| Titel: | Ueber salpetersaures Zinn in der Pulverfabrikation. | 
| Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 279 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber salpetersaures Zinn in der
                           								Pulverfabrikation.
                        Ueber salpetersaures Zinn in der Pulverfabrikation.
                        
                     
                        
                           Beim Mischen und Verdichten des angefeuchteten Pulversatzes durch Läuferwerke traten
                              									auf der Königl. Pulverfabrik zu Spandau kurz nach einander Entzündungen ein.
                              									Bezügliche Untersuchungen führten zu der Wahrnehmung, daſs das mit dem feuchten
                              									Pulversatze in Berührungkommende Zinnbleiloth der an den Walzen angebrachten
                              									bronzenen Abstreicher sehr stark angegriffen, zum Theil sogar verschwunden war und
                              									daſs die in den theilweise entleerten Fugen vorhandene Masse beim Herausschaben mit
                              									einem Meiſsel funkensprühend sich entzündete. Es kann somit eine für die
                              									Pulverfabrikation verhängniſsvolle Masse aus dem Pulvergemisch und den Lothmetallen
                              									entstehen.
                           R. Weber zeigt nun im Journal
                                       										für praktische Chemie, 1882 Bd. 26 S. 121, daſs das Zinn zwei Nitrate
                              									bildet, das zerflieſsliche und leicht zersetzbare Sn(NO3)220H2O
                              									und ein basisches Salz Sn2N2O7, welches schwer
                              									löslich, leicht krystallisirbar und im trockenen Zustande haltbar ist. Dieses
                              									basisch salpetersaure Zinnoxydul entsteht z.B., wenn Salpetersäure von 1,20 sp. G.
                              									auf überschüssiges Zinn oder auf an Zinn reiche Bleilegirungen einwirkt. Verbreitet
                              									man mittels des bekannten Flüssigkeitszerstäubers Nebel solcher Säure über gröſsere
                              									Flächen von ausgewalztem Zinn oder an Zinn reichen Bleilegirungen, so entsteht eine
                              									an der Luft alsbald austrocknende, graue oxydische Schicht, welche sich wie das
                              									unreine basische Salz verhält, unter Funkensprühen abbrennt und durch Schlag
                              									detonirt. Beim Vorwalten der Säure entsteht dagegen das neutrale, durch Verdunsten
                              									der Lösung nicht fest werdende Salz. Das basische Salz erzeugt sieh auch durch
                              									Einwirkung des Zinnes auf Metallnitrate, deren Radical durch das Zinn fällbar ist.
                              									Dahin gehören z.B. die Nitrate von Kupfer und Silber. So läſst sich die Bildung
                              									dieser Zinnverbindung leicht beobachten, wenn man eine und zwar nicht zu
                              									concentrirte Lösung von Kupfernitrat auf ein Staniolblatt streicht, welches über
                              									eine Glasplatte gebreitet ist. Auch aus an Zinn reichen Bleilegirungen entstehen
                              									derartige Gemische.
                           Die aus dem Zinnlothe und dem feuchten Pulversatze sich bildende gefahrvolle Substanz
                              									hat den Charakter eines Gemisches, welches jenes basische Zinnnitrat, die
                              									beständigere Nitroverbindung, als wesentlichen Bestandtheil enthält.
                           Die Entstehung dieses Zinnnitraten erklärt sich aus folgenden Vorgängen: Zuerst ist
                              									durch die Einwirkung des Schwefels auf das Kupfer Schwefelkupfer entstanden, durch
                              									dessen leicht erfolgende Oxydation schwefelsaures Kupfer sieh gebildet und dieses unter
                              									Vermittelung der Feuchtigkeit mit dem Salpeter sich zu Nitrat umgesetzt hat. Die
                              									langsam entstehenden geringen Mengen des salpetersauren Kupfers sind mit dem Zinn in
                              									Berührung gekommen und haben Anlaſs zur Bildung des basischen, in trockenem Zustande
                              									haltbaren Zinnnitrates gegeben. So ist auf diesem Umwege das Zinn durch Reaction der
                              									ursprünglich im Salpeter gebundenen, dann in Kupfer übertragenen Säure in das durch
                              									Druck und Schlag entzündbare Nitrat verwandelt worden.
                           Diesen Vorgängen zufolge können Gefahrzustände bei der Pulverfabrikation dadurch
                              									entstehen, daſs feuchter Pulversatz mit Zinnloth in Berührung kommt, welches an
                              									kupfernen oder bronzenen Apparat oder Maschinentheilen haftet. Dringend ist es
                              									anzurathen, solches Loth an diesen Stellen zu vermeiden, statt dessen solche Theile
                              									durch Vernietung oder Verschraubung zu verbinden.
                           Daſs auch die Zinn haltigen Bronzen wegen ihres Gehaltes an Zinn (5 bis 10 Proc.)
                              									ähnlich wie die Zinnlothe zur Bildung dieser gefahrbringenden Nitrate Anlaſs geben
                              									könnten, ist in der Praxis der Pulverfabrikation bisher noch nicht beobachtet. Es
                              									dürfte dies darauf beruhen, daſs wegen des geringen Zinngehaltes der Bronzen
                              									gegenüber den Lothen weniger Nitrat entsteht und daſs vor allen Dingen dieses sich
                              									nicht an einzelnen Stellen, wie in jenen Loth fugen, anhäuft.