| Titel: | Maschinenanlage des neuen Wasserwerkes Stuttgart. | 
| Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 445 | 
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                        Maschinenanlage des neuen Wasserwerkes
                           								Stuttgart.
                        G. Kuhn's Maschinenanlage des neuen Wasserwerkes
                           								Stuttgart
                        
                     
                        
                           Die von der Maschinenfabrik G. Kuhn in Stuttgart-Berg im
                              									J. 1881 für das neue Wasserwerk Stuttgart gelieferten beiden horizontalen
                              									Dampfmaschinen sind gleich groſs und nach dem System der Compound-Receivermaschinen
                              									gebaut. Die 4 doppelt wirkenden Pumpwerke, je 2 von gleicher Gröſse mit
                              									vorgeschriebener Leistungsfähigkeit von 121 bezieh. 50cbm Wasserförderung in der Stunde für die einzelnen Pumpen, liegen in der
                              									Verlängerung der Dampfcylinder bezieh. der beiden Maschinen-Fundamentbalken und sind
                              									je eine groſse und eine kleine Pumpe mit den betreffenden Kolbenstangen der
                              									Dampfmaschinen verbunden. Die minutlich vorgeschriebene Tourenzahl von 20 bis 22 für
                              									die Maschinen kann nach den seitherigen Wahrnehmungen bis zu 30 gesteigert
                              									werden.
                           Zur Dampferzeugung dienen 3 Hochdruckdampfkessel für 6at,5 Ueberdruck und je 62qm Heizfläche,
                              									wovon stets einer als Reserve dient. Die Kessel sind nach dem Systeme Cornwall mit Galloway-Röhren, sowie mit Querrohr für rauchverzehrende Rückbrennung nach
                              										G. Kuhn'schem Patente (* D. R. P. Kl. 13 Nr. 9563
                              									vom 16. November 1879) construirt.
                           Von der Pumpmaschine Nr. 1 fördert die eine Pumpe das Wasser in ein besonderes
                              									Trinkwasserbassin, während die andere groſse Pumpe derselben sowie die beiden Pumpen
                              									der Maschine Nr. 2 in das Nutzwasserreservoir fördern.
                           Die Vornahme der verschiedenen Proben mit den Dampf-Pumpwerken und Kesseln erfolgten
                              									im Monat September d. J. durch Oberbaurath Dr. v.
                                 										Ehmann, als bauoberleitenden Techniker der neuen Wasser-Werksanlagen, im
                              									Vereine mit Bauinspector Zobel und den erforderlichen
                              									Assistenten. Die Dampfmaschinen, Pumpwerke und Dampfkessel wurden ausschlieſslich
                              									durch das städtische Betriebspersonal des Wasserwerkes bei den Versuchen
                              									bedient.
                           Nachdem die Maschinen etwa 1 Stunde vorher in Gang gesetzt worden waren, wurde 8 Uhr
                              									Morgens unter gleichzeitiger Feststellung der Angaben der Tourenzähler, des
                              									Wasserstandes, des Manometerdruckes der Kessel und des Pegelstandes in dem
                              									Hochreservoir mit den Versuchen selbst begonnen, von welchem Zeitpunkte an die
                              									Dampfmaschinen und Pumpwerke sich in gleichmäſsigem ununterbrochenem Betriebe Ins
                              									Abends 6 Uhr, also im Ganzen 10 Stunden befanden.
                           Die Zahl der Umdrehungen bei den Maschinen während der Versuche betrug bei Maschine
                              									Nr. 1 = 12794, bei Nr. 2 = 12675, zusammen 25469, für jede Maschine somit
                              									durchschnittlich in der Minute 21,224 Umdrehungen. Die Dampfspannung im Kessel hat
                              									während dieser ganzen Betriebszeit 6at,5
                              									Ueberdruck betragen, der Wasserstand wurde normal und auf stets gleicher Höhe
                              									erhalten. Am Schlüsse der Versuche befand sich auf dem Roste annähernd genau die
                              									gleiche Menge Steinkohlen wie bei Beginn. Das Speisewasser von 18° wurde durch die Speisepumpe
                              									in den Kessel gebracht und immer genau vorher abgewogen. Der Wasserstand im
                              									Saugbassin wurde constant auf 2m,0 am Pegel =
                              										217m,0 Meereshöhe gehalten. Die Manometer an
                              									den Windkesseln der Pumpen zeigten beim Ruhestand der Maschinen etwa 7at,7.
