| Titel: | Ueber die Zusammensetzung und Analyse des nach Weldon's Verfahren regenerirten Mangansuperoxydes. | 
| Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 225 | 
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                        Ueber die Zusammensetzung und Analyse des nach
                           								Weldon's Verfahren regenerirten Mangansuperoxydes.
                        Ueber die Zusammensetzung des Weldon-Schlammes;
                           								von Jul. Post.
                           							
                        Post und Lunge, über den Weldon-Schlamm.
                        
                     
                        
                           In dieser Zeitschrift hat Lunge (1880 235 300) gelegentlich einer Besprechung der verschiedenen
                              									Bestimmungsmethoden des Mangans eine Reihe von Angriffen auf meine Untersuchungen
                              									über die Zusammensetzung des Weldon-Schlammes veröffentlicht, die mich um so mehr
                              									überraschen muſsten, als ich aus einem meinen bezüglichen Veröffentlichungen
                              									vorausgegangenen Briefwechsel mit Hrn. Lunge den
                              									Eindruck gewonnen hatte, wir befänden uns in Uebereinstimmung, und da ich erklärt
                              									hatte, meine Versuche seien noch nicht abgeschlossen. Ich hoffe, im Folgenden diese
                              									Angriffe zu widerlegen.
                           Zunächst nimmt Lunge das von Weldon herrührende, von ihm mitgetheilte Untersuchungsverfahren des
                              									Schlammes gegen mich in Schutz, wiewohl ich mich niemals auch nur einzelner Theile
                              									desselben bedient, auch bis jetzt niemals eine Ansicht über seinen Werth
                              									ausgesprochen habe.
                           Die von Lunge behandelte Sauerstoff-Bestimmungsmethode
                              									mit Eisenoxydulsulfat und Chamäleon ist von mir niemals zur Untersuchung des
                              									Weldon-Schlammes – weder von selbst bereitetem, noch von solchem aus einer Fabrik –
                              									in Anwendung gebracht. Ich habe bei einigen synthetischen Versuchen über die
                              									freiwillige Oxydation des Mangans, bei denen mit groſsen Mengen von Kali, überhaupt
                              									von Substanz, bei Gegenwart von viel freier Salzsäure, häufig auch von Stoffen,
                              									welche die Schaumbildung befördern sollten (Saponin, Seife u. dgl.), ferner in
                              									starker Concentration und bei hoher Temperatur analysirt werden muſste, versucht, ob
                              									sich nicht zur Ersparung des bei Anwendung der Bunsen'schen Methode erforderlichen
                              									Abfiltrirens u.s.w. gleich in der ganzen Masse ohne weiteres durch Eisenoxydulsulfat
                              									und Zurücktitriren mit Chamäleon der Gehalt an sogen, disponiblen Sauerstoff
                              									ermitteln lasse, fand jedoch beim Vergleich mit, der Bunsen'schen Methode, daſs ich
                              									zu wenig Chamäleon verbraucht hatte. Ich schrieb und schreibe diesen Umstand
                              									vornehmlich der Gegenwart von erheblichen Mengen von Salzsäure zu, nicht aber
                              									derart, wie Lunge mir vorwerfen will, daſs die
                              									Salzsäure einen Minderverbrauch an Chamäleon bedinge, sondern ich beobachtete, daſs
                              									die bekannte Rothfärbung beim Titriren mit Chamäleon, die in meinem Falle schlecht
                              									zu erkennen war, so rasch- und zwar sehr viel rascher, als dies unter normalen
                              									Verhältnissen zu geschehen pflegt – verschwand, und erklärte mir dies dadurch, daſs
                              									die Reaction bei dem festgehaltenen, jedoch zweifelhaften Punkte ihr Ende noch nicht erreicht
                              									haben muſste und dadurch ein Minderverbrauch an Chamäleon bedingt sei. Ich habe
                              									keine Veranlassung gehabt, den Grund der Erscheinung weiter zu verfolgen, und würde
