| Titel: | Verwendung der dynamo-elektrischen Maschine zum Betriebe elektrischer Eisenbahnen; von Dr. Werner Siemens. | 
| Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 386 | 
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                        Verwendung der dynamo-elektrischen Maschine zum
                           								Betriebe elektrischer Eisenbahnen; von Dr. Werner Siemens.
                        Mit Abbildungen im Text und auf Tafel 34.
                        W. Siemens' Eisenbahn.
                        
                     
                        
                           In der ersten Sitzung des elektrotechnischen Vereines, am 27. Januar 1880, hat Dr.
                                 										Werner Siemens einen Vortrag „über die
                                 										dynamo-elektrische Maschine und deren Verwendung zum Betriebe von elektrischen
                                 										Eisenbahnen“ gehalten, welcher sich auf S. 47 bis 55 des Februarheftes
                                 									(1880) der Elektrotechnischen Zeitschrift abgedruckt
                                 									findet. Wir entnehmen der letzteren, mit ertheilter Genehmigung dazu, den auf die
                              									elektrischen Eisenbahnen (vgl. 1879 233 171. Heusinger's Organ für Eisenbahnwesen, Supplementheft
                              									1879) bezüglichen Theil, mit dem Hinweise darauf, daſs Dr. Siemens inzwischen bereits die Concession zur Anlage einer elektrischen
                              									Hochbahn in Berlin nachgesucht hat.
                           Aus den zahlreichen Versuchen, die wir in neuerer Zeit über
                              									Kraftübertragung angestellt haben, ergibt sich, daſs bei mäſsiger
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit etwa 45 bis 50 Procent der Arbeitskraft als nutzbare
                              									Arbeit übertragen werden. Bei schnellerer Rotation ist diese Nutzarbeit bis auf 60
                              									Procent der aufgewendeten Arbeit gestiegen; also von 100e, mit welcher die Strom erzeugende Dynamomaschine getrieben würde, würden
                              										60e von der elektromagnetischen Maschine
                              									wieder hergegeben werden können.
                           Meiner Ansicht nach ist die Frage, wie viel Procent der
                              									Arbeitskraft man elektrisch im höchsten Falle übertragen kann, damit aber noch nicht
                              									abgeschlossen; es ist dies nur eine Frage der Construction und der Geschwindigkeit.
                              									Groſse Maschinen, in groſser Geschwindigkeit bewegt, werden immer einen höheren
                              									Nutzeffect geben als kleinere Maschinen und geringere Geschwindigkeit, und ich
                              									rechne ziemlich fest darauf, daſs man auf 70 Procent und vielleicht noch höhere
                              									Procentsätze der Kraftübertragung gelangen wird. Jedenfalls ist die von einem
                              									französischen Gelehrten aufgestellte Rechnung, daſs 50 Procent das Maximum wäre, was
                              									theoretisch übertragen werden könnte, falsch. Dies beweisen schon die hier
                              									vorliegenden Versuchstabellen.
                           Wenn man nun sagt: Ja, 50 Proc. Verlust ist doch immer noch sehr
                              									viel, so kann ich dies nur bedingt zugeben. Berücksichtigt man, daſs der
                              									Krafterzeuger, also der arbeitende Motor hier feststeht und so schwer und so groſs
                              									gemacht werden kann, wie es vortheilhaft erscheint, daſs er also mit so guten
                              									Kesseln und so guter Heizung versehen werden kann, wie erforderlich ist, um den
                              									gröſsten Nutzeffect vom Brennmaterial zu erzielen, daſs dies aber bei kleineren
                              									Maschinen und namentlich bei Locomotiven nicht möglich ist, so ergibt sich, daſs ein
                              									elektrischer Betrieb schon mit 50 Proc. Arbeitsverlust nicht weniger ökonomisch ist
                              									als der Locomotivbetrieb. Die Heizungskosten einer Locomotive sind, wie mir von
                              									verschiedenen Sachverständigen versichert worden ist, immer mindestens doppelt so
                              									groſs, als die einer guten, groſsen, stehenden Dampfmaschine mit groſser Expansion
                              									und guten Kesseln.
