| Titel: | Zur Entphosphorung des Roheisens. | 
| Autor: | Rudolf v. Wagner | 
| Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 147 | 
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                        Zur Entphosphorung des Roheisens.
                        R. v. Wagner, zur Entphosphorung des Roheisens.
                        
                     
                        
                           Seit einigen Wochen bringen die Tagesblätter Notizen über ein neues Verfahren der
                              									Entphosphorung des Roheisens, das von einem englischen Eisenhüttentechniker, Namens
                              										C. Bull gefunden worden sein soll. Dasselbe beruht
                              									darauf, daſs der Phosphor in Phosphorwasserstoff verwandelt wird, und soll sich bei
                              									den bis jetzt gemachten Versuchen als praktisch bewährt haben. Das einfache
                              									Verfahren besteht darin, daſs in das flüssige Roheisen in der Bessemerbirne, nachdem
                              									der Kohlenstoff, das Silicium u.s.w. durch den oxydirenden Luftstrom aus dem Metall
                              									entfernt sind, ein mit heiſser Luft gemischter Dampfstrahl eingetrieben wird, wobei
                              									sich der Wasserdampf zersetzt, der Wasserstoff mit dem Phosphor verbindet und
                              									Phosphorwasserstoff bildet, welcher in Dampfform entweicht. Wenn sich das Verfahren,
                              									wie der Entdecker behauptet, bewährt, so würde es in Folge der geringen Kosten,
                              									welche es verursacht, ganz besonders für die deutsche Stahl-Industrie, welche an
                              									Phosphor haltigem Roheisen bekanntlich keinen Mangel hat, von der gröſsten
                              									Wichtigkeit sein und wahrscheinlich erfolgreich mit dem Thomas-Gilchrist-Processe
                              									(vgl. 1879 234 308) concurriren können. Nur ist, falls
                              									das neue Verfahren sich einbürgern sollte, der Umstand nicht zu übersehen, daſs im
                              									Wesentlichen der Proceſs nicht von Bull, sondern von
                              									Prof. Cl. Winkler in Freiberg i. S. herrührt, welcher
                              									in der 1. Abtheilung seiner Anleitung zur Untersuchung der
                                 										Industrie-Gase
                              									(Freiberg 1876 S. 6) den
                              									dem neuen Verfahren zu Grunde liegenden Gedanken – Zerfallen des Bessemerprocesses
                              									in zwei Phasen, nämlich in eine erste, welche die Verbrennung des Kohlenstoffes und des Siliciums durch
                              									den Luftsauerstoff bewirkt, und in eine zweite, bei
                              									welcher hoch gespannter Wasserdampf durch die Metallsäule gepreſst wird, der aus dem
                              									vorhandenen Phosphoreisen den Phosphor in Gestalt von Wasserstoffverbindungen
                              									entfernt – in klarster Weise ausgesprochen hat.Vgl. auch Wagner's Jahresbericht der chemischen
                                       												Technologie, 1876 S. 111.
                           
                              Rudolf v.
                                 										Wagner
                              
                           Universität Würzburg, 22. März 1880.