| Titel: | Ueber flammenlose Verbrennung; von Thomas Fletcher. | 
| Autor: | Thomas Fletcher | 
| Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 293 | 
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                        Ueber flammenlose Verbrennung; von Thomas
                              									Fletcher.Vortrag, gehalten am 16.
                                    										August 1882 im Institute of Mechanical Engineers in
                                    										Leeds. Vom Verfasser gef. eingeschickt.
                        Fletcher, über flammenlose Verbrennung.
                        
                     
                        
                           Verbrennung oder Oxydation ohne Flamme unter Wärmeentwickelung ist so alt als
                              									Verbrennung überhaupt; aber ihr Werth und der Dienst, welchen die Flamme leistet,
                              									sind in seiner eigentlichen Bedeutung nicht erkannt worden.
                           Bei meinen Versuchen mit Brennern für Kochapparate und kleinere Laboratoriumsarbeiten
                              									war mein Bestreben auf die Verkleinerung der Flamme gerichtet., da ich auf
                              									praktischem Wege gefunden hatte, daſs bei gleichem Gasverbrauch eine kleine Flamme
                              									wirksamer sein kann als eine groſse. Indem ich diesen Gedanken so weit wie möglich
                              									verfolgte, kam ich zu dem Schluſs, daſs unter den vollkommensten Bedingungen die
                              									Flamme ganz und gar verschwinden würde, und dies traf auch unfehlbar ein, wenn die
                              									Bedingungen für eine vollkommene Verbrennung vollständig erfüllt waren. Die ganze
                              									Sache ist in ihrer praktischen Form so neu, daſs man sich mit ihr auf
                              									experimentellem Wege bis jetzt noch wenig beschäftigen konnte; aber so viel ist
                              									klar, daſs Flamme und Rauch mit der Verbrennung in keinem anderen als zufälligen
                              									Zusammenhange stehen.
                           Untersuchen wir eine Flamme unter diesem Gesichtspunkte, so finden wir, daſs der
                              									sichtbare Theil derselben lediglich aus festen Theilchen besteht, welche durch die
                              									Wirkung des bereits verbrannten Theiles des Brennstoffes in glühenden Zustand
                              									versetzt werden. Dieses Glühen ist aber noch keine Verbrennung.
                           Die Rolle, welche die Flamme spielt, ist unter gewissen Umständen eine wichtige und
                              									eigenthümliche, d.h. sie hat den Verbrennungsprozeſs oder die chemische Verbindung
                              									fortzusetzen, welche durch Zuführung eines erhitzten Stoffes bereits eingeleitet
                              									ist. Dies scheint durch die Thatsache bewiesen zu werden, daſs die Flamme bis zu
                              									einem Punkte abgekühlt werden kann, wo die Verbrennung ganz aufhört, indem man
                              									einfach einen kalten Körper, wie Eisen oder feuerfesten Thon, in dieselbe bringt,
                              									sowie durch die Thatsache, daſs die flammenlose Verbrennung nach Zurückziehung des
                              									erhitzten Körpers, oder bei hinreichender Erniedrigung seiner Temperatur
                              									augenblicklich aufhört. Die Flamme stellt den mechanischen Theil des Vorganges dar,
                              									wenn kein anderer erhitzter fester Stoff zugegen ist, und es unterliegt keinem
                              									Zweifel, daſs die Verbrennung nur in Gegenwart eines solchen möglich ist; jedenfalls
                              									verhält es sich so mit denjenigen Stoffen, welche nur bei einer hohen Temperatur
                              									eine Verbindung eingehen. Flamme ist nichts anderes als ein Brennstoff in einem
                              									Zustande zwischen vollkommener Verbrennung und Rauch und ihre Intensität kann je
                              									nach den vorhandenen Bedingungen entweder bis zur vollkommenen Verbrennung
                              									gesteigert werden, oder sie kann in Rauch ausarten.
                           Nehmen wir Gase, welche keine festen Theilchen enthalten, z.B. reines
                              									Wasserstoffknallgas, und verbrennen dieselben, so erhalten wir zwar eine Flamme,
                              									über eine so unscheinbare, daſs sie mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit dem
                              									Unterschiede in der Lichtbrechung des erhitzten Raumes und der äuſseren Luft nebst
                              									den in den Brennraum hineingezogenen Staubtheilchen, möglicher Weise auch anderen
                              									zufälligen Umständen zugeschrieben werden kann.