                           Nimmt man dies aber als richtig an, dann würde die elektrische
                              									Uebertragung von einer groſsen feststehenden Maschine schon bei 50 Proc. Nutzeffect
                              									nicht mehr Heizkosten verursachen wie eine Dampflocomotive auf Schienen bei gleicher
                              									Arbeitsleistung. Indessen darauf kommt es meiner Ansicht nach gar nicht einmal so
                              									sehr an. Auf den groſsen Verkehrsadern, auf die unser ganzes Leben jetzt
                              									zugeschnitten ist, auf den groſsen Eisenbahnen wird die Elektricität der
                              									Dampflocomotive keine Concurrenz machen, ebenso wenig wie das elektrische Licht
                              									meiner Ansicht nach je das Gas vollständig verdrängen wird, trotz aller
                              									amerikanischen Reclamen. Die Elektricität ist ganz bescheiden, sowohl bei der
                              									Beleuchtung, wie bei der Kraftübertragung; sie will nicht verdrängen und absetzen, sondern
                              									sie will nur diejenigen Gebiete an sich nehmen, welche von den anderen vorhandenen
                              									bewährten Einrichtungen schlecht bedient werden.
                           Die elektrische Kraftübertragung soll nur in solchen Fällen
                              									eintreten, wo mechanische Uebertragung nicht gut verwendbar und wo die
                              
                              									Dampflocomotive nicht am Platze ist, oder das Verlangte nicht leisten kann. So ist
                              									es z.B. für den Eisenbahnbau von groſser Wichtigkeit, mit den Zügen gröſsere Steigungen überwinden zu können wie bisher. Es
                              									könnten dann sehr kostspielige lange Tunnele ganz vermieden oder abgekürzt werden.
                              									Mit der Verstärkung der Locomotiven scheint die äuſserste Grenze erreicht zu sein,
                              									da die Adhäsion der Räder begrenzt ist und auch das Gewicht der Locomotiven eine
                              									gewisse Grenze nicht übersteigen darf, da sonst die Hebung der eigenen Last den
                              									gröſsten Theil ihrer Leistung bildet. Auch die Vergröſserung der Anzahl der
                              									Locomotiven kann aus diesem Grunde nichts helfen. Hier würde nun die Elektricität
                              									wirksame Dienste leisten können, da es mit ihrer Hilfe thunlich ist, die Zugkraft
                              									auf beliebig viele Achsen des Zuges selbst zu vertheilen. Doch nicht allein bei der
                              									Ersteigung, sondern auch für die Bremsung beim Niedergange des Zuges würde die
                              									Elektricität kräftig mitwirken können, da die Dynamomaschine gleich gute Dienste
                              									sowohl zur Arbeitsleistung, als zur Arbeitsvernichtung leistet.
                           Der zweite Punkt ist die Anwendung dieser Maschinen bei kleinen
                              									Bahnen; auf Arbeitsplätzen in Bergwerken, in Tunnelen, in der Tiefe von Schächten,
                              									wobei die Motoren drauſsen über Tage stehen und die Arbeitszüge in der Tiefe laufen,
                              									wird in Zukunft die elektrische Beförderungskraft von wesentlicher Bedeutung
                              									sein.
                           Eine dritte Anwendung ist der Betrieb elektrischer Hochbahnen. Wir
                              									wissen ja, daſs man in Amerika jetzt die „elevated
                                    											railroad“ oder „Säulenbahn“ in groſsen Städten vielfach
                              									baut; namentlich in New-York ist sie schon in bedeutender Ausdehnung vorhanden. Als
                              									ich i. J. 1867, während der Pariser Ausstellung, einem höheren Eisenbahn-Fachmann
                              									meinen Plan mittheilte, Eisenbahnen auf freistehenden eisernen Säulen durch die
                              									Straſsen Berlins zu bauen und dieselben elektrisch zu betreiben, da erschien
                              									derselbe ihm mit Recht als eine kaum realisirbare Idee. Aber jetzt, nachdem die
                              									Amerikaner sie thatsächlich durchgeführt haben, seitdem dort sogar schwere
                              									Locomotiven und volle Züge oben über die Säulen hinweglaufen und doch noch kein
                              									Unglücksfall dabei vorgekommen ist, kann man schon mit gröſserem Vertrauen darauf
                              									eingehen. Meinerseits halte ich es für eine Groſsstadt für eine absolute
                              									Notwendigkeit, auſser den Straſsenflächen für die Wagen und Fuſsgänger noch eine
                              									zweite Communicationsetage für den schnellen Verkehr zu haben. Sie sehen, wie mit
                              									dem steigenden Verkehr sich unsere belebteren Straſsen schon jetzt täglich mehr
                              									verstopfen, es ist oft kaum mehr durchzukommen und kein Konstabler kann dies ändern.
