| Titel: | Beiträge zur technischen Rohstofflehre; von Dr. Fr. v. Höhnel in Wien. | 
| Autor: | Franz R. v. Höhnel | 
| Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 465 | 
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                        Beiträge zur technischen Rohstofflehre; von Dr.
                           								Fr. v. Höhnel in Wien.
                        (Fortsetzung der Abhandlung S. 388 Bd.
                           								240.)
                        V. Höhnel's Beiträge zur technischen Rohstofflehre.
                        
                     
                        
                           Ueber den Bau und die Unterscheidung der
                                 										Seidenarten.
                           Ueber die Seidenarten wurden vom Standpunkte der technischen Rohstofflehre
                              									Untersuchungen von WiesnerVgl.
                                       												Untersuchungen über die mikroskopischen Kennzeichen einiger Seidenarten
                                       												in Wiesner's Mikroskopischen
                                          													Untersuchungen. (Stuttgart 1872) S. 45. und Prasch (vgl. 1868 190 233),
                              									sowie von Bolley und G.
                                 										Schoch (1870 196 72) angestellt. Meine Arbeiten,
                              									welche sich auf den feineren Bau der Seidenfäden, sowie auf die chemische und mikroskopische
                              									Trennung der verschiedenen Seidenarten beziehen, ergaben Resultate mit nicht
                              									unwesentlichen Abweichungen von den früheren Angaben. Leider muſs ich mich hier
                              									damit begnügen, meine Resultate möglichst kurz
                              									darzulegen; ich behalte mir daher die kritische Besprechung der hierher gehörigen
                              									Literatur auf eine spätere ausführlichere Mittheilung an anderer Stelle vor.
                           Was den Bau der Seidenfäden anbelangt, so besteht jeder
                              									rohe Coconfaden ursprünglich aus 2 Einzelfäden, welche meist mehr oder weniger flach
                              									gedrückt und mit ihrer Schmalseite mit einander verbunden sind. Jeder Einzelfaden
                              									ist von einer glatten oder mehr oder weniger körnigrauhen Hülle umgeben, dem sogen.
                              									Seidenleim oder Bast. Dieser fehlt oft stellenweise, da er in trockenem Zustande
                              									spröde ist und leicht abspringt. Die Leimhülle ist es, welche die beiden einzelnen
                              									Fäden des Rohseidenfadens mit einander verbindet. Sie ist in Seifenlösung,
                              									verdünnter Kalilauge, sehr verdünnter Chromsäure leicht löslich und findet hierbei
                              									selbstverständlich eine Trennung der beiden ursprünglich verbundenen Einzelfäden
                              									statt. Der einfache, von der Leimhülle befreite Seidenfaden besteht der Hauptsache
                              									nach aus Fibroidin, der Bast aus Sericin. Bei der echten oder gewöhnlichen Seide
                              									(von Bombix mori) und der Seide von Saturnia spini (dem kleinen Nachtpfauenauge) ist der
                              									Fibroidinfaden ganz homogen, hyalin und strukturlos, nicht oder nur wenig flach
                              									gedrückt. Nur selten sind Andeutungen von einer feinen Längsstreifung.
                           Anders verhalten sich die exotischen, ihrer Billigkeit wegen nun schon vielfach
                              									verwendeten Seidenarten (Tussahseiden, Ailanthusseide, Yamamayseide u.s.w.). Hier
                              									besteht der Fibroidinfaden aus einer Grundmasse, welche
                              									gegen Quellungs- und Lösungsmittel etwas weniger widerstandsfähig ist als die sogen.