                           Die nicht bedeutenden Drucksteigerungen während des Ganges der Maschinen konnten bei
                              									den Metallmanometern nicht mehr genau abgelesen werden. Es wurde daher ein
                              									besonderes Quecksilbermanometer aufgestellt, welches mit den Druckleitungen in
                              									Verbindung gebracht worden ist. Die Quecksilbersäule stellte sich während des
                              									Stillstandes der Pumpen und in Verbindung mit dem bis zum Ueberlauf (Meereshöhe
                              										300m,2) gefüllten Trinkwasserreservoir auf
                              										600mm,8 während des regelmäſsigen Ganges der
                              									Maschinen in Verbindung mit der Trinkwasserdruckleitung auf 617mm,5, bezieh. mit der Nutzwasserdruckleitung auf
                              										599mm,5. Hieraus ergibt sich als Förderhöhe
                              									sammt Reibungsverlust beim regelmäſsigen Gang der Maschinen bei der
                              									Trinkwasserdruckleitung eine Wassersäule von 85m,47, bei der Nutzwasserdruckleitung von 83m,02. Die Lufttemperatur in der Nähe der Quecksilbersäule betrug im
                              									Durchschnitt 27,5°.
                           Die beiden groſsen Pumpencylinder haben 275mm
                              									Bohrung bei 1080mm Hub, die beiden kleinen
                              									Pumpencylinder 185mm Bohrung bei 900mm Hub. Hierbei beträgt die Wasserverdrängung
                              									durch die Kolbenstangen nach Abmessung für den Hub 3l,583 bezieh. 1l,431. Somit berechnet
                              									sich die theoretische Wasserlieferung für jeden Doppelhub, d.h. für eine Umdrehung der Schwungradwelle: für jede der
                              									groſsen Pumpen 121l,13, für jede der kleinen
                              									Pumpen 45l,52, also für eine Maschine 166l,65.
                           Für die ganze Versuchszeit ergaben sich dagegen nach wirklicher Messung die
                              									Gesammtwasserlieferung ins Hochreservoir, d.h. in die für die gegenwärtigen
                              									Untersuchungen bereit und leer gehaltene, von den Stadtleitungen abgeschlossene eine Reservoirkammer 4909cbm,13. Hierzu kommt noch die aus der Druckleitung entnommene
                              									Speisewassermenge für den Dampfkessel nach Wiegung = 11cbm45, somit zusammen 4920cbm,28.
                           Hieraus berechnet sich:
                           Gesammtarbeitsleistung der Pumpwerke 335072cbm,60 auf 1m
                              									gehoben
                           Der gesammte Kohlen verbrauch während der 10 stund. Versuchzeit
                              									betrug 1125k,5, somit die wirkliche Leistung mit
                              										1k Steinkohlen 297710mk; die entwickelte Kraft beider Maschinen
                              									zusammen 124e,1, sonach der Kohlenverbrauch für
                              									Stunde und Pferdekraft 0k,907.
                           Der Speisewasserverbrauch für Stunde und geleistete Pferdekraft
                              										8k,98, ohne Berücksichtigung des
                              									Condensationswassers aus den Cylinderummantelungen, dem Receiver u. dgl., das
                              									unbenutzt in einer gemessenen Menge von 2021l mit
                              									einer Temperatur von 80° abfloſs und etwa 18 Procent der Gesammtspeisewassermenge
                              									darstellt.
                           Die Verdampfungsfähigkeit des Dampfkessels ist 9,9fach. Wäre
                              									das Condensationswasser mit zum Speisen des Kessels benutzt worden, so dürfte sich eine weitere mit
                              									etwa 25k anzunehmende Verminderung des gesammten
                              									Aufwandes an Brennmaterial ergeben haben, was den Kohlen verbrauch für Stunde und
                              									Pferdekraft bis auf 0,89 oder rund auf 0k,9 noch
                              									herabziehen und einer Leistung der Dampfpumpwerke von 304473mk durch 1k
                              									Steinkohlen entsprechen würde.