                           Ich habe zwar nur mit Gasen und Erdöldämpfen experimentirt; aber es scheint keinem
                              									Zweifel zu unterliegen, daſs die nämlichen Resultate auch mit festen Brennstoffen
                              									erzielt werden können und zwar so, daſs diese nicht nur ohne Rauchentwickelung,
                              									sondern auch unter vollständiger Verbrennung des Kohlenoxydes ganz und gar verbrannt
                              									werden, was ja auch das Ziel der meisten gegenwärtig gebräuchlichen Rauchverzehrer
                              									ist. Man kann die Verbrennung von stündlich etwa 2cbm Kohlengas an einem Eisendrahtball zeigen und wird das Eisen ohne die
                              									Spur einer Flamme schmelzen sehen. Indem man sich eines mit dem Fuſs in Gang zu
                              									setzenden Löthrohrgebläses bedient, kann man den ganzen Uebergang von einer groſsen
                              									und verhältniſsmäſsig kühlen und wirkungslosen Flamme bis zur intensivsten Hitze
                              									verfolgen. Nach Maſsgabe der vermehrten Luftzuführung sieht man die Temperatur
                              									allmählich sich steigern, während die Flamme kleiner wird, bis sie bei plötzlichem
                              									Einklemmen des Gaszuleitungsrohres erlöscht. Im Augenblicke des Erlöschens erfolgt
                              									das plötzliche Aufglänzen und augenblicklich darauf das Schmelzen des Eisens, wobei
                              									der Temperaturunterschied mit und ohne Flamme scharf hervortritt, während die
                              									Bedingungen in anderer Beziehung ganz dieselben bleiben.
                           Auch wo es sich um eine mäſsige Wärme handelt, wie bei gewöhnlichen bürgerlichen
                              									Heizanlagen mit Feuerrost, ist es recht leicht möglich, dieses Verbrennungssystem
                              									ohne irgend einen durch mechanische Kraft hervorgebrachten Luftzug einzuführen und
                              									uns in unseren Häusern ein reines, flammenloses, folglich rauchloses Glühfeuer zu
                              									verschaffen. Ich wählte zu dem vorliegenden Versuch Eisendraht, weil es sich auf
                              									diese Weise durch einen Vorlesungsversuch am leichtesten zeigen läſst, daſs sowohl
                              									Eisen, als auch Kohlengas flammenlos verbrannt werden können. Derselbe Zweck läſst
                              									sich auch unter Anwendung von feuerfestem Thon sowohl mit Kohlengas, als auch mit
                              									Erdöldämpfen erreichen. Eine Prüfung der Resultate zeigt, daſs die Verbrennung durch
                              									einfache Berührung der Gase mit einer Oberfläche vor sich geht, welche heiſs genug
                              									ist, um eine chemische Verbindung zu Stande zu bringen, und lehrt gleichzeitig, daſs
                              									bei diesem Verbrennungsvorgange die Flamme als solche gar nicht besteht. Nach
                              									Veröffentlichung der ersten Notiz über diesen Gegenstand erzählte mir ein
                              									Brauereibesitzer, er habe die Wahrnehmung gemacht, daſs beim Wegziehen des Feuers
                              									von seinen Braupfannen jedesmal der Inhalt plötzlich in ein überaus stürmisches
                              									Sieden gerathe und gleichzeitig die Futtermauer des Feuerloches in Glut und Glanz
                              									gehüllt sich zeige. Er könne sich diese Erscheinung nur dadurch erklären, daſs die
                              									Gase des Brennstoffes durch einfache Berührung mit den rothglühenden Feuerziegeln
                              									ohne Flamme brannten.
                           Diese Vorgänge dienen uns als Fingerzeig zur Ausübung einer vollkommenen
                              									Verbrennungsmethode fester Brennstoffe und als Wink, daſs eine Gittermauer aus
                              									feuerfesten Ziegeln, ähnlich den Siemens'schen
                              									Regeneratoren, hinter der Feuerstelle zwischen dieser und den Feuerkanälen
                              									ausgeführt, durch ihre Hitze die vollkommene Verbrennung aller mit ihr in Berührung
                              									kommenden Gase bewirkt, während sie zugleich die entwickelte Wärme zur Ausnutzung in
                              									den Feuerkanälen abgibt. Ich halte es für völlig unmöglich, daſs Rauch oder ein
                              									sonstiger Brennstoff, in welcher Form er auch auftreten möge, unverbrannt durch eine
                              									Gitterwand von feuerfesten Ziegeln gehen könne, so lange die zur Verbrennung
                              									genügende Luftmenge vorhanden ist, und da diese Gitterwand die durch den
                              									Verbrennungsprozeſs erzeugte Hitze augenblicklich aufnimmt, so erhält sie sich
                              									selbst in einem Zustande des Glühens.
                           Dies führt uns auf eine andere die Dampfkessel betreffende Frage und läſst uns
                              									erkennen, daſs das gegenwärtige System weiter Feuerkanäle ein grober und
                              									kostspieliger Fehler ist. Ich war dessen von jeher so gewiſs, daſs ich meinem
                              									eigenen Dampfkessel die Form eines einfachen Cylinders ohne innere Feuerzüge und
                              									dein darunter befindlichen Feuerraum den Halbmesser des Cylinders zur Weite gab, und
                              									zwar ohne rückläufige Kanäle, mit einem Flammenraum von 13cm Höhe, während die Feuerbrücke sich über die
                              									ganze Länge fortsetzte. Dieser Kessel, welcher von allen Seiten als ein roher
                              									Kohlenverbrenner verschrien wurde, hat sich als wunderbar ökonomisch erwiesen und
                              									die einzige Schwierigkeit lag nicht etwa in der Dampferzeugung, sondern in der
                              									Niederhaltung des Feuers, damit das Sicherheitsventil nicht von seinem Sitz gehoben
                              									würde. Es ist auſserordentlich leicht, diesen Kessel ohne allen Rauch im Gang zu
                              									halten. Wir haben hier offenbar das Beispiel einer flammenlosen Verbrennung als
                              									Folge der Berührung mit den glühenden Feuerkanälen.
                           Es ist sehr zu zweifeln, ob in der Praxis wirklich gute Resultate zu erzielen sind,
                              									wenn nicht, was sich leicht ausführen läſst, der Brennstoff erst in Gas verwandelt
                              									und ein System eingeführt wird, welches das Verhältniſs zwischen Gasentwickelung und
                              									Luftzutritt selbstthätig regelt. Unter dieser Bedingung können wir im Betrieb die
                              									volle theoretische Leistungsfähigkeit erzielen.
                           
                           Bei dem gegenwärtigen System geht der gröſsere Theil der erzeugten Wärme nach
                              									verrichteter Arbeit nutzlos verloren. Diese Kraftverschwendung und
                              									Brennstoffvergeudung muſs endlich einmal aufhören. Indessen ist zu hoffen, daſs
                              									lange, bevor die Brennmaterialvorräthe erschöpft sind, unsere Erfinder die
                              									Umwandlung gelinder Wärme in eine concentrirtere, nutzbringend verwendbare Form
                              									entdeckt haben werden. Daſs dies möglich ist, ebenso wie wir im Stande sind, Licht,
                              									mechanische Kraft und Elektricität zu concentriren und niedere Spannungen mit wenig
                              									Verlust in hohe zu verwandeln, erscheint mir zweifellos.
                           Seit Jahren habe ich mich mit der flammenlosen Verbrennung vertraut gemacht; allein
                              									der Gegenstand hat erst neuerdings eine höhere Bedeutung gewonnen. Bis jetzt
                              									freilich beschränkt sich seine Anwendung nur auf den Injectorofen. Es ist sonderbar,
                              									daſs tausende dieser Oefen, welche Kohlengas und leichteres Erdöl brennen, seit
                              									Jahren in der ganzen Welt verbreitet sind, ohne daſs die Flammenlosigkeit im Inneren
                              									derselben die Aufmerksamkeit ernstlich auf sich gezogen hätte, selbst die meinige
                              									nicht, obgleich ich mich doch beständig eines solchen Ofens bediente. Man kann sich
                              									von den auſserordentlichen Leistungen dieses Ofens überzeugen, indem ein Tiegel voll
                              									Guſseisen so rasch schmilzt, daſs der Mantel, obgleich nur 25mm dick, nicht Zeit hat, auſsen warm zu werden, so
                              									daſs man ihn, sobald das Metall in Fluſs gerathen ist, mit den Händen auf lieben
                              									kann, und ein Stückchen Talg, welches man vorher angeschmolzen hat. nicht
                              									abfallt.