| Titel: | Zur Frage nach der Erfindung der Centrifugal-Gebläse und Pumpen; von E. Gerland in Cassel. | 
| Autor: | E. Gerland | 
| Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 301 | 
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                        Zur Frage nach der Erfindung der
                           								Centrifugal-Gebläse und Pumpen; von E. Gerland in Cassel.
                        Gerland, über die Erfindung der Centrifugal-Gebläse und
                           								Pumpen.
                        
                     
                        
                           Im Bd. 245 * S. 145 dieses Journals behandelt Prof. H.
                                 										Fritz in Zürich die Erfindung der Centrifugalgebläse durch Papin. Er bemerkt dabei, daſs er diesen niemals als
                              									Erfinder des so wichtig gewordenen Apparates erwähnt gefunden habe. Dem entgegen sei
                              									darauf hingewiesen, daſs ich bereits in den Annalen für
                                       										Physik, 1879 Bd. 8 S. 364 zugleich mit der Erfindung der calorischen
                              									Maschine durch Leibniz auch die Erfindung der
                              									Centrifugalgebläse auf das Eingehendste aus einander setzte und die gewonnenen
                              									Resultate in einer Weise quellenmäſsig begründete, daſs die Frage, ob Papin die Idee seiner Construction nicht vielleicht von
                              									den Putzmühlen hergenommen habe, von vorn herein gegenstandslos war. Auch die
                              									Biographie des groſsen Erfinders, welche ich als Einleitung dem im J. 1881 von mir
                              									veröffentlichten Briefwechsel Papin's mit Leibniz und Huygens
                              									vorausgeschickt habe, ist unberücksichtigt gelassen. Es wäre sonst aufgefallen, daſs
                              										Papin, da sein letzter Brief vom 23. Januar 1712
                              									datirt ist, nicht 1710 gestorben sein kann. Derselbe starb vielmehr wahrscheinlich
                              									1712, blieb auch nicht bis 1707 in Marburg, sondern lebte von 1695 bis 1707 in
                              									Cassel, wo er 1699 zum Rath ernannt wurde.
                           Da nun die Frage nach der Erfindung der Centrifugalpumpe einmal in diesem Journal
                              									angeregt worden ist, so wird es die Leser interessiren, auch zu erfahren, wie Papin darauf kam. Ich erlaube mir deshalb dies ganz
                              									kurz nach den Abhandlungen Papin's in den Philosophical Transactions, den Leipziger Actis Eruditorum und seinem Recueil de diverses Pieces touchant quelques nouvelles Machines, welche
                              									Sammlung er im J. 1695 in Cassel drucken lieſs, darzustellen. Das zuletzt genannte
                              									Buch enthält namentlich die Rede, mit der er seine Professur in Marburg antrat, und
                              									in dieser eine genaue Darstellung der Umstände, welche ihn seine Erfindung ausführen
                              									lieſsen.
                           Als er sich im Anfange des J. 1688 dem Landgrafen Carl von
                                 										Hessen in Cassel vorstellte, besichtigte er die Arbeiten zur Anlage der
                              									Carlsaue, die gerade mit groſsen Schwierigkeiten bei der Austiefung eines
                              									umfangreichen Grabens zu kämpfen hatten. In denselben drang das Wasser zu rasch
                              									nach, als daſs es von den zu Gebote stehenden Wasserhebungsmaschinen hätte bewältigt
                              									werden können. Den Plan einer kräftig wirkenden Pumpe, eben der Centrifugalpumpe,
                              									trug er nun schon in seinen Gedanken; er war darauf gekommen durch eine Kritik der
                              									Ventilatoren, welche Agricola in seinem berühmten
                              									Buche: De re metallica, beschrieben hatte, und durch
                              									das Bestreben, die rotirenden Saugpumpen, welche damals sehr in Mode waren und von
                              									denen Leupold in seinem Theatrum Hydraulicarum Bd. 1 S. 123 unter dem Namen der
                              										„Kapselkünste“ eine Anzahl abgebildet hat, zu verbessern. Es verdient
                              									bemerkt zu werden, daſs
                              									die älteste dieser Kapselkünste, die Pappenheim'sche,
                              									neuerdings von Amerika aus als neue Erfindung Roots'
                              										(Connersville)Vgl. L'Industriel, 1874 und 1875. (Das Gebläse von
                                    												Roots wurde im J. 1868 patentirt (vgl. 1868
                                    												187 * 301. 1868 189 * 440. D. Red.) in
                              									Aufnahme gebracht ist. Eine solche Kapselkunst hatte der württembergische Rath Salomon Reisel construirt und, ohne ihre innere
                              									Einrichtung anzugeben, der Sitte der Zeit gemäſs den Mechanikern die Aufgabe
                              									gestellt, eine den gleichen Effekt gebende Maschine nachzubilden. Indem nun Papin zur Lösung dieser Aufgabe den Ventilator des Agricola zu Grunde legte, vermied er den Fehler
                              									desselben, der vor Allem darin bestand, daſs die Luft an der Peripherie der
                              									rotirenden Schaufeln in radialer Richtung eintrat. Papin verfertigte in Marburg sogleich das Modell seiner neuen Pumpe, die
                              									er unpassend genug Suctor et pressor Hassiacus nannte,
                              									weil Reisel seinem Apparate den Namen eines Suctor et pressor Württembergicus und zwar mit vollem
                              									Recht beigelegt hatte. Dieser unglückliche Name mag zum Theil wenigstens Schuld
                              									gewesen sein, daſs seine schöne Erfindung so lange nicht richtig gewürdigt wurde.
                              									Das Modell war fertig, als der Landgraf bald nach Papin's Besuch in Cassel nach Marburg kam. Die neue Maschine erregte in so
                              									hohem Grade den Beifall des Fürsten, daſs derselbe sofort Befehl gab, Papin solle sie veröffentlichen, was im J. 1689 in den
                              										Actis Eruditorum geschehen ist. Reisel begrüſste die „einfachste aller
                                 										Maschinen“, wie er sie nennt, mit groſser Freude. Er machte sofort Versuche
                              									damit, welche, wie er Papin mittheilte, sehr
                              									befriedigend ausfielen. Papin selbst freilich
                              									scheiterte zunächst bei der Ausführung im Groſsen an dem Mangel einer gleichmäſsig
                              									wirkenden Kraft und, indem er sich vor Allem dazu wandte, eine solche durch die
                              									Construction der Dampfmaschine sich zu verschaffen, lieſs er jene Pumpenconstruction
                              									mehr oder weniger liegen. Er vernachläſsigte seinen neuen Apparat indessen deshalb
                              									nicht ganz. Vielmehr benutzte er ihn mehrmals als Ventilator; wo sich der Mangel
                              									einer solchen Kraft weniger fühlbar machte. Er hat so die Luft in dem Taucherschiff
                              									erneuert, in welchem er sich im Mai 1692 mehrmals unter den Spiegel der Fulda
                              									herablieſs, er verwendete ihn im J. 1698 zu einem Schmelzofen, er verbesserte damit
                              									im folgenden Jahre die Luft in einem Kohlenbergwerk bei Allendorf an der Werra.
                              									Diese Versuche lieſsen ihn dann den Apparat in der Weise vervollkommnen, wie es der
                              									von Fritz aus den Philosophical
                                 										Transactions vom J. 1703 mitgetheilte Ventilator zeigt, welchen der
                              									Genannte mit Recht als Beweis dafür ansieht, daſs die Centrifugalpumpe und das
                              									Centrifugalgebläse eine durchaus selbstständige Erfindung Papin's sein müsse.