| Titel: | Generalversammlung des Vereins deutscher Eisenhüttenleute. | 
| Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 148 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Generalversammlung des Vereins deutscher
                              								Eisenhüttenleute.
                        (Schluſs des Berichtes S. 95 d. Bd.)
                        Generalversammlung des Vereins deutscher
                           								Eisenhüttenleute.
                        
                     
                        
                           Die Herstellung von Bessemer-Roheisen bespricht G. Hilgenstock. Als vor etwa 17 Jahren der
                              									beschleunigte Puddelprozeſs, das Bessemern, in Deutschland eingeführt wurde (in
                              									Horde wurde die erste Bessemerhitze am 22. April 1864 geblasen), da wuſste man von
                              									dem zu diesem Prozeſs verwendbaren Roheisen zunächst nur, daſs es ein graues, von
                              									Phosphor und Schwefel möglichst freies Eisen sein muſste. Man wählte daher von
                              									Phosphor möglichst freie Erze, erhöhte den Kokessatz und hielt schon des stets
                              									auftretenden Schwefels wegen die Schlacke basisch. Ein i. J. 1864 in Westfalen
                              									erblasenes Bessemer-Roheisen enthielt 0,06 Proc. Phosphor, 0,01 Proc. Schwefel, 4,07
                              									Proc. Silicium und 7,43 Proc. Mangan. Bei der Rolle, welche unter unseren
                              									inländischen, von Phosphor freien Erzen der Spatheisenstein spielt, kann bei diesem
                              									deutschen Bessemer-Roheisen der hohe Mangangehalt nicht überraschen, welcher denn
                              									auch lange Zeit hindurch den wesentlichsten Unterschied dem englischen
                              									Bessemer-Roheisen gegenüber bildete. Der etwas höhere Phosphorgehalt erklärt sich
                              									daraus, daſs wir mit dem inländischen Material nicht unter 0,06 Proc. kommen können, da die besten Erze durchschnittlich 0,02 Proc.
                              									Phosphor, die Kokeskohle
                           
                              
                                 
                                 Silicium
                                 Mangan
                                 Schwefel
                                 Phosphor
                                 Kohlen-stoff
                                 Kupfer
                                 
                              
                                 Januar 1867
                                   4,216
                                     6,195
                                   0,029
                                   0,097
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 April 1867
                                   1,842
                                   3,45
                                 –
                                   0,124
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 September 1868
                                   4,383
                                     6,115
                                   0,045
                                   0,088
                                 2,850,55
                                 0,22
                                 
                              
                                 Oktober 1868
                                   3,689
                                   5,97
                                 0,06
                                   0,085
                                   3,2170,76
                                  0,181
                                 
                              
                                 März 1871
                                 3,80
                                   7,13
                                 –
                                   0,078
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 April 1871
                                 2,00
                                 10,58
                                 –
                                 0,11
                                 3,500,78
                                 0,08
                                 
                              
                                 Mai 1871
                                   3,218
                                     6,336
                                   0,029
                                   0,065
                                   4,069
                                 –
                                 
                              
                                 Februar 1872
                                 1,50
                                   2,87
                                 0,24
                                 –
                                 –
                                 
                                 
                              
                                 November 1873
                                 4,05
                                   5,65
                                 –
                                   0,076
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Oktober 1874
                                 2,36
                                     3,384
                                 –
                                   0,083
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Oktober 1874
                                 1,39
                                   4,92
                                 –
                                   0,102
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 September 1875
                                 2,70
                                   7,10
                                 Spur
                                 0,09
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 November 1875
                                 2,52
                                   5,81
                                 0,01
                                   0,055
                                   0,176
                                 
                                 
                              
                                 November 1875
                                 1,99
                                   4,01
                                 0,03
                                 –
                                 –
                                 0,22
                                 
                              
                                 September 1877
                                 1,92
                                   3,89
                                 –
                                   0,085
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Januar 1878
                                 2,22
                                   3,37
                                   0,040
                                   0,093
                                 –
                                 0,18
                                 
                              
                           