                              									Wie soll das werden nach 10, 20, 50 Jahren! Die Statistik über die Zunahme des
                              									Verkehres berechtigt uns, mit der vollsten Bestimmtheit zu sagen, daſs die
                              									Straſsenfläche demselben schon in der nächsten Zeit nicht mehr genügen kann. Eine
                              									Abhilfe muſs gefunden werden, wenn das auf wachsenden Verkehr sich gründende
                              									groſsstädtische Leben nicht verkümmern und die weitere Entwickelung der
                              									Reichshauptstadt nicht vollständig gehemmt werden soll. Es muſs also nothwendig für
                              									Berlin ein neues Communicationsnetz für schnellen Personen- und Güterverkehr
                              									geschaffen werden, welches den Straſsenverkehr nicht hindert und durch ihn nicht
                              									gehindert wird. Dazu erhalten wir nun die Stadtbahn. Diese schlieſst aber nur eine
                              									einzige mitten durch Berlin gehende Linie auf. Die in der Nahe derselben Wohnenden
                              									haben zwar den Vortheil, nach zwei Richtungen hin fahren zu können; der Verkehr
                              									strebt aber nach allen Richtungen hin. Die Stadtbahn kann dem Bedürfniſs nach
                              									besseren Verkehrsmitteln daher in der That nur sehr einseitige und ungenügende
                              									Dienste leisten. Um ihm zu genügen, müſste ein Netz von ähnlichen Stadtbahnen über
                              									ganz Berlin gelegt werden, was kaum erschwingliche Kosten und gewaltige Umwälzungen
                              									verursachen und die Stadt selbst im höchsten Grade verunzieren würde.
                           Ungemein viel leichter würde derselbe Zweck zum groſsen Theil
                              									erreicht werden, wenn
                              									von allen Stationen der Stadtbahn nach Süden und Norden hin elektrische Hochbahnen gebaut würden, die, ohne den Straſsenverkehr zu
                              									hemmen, die Stadtbahn mit allen Theilen Berlins in Verbindung bringen würde. Dann
                              									wäre wirklich ganz Berlin durch sie aufgeschlossen.
                           Eine weitere sehr nützliche Anwendung der elektrischen Triebkraft
                              									würde noch die sein, auf groſse Entfernungen hin kleine verdeckte Bahnen zu bauen,
                              									die dasselbe für groſse Entfernungen thun sollen, was mit so groſsem Vortheil die
                              									pneumatische Post im kleineren Rayon, also im Innern von Städten ausübt. Es ist
                              									jetzt, wie die Herren vom Eisenbahnfache mir Alle bezeugen werden, eine groſse
                              									Belastung für die Eisenbahnen, daſs sie oft nur des Post- und namentlich des
                              									Briefverkehres wegen so häufig und schnell fahren müssen. Andererseits ist es für
                              									den Briefverkehr, der doch immer die Basis allen Verkehres ist, wieder von der
                              									gröſsten Bedeutung, möglichst schnelle Verbindungen zwischen allen Verkehrsplätzen
                              									des In- und Auslandes zu haben. Die Rohrpost erfüllt dieses Bedürfniſs für kleine
                              									Entfernungen, sie ist aber nur innerhalb sehr enger Grenzen anwendbar. Die
                              									elektrische Beförderung soll hier eintreten, um einen schnellen Briefverkehr, wie
                              									ihn die Rohrpost für kleine Entfernungen gewährt, auch für groſse Entfernungen zu
                              									ermöglichen.
