| Titel: | Zur Neutralfettbestimmung; von Max Gröger. | 
| Autor: | Max Gröger | 
| Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 286 | 
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                        Zur Neutralfettbestimmung; von Max
                              								Gröger.
                        Chemisches Laboratorium der k. k.
                              								Staatsgewerbeschule in Brünn.
                        Gröger, zur Neutralfettbestimmung.
                        
                     
                        
                           Das titrimetrische Verfahren zur Bestimmung von Neutralfett in Fettsäuregemengen
                              									(vgl. 1882 244 303) läſst sich wesentlich vereinfachen
                              									unter der Voraussetzung, daſs das Verhältniſs der verschiedenen Fettsäuren in dem
                              									noch unverseiften Neutralfette und dem daraus bei der Autoclavenverseifung
                              									entstandenen Gemenge freier Fettsäuren dasselbe ist.
                           Ueberschreitet der Neutralfettgehalt die Grenze, bei welcher man den im Gemenge
                              									enthaltenen Glycerinrest ganz vernachläſsigen kann, nicht, so braucht man nämlich
                              									nur das Verhältniſs der freien Fettsäuren zu den im Gemenge noch an Glycerin
                              									gebundenen zu kennen, um den Procentgehalt an Neutralfett zu berechnen. Dieses
                              									Verhältniſs läſst sich sehr leicht ermitteln, indem man die Raumtheile an
                              									alkoholischer Kalilauge bestimmt, welche man einestheils zur Sättigung der freien
                              									Säuren, anderentheils zur vollständigen Verseifung des Gemenges benöthigt.
                           Angenommen, man hätte a Volumentheile alkoholischer
                              									Kalilauge zur Sättigung der freien Fettsäuren, und b
                              									Th. zur vollständigen Verseifung, also b – a Volumentheile zur Verseifung des Neutralfettes
                              									gebraucht, so ergibt sich aus der Proportion 100 : p = b : b
                                 										– a der Neutralfettgehalt p = 100 (b – a) : b in Proc.
                           Ist jedoch der Neutralfettgehalt schon so groſs, daſs man den Glycerinrest nicht
                              									vernachläſsigen kann, so läſst sich gleichwohl das Verfahren noch anwenden: nur muſs
                              									man dann eine Correction an der Formel für p
                              									anbringen.
                           In obiger Rechnung ist a das Mals für die freien
                              									Fettsäuren, b – a das Maſs für die an den Glycerinrest
                              									gebundenen Fettsäuren; ist nun bekannt, welches Neutralfett in dem Gemenge enthalten
                              									ist, so kann man ein für alle Mal bestimmen (vgl. 1882 244 305), wieviel an freien Fettsäuren sich aus 100 G.-Th. dieses
                              									Neutralfettes darstellen lassen. Z.B. sollten 100 Th. Neutralfett P Th. freier Säuren an den Glycerinrest C3H2 gebunden
                              									enthalten, so entsprechen 1 G.-Th. freier Säure (100 : P) Gewichtstheile Neutralfett; es ist also (b –
                                 										a) (100 : P) das Maſs für Neutralfett und a + (b – a) (100 : P) das Maſs für freie Säure + Neutralfett. Folglich
                              									gilt die Proportion:
                           100 : p1
                                 										= [a + (b – a) (100 : P)] : [(b – a) (100 : P)],
                              									woraus
                           der Neutralfettgehalt p1 = [100 (b – a) (100 : P)] : [a + (b – a) (100 : P)] in Proc. sich berechnet.
                           In den bei der Kerzenfabrikation zur Verwendung gelangenden Neutralfetten können
                              									durchschnittlich 95,6 Proc. freier Fettsäuren an den Glycerinrest C3H2 gebunden gedacht
                              									werden; die Formel geht alsdann (da 100 : 95,6 = 1,046) über in p1 = 100 [1,046 (b – a)] : [a + 1,046(b –
                                 										a)]. Handelt es sich aber nicht um allzu groſse Genauigkeit, so kann man
                              										diese Correction
                              									auch bei hohem Neutralfettgehalt ganz weglassen; denn die Werthe von p und p1 unterscheiden sich sehr wenig von
                              									einander, wie aus folgender Tabelle ersichtlich:
                           
                              
                                 
                                    b
                                    
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    P
                                    
                                 
                                    p
                                    1
                                    
                                 
                                    p1 – p
                                    
                                 
                              
                                 100
                                 100
                                     0
                                     0,00
                                 0,00
                                 
                              
                                 100
                                   90
                                   10
                                   10,41
                                 0,41
                                 
                              
                                 100
                                   80
                                   20
                                   20,72
                                 0,72
                                 
                              
                                 100
                                   70
                                   30
                                   30,95
                                 0,95
                                 
                              
                                 100
                                   60
                                   40
                                   41,08
                                 1,08
                                 
                              
                                 100
                                   50
                                   50
                                   51,12
                                 1,12
                                 
                              
                                 100
                                   40
                                   60
                                   61,07
                                 1,07
                                 
                              
                                 100
                                   30
                                   70
                                   70,93
                                 0,93
                                 
                              
                                 100
                                   20
                                   80
                                   80,70
                                 0,70
                                 
                              
                                 100
                                   10
                                   90
                                   90,39
                                 0,39
                                 