                           aus dem Ruhrbecken mindestens 0,1 Proc. Phosphor enthält, so
                              									daſs im günstigsten Falle 0,04 Proc. Phosphor aus dem Erz und 0,02 Proc. aus den
                              									Kokes ins Bessemer-Eisen gehen. Uebrigens enthielt auch das englische
                              									Bessemer-Roheisen nicht selten 0,13 Proc. Phosphor (vgl. S. 101 d. Bd.). Deutsche
                              									Bessemer-Roheisen von verschiedenen Orten und Jahrgängen zeigten u.a. obige
                              									Zusammensetzung.
                           Erst im Laufe der Jahre ist dem Verhältniſs der beiden Wärmespender, Silicium und
                              									Mangan, zu einander mehr Aufmerksamkeit gewidmet worden und heute wird wohl kein
                              									Bessemer-Roheisen mehr ohne vorgeschriebene Analyse erblasen. Diese Vorschrift
                              									erstreckt sich auſser auf möglichst wenig Phosphor, Schwefel und Kupfer auf
                              									mindestens 2 Proc. Silicium, während sie in Bezug auf den Mangangehalt noch von 2
                              									bis 5 Proc. schwankt. Es wird auch heute Bessemer-Eisen mit 2 bis 2,5 Proc. Silicium
                              									und 4 bis 5 Proc. Mangan verarbeitet und kann man aus einem Roheisen von 2,5 Proc.
                              									Silicium- und 5 Proc. Mangangehalt noch einen gleich guten Stahl erblasen, wie mit
                              									einem gleichen Siliciumgehalt und 2 Proc. oder noch weniger Mangan. Gegen den
                              									höheren Mangangehalt spricht der gröſsere Abbrand und die schnellere Abnutzung des
                              									Birnenbodens. Uebrigens schwanken auch englische Marken ganz bedenklich in ihrer
                              									Zusammensetzung, mehr als man von deren Rufe erwarten sollte, da man Analysen mit
                              									1,73 bis 5,01 Proc. Silicium und 0,22 bis 3,31 Proc. Mangan sieht.
                           Die Aufgabe, ein verhältniſsmäſsig hoch silicirtes und hoch gekohltes Eisen zu
                              									erblasen in Verbindung mit vermehrter Production, muſste nun bei unserem
                              									Hochofenbetriebe namentlich zu einer höheren Temperatur der vermehrten Windmenge und
                              									zur Vergröſserung des Ofenraumes führen.
                           Um die Windtemperatur zu erhöhen, erfolgte zunächst die Vermehrung 4er Heizfläche an
                              									eisernen Heizapparaten; dann aber – und gerade das Bessemer-Roheisen war es, das
                              									hierzu den Anstoſs gab, – fand i. J. 1872 das Regenerativsystem in den Cowper'schen und Whitwell'schen Apparaten Eingang, welche in England ausgebildete deutsche
                              									Erfindungen sind. Es ist ja bekannt, daſs z.B. in Horde schon i. J. 1866 und schon
                              									i. J. 1864 in Troisdorf solche Apparate in Betrieb waren, welche unbedingt als das
                              									Modell für die englische Erfindung gelten müssen. Hatten die ersten
                              									Whitwell-Apparate bei etwa 7m Durchmesser und 9m Höhe etwa 1000qm Heizfläche, so blieb man auch bei dieser nicht gar lange stehen und
                              									heute werden diese Apparate 16 bis 18m und wohl
                              									noch höher gebaut.
                           Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daſs für unsere heutigen
                              									Productionsverhaltnisse diese Apparate vor den eisernen Röhrenapparaten überwiegende
                              									Vortheile bieten, wenn auch bei diesen die benutzbare Windtemperatur wohl nicht
                              									regelmäſsig über 600° hinausgeht. Zur Vermehrung der Production, welche in
                              									unerwartet hohem Grade nach dem Kriege 1870/71 für unsere Hochöfen sich als geboten
                              									erwies, muſste die Erfahrung als Richtschnur dienen, daſs man mit den bis dahin
                              									betriebenen Oefen von durchschnittlich etwa 170cbm
                              									Inhalt wesentlich mehr als 40t in 24 Stunden
                              									grauen Bessemer-Roheisens mit ökonomischem Erfolge zu erzeugen nicht im Stande war,
                              									d.h. die Erkenntniſs, daſs man für 1t
                              									Bessemer-Roheisen in 24 Stunden mindestens 4cbm
                              									Ofenraum nöthig hatte, muſste dazu führen, neben der Verstärkung der Gebläsekraft
                              									von 200 auf 500cbm und mehr für Ofen und Minute