                           Eine solche elektrische Post ist in den Fig. 1 und
                              										2 Taf. 34 in 1/15 n. Gr. schematisch dargestellt. Es ist
                              									angenommen, daſs die kleine bedeckte Bahn auf dem Eisenbahndamme, von niedrigen
                              									eisernen Säulen S getragen, fortgeführt ist. Sind
                              									Wegübergänge oder Stationen zu überschreiten, so geschieht dies entweder durch
                              									Senkung der Bahn in bedeckte Kanäle oder durch Steigung derselben bis zu der
                              									nöthigen Höhe. Auf den Säulen sind etwa 0m,5 lange
                              									Holzschwellen befestigt. Diese tragen die ebenfalls etwa 0m,5 hohen Blech träger b1, b2, die gleichzeitig die Seitenwände der eisernen
                              									Bahnbedeckung bilden. Zwischen diesen Blechträgern sind in passender Entfernung von
                              									einander leichte Holzschwellen durch Winkeleisen befestigt, auf denen die leichten
                              									Schienen a1, a2 gelagert sind. Von
                              									diesen Schienen ist die eine häufig mit den Blechträgern, die oben mittels einer
                              									stückweise abnehmbaren Blechdecke d verbunden sind, die
                              									andere mit sämmtlichen eisernen Säulen leitend verbunden. Auf den Schienen laufen
                              									kleine vierrädrige Wagen mit etwa 3cm hohen
                              									Rädern, deren Achsen aus zwei von einander isolirten Theilen bestehen. Die eine
                              									Achse wird durch den rotirenden Cylinder einer kleinen v. Hefner'schen
                              									Dynamomaschine gebildet; jeder Umdrehung dieses Cylinders entspricht daher eine
                              									Umdrehung der Wagenräder. Wird nun eine stehende Strom erzeugende Dynamomaschine an
                              									irgend einer Stelle der Bahn zwischen die beiden Schienen eingeschaltet, so bildet
                              									die eine Schiene nebst der Bahnbedeckung die eine isolirte Leitung, während die Erde
                              									mittels der eisernen Tragsäulen die Rückleitung bildet. Die leitende Verbindung der
                              									Schienen mit den Umwindungsdrähten der Triebmaschine wird durch die Räder
                              									hergestellt. Da der Widerstand bei einer Blechstärke der gleichzeitig als Bedeckung,
                              									als Träger und als Leiter des elektrischen Stromes dienenden Blechhülle der Bahn von
                              
                              										3mm Blechstärke nur etwa 0,02
                              									Quecksilber-Einheiten für 1km beträgt, so genügt
                              									es, alle 20km eine stehende Dynamomaschine zur
                              									Stromerzeugung aufzustellen. Da die Wagen, welche die Briefbehälter bilden, sehr leicht sind und ihre
                              									Last ebenfalls nicht groſs ist, so werden ihre Achsen 800 bis 1000 Umdrehungen
                              									machen können, sie also die Strecke mit Eisenbahngeschwindigkeit durchlaufen. Sind
                              									die stehenden Dynamomaschinen wesentlich stärker wie die Triebmaschinen, so wird die
                              									Geschwindigkeit eines Wagens sich nicht merklich vermindern, wenn mehrere Wagen
                              									gleichzeitig auf der Bahn laufen. Es können also Briefwagen in kurzen Zeiträumen
                              									nach einander abgelassen werden. Die Einrichtungen zum allmählichen Herabmindern der
                              									Geschwindigkeit und zum schlieſslichen Anhalten der Wagen an der Empfangsstation
                              									sind leicht herzustellen und werden hier übergangen.
                           Die Kosten einer solchen Anlage werden wesentlich von den
                              									Eisenpreisen abhängen. Bei der augenblicklichen unnatürlichen Höhe derselben wird
                              									man sie in der geplanten Gröſse kaum unter 18000 M. für 1km herstellen können.
                           Indem ich diesen Vorschlag der öffentlichen Kritik unterbreite,
                              									will ich nur noch darauf aufmerksam machen, daſs solche elektrische Postanlagen
                              									nicht an die Eisenbahnen gebunden sind, da einmal das Wesen der Dynamomaschine es
                              									ermöglicht, auch groſse Steigungen ohne eine ihnen entsprechende Verminderung der
                              									Geschwindigkeit zu überwinden, und da man das erforderliche Niveau der Bahn durch
                              									die Höhe der tragenden Säulen herbeiführen kann, ohne eines geebneten Terrains zu
                              									bedürfen. Die elektrische Post gestattet daher auch Orten, die keine
                              									Eisenbahnverbindung haben, der Wohlthat des schnellen Briefverkehres theilhaftig zu
                              									machen.