                              									diesen geringfügigen, für den vorliegenden Fall gar nicht in Betracht kommenden
                              
                              									Umstand überhaupt nicht erwähnt haben, wenn Lunge nicht
                              									trotz wiederholter brieflicher Auseinandersetzung und öffentlicher Klarstellung
                              									meiner Auffassung in den Berichten der deutschen chemischen
                                 										Gesellschaft, 1880 S. 53, welche ich ihm angezeigt hatte, mir einen
                              									Fehlschluſs zuschieben wollte und dabei beharrte, der Leser würde meine für den
                              									besonderen, abnormen Fall gefundene Unanwendbarkeit verallgemeinern und auch auf die
                              									Weldon-Schlamm-Analyse übertragen. Daſs dies nicht der Fall, beweist u.a. der
                              									inzwischen erschienene Auszug meiner Arbeiten in der Chemischen Industrie (Decemberheft 1879). Ich schrieb Hrn. Lunge vor Monaten, wie ich mich in einer Fabrik
                              									überzeugt habe, daſs die seinerzeit von mir unter ganz anderen Verhältnissen
                              									beobachteten Schwierigkeiten bei Untersuchung des Weldon-Sehlammes gar nicht
                              									eintreten. Ein weiterer Einwurf, daſs ich nämlich mit durch Waschen in ihrer
                              									Zusammensetzung veränderten Proben gearbeitet hätte, ist von vorn herein durch den
                              									Nachweis abgeschnitten, daſs Proben, die nicht verändert sein konnten, dasselbe Resultat ergaben. Bei einer genauen,
                              									für wissenschaftliche Zwecke bestimmten Analyse, bei welcher man nur die
                              									Zusammensetzung der in der Chlorcalciumlauge suspendirten festen Theilchen erfahren
                              									will, den Schlamm als solchen mit einer 5cc-
                              									Pipette, wie Lunge that, abzumessen und dann in
                              									verschiedenen solchergestalt genommenen Proben verschiedene Bestimmungen
                              									auszuführen, scheint mir nicht zulässig. Von abfiltrirten, über Schwefelsäure
                              									getrockneten Proben kann man gröſsere Mengen in Arbeit nehmen und derart sehr kleine
                              									Werthe, wie sie Lunge erhielt (z.B. 0,007 Kohlendioxyd)
                              									und wie sie Ungenauigkeiten bedingen, ausschlieſsen. Nimmt man gröſsere
                              									Schlammproben, z.B. 25cc, so veranlaſst die groſse
                              									Menge von z.B. Silberchlorid, die bei der Analyse auftreten, eine Ungenauigkeit
                              									dadurch, daſs ein vollständiges Auswaschen erschwert wird. Nachdem ich mich hiervon
                              									überzeugt hatte, analysirte ich zunächst Proben, bei denen die Lauge nur von den
                              									festen Partikelchen abgelaufen war; diese lieſsen sich des hohen
                              									Calciumchiorid-Gehaltes wegen so schlecht trocknen (über Schwefelsäure), wägen
                              									u.s.w., daſs ich nun (wie in meiner Abhandlung in den Verhandlungen des Vereines für Gewerbfleiſs beschrieben) mit kaltem Wasser
                              									nur kurze Zeit, nämlich nur so lange wusch, daſs das Waschwasser und der
                              									Niederschlag (wie die Analyse zeigt, 1,8 Proc., auf wasserfreie Substanz bezogen)
                              									noch Calciumchlorid enthielt. (In einer mir bekannten deutschen Fabrik wäscht man
                              									den Schlamm vor der Analyse längere Zeit mit warmem Wasser.) Von einem durch Behandlung mit der 5000
                              									fachen Menge veränderten Stoffe, wie Lunge in der
                              									Nachschrift zu seiner Abhandlung schreibt, kann bei diesen Proben wohl nicht gut die
                              									Rede sein. Ich werde im Folgenden, um Einwänden vorzubeugen, nur diese Proben zu
                              									Grunde legen.