                              									und Erhöhung der Windtemperatur auch gröſsere Oefen anzuwenden; so entstanden
                              									anfangs der 70er Jahre jene erweiterten Neuzustellungen und neuen Hochöfen bis zu
                              										400cbm Inhalt, die denn auch mit Leichtigkeit
                              									ihre Production auf 100t täglich steigerten. Man
                              									erreichte damit ja noch nicht entfernt die Gröſse der englischen Hochöfen von 700,
                              									ja 1100 bis 1200cbm aus dem J. 1870; die
                              									Production solcher Kolosse hat sich bekanntlich durchaus nicht proportional ihrer
                              									Gröſse gehoben.
                           Hand in Hand mit diesen Fortschritten ging eine Umschau nach den hochhaltigen, von
                              									Phosphor freien Erzen, deren Einfuhr aus Spanien (vgl. 44 d. Bd.), Afrika u.s.w.
                              									seitdem immer gewaltiger wurde. Mit dem gesteigerten Verbrauch dieser Erze verknüpft
                              									sich ein Fortschritt der Hochofentechnik. Bis dahin bestand fast allgemein die
                              									Anschauung, daſs zur Sicherung eines hinreichenden Siliciumgehaltes in
                              									Bessemer-Roheisen es unumgänglich nothwendig sei, das Verhältniſs des Roheisens zur
                              									Schlacke mindestens nicht über 1 : 1 hinausgehen zu lassen; man glaubte sich genöthigt, das
                              									hohe Ausbringen reichhaltiger Erze durch Zuschlag kieseliger Rotheisensteine und
                              									armer Brauneisensteine zu diesem Zwecke zu mäſsigen. Heute wissen wir, daſs wir auch
                              									bei nur 0,6 Schlacke auf 1 Roheisen z.B. ein vorzüglich silicirtes und gekohltes
                              									grobkörniges Bessemereisen erblasen können. Soll freilich der Siliciumgehalt
                              									regelmäſsig über 5 Proc. betragen, das erhaltene Eisen Ferrosilicium sein, dann
                              									greift man zweckmäſsig auf ein hohes Schlackenverhältniſs zurück.
                           Die Frage der Beschaffung der Bessemererze muſste, nachdem die Erfahrung mehr und
                              									mehr Platz griff, daſs namentlich beim Bessemer-Roheisenbetriebe die durchweg Mangan
                              									haltige basische Schlacke das Roheisen vor dem Schwefel durch Ueberführung desselben
                              									in die Schlacke fast absolut schützt, dazu führen, ältere Versuche zur Verhüttung
                              									der Schwefelkiesabbrände von den Schwefelsäurefabriken, welche vollständig von
                              									Phosphor frei, aber mehr oder weniger noch Schwefel haltig sind, wieder aufzunehmen.
                              									Der Erfolg war der, daſs seit Mitte der 70 er Jahre jährlich Tausende von Tonnen
                              									dieser Abbrände auf Bessemereisen verhüttet werden. Einschränkend wirkt beim
                              									Verbrauch allerdings die Staubform, insbesondere der der Kupferextraction
                              									unterworfenen Abbrände spanischer Kiese und der hohe Zinkgehalt eines Theiles
                              									unserer inländischen Kiese. Von den Abbränden der älteren Haldebestände chemischer
                              									Fabriken sind 20 Procent der Erzmischung verhüttet worden, ohne in dem noch grauen
                              									Bessemer-Roheisen mehr als Spuren von Schwefel zu finden, obwohl diese Abbrände noch
                              									etwa 6 Proc. Schwefel enthielten, also in der Mischung auf 100 Eisen etwa 2,5 Proc.
                              									Schwefel kommen.
                           Es konnte nicht ausbleiben, daſs die Darstellung des Bessemer-Roheisens, in
                              									Verbindung mit der allgemeinen Vermehrung der Production für den Ofen sich besonders
                              									noch in Bezug auf die Haltbarkeit der Zustellungen geltend machen muſste. Bedingt
                              									schon die bedeutend höhere Temperatur beim Erblasen von Bessemer-Roheisen gegenüber
                              									dem von weiſsem Puddeleisen eine schnellere Abnutzung der feuerfesten Wandungen, so
                              									muſsten diese noch mehr abgenutzt werden, als sie den Angriffen des doppelten und
                              									mehrfachen der früheren Massen von der höheren Temperatur ausgesetzt wurden. So
                              									sehen wir denn, daſs seit der Einführung des Bessemer-Roheisens die
                              									durchschnittliche Haltbarkeit unserer Hochofenzustellung schnell abgenommen hat.