                           Wir kommen zur zweiten Einrichtung, d. i. die von mir vorgeschlagene elektrische Hochbahn; auf Taf. 32 Fig. 3 bis
                              										6 ist eine solche in 1/75 n. Gr. dargestellt. Die Säulen S aus Schmiedeisen sind in etwa 10m Entfernung von einander an der Straſsenkante des
                              									Trottoirs an der Stelle, wo die Straſsenlaternen-Pfosten zu stehen pflegen,
                              									aufgestellt. Sie sind 4m,5 hoch, so daſs bei
                              									Straſsenübergängen auch die höchst beladenen Wagen ungehindert unter den
                              									Blechträgern T, welche die Schienen tragen, durchfahren
                              									können. Diese Blechträger sind 40cm hoch und
                              									lagern auf Schwellen H aus hartem Holze, die auf den
                              									Säulen befestigt sind. Auf den eisernen Längsträgern ruhen die niedrigen Schienen
                              										s. Ich übergehe hier die geplanten
                              									Sicherheitsvorrichtungen gegen seitliche Schwankungen, Temperaturausdehnungen des
                              									Eisens u. dgl., welche aus den Zeichnungen direct ersichtlich sind und vielfach abgeändert werden können. Von Wichtigkeit ist
                              									aber, daſs die Längsträger mit den auf ihnen
                              									lagernden Schienen in keiner metallischen Verbindung mit einander stehen. Das
                              									Geleise ist 1m breit angenommen. Auf ihm bewegen
                              									sich die in Fig. 7 und
                              										8 in gröſserem Maſsstabe gezeichneten Personenwagen, die möglichst leicht
                              									für 15 Personen construirt sind. Bei diesen will ich nur hervorheben, daſs jedes Rad
                              									besonders gelagert ist, und daſs die Achsenlager der Räder jeder Seite in leitender
                              									Verbindung mit einander stehen. Die beiden Triebräder R
                              									sind mit Riemenscheiben r versehen und erhalten durch
                              									diese ihre Triebkraft von der Dynamomaschine, welche unter dem Boden des Wagens angebracht ist. Die
                              									Riemen können vom Innern des Wagens aus nachgespannt werden. Die Polenden des
                              									Umwindungsdrahtes der treibenden Dynamomaschine stehen mit den Strom leitenden
                              									Längsträgern und Schienen durch die Räder der rechten und linken Seite des Wagens in
                              									leitender Verbindung. Der elektrische Leitungswiderstand der Träger und Schienen ist
                              									etwa 1/90 Einheit
                              									für 1km und es wird daher nur eine stehende
                              									Maschine für eine ganz Berlin durchlaufende elektrische Hochbahn erforderlich sein.
                              									Es sind treibende Marinen angenommen, die mit 5e
                              									arbeiten und dem Wagen eine Geschwindigkeit von 30 bis 40km geben. Die Bremsung geschieht durch
                              									Stromunterbrechung; gewöhnliche Bremsung kann aber auch durch Kurzschluſs der
                              									Maschine des Wagens in sehr kurzer Zeit geschehen. Obschon man in Amerika die
                              									früheren Sicherheitseinrichtungen gegen Entgleisungen der Hochbahnwagen als unnöthig
                              									fortgelassen hat, ist hier doch eine Fangeinrichtung G
                              									projectirt, welche auch bei eintretender Entgleisung das Herabfallen des Wagens von
                              									den Trägern T unmöglich macht. Es sind dies starke
                              									eiserne Fangarme, welche die obere Flansche der Träger umfassen.
                           Der Preis einer solchen Hochbahn hängt ebenfalls wesentlich vom
                              									Eisenpreise ab. Obschon die Anlagekosten aber auch hoch sind (etwa 150000 M. für
                              										1km), so macht doch schon ein Verkehr von 5
                              									Personen im Wagen bei 12 Wagen in der Stunde die Anlage rentabel – eine Folge der
                              									äuſserst geringen Betriebskosten des elektrischen Betriebes. Ich übergehe die
                              									Einrichtungen der Perrons, der Kreuzungen u.s.w. und will nur noch bemerken, daſs
                              									bei der beschriebenen Einrichtung ebenso wie bei der elektrischen Post mehrere Wagen
                              									gleichzeitig auf dem Geleise sich bewegen können, ohne daſs die Geschwindigkeit
                              									dadurch wesentlich vermindert wird.
                           Wenn auch nicht zu verkennen ist, daſs derartige die Straſsen
                              									durchlaufende Hochbahnen für die Bewohner der Straſsen, durch die sie gehen, manches
                              									Unangenehme mit sich führen, so werden diese Unannehmlichkeiten doch durch die
                              									Wohlthat des schnellen, die Straſse entlastenden Verkehres auch für sie reichlich
                              									aufgewogen. Die Construction der Bahn selbst kann bei unbedingter Sicherheit doch so
                              									leicht und zierlich ausgeführt werden, daſs von einer Verunstaltung der Straſse
                              									durch sie kaum die Rede sein kann. Die elektrisch betriebenen Wagen werden so
                              									schnell und geräuschlos, ohne jede andere unangenehme Erscheinungen, wie die
                              									Anwendung der Dampflocomotive sie mit sich bringt, über dem Verkehrsgewirre der
                              									Straſsen dahin eilen, daſs man sie bald kaum noch beachten wird. Da man der
                              									elektrischen Bahn nicht viele Haltestellen geben wird, so werden diese die
                              									natürlichen Ausgangs- und Knotenpunkte für Pferdebahn- und Omnibuslinien bilden,
                              									diesen aber die unrentablen langen Touren abnehmen. Mit ihrer Hilfe und unter
                              									Vermittelung der Stadtbahn würde dann ganz Berlin ein rationelles, schnelles, die
                              									Straſsen entlastendes Verkehrssystem erhalten, wie keine andere Groſsstadt es
                              									aufzuweisen hätte.
