalt betrug bei beiden 10g,8 Milchsäure im
                              									Liter, die Gesammtsäure eines Bottichs somit 216k,
                              									welche in einem Fall durch 120k kohlensauren Kalk
                              									neutralisirt wurden. Dann wurden 50k Bierhefe
                              									zugesetzt, um die Gährung wieder einzuleiten, was auch in so fern gelang, als die
                              									Maische innerhalb 4 Stunden 2° abgohr, worauf der Bottich die Decke verlor und
                              									völlig todt schien. Der Säuregehalt betrug nach 6 Stunden wieder 1 Proc. und das
                              									Mikroskop wies neben den abgestorbenen Hefenzellen eine groſse Menge
                              									Stäbchenbacterien verschiedener Formen auf. Der Bottich ohne Kreide gab 5841, der mit Kreidezusatz dagegen 7401 absoluten Alkohol aus den gleichen Mengen
                              									Melasse. Vielleicht wäre die Wirkung noch eine bessere gewesen, wenn man den
                              									Säuregehalt nicht hätte so hoch steigen lassen und noch während der Gährung
                              									denselben neutralisirt hätte.
                           Die Hefe gedeiht aber ebenso wenig in einer sauren wie in einer alkalischen
                              									Flüssigkeit, sie stirbt nach und nach ab; es findet dabei eine Säureentwicklung
                              									statt, welche im Verein mit der von den gesunden Zellen und mit den durch die Hefe
                              									in die Maische gelangten Bacterien entwickelten Säuremengen endlich im Stande sind,
                              									die Alkalinität der Maische zu neutralisiren. Ist dieses erreicht und noch eine
                              									genügende Menge gährungsfähiger Hefenpilze vorhanden, so geht die Gährung dann ruhig
                              									von Statten. Je länger es jedoch dauert, daſs die Neutralisation erreicht ist, um so
                              									gröſser wird die Säurentwicklung sein, um so geringer die Spiritusausbeute. Eine zu
                              									wenig angesäuerte Maische wird zuletzt verhältniſsmäſsig mehr Säure enthalten als
                              									eine normale; die Deckenbewegung wird anfangs eine äuſserst schwerfällige sein. Bei
                              									Kalk reichen Melassen bilden sich, besonders an den Rändern, kleine Schaumvulkane,
                              									aus welchen der zähe Schaum emporquillt. Die Blasen werden milchig trübe,
                              									wahrscheinlich durch ausgeschiedenen kohlensauren Kalk; später verschwindet die
                              									Trübung wieder durch Bildung von Bicarbonat. Bei Melassen mit wenig Kalk, deren
                              									Alkalinität hauptsächlich von kohlensaurem Kalk herrührt, ist die Deckenbewegung
                              									weniger auffallend, der Schaum ungetrübt und weniger zähe.
                           Die mikroskopischen Beobachtungen zeigen, daſs eine starke
                              									Bacterienbildung erst dann eintritt, wenn die Alkalinität überwunden, wie es ja auch
                              									der Natur dieser Organismen entspricht. Dann allerdings, besonders wenn schon eine
                              									beträchtlichere Menge abgestorbener Pilze in der Flüssigkeit vorhanden, ist die
                              									Entwicklung eine desto lebhaftere. Ein besonderes Merkmal ist das vermehrte
                              									Vorkommen von Sproſsverbänden, welche bis zu vier Zellen in der Maische noch nach
                              									Zeitperioden bemerkt werden, bei welchen normal angesäuerte Maischen wenig oder
                              									keine mehrgliedrigen Sproſsverbände aufweisen. Es läſst sich dies einfach durch die verzögerte
                              									Entwicklungsfähigkeit in ursprünglich schwach alkalischen Maischen zurückführen.
                              									Vermehrte Säure scheint überdies ein schnelleres Trennen der Zellen zu bewirken.
                              									Freilich hängen solche Erscheinungen auch von anderen Umständen ab, besonders von
                              									dem Zustand und Zeitpunkt der Abnahme der Mutterhefe, und muſs man sich bei der
                              									mikroskopischen Prüfung vor einseitigen Folgerungen hüten. Weiter bemerkt man, daſs
                              									die Vacuolen sich in solchen Fällen gern zertheilen und früher verschwinden als
                              									unter normalen Verhältnissen. Ein je nach der Alkalinität mehr oder weniger groſser
                              									Theil der Zellen weist angegriffene Membrane auf, ebenso wie dies bei zu stark
                              									angesäuerten Maischen der Fall ist. Auffallend erscheint es, daſs das Wachsthum der
                              									Zellen bei vorübergehender Alkalinität keinen Eintrag zu erleiden scheint, ja im
                              									Gegentheil gefördert wird.
                           Es wird also nur in den seltenen Fällen, wo die Hefensäure zur Neutralisation der
                              									Maische ausreicht, ein weiterer Zusatz von Mineralsäure entbehrlich sein.
                           Beim Ansäuern alkalischer Maischen ist zu berücksichtigen der Gehalt der Hefe an
                              									Milchsäure, die Alkalinität der Maische und die Concentration der Mineralsäure.
                              									Danach ist die Säuremenge zu berechnen, welche nach Abzug der Milchsäure noch
                              									erforderlich ist zur Neutralisation der Alkalinität. Die Bestimmung muſs sofort nach
                              									dem Zufüllen vorgenommen werden, und zwar mit der durch Filtration von den Trebern
                              									und durch einmaliges Aufkochen von der Kohlensäure befreiten Maische. Das
                              									Verhältniſs ist richtig, wenn 100cc Maische 0,2
                              									bis 0cc,3 Normallauge zur Neutralisation
                              									gebrauchen. Auch bei der Säureprüfung der Hefe hat man erst die Kohlensäure durch
                              									einmaliges Aufkochen zu entfernen, während dem Vorgange im Groſsen entsprechend die
                              									Titration kalt vorgenommen wird.
                           Durch genaues Einhalten dieser Regeln erzielt man bei sonst normalen Verhältnissen
                              									die gröſste Reinheit der Gährung, die höchste Alkoholausbeute und Reinheit des
                              									Alkohols, da sich viel weniger höhere Alkohole, Aldehyde und Säuren bilden, als bei
                              									den sonst stattfindenden Nebengährungen. Je reiner die Gährung, um so rascher geht
                              									sie vor sich, um so weniger abgestorbene Zellen zeigen sich am Schluſs, während
                              									Bacterien nur vereinzelt auftreten. Dem entsprechend ist die Säurezunahme gering;
                              									bei 12 stündiger Gährdauer und Anwendung von 10 Proc. Ferment soll dieselbe nur 0,12
                              									bis 0g,13 Milchsäure für 100cc betragen. Bei 4 Proc. Ferment und 30 stündiger
                              									Gährdauer neutralisirten 100cc aufgekochte Maische
                              									1,8 bis 2cc Normallauge mehr, nach 50 stündiger
                              									Gährung 3 bis 3cc,3, entsprechend 0,27 bis 0,3
                              									Proc. Milchsäure.
                           Alkalische Maischen sollen daher nur mit so viel Säure versetzt werden, daſs die
                              									Säure des Fermentes oder der mit der Maische zu vermischenden gährenden Flüssigkeit
                              									fast abgestumpft wird.