                              									Daſs das beste feuerfeste Material Wasser, ist ein alter Satz und so finden wir bei
                              									den in Rede stehenden Ofen von der Wasserkühlung den umfassendsten Gebrauch gemacht,
                              									sowohl bei den Schächten, als auch dem Gestell und der Rast. Das Einmauern der
                              									Schächte wurde vollständig fallen gelassen und die vorhandenen dieser Bauart
                              									muſsten, um sich zu erhalten, innerhalb des Mauerwerkes freigelegt werden. Hilgenstock hat von der Kühlung durch Bespritzen des
                              									offenen Kühlraumes bei den Windformen Gebrauch gemacht; seit einer Reihe von Jahren
                              									liegen ausschlieſslich Formen mit offener Kühlung, im Ganzen 28 Stück, im Feuer und
                              									ist er seit der Zeit von jenen heillosen Störungen verschont worden, die nur Formen
                              									mit geschlossener Kühlung hervorrufen können (vgl. 1880 237 * 133). Die sogen. offene Kühlung muſs um so wirksamer sein bei
                              									gleichen Wassermengen, als ein Theil des Wassers verdampft.
                           Wenn man nun heute unter Bessemer-Roheisen ein Eisen
                              									versteht mit weniger als 0,1 Proc. Phosphor und 0,05 Proc. Schwefel, 0,1 bis 0,2
                              									Proc. Kupfer, mindestens 2 Proc. Silicium, 2 bis 3 Proc. und mehr Mangan und 3,5 bis
                              									4,5 Proc. Kohlenstoff und berücksichtigt, daſs die Darstellung dieses Eisens des
                              									hohen Siliciumgehaltes wegen einen erhöhten Kokesaufwand wie graues Eisen überhaupt
                              									erfordert, daſs die Beschaffung der nöthigen von Phosphor freien Erze die
                              									Masseneinfuhr ausländischer Erze herbeiführte und daſs für den Hochofenmann der
                              									Betrieb auf Bessemereisen den schnellen Ruin neuer Zustellungen bedeutet und eine
                              									Vermehrung der Production ganz besonders die Vergröſserung der Oefen bedingte, so
                              									bietet das Thomas-Roheisen und dessen Darstellung in
                              									allen Punkten fast ein anderes und meist entgegengesetztes Bild.
                           Als es im J. 1879 feststand (in Horde wurde die erste Thomas-Hitze am 22. September
                              									1879 geblasen), daſs man durch den basischen Prozeſs die Phosphorsäure auch beim
                              									Bessemern in die Schlacke bringen und den Stahl oder das Fluſseisen vor dem Phosphor
                              									schützen kann (vgl. 1879 233 44), da muſste man sich sofort sagen, daſs der
                              									Phosphor bei dem neuen Prozeſs an Stelle des Siliciums einen Theil des nöthigen
                              									Brennstoffes bilden werde. In der That unterlag es gar bald keinem Zweifel mehr,
                              									daſs das zum Entphosphoren gute Eisen nicht mehr grau zu sein brauchte und nicht
                              									länger dauerte es, den Charakter dieses Eisens ganz genau umschreiben zu können,
                              									mindestens ebenso genau wie den des Roheisens für den sauren Prozeſs, d.h. 2 bis 3
                              									Proc. Phosphor, 2 bis 2,5 Proc. Mangan, 2,5 bis 3,5 Proc. Kohlenstoff, unter 1 Proc.
                              									Silicium, möglichst wenig Schwefel, jedenfalls unter 0,1, da ja beim basischen
                              									Prozeſs nur die Hälfte etwa entfernt wird.
                           Für den Hochofenmann bedeutet diese Analyse – beim Phosphor das Komma nur um 1 Stelle
                              									nach links gedrückt – ein gutes mäſsig strahliges Puddeleisen, was für den
                              									Hohofenbetrieb besonders betont werden muſs, bei den vielfachen Erörterungen über
                              									den Entphosphorungsprozeſs aber noch nicht hinreichend hervor gehoben ist. Der Hochofenbetrieb auf Thomaseisen ist der einfachste und
                                 										günstigste, den wir kennen. Die angegebene Zusammensetzung sagt, daſs das
                              									Thomaseisen weit über Treibeisen stehen soll, daſs also der Hochofengang so warm
                              									geführt werden kann und muſs, um Rohgang, wenn keine auſserordentlichen, nicht
                              									vorher zu erkennenden Störungen eintreten, vollständig auszuschlieſsen. Andererseits
                              									darf das Eisen mehr strahlig und halbirt fallen, ohne an seiner Qualität irgendwie
                              									Einbuſse zu erleiden. Es ist klar, welcher auſserordentliche Abstand zwischen dem
                              									Erblasen eines solchen Eisens und dem des grauen Bessemereisens mit garantirtem
                              									Siliciumgehalt liegt.
                           Die Angabe, daſs die Phosphorsäure der Erze schwer reducirbar sei, kann Hilgenstock nicht bestätigen. Jedenfalls ist bei den
                              									Phosphormengen, welche beim Thomaseisen in Betracht kommen, die Affinität des
                              									Phosphors zum Eisen in hoher Temperatur zu groſs, als daſs die Phosphorsäure nicht
                              									mit Leichtigkeit reducirt und der Phosphor ins Roheisen übergeführt werden sollte.
                              									Allerdings erfordert die vorhandene Phosphorsäure ihr Aequivalent Kohlenstoff in
                              									Gestalt von Kohlenoxyd zur Reduction und von der Hochofenschlacke der Ilseder Hütte
                              									ist es ja längst bekannt, daſs man in ihr bis zu 0,5 Proc. nachweisen kann. Daſs in
                              									dem entsprechenden Gichtstaub auch 0,44 Proc. Phosphor gefunden wurden, ist
                              									erklärlich. Wir dürfen daher im Allgemeinen sagen, daſs die Phosphorsäure der Erze
                              									beim Erblasen von Thomaseisen noch vollständig reducirt wird, und sind somit in der
                              									Lage, aus dem Phosphorgehalt der Erze den des Thomaseisens ziemlich genau im Voraus
                              									bestimmen zu können.
                           Die Darstellung des Thomaseisens erfordert nicht entfernt so viel Ofenraum wie die
                              									des Bessemereisens. Muſs man für letzteres 4cbm
                              									für 1t in 24 Stunden rechnen, so kommt man für
                              									Thomaseisen mit 2,5 bis 3cbm aus und man erbläst
                              									täglich 100t Thomaseisen in einem Ofen von nur 250
                              									bis 300cbm mit demselben ökonomischen Erfolge wie
                              									dieselbe Menge Bessemereisen im Ofen von 400cbm
                              									Inhalt. Es ist daher fraglich, ob es überhaupt noch zweckmäſsig sei, Oefen auf mehr
                              									als 100t tägliche Production zuzustellen, wenn es
                              									Thatsache ist, daſs eine weitere Erhöhung der Oefen keine entsprechende Verminderung
                              									des Kokesverbrauches zur Folge gehabt hat.
                           Es ist in den Erörterungen über die Kosten des Thomasverfahrens vielfach die Frage
                              									berührt worden, um wie viel das Thomaseisen billiger darzustellen ist als das
                              									Bessemereisen; Hilgenstock möchte den Unterschied bei
                              									jetzigen Rohmaterialpreisen auf 22 bis 23 M. für 1t angeben. Das Thomaseisen erfordert mindestens 400k Kokes für 1t
                              									weniger als das Bessemereisen, welche 4 bis 5 M. kosten und für Erze und Kalksteine
                              									18 M. Es ist dabei nicht berücksichtigt, daſs bei Thomaseisen auſserdem bei sonst
                              									gleichen Betriebsmitteln die Löhne und Betriebsunkosten erheblich geringer sind als
                              									bei Bessemerroheisen.
                           Massenetz hebt bei der Besprechung dieses Vortrages
                              									hervor, daſs die Rheinisch-westfälische Roheisenindustrie nicht concurriren kann mit
                              									dem ungemein billigen, allerdings auch schlechteren englischen Eisen. Als die
                              									Gieſserei-Roheisenproduction von 8 Werken dieses Bezirkes aufgenommen wurde, da ist
                              									von diesen Werken in der bewuſsten Absicht vorgegangen worden, dem schottischen
                              									Eisen Concurrenz zu machen; es wurde von vorn herein auf den vergeblichen Versuch
                              									verzichtet, das Cleveland-Eisen zu ersetzen. Der westfälische Hochofentechniker ist
                              									verurtheilt, mit einer ganzen Musterkarte von zum gröſseren Theil weit hergeholten Erzen zu
                              									arbeiten, und durch die mannigfaltige und wechselnde Zusammensetzung dieser Erze
                              									wird der Hochofenbetrieb sehr erschwert und sind wir deshalb den Engländern
                              									gegenüber bezüglich der Massenproduction zurückgeblieben. Die Technik des Hochofenbetriebes ist dagegen nirgends
                              									besser ausgebildet als bei uns.