                           Schlieſslich habe ich noch die Anwendung des elektrischen Stromes der Dynamomaschine
                              									als Hilfsbetriebkraft für Locomotivbahnen zu erörtern.
                              									Eine solche Einrichtung, die sich mannigfach modificiren läſst, ist in den
                              									beigegebenen Textabbildungen in 1/100 n. Gr. schematisch dargestellt.
                           In der Mitte zwischen den Schienen, oder besser dicht neben dem Geleise, sind
                              									gabelförmige Stützen s aus Hartglas oder gut mit
                              									Firniſs getränktem Holze
                              									aufgestellt, die ein kupfernes starkes Leitungsseil, welches an den Enden federnd
                              									gespannt ist, tragen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 236, S. 391
                              
                           Die Wagen, welche mit treibenden Dynamomaschinen M in ähnlicher Weise, wie bei den elektrischen
                              									Hochbahnen beschrieben ist, versehen sind, tragen ein System von Rollen r, welche in ähnlicher Weise wie bei der
                              									Seilschleppschiffahrt das Leitungsseil S aus seinen
                              									Gabelstützen aufnehmen und es nach dem Passiren des Wagens wieder in dieselben
                              									niederlegen. Die Rollen, deren Zahl sich nach Bedarf vermehren läſst, bilden die
                              									leitende Verbindung zwischen dem Seil und der treibenden elektrischen Maschine, die
                              									unter dem Wagen angebracht werden kann und welche durch Riemenbetrieb oder auf
                              									andere Weise eine Achse des Wagens dreht Die Rückleitung geschieht mittels des
                              									eisernen Gestelles des Wagens und der Räder R durch die
                              									Bahnschienen, wenn man es nicht vorzieht, zwei Leitungsseile anzuwenden und nur
                              									diese zur Stromleitung zu benutzen. Eine starke stehende Dynamomaschine, die
                              									zwischen dem Kupferdrahtseile und den Schienen oder zwischen den beiden Drahtseilen
                              									eingeschaltet ist, gestattet dann, eine beliebige Zahl von Achsen des Zuges mit
                              									Triebkraft zu versehen. Anstatt des Drahtseiles kann man auch eine feste Leitschiene
                              									neben oder auch über der Bahn durch Hartglas oder Holz, isolirt vom Erdboden,
                              									anbringen und den Contact derselben mit den treibenden Dynamomaschinen durch einen
                              									auf der Leitungsschiene laufenden Contactwagen herstellen, der vom Zuge durch ein
                              									leitendes Seil nachgezogen wird. Sollen die Dynamomaschinen zur Bremsung beim
                              									Niedergang des Zuges dienen, so brauchen die Polenden der Umwindungsdrähte nur durch
                              									einen Metallstreifen in directe leitende Verbindung mit einander gebracht werden.
                              									Sie treten dann als Strom erzeugende Dynamomaschinen auf und erhitzen den durch
                              									Wasser gekühlten
                              									Metallstreifen. Die vom niederrollenden Zuge geleistete Arbeit wird dann zur
                              									Dampfentwickelung verbraucht.
                           Bei Gebirgsbahnen mit häufig wechselnden Steigungen würde der nöthige Aufenthalt zum
                              									Aus- und Einlegen des Drahtseiles u.s.w. unbequem sein. Man kann dann auch den
                              									Dampferzeuger und Motor, sowie die Strom erzeugende Dynamomaschine auf einem
                              									besonderen Wagen mitführen, oder sie mit der Locomotive verbinden. Es kann dann eine
                              									beliebige Anzahl von Wagen mit Triebmaschinen versehen werden, die durch
                              									Leitungsseile mit der Strom erzeugenden Dynamomaschine verbunden sind und durch sie
                              									getrieben werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
