| Titel: | Draht-Richtmaschine von Pratt und Whitney in Hartford, Conn., Nordamerika. | 
| Fundstelle: | Band 236, Jahrgang 1880, S. 460 | 
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                        Draht-Richtmaschine von Pratt und Whitney in
                           								Hartford, Conn., Nordamerika.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 41.
                        Pratt und Whitney's Draht-Richtmaschine.
                        
                     
                        
                           Die im Nachfolgenden zu beschreibende, in der Nähmaschinenfabrik von Cl. Müller in Dresden aufgestellte Maschine bewirkt die
                              									Geradstreckung von Metallstäben nach demselben Princip, wie die älteren
                              									Draht-Richtmaschinen.
                           Es wird dem Drahte eine hauptsächliche Krümmung dadurch genommen, daſs jeder Theil
                              									desselben gezwungen wird, Ausbiegungen, die nach dem Ende hin immer kleiner werden
                              									und nach entgegengesetzten Richtungen erfolgen, anzunehmen. Bei den älteren
                              									Vorrichtungen wird der Draht in bekannter Weise zwischen feststehenden Stiften, die
                              									in zwei Reihen angeordnet sind, hindurchgeführt. Bei einmaligem Durchziehen läſst
                              									sich auf diese Weise nur erreichen, daſs die Achse des Drahtes aus einer räumlichen
                              									Curve in eine ebene Curve übergeführt wird; will man auch diese entfernen, so muſs
                              									man zwei auf einander rechtwinklig stehende Stiftreihen anwenden und den Draht
                              									durchziehen. Eine noch zuverlässigere Wirkung ist bei der vorliegenden
                              									Draht-Richtmaschine dadurch erreicht worden, daſs man den Stiften eine rotirende
                              									Bewegung ertheilt. Fig. 4 Taf.
                              									41 gibt eine Ansicht der Maschine mit Weglassung des Fuſsgestelles. Auf der den Fuſs
                              									bildenden Säule ist ein Ständer aufgeschraubt, in dessen beiden verticalen Armen die
                              									Lager für den in Fig. 5 und
                              										6 abgebrochen dargestellten Rahmen enthalten sind. Dieser guſseiserne
                              									Rahmen hat an beiden Enden durchbohrte, hohlcylindrische Drehzahpfen, durch welche
                              									der Draht ein- bezieh.
                              									austritt. Auf dem längeren cylindrischen Theile ist gleichzeitig die Antriebscheibe
                              									aufgekeilt. Der Mitteltheil trägt fünf Stahlbolzen a
                              									bis e; alle haben in dem mittleren cylindrischen Theile
                              									eine der Drahtdicke entsprechende Durchbohrung, durch welche der Draht geleitet
                              									wird. Die Bolzen sind rechtwinklig zur Drehrichtung des Rahmens durch Mutter und
                              									Gegenmutter verstellbar.
                           Wird nun der durch die Bohrungen der Zapfen und der fünf Bolzen geführte Draht am
                              									Drehen verhindert, aber durch eine Kraft in der Richtung des Pfeiles gezogen,
                              									während der Rahmen rotirt, so ist die Folge, daſs ein Ausbiegen jedes Drahtelementes
                              									nach den verschiedensten Richtungen hin statthat, wodurch eine dem Drahte früher
                              									innewohnende Spannung aufgehoben, er also gerichtet wird. Die Stellung der Bolzen
                              									muſs durch Versuche ermittelt werden; im Allgemeinen müssen aber die Durchbohrungen
                              									der mit a und b
                              									bezeichneten Bolzen mehr excentrisch zur Drehachse stehen als die von d und e.
                           Der Rahmen machte bei den mit der Maschine angestellten Versuchen
                              									420 Umdrehungen in der Minute, wie aus den Durchmessern der Riemenscheiben ermittelt
                              									wurde. In Bezug auf das Geraderichten fielen die Versuche sehr günstig aus; auch ist
                              									jedenfalls die Kraft zum Durchziehen bei rotirenden Bolzen geringer als bei
                              									feststehenden. Aber ein Bedenken macht sich geltend. Wird nicht der Draht in jedem
                              									seiner Theile bei der groſsen Umdrehungszahl des Rahmens so vielfach hin- und
                              									hergebogen werden, daſs die Festigkeit darunter leidet? Der Draht wird in einer
                              									höchst eigenthümlichen Weise beansprucht. Denkt man sich die fortschreitende
                              									Bewegung einmal = 0, den Rahmen aber rotirend, so werden sich ruhende Punkte an den
                              									Stellen des Drahtes ergeben, wo sich Drehachse und Drahtachse schneiden. Alle
                              									übrigen Punkte des Drahtes beschreiben Kreise um die Drehachse. Den im
                              									Achsendurchschnittspunkte befindlichen Querschnitt hat man sich festgehalten zu
                              									denken, während alle anderen Drahtquerschnitte bis zum nächsten Bolzen um diesen
                              
                              									Querschnitt schwingen, wie ein Rotationspendel um seinen Aufhängepunkt.
                           Bei den Versuchen mit 8mm,3
                              
                              									dickem Draht machte sich eine sehr starke Erwärmung bemerklich, welche gewiſs nicht
                              									allein von der Reibung des Drahtes in den Bolzen, sondern auch von der Verschiebung
                              									der Querschnittselemente gegen einander herrührte. Als die Maschine rotirte, ohne
                              									daſs der Draht durchgezogen wurde, sich also alle Abbiegungen auf dieselben
                              									Querschnitte wiederholten, zersprang der Draht noch vor Ablauf einer Minute.
                           Die Versuche wurden auf folgende Weise angestellt. An das durch
                              									den. Rahmen und die Bolzen gesteckte Drahtende wurde eine in horizontaler Richtung
                              									laufende Kette befestigt. Diese ging über eine Rolle nach einer anderen am
                              									Deckenbalken aufgehängten; am freien Kettenende wurden Gewichte angebracht, welche
                              									durch Herabsinken den Draht durch die Maschine zogen.
                           Es zeigte sich, daſs 25k nicht
                              									im Stande waren, selbst bei rotirendem Rahmen, den Draht durchzuziehen. Erst als
                              									weitere 23k,875 angehängt wurden, gelang dies.
                              									Wurde aber der Rahmen angehalten, so waren auch die angehängten 47k,375 nicht im Stande, den Draht zu bewegen. Der
                              									Draht hatte, wie oben bemerkt, eine Dicke von 8mm,3; die Bolzen waren so gestellt, daſs bei der angegebenen Umdrehungszahl
                              									ein genaues Richten erfolgte. Die Versuche ergaben, daſs es ganz gleichgültig war,
                              									ob der Draht in Ringform der Maschine geboten wurde, oder schon in ziemlich
                              									gerichtetem Zustande. Dieser Umstand erklärt sich aus der groſsen Umdrehungszahl des
                              									Rahmens, welche den Einfluſs der Krümmung des Drahtes verschwinden läſst. Die Zeit
                              									des Durchziehens betrug fast durchgängig 55 Secunden für 3m,85, also die Arbeitsgeschwindigkeit v = 70mm in der
                              									Secunde bei einer Zugkraft von 47k,375. (Nach dem
                              										Civilingenieur,
                                 										1880 S. 133.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