                              
                                 100
                                     0
                                 100
                                 100,00
                                 0,00
                                 
                              
                           Hat man eine gröſsere Reihe von Untersuchungen für dasselbe Neutralfett
                              									durchzuführen, so kann man sich leicht eine solche Tabelle berechnen, welche für das
                              									gefundene Volumenverhältniſs b : a den richtigen
                              									Neutralfettgehalt p1
                              									angibt.
                           Es ist einleuchtend, daſs man bei diesem Verfahren den Titer der Kalilauge gar nicht
                              									zu wissen, auch das Gewicht der zur Analyse verwendeten Substanz nicht zu kennen
                              									braucht, was gewiſs wesentliche Vortheile gewährt.
                           Zur Ausführung der Analyse bereitet man sich: alkoholische Kalilauge durch Auflösen
                              									von ungefähr 60g Aetzkali in 1l Alkohol (von mindestens 96 Proc. Tr.) und
                              									verdünnte Schwefelsäure, indem man beiläufig 50g
                              									concentrirte Schwefelsäure mit Wasser zu 1l
                              									verdünnt. Statt dieser kann man auch Salzsäure, die nahezu normal ist, mit Vortheil
                              									verwenden. Der Titer der Kalilauge sowohl, als auch der der Säure braucht nicht
                              									bestimmt zu werden* man ermittelt nur, wieviel Cubikcentimeter dieser alkoholischen
                              									Kalilauge nöthig sind, um 1cc der Säure zu
                              									sättigen, indem man letztere mit ersterer unter Anwendung von Phenolphtaleïn als
                              									Indicator titrirt; gesetzt es wären dazu scc Kalilauge erforderlich.
                           Nun werden 6 bis 10g (ohne eine Wägung auszuführen)
                              									der auf Neutralfett zu prüfenden Fettsäuremasse in einem ungefähr 200cc fassenden Kölbchen in 50 bis 60cc starkem Weingeist unter Erhitzen vollständig
                              									gelöst; man setzt einige Tropfen alkoholische Phenolphtaleïnlösung zu und läſst aus
                              									einer Bürette die alkoholische Kalilösung zuflieſsen, bis die Rothfarbung beim
                              									Schütteln nicht mehr sofort verschwindet; die Anzahl der dazu gebrauchten
                              									Cubikcentimeter Kalilauge sei a. Nun fügt man eine
                              									gemessene Menge (ncc)
                              									überschüssiger Kalilauge zu, setzt auf das Kölbchen einen Kork mit einem als
                              									Rückfluſskühler wirkenden langen Glasrohr und erhält 30 Minuten in gelindem Sieden.
                              									Sollte dabei die Rothfarbung verschwinden, so muſs man neuerdings alkoholische
                              									Kalilauge zuflieſsen lassen. Darauf titrirt man mit der Säure zurück bis zum
                              									Verschwinden der Rothfärbung; man brauche dazu mcc, diesen entsprechen m × scc
                              									Kalilauge. Zieht man diese von der überschüssig zugefügten Menge ncc ab, so erhält man
                              									die zur Verseilung des Neutralfettes nothwendig gewesene Anzahl der Cubikcentimeter
                              									Kalilauge b – a = n – ms. Der Neutralfettgehalt
                              									berechnet sich dann nach oben angegebener Formel.
                           Die Resultate dieses Verfahrens sind sehr genau, wie aus unten stehenden Analysen,
                              									welche mit künstlich hergestellten Gemischen von Rindstalg und dem daraus
                              									abgeschiedenen Fettsäurengemenge ausgeführt wurden, ersichtlich ist:
                           
                              
                                 Gebraucht
                                 
                                    Procent
                                       												Neutralfettgehalt
                                    
                                 
                              
                                 
                                    
                                    b
                                    
                                 
                                    
                                    a
                                    
                                 berechnetnach p
                                 berechnetnach p1
                                 wirklicher
                                 
                              
                                 30,7cc
                                 30,0cc
                                   2,27
                                   2,38
                                   2,50
                                 
                              
                                 31,2
                                 26,1
                                 16,34
                                 16,97
                                 17,00
                                 
                              
                                 29,5
                                 20,1
                                 31,86
                                 32,84
                                 32,76
                                 
                              
                                 32,0
                                 15,3
                                 52,19
                                 53,32
                                 53,59
                                 
                              
                                 31,6
                                 10,2
                                 67,72
                                 68,69
                                 68,89
                                 
                              
                                 28,5
                                 6,8
                                 76,14
                                 76,95
                                 76,50
                                 
                              
                                 32,9
                                 4,3
                                 86,73
                                 87,23
                                 87,00
                                 
                              
                           Das ganze Verfahren stützt sich, wie schon erwähnt, auf die
                              									Voraussetzung, daſs bei der Verseifung eines Fettes alle Glyceride gleichmäſsig so
                              									in Anspruch genommen werden, daſs in den verschiedenen Graden der Zersetzung das
                              									Verhältniſs derselben ungeändert bleibt. Ob diese Voraussetzung genau richtig und
                              									wie man im Stande ist, das von mir früher angegebene Verfahren zur Bestimmung von
                              									beliebigen Neutralfetten in Fettsäuregemengen wesentlich zu vereinfachen, darüber
                              									werde ich nächstens berichten.
                           Brünn, Oktober 1882.