                           Wo wie im Clevelanddistrict oder in Luxemburg nur eine oder zwei Erzsorten von
                              									gleichmäſsiger Zusammensetzung und gleichbleibendem Aggregatzustand verarbeitet
                              									werden, da haben sich typische Formen der Hochöfen ausgebildet und es werden im
                              									Wesentlichen von einzelnen Hütten nur die Gröſsenverhältnisse überhaupt geändert.
                              									Bei uns aber spricht der Aggregatzustand der Erze, die Tragfähigkeit der Kokes und
                              									die verlangte Eisenqualität bezüglich der den Hochöfen zu gebenden Form und des
                              									Fassungsraumes ein gewichtiges Wort mit. Das Verhältniſs zwischen der Weite von
                              									Gicht, Kohlensack und Gestell ist ganz anders zu wählen, wenn auf Mangan haltiges
                              									Puddelroheisen, als wenn auf Gieſsereiroheisen oder Bessemerroheisen gearbeitet
                              									werden soll. Die Hochofentechniker werden sich daher Rechenschaft geben müssen,
                              									welche Form sie ihrem Hochofen geben wollen, wenn sie auf eine bestimmte Qualität
                              									Eisen hinzuarbeiten haben. Auch auf den Erfolg der Windheizapparate übt die
                              									Zusammensetzung der Erze einen nicht zu unterschätzenden Einfluſs aus, sowohl
                              									bezüglich der Menge als der chemischen Wirkung des Flugstaubes. Wenn man Erze von
                              									ziemlich hohem Mangangehalt in mit Whitwell'schen oder
                              										Cowper'schen Apparaten versehenen Hochöfen
                              									verarbeitet, so sinkt der Erfolg dieser im Uebrigen vorzüglichen Heizapparate sehr
                              									rasch und die theilweise Verschlackung des feuerfesten Materials dieser Apparate
                              									macht häufige, zeitraubende und kostspielige Reparaturen nothwendig. Es ist ferner
                              									wichtig, gerade die Form der Hochöfen zu berücksichtigen, weil die Production von
                              									weiſsem Roheisen in groſsen Massen heute wieder mehr in den Vordergrund tritt. Man
                              									hat in den letzten Jahrzehnten darauf hingearbeitet, möglichst viel graues Roheisen
                              									unter möglichst günstigen Bedingungen zu erzielen. Die Zukunft wird dahin führen,
                              									daſs man die andere Frage zu lösen sucht: unter welchen günstigen Bedingungen man
                              									möglichst viel weiſses Roheisen in den Hochöfen erzielt. Die Frage nach der
                              									zweckmäſsigen Maximalhöhe der Hochöfen läſst sich für unsere Verhältnisse dahin
                              									beantworten, daſs wir bei einer Höhe zwischen 20 und 23m stehen bleiben müssen; darüber hinaus werden wir voraussichtlich keinen
                              									Vortheil haben. Wenn wir weiſses Roheisen machen wollen, so werden wir keine
                              									Hochöfen mit weiter Gicht und verhältniſsmäſsig engem Kohlensack und engem Gestell
                              									construiren dürfen, sondern wir werden uns zweckmäſsig der älteren Form anpassen
                              									müssen und enge Gicht, weite Kohlensäcke und weites Gestell verwenden. Beim Arbeiten
                              									auf graues Roheisen dagegen kann die Gicht erweitert und muſs, wenn wir mit
                              									möglichster Oekonomie des Brennstoffverbrauches arbeiten wollen, der Raum zwischen
                              									den Formen enger gehalten werden, als wenn wir weiſses Eisen erzeugen wollen. Die
                              									neueren in unserem Bezirke gebauten groſsen Hochöfen, welche auf graues Eisen
                              									vortrefflich arbeiten, haben beim Erblasen von weiſsem Eisen vielfach wenig günstige
                              									Resultate geliefert.
                           Fehland bemerkt noch, daſs der Ofen in Geisweid gleiche
                              									Weite im Kohlensack und an der Gicht, also cylindrischen Schacht, abweichend von
                              									allen siegerländischen Oefen, hat. Er liefert oft in demselben Monate Bessemer-,
                              									Spiegel- und Puddeleisen, welche doch Erze sehr verschiedener Natur erfordern, unter
                              									sehr günstigem Kokesverbrauche. Ueber die Form dieses Ofens hat man sich allerdings
                              									vielfach aufgehalten; doch scheint derselbe jetzt einer der besten des Siegerlandes
                              									zu sein.