                           Es dürfte sich gegen das Ergebniſs meiner Analysen wohl nur in der Art ein Einwand
                              									erheben lassen, daſs die angewendete Methode als nicht brauchbar oder die Ausführung
                              									als nicht genau bezeichnet würde. Um einem Vorwurf in letzterer Beziehung zu
                              									begegnen, habe ich stets mehrere Analysen mit der gleichen Probe angestellt, welche,
                              									wenn man bedenkt, daſs bei den Calciumchlorid enthaltenden Proben ein verschiedener
                              									Gehalt an Wasser unvermeidlich war und daſs bei den erhitzten Proben der Gehalt an
                              									Mangandioxyd u.s.w. je nach dem Grade der Erhitzung ein verschiedener sein muſste,
                              									befriedigend unter einander stimmen. Was aber das Verfahren selbst betrifft, so
                              									glaubt Lunge, die von mir vorgenommene Trennung von
                              									Mangan und Calcium mittels Brom als höchst ungenau verwerfen zu dürfen. Ich hatte
                              									für meinen Fall nur zwischen der von mir angewendeten und der Methode mit
                              									Schwefelammon zu wählen; erst während und nach meiner Publication sind andere
                              									Verfahren in Vorschlag gebracht. Lunge gibt der
                              									Schwefelammon-Methode unbedingt den Vorzug. Auch ich habe diese zunächst versucht
                              									und muſste bei meinen Untersuchungen überall da bei ihr stehen bleiben, wo (wie z.B.
                              									bei den Verbindungen von Gorgen und Rammeisberg) Alkali in derselben Probe- und dies schien
                              									mir für diese Untersuchung höchst wünschenswerth – bestimmt werden sollte. Aber
                              									überall sonst glaubte ich das Verfahren vermeiden zu müssen, da es die doppelte
                              									Gefahr einschlieſst: es wird leicht Kalk mitgefällt und Mangan gelöst. Man kann
                              									bekanntlich durch wiederholte Fällung den erstgenannten Fehler verbessern,
                              									vergröſsert dabei aber leicht den zweiten. Ich habe mich seinerzeit angesichts der
                              									(auch von Lunge anerkannten) Schwierigkeit, Mangan
                              									genau von Kalk zu trennen, bei mehreren mir bekannten, angesehenen (namentlich
                              									hüttenmännischen) Analytikern, denen diese Trennung häufiger vorkommt, erkundigt und
                              									einstimmig den Rath erhalten, mit Brom zu trennen. Nach neuerdings, in Folge der von
                              										Lunge ausgesprochenen Bedenken, eingezogenen
                              									Erkundigungen, besitzt das Verfahren in den Augen jener Analytiker noch die gleiche
                              									Brauchbarkeit. Als Fehlergrenze wurde mir ± 0,1 Proc. Kalk angegeben. Sehr viele
                              									analytische Verfahren besitzen ja unter verschiedenen Verhältnissen, namentlich den
                              									relativen Mengenverhältnissen, ungleichen Werth. Als ich mich nun wiederholt
                              									überzeugt hatte, um wie geringe Mengen von Kalk es sich überhaupt handle, daſs
                              									erheblich viel mehr Kalk, als gefunden wurde, vorhanden sein durfte, ohne die
                              									abgeleiteten Schlüsse zu beeinträchtigen, habe ich keinen Anstand genommen, das
                              									Verfahren in Anwendung zu bringen.
                           Jedoch die zuverlässigste Autorität in all solchen Fragen ist das Experiment. Ich habe daher
                              									Mangan, in Form des CarbonatesFür den vorliegenden Fall kam die Veränderlichkeit dieses Salzes nicht in
                                    											Betracht., und Calcium, in Form von Doppelspath, in einem
                              									Mengenverhältniſs abgewogen, welches möglichst demjenigen entsprach, in welchem ich
                              									diese beiden Elemente im Weldon-Schlamm fand. Die Trennung wurde dann genau in
                              									derselben Weise wie bei den in Rede stehenden Analysen, nämlich mit Brom ausgeführt,
                              									die Abscheidung des Calciums geschah wie dort als Oxalat, die Bestimmung gleichfalls
                              									als Sulfat; dieses enthielt keine Spur von Mangan.
                           1) Angewendet wurden: 0g,7594
                              									Mangancarbonat und 0g,0743 Calciumcarbonat
                              									(entsprechend 0g,0297 Calcium); gefunden wurden
                              										0g,1016 Calciumsulfat, entsprechend 0g,0298 Calcium.
                           2) Angewendet wurden: 0g,7820
                              									Mangancarbonat und 0g,0725 Calciumcarbonat
                              									(entsprechend 0g,0290 Calcium); gefunden wurden
                              										0g,0981 Calciumsulfat, entsprechend 0g,0289 Calcium.Daſs die Analysen so genau stimmen, halte ich für einen
                                    									Zufall.
                           Sollte übrigens dennoch ein Zweifel bestehen, ob meine Angabe über den niedrigen
                              									Kalkgehalt richtig, so läſst sich dies sogleich an der von Lunge in dem fraglichen Artikel mitgetheilten Analyse, vorausgesetzt, daſs
                              										Lunge Mangan und Kalk quantitativ getrennt hat und
                              									der Schlamm kein Alkali enthielt, nachweisen. Es ergibt sich nämlich, daſs der dort
                              									gefundene Kalk, wiewohl es sich, wie Lunge selbst
                              									zugibt, um einen Schlamm mit abnorm hoher „Basis“ handelt, nicht einmal
                              									ausreicht, um die gefundene Salzsäure, Kohlensäure und Schwefelsäure nur zu binden,
                              									daſs also keine Spur Kalk vorhanden sein kann. – Man muſs den gröſsten Theil der im
                              									Weldon-Schlamm vorhandenen kleinen Mengen von Magnesium an Sauerstoff gebunden
                              									annehmen (dies thut auch Lunge) und somit zunächst den
                              									Kalk mit den vorhandenen Säuren belasten. Lunge fand
                              										0g,4326 CaO, ferner 0g,5412 Chlor, weiter 0g,0070 CO2 und 0g,0022 SO3. Die
                              									gefundene Chlormenge beansprucht 0g,4269 CaO, die
                              									Kohlensäure 0g,0089 CaO, die Schwefelsäure 0g,0015 CaO. In Summe verlangen diese negativen
                              									Bestandtheile demnach 0g,4373 CaO, also 0g,0047 mehr, als gefunden wurden. Es sind übrigens
                              									noch 0g,0307 MgO vorhanden, die natürlich mehr als
                              									zur Sättigung ausreichen. In meinen Augen ist diese Thatsache – das Fehlen von CaO
                              									oder das Vorhandensein von nur sehr kleinen Mengen – bei der ganzen Untersuchung von
                              									gröſstem Interesse, denn wo soll der im Betrieb als sogen. Ueberschuſs zugesetzte
                              									Kalk geblieben sein? Die Endlauge hat ihn nur zum Theil fortgenommen.
                           Lunge legt anscheinend gröſseren Werth auf das
                              									Verhältniſs von MnO2 zur „Basis“. Für dieses
                              									würde nun sein Einwand bezüglich des ungenauen Trennungsverfahrens von Mangan und
                              									Kalk, auch falls er richtig wäre, gar nicht in Frage kommen. Einer zu geringen
                              									Kalkmenge würde ein zu hoher Gehalt an Manganoxydul entsprechen. Bei der Berechnung des
                              									Manganoxydoxyduls auf Mangan und des Calciumoxydes auf Calcium wird mit annähernd
                              									demselben Bruche (ungefähr 5/7) multiplicirt, so daſs auch hierdurch das
                              									Ergebniſs keine irgendwie wesentliche Veränderung erfährt.
                           Endlich findet Lunge einen Grund, meine Analysen
                              									anzugreifen, darin, daſs „seines Wissens“ Proben mit so niedrigem Gehalt an
                              									sogen. „Basis“, wie ich gefunden, im Betriebe nicht vorzukommen pflegen – ein
                              									Grund, der mir ganz unzulässig scheint. Der abweichende Gehalt der Producte des
                              									Weldon-Verfahrens ist vorwiegend bedingt durch einen verschiedenen Gehalt an MnO,
                              									mit anderen Worten, dem veränderlichen Punkte, bis zu welchem im Betrieb die
                              									Oxydation vorgenommen ist. Es liegt auf der Hand, daſs dieselbe im Anfang am
                              									raschesten gehen muſs, daſs sie dann immer langsamer verläuft, bis schlieſslich ein
                              									Punkt eintritt, wo sich die Fortsetzung des Processes nicht mehr bezahlt macht und
                              									man denselben daher vielleicht unterbrechen wird, bevor er theoretisch sein Ende
                              									erreicht hat. Ich habe mehrfach von Fabrikanten gehört, daſs die Ausbeute an
                              										„disponiblen“ Sauerstoff mit der Zeit durch Verbesserungen des Verfahrens
                              									gestiegen sei, der Gehalt an Basis daher abgenommen haben muſs; Weldon hat ja ursprünglich die Formel MnO2CaO, erst später (MnO2)2CaO aufgestellt. Noch fortwährend wird
                              									an der Ausbildung des Processes gearbeitet.
                           Uebrigens zeigt sich, daſs, sobald meine Resultate in derselben Weise ausgedrückt
                              									werden, wie dies mit den Ergebnissen der Weldon'schen Untersuchungsmethode zu
                              									geschehen pflegt, namentlich wenn die vorhandene Kohlensäure als nicht vorhanden
                              									angenommen wird, wie dies ja bei dem von Weldon
                              									herrührenden Verfahren geschieht, die Abweichung des Verhältnisses MnO2 zu „Basis“ von dem als Norm von Lange angenommenen sehr gering ist. In einer der beiden
                              									Analysen des mit kaltem Wasser nur wenig gewaschenen Schlammes, bei dem also jeder
                              									Einwand bezüglich einer Veränderung ausgeschlossen ist, wurden gefunden: 36,51 Proc.
                              										MnO2, 6,72 Proc. MnO, 3,02 Proc. Ca, 0,58 Proc.
                              									Mg, 0,60 Proc. Fe2O3, 1,41 Proc. CO2, 0,59 Proc. Cl, 0,14 Proc.
                              										SO4. Nach Abzug der vom Chlor und der
                              									Schwefelsäure in Anspruch genommenen Menge Calcium bleiben noch 2,63 Proc. Diese
                              									erfordern, um der Weldon'schen Formel Genüge zu leisten, 11,44 Proc. MnO2, das MnO erfordert 16,47 Proc. MnO2, die MgO 4,20 Proc. MnO2, das Fe2O3 1,305 Proc. MnO2. Es werden somit in
                              									Summe 33,42 MnO2 gefordert; 36,51, also 3,09 mehr,
                              									waren gefunden. Wenn auf 36,51 MnO2 3,09 Proc. zu
                              									viel gefunden sind, so ergibt sich auf 1 Th. MnO2
                              									0,0846 MnO2 zu viel; das Verhältniſs von MnO2 zu „Basis“ ist hier demnach 1,0846 : 0,50
                              									oder 1 : 0,46. Weil diese Analyse statt 1 : 0,46 nicht das Verhältniſs 1 : 0,5
                              									ausdrückt, glaubt Lunge mir die Behauptung
                              									unterschieben zu können, alle anderen mit höherem Gehalt an Basis seien falsch! Ich habe selbst 2
                              									Analysen mitgetheilt, in denen, wie Lunge wähnt, mir
                              									unbewuſst, der Gehalt an Basis höher ist als 0,5. Diese Analysen sollten zeigen und
                              									thun es auch, daſs selbst bei Ausschluſs jedweden Waschens der Gehalt an Kalk viel
                              									zu gering sei, um die Formel (MnO2)2 CaO zuzulassen. Dies läſst sich aus der Tabelle
                              									nach den Entwicklungen bei den früheren Analysen ohne weiteres erkennen und ist
                              									allein deshalb nicht weiter ausgeführt.
                           Gegenüber der warmen Befürwortung, welche Lunge dem von
                              									ihm beschriebenen analytischen Verfahren widmet, möchte ich doch auf den mit
                              									demselben verknüpften Fehler hinweisen, der ja auch Lunge nicht unbekannt ist, welchen er aber sehr gering anschlägt. Der
                              									Fehler besteht darin, daſs die Kohlensäure nicht bestimmt wird; die Carbonate sind
                              									in dem gefundenen Betrage der „Basis“ mit enthalten. Die „Basis“ ist
                              									somit allgemein etwas zu hoch gefunden. Wenn Lunge
                              									angibt, er habe nie mehr als 15mg CO2 auf 0g,23 Mn
                              									erhalten, so klingt dies sehr wenig, beträgt aber (auf das Mangan bezogen) etwa 6,5
                              									Proc. Ich habe kürzlich einen Fabrikschlamm untersucht, bei welchem selbst die
                              									Magnesia zur Neutralisation der CO2 nicht
                              									ausreichte. Dieser Schlamm schien etwas Alkali zu enthalten. Mehrfach ist mir von
                              									Fabrikanten über groſse, durch den Gehalt an Carbonaten bedingte Unzuträglichkeiten
                              									geklagt. Weldon schrieb mir vor Kurzem, daſs in den
                              									best geleiteten englischen Fabriken einmal täglich der Kohlensäuregehalt im Schlamm
                              									bestimmt werde.
                           Lunge zieht nun aus den Ergebnissen meiner Analysen
                              									Schlüsse, gegen die ich mich in jeder meiner Veröffentlichungen über den in Rede
                              									stehenden Gegenstand von vorn herein verwahrt habe, indem ich wiederholt hevorhob,
                              									daſs mir nach den vorliegenden Thatsachen eine Entscheidung in der Frage über die
                              									Existenz einer sogen, „manganigen Säure“, bezieh. von Salzen derselben, erst
                              									nach Abschluſs von synthetischen Versuchen möglich sei, in denen ich noch begriffen
                              									bin.
                           Daſs unter diesem ausdrücklichen Vorbehalt die Aufstellung von vorläufigen
                              									Vermuthungen nicht nur statthaft, sondern geboten ist, versteht sich von selbst;
                              									denn wie soll anders ein Leitfaden für die erforderlichen weiteren Versuche gewonnen
                              									und begründet werden. Der Umstand, daſs nur so kleine Mengen von CaO im
                              									Weldon-Schlamm vorhanden sind (Lunge fand gar keinen
                              									Kalk), führte zu der Frage, wo der als sogen. Ueberschuſs zugesetzte Kalk, nach den
                              									mir gewordenen Mittheilungen etwa ⅓ von dem zur Fällung erforderlichen (½ wird
                              									gleich nach der Fällung zugesetzt und später etwa ½ davon durch die Endlauge wieder
                              									fortgenommen), geblieben sei? Dies veranlaſste mich zu vermuthen und zu finden, daſs
                              									das gefällte Mn(OH)2 noch Chlor enthalte, welches
                              									der sogen. „Kalküberschuſs“ beim Proceſs fortnimmt. Damit erachte ich den
                              									Vorgang jedoch noch nicht für erklärt. Auch die vorhandene Chlormenge scheint zur
                              									Sättigung des Kalküberschusses nicht auszureichen. Besonders ist die Thatsache noch
                              									zu erklären, daſs der Schlamm vor Zusatz der Endlauge zweifellos CaO enthält,
                              									welches durch die vorhandenen Mengen Chlor, Kohlensäure, Schwefelsäure u.s.w. nicht
                              									gedeckt wird.
                           Das, was aus meinen bisherigen Versuchen mit Sicherheit geschlossen werden kann und
                              									durch die hier erörterte Kritik von Lunge nur eine
                              									Stütze gewonnen hat, läſst sich in folgende zwei Sätze zusammenfassen: 1) Im
                              									fertigen Weldon-Schlamm, selbst in solchem mit ungewöhnlich hohen Gehalt an sogen.
                              										„Basis“, ist so wenig Kalk (CaO) vorhanden, daſs die Annahme, der Schlamm
                              									bestehe wesentlich aus einem sogen. Calciummanganit (MnO2)2 CaO unzulässig ist. 2) Es kommen jetzt
                              									im Betriebe des Weldon'schen Verfahrens auch Schlammsorten vor, in denen der Gehalt
                              									an sogen. „Basis“ unter 0,5 (auf MnO2 = 1
                              									bezogen) herabgeht.