                              										Fibrillen, welche in groſser Zahl in ihr
                              									eingelagert sind. Die Fibrillen sind etwa 0,0003 bis 0mm,0015 dicke Fäden von rundlichem Querschnitte, welche ganz glatt sind
                              									und parallel verlaufen. In der äuſsersten rindenartigen Schicht der Fibroidinfaden
                              									sind sie etwas dichter gelagert als im Inneren derselben. Auſser den Fibrillen sind
                              									in der Grundmasse der Fibroidinfaden noch zahlreiche (bis über 500) parallel
                              									verlaufende Luftkanäle von sehr verschiedenem
                              									Durchmesser vorhanden. Die gröſsten Luftkanäle finden sich in der Mitte des Fadens;
                              									gegen die Rinde hin werden sie durchschnittlich feiner. Die Dicke der gröſsten ist
                              									kaum 0mm,001; die kleinsten haben aber einen
                              									vielleicht über 50 mal kleineren Querschnitt als die gröſsten. Die Form des
                              									Querschnittes der Luftkanäle ist rundlich, länglich oder spaltenartig, also sehr
                              									verschieden und meist unregelmäſsig.
                           Dieser eigenthümliche Bau der ausländischen Seidenarten ist nicht sofort zu erkennen.
                              									Mit Hilfe geeigneter, von mir gefundenen Methoden, welche im Folgenden kurz
                              									mitgetheilt werden sollen, kann man sich aber leicht und sicher von der Richtigkeit
                              									aller angegebenen Thatsachen überzeugen. Es handelt sich hierbei nur um die Structur
                              									des Fibroidinfadens, da der Bau und die Existenz der Seidenleimhülle längst bekannt
                              									sind und keine Schwierigkeiten bieten.
                           Löst man einen Faden von der echten Seide in concentrirter Schwefelsäure auf, so
                              									bleiben keine Luftbläschen zurück. Die fremden Seidenarten haben viel breitere Fäden
                              									und sind auffallend gestreift. Die Streifen sind sehr zahlreich und fein, scharf und
                              									von schwärzlicher Färbung. Wo sich 2 Fäden im Cocon kreuzen, drücken sie sich
                              									gegenseitig häufig-flach. An solchen Kreuzungsstellen erscheinen die Seidenfäden
                              									breiter und in der Regel frei von den dunklen Streifen, während daselbst meist eine
                              									hyaline schwache Streifung erkennbar ist. Diese letztere Streifung an den
                              									Kreuzungsstellen rührt von den Fibrillen her, die dunkle Streifung der Seidenfaden
                              									von den Luftkanälen. Diese letzteren sind an den Kreuzungsstellen ganz
                              									zusammengepreſst und die Luft ist aus ihnen verdrängt, Daſs die dunkle Streifung von
                              									Luft in Kanälen herrührt, läſst sich schon daraus schlieſsen, daſs die Seidenfäden
                              									in stark brechenden Mitteln, z.B. Canadabalsam, fast schwarz erscheinen. Würde die
                              									Streifung von dichteren Fibrillen oder von der Oberflächenbeschaffenheit der Fäden
                              									herrühren, so müſsten letztere in stark brechenden Mitteln heller als z.B. in Wasser
                              									erscheinen. In der That sind die Kreuzungsstellen der Seidenfäden fast durchsichtig,
                              									da in ihnen die Luftkanäle fehlen. Löst man den Faden in concentrirter Schwefelsäure
                              									auf, so bleiben zahlreiche Reihen von kleinen Luftbläschen zurück, da aus dem
                              									Inhalte jedes Luftkanales eine Reihe von Luftbläschen wird. Namentlich an den Enden
                              									der Fäden, welche etwas anquellen, kann man die Säure in die Kanäle eindringen
                              									sehen. Da ferner der ganze Seidenfaden etwas quillt und an verschiedenen Stellen von
                              									der Seite her aufgelöst wird, so werden die Luftkanäle oft von beiden Enden her mit
                              									Säure erfüllt und man kann dann kurze schwarz erscheinende Luftsäulen sich in
                              									denselben bewegen sehen. Ist die Schwefelsäure nicht ganz concentrirt, so kann man
                              									an den Enden der Seidenfäden, welche zunächst und zwar sehr stark anquellen, die
                              									stark quellende Grundmasse von den scharf abgegrenzten, nur wenig quellenden
                              									Fibrillen, die pinselartig aus einander treten, und den schwarzen Luftkanälen
                              									unterscheiden.
                           Bei der Quellung des Seidenfadens in Schwefelsäure kann man auch sehen, daſs sich der
                              									Faden zugleich um oft über 50 Procent seiner Länge verkürzt. Ich beobachtete diese
                              									Thatsache nicht nur an Seidenfaden, sondern fand, daſs sich feine Fäden aus Gummi
                              									arabicum, Schellack, Glas, ferner Bastfasern, Baumwolle, Holzfasern und überhaupt
                              									beliebige pflanzliche Zellwände, wenn sie – durch Quellungsmittel oder (wie z.B.
                              									Glaswolle, Schellack) durch Erwärmen – erweicht werden, mehr oder weniger stark
                              										verkürzen.Die Erklärung
                                    											dieser Erscheinungen und ihre Bedeutung für das Verständniſs der optischen
                                    											Eigenschaften und der Mechanik des Aufbaues der Zellwände habe
                                    											ich in Mohl's Botanischer Zeitung. 1882 Nr. 36
                                    											und 37 gegeben. Läſst man Fäden von Tussah-, Yamamayseide u. dgl. in gesättigter Chromsäurelösung durch 24 bis 48 Stunden
                              									liegen, so wird, ohne daſs eine Quellung sich zeigt, die Grundmasse wenigstens an
                              									einzelnen Stellen völlig aufgelöst und die feinen isolirten Fibrillen bleiben
                              									zurück.
                           Tränkt man ein entsprechend dickes Bündel von Seide mit dicker Gummilösung, so kann
                              									man nach dem Erhärten dieser mit einem scharfen Kasirmesser und bei einiger Uebung
                              									leicht beliebig dünne Querschnitte durch Seidenfäden erhalten. An solchen kann man
                              									manchmal die Fibrillen und die gröſsten Luftkanäle ohne weiteres bei genügend
                              									starker Vergröſserung sehen. Läſst man aber die Querschnitte der Fäden in verdünnter
                              									Schwefelsäure anquellen, so nehmen sie an Gröſse so sehr zu, daſs man selbst die
                              									feinsten Luftkanäle sehen kann, während die Fibrillen unsichtbar werden. Dünne, in
                              									Schwefelsäure stark angequollene Querschnitte erscheinen schwammartig porös. Will
                              									man die Fibrillen an Querschnitten leicht nachweisen, so legt man letztere zunächst
                              									durch kurze Zeit in concentrirte Chromsäurelösung, ersetzt diese durch Wasser und
                              									läſst nun mäſsig verdünnte Schwefelsäure unter das Deckglas treten. Man sieht nun
                              									die fast farblose, stark gequollene Grundmasse und in ihr die fast ungequollenen braunen Querschnitte der Fibrillen, sowie die
                              									verschieden groſsen Luftkanäle. Durch die Behandlung mit Chromsäure werden die
                              									Fibrillen gefärbt und zugleich widerstandsfähiger gegen Quellungsmittel gemacht.
                           Wie schon oben erwähnt, entbehrt die gemeine (echte) Seide der Luftkanäle
                              									vollständig; sie zeigt hingegen stellenweise eine Andeutung von einer
                              									Zusammensetzung aus Fibrillen. Es ist auch gewiſs, daſs die echte Seide ebenso aus
                              									Fibrillen zusammengesetzt ist wie die fremden Seidenarten; nur ist der Unterschied
                              									in der chemischen und physikalischen Beschaffenheit zwischen den Fibrillen und der
                              									Grundmasse ein viel geringerer. Um die Fibrillen auch in der echten Seide zur
                              									Anschauung zu bringen, färbt man die Fäden zuerst intensiv mit Jod, läſst sie in
                              									verdünnter Schwefelsäure etwas anquellen und dann von dem Rande des Deckglases her
                              									etwas concentrirte Schwefelsäure hinzutreten. An jenen Stellen, wo durch Vermengung
                              									der concentrirten mit der verdünnten Säure der richtige Concentrationsgrad entsteht,
                              									sieht man in der stark angequollenen Grundmasse zahlreiche braune parallele Fäden –
                              									die Fibrillen – liegen.
                           Mikroskopische Unterscheidung der Seidenarten. Die echte
                              									Seide ist bekanntlich sehr leicht mikroskopisch von den fremden Arten zu
                              									unterscheiden: durch die geringere Breite, den rundlichen, nicht flachen Querschnitt
                              									und den Mangel der Streifung. Hingegen sind die Angaben über die Unterschiede der
                              									fremden Seidenarten von einander unzureichend. Namentlich genügen die Unterschiede
                              									in der Dicke der Seidenfaden nicht, um die Arten von einander zu trennen. Ich fand folgende
                              									Unterscheidungsmerkmale.
                           1) Breite (Durchmesser) der Faser. Da nicht nur
                              									verschiedene Einzelfäden derselben Seidenart sehr verschieden breit sind, sondern
                              									auch die Dicke desselben Fadens sehr wechselt, so ist es kaum möglich, brauchbare
                              									Mittelzahlen für die Breite der Fäden der verschiedenen Seidenarten zu erhalten.
                              									Hingegen kann man leicht und sicher die gröſste Breite
                              									der stärksten Einzel-(nicht Doppel-)Fäden bestimmen. Bei der Seide von Bombix Faidherbii (Senegalseide) ist es oft nicht
                              									leicht möglich, den Doppelfaden vom einfachen zu unterscheiden. Der auffindbare gröſste Durchmesser des Einzelfadens beträgt nach
                              									meinen Messungen (1 μ = 0mm,001) bei:
                           Echter Seide (von Bombix mori)
                              									20 bis 25 μ.
                           Senegalseide (von Bombix
                                 										Faidherbi) 30 bis 35 μ.
                           Ailanthusseide (von Bombix
                                 										Cynthia) 40 bis 50 μ.
                           Yamamayseide (von Bombix
                                 										Yamamay) 40 bis 50 μ.
                           Tussahseide (von Bombix Selene)
                              									50 bis 55 μ.
                           Tussahseide (von Bombix
                                 										Mylitta) 60 bis 65 (bis 100?) μ.
                           2) Zerfaserung. Wenn man ein kleines Bündel von
                              									Seidenfäden zerzeiſst und die Riſsstellen mikroskopisch untersucht, so zeigt sich,
                              									daſs bei einigen Seidenarten alle oder fast alle Fäden einfach quer durchreiſsen,
                              									ohne sich hierbei zu zerfasern, während bei anderen Arten eine mehr oder minder
                              									starke Zerfaserung eintritt. Es hängt dies mit dem Bau der Fäden zusammen. Je mehr
                              									die Fibrillen differenzirt sind, je mehr die Grundmasse zurücktritt und je
                              									zahlreicher und gröſser die Luftkanäle sind, desto eher und stärker tritt eine
                              									Zerfaserung ein. Bei der echten, der Yamamay- und der Tussah-Seide tritt keine oder
                              									fast keine Zerfaserung ein. Bei der Ailanthusseide erscheint nach dem Riſs etwa die
                              									Hälfte der Fäden zerfasert, bei der Senegalseide lösen sich fast sämmtliche Enden in
                              									Fasern auf. Mit diesem Umstände hängt zusammen, daſs bei der Senegalseide und der
                              									Ailanthusseide, namentlich aber bei ersterer, die Luftkanäle auffallend groſs sind.
                              									Bei diesen beiden Seidenarten finden sich auch am Faden häufig Längsspalten und
                              									abgelöste Fibrillen, was bei den anderen Arten nicht oder nur selten vorkommt.
                           3) Bei allen Seidenarten kreuzen sich die Fäden am Cocon; nicht bei allen aber sind
                              									die Kreuzungsstellen am isolirten Fibroidinfaden
                              									deutlich erkennbar oder gar auffallend. Keine oder nur undeutliche Kreuzungsstellen
                              									zeigen die echte Seide, die Ailanthusseide und die Senegalseide. Bei den 3 übrigen
                              									Arten sind die Kreuzungsstellen sehr auffallend, indem die Faser an solchen meist
                              									stark zusammengepreſst und verbreitert ist (bei der Yamamayseide oft auf das
                              									anderthalbfache der normalen Breite). Da die Luftkanäle an den (fast immer schiefen)
                              									Kreuzungsstellen zusammengepreſst sind, ist der Faden daselbst durchsichtig und
                              									nicht gestreift.
                           
                           4) Die bisher angegebenen Merkmale sind im Zusammenhalte mit den makroskopischen
                              									hinreichend, um die in Rede stehenden Seidenarten sicher im ungefärbten Zustande von
                              									einander zu unterscheiden. Gefärbte Seide ist etwas
                              									weniger leicht genau zu bestimmen, besonders wenn es sich um dunkel gefärbte oder
                              									stark beschwerte Muster handelt. Diese muſs man so viel als möglich zu entfärben
                              									suchen. Von groſsem Interesse ist es, daſs man alle Seidenarten im ungefärbten oder
                              									entfärbten Zustande im polarisirten Lichte an den für jede Art charakteristischen
                              									Farbenerscheinungen ohne weiteres mit Sicherheit erkennen kann.
                           Ich gebe im Folgenden kurze Beschreibungen der charakteristischen
                              									Farbenerscheinungen, wie sie bei ganz schwacher
                                 										Vergrößerung, im ganz verdunkelten
                              									Gesichtsfelde, an einzeln und frei (also nicht über
                              									einander) liegenden Fäden zu beobachten sind. An jedem
                              									Faden kann man die Breitseite von der Schmalseite unterscheiden. Jede der beiden
                              									Seiten zeigt in der Regel andere Farben.
                           1) Echte Seide (Bombix mori).
                              									a) Breitseite: Vorherrschend bläulich milchweiſs oder gelblich weiſs, glänzend. Auf
                              									längere Strecken in den schönsten Farben gleichmäſsig erglänzend, dabei immer der
                              									ganzen Breite nach dieselbe Farbe. – b) Schmalseite: Ebenso.
                           2) Yamamayseide (Bombix
                                 										Yamamay). a) Breitseite: Meist sehr schön und rein bläulich milchweiſs;
                              									doch auch dunklere bläuliche, graublaue und fast schwarze Töne. – b) Schmalseite:
                              									Alle Farben, grell und schön; nur auf kurze Strecken dieselbe Farbe. Auch dunkle bis
                              									schwärzliche Töne.
                           3) Tussahseide (von Bombix
                                 										Selene). a) Breitseite: Die Faser ist sehr ungleichmäſsig dick. Die
                              									dicksten Stellen erscheinen mit grauen oder (meist) schön blauen, mehr oder weniger
                              									schief abgeschnittenen, länglichen, fast rhomboidischen Flecken bedeckt, welche
                              									schmäler als die Faser und purpurroth begrenzt sind. Die dünnsten Stellen sind
                              									weiſslich bläulich, gelblich bis orange. (Es sind daher die Fasern meist gelblich,
                              									mit blauen rothgesäumten rhombischen Flecken). – b) Schmalseite: Grundfarbe
                              									dunkelgrau, darauf nur hohe Farben (rosa, hellgrün), welche wenig deutlich sind. Die
                              									Farben bilden längliche Flecke, die immer schmäler als die Faser sind.
                           4) Tussahseide (von Bombix
                                 										Mylitta). a) Breitseite: Ganz ähnlich wie bei Bombix Selene, aber die Flecken sind fast nie dunkelblau, sondern orange,
                              									roth oder bräunlich. Die Farben überhaupt nicht sehr lebhaft. Die Mehrzahl der
                              									Fasern dunkelgrau, bläulich milchweiſs oder gelblich, mit orangerothen Flecken.
                              									Lebhaft dunkelblau fehlt fast völlig. – b) Schmalseite: Ganz so wie bei Bombix Selene.
                           5) Ailanthusseide (von Bombix
                                 										Cynthia). a) Breitseite: Glänzend gelblich weiſs, mit gelben, bräunlichen,
                              									graubraunen oder ähnlich gefärbten Stellen. – b) Schmalseite: Grundfarbe schmutzig
                              									grau oder braun bis
                              									schwärzlich, darauf nicht sehr grelle, grüne, gelbe, rothe, violette oder blaue
                              									kurze Längsflecke.
                           6) Senegalseide (von Bombix
                                 										Faidherbi). a) Breitseite: Glänzend gelblich oder bräunlich weiſs; oder
                              									mattgelb, grau, braun, seltener bläulich weiſs. – b) Schmalseite: Matt grau, braun
                              									bis schwärzlich, seltener hellere Stellen.
                           Was nun die makrochemische Unterscheidung der
                                 										Seidenarten anlangt, so sind meine diesbezüglichen Bemühungen ebenfalls von
                              									Erfolg gewesen. Es ist zwar nicht möglich, alle Seidenarten chemisch von einander zu
                              									trennen; hingegen gelang es mir, die Hauptaufgabe zu lösen, nämlich die echte Seide
                              									von den fremden Seidenarten quantitativ zu trennen.
                           Bereitet man sich in der Kälte eine gesättigte Lösung von Chromsäure und versetzt sie
                              									mit dem gleichen Volumen Wasser, so erhält man eine (hier als halbgesättigte
                              									Chromsäurelösung bezeichnete) Flüssigkeit, welche im kochenden Zustande echte Seide sofort (in weniger als einer Minute) löst,
                              									während alle fremden Seidenarten selbst nach 2 und 3 Minuten langem Kochen ganz
                              									unangegriffen sind; dasselbe Verhalten wie echte Seide zeigt Schafwolle. Ebenso wie die genannte halbgesättigte Chromsäurelösung
                              									reagirt auch mäſsig concentrirte kochende Kalilauge. Schafwolle und echte Seide
                              									lassen sich quantitativ durch kochende Salzsäure trennen. Schafwolle quillt etwas,
                              									bleibt aber ungelöst; die echte Seide löst sich sofort. Schafwolle läſst sich von
                              									den fremden Seidenarten am zweckmäſsigsten durch kochende halbgesättigte
                              									Chromsäurelösung trennen.
                           Man kann überhaupt ein Gemenge von Baumwolle, Schafwolle, echter Seide und
                              									Yamamayseide quantitativ in seine 4 Bestandtheile zerlegen: Zunächst löst man in ½
                              									Minute durch kochende Salzsäure die echte Seide heraus, dann durch 2 Minuten langes
                              									Kochen mit concentrirter Salzsäure die Yamamayseide; kocht man den Rückstand nun mit
                              									Kalilauge, so löst sich die Schafwolle, während die Baumwolle zurückbleibt.
                           Zum Schlüsse sei noch darauf hingewiesen, daſs die festgestellten Thatsachen geeignet
                              									sind, das Verhalten der Tussah-, Yamamayseide u.s.w.
                              										gegen Beizen und beim Färben überhaupt
                              									einigermaſsen zu erklären. Während Bolley, der sich
                              									eingehend mit der Yamamayseide beschäftigte, zu dem Resultate kam, daſs Yamamay- und
                              									die echte Seide chemisch von einander nicht verschieden sind, also das Fibroidin der
                              									ersteren mit dem der letzteren identisch ist, geht aus meinen Versuchen mit
                              									Sicherheit hervor, daſs dies nicht der Fall ist. Das Fibroidin der fremden
                              									Seidenarten ist gegen Säuren und Alkalien auffallend viel widerstandsfähiger und
                              									daher auch gegen Beizen. In der That lehren die vergleichenden Beizversuche von Bolley mit Yamamayseide und italienischer Seide, daſs
                              									erstere viel weniger Beize in sich aufnimmt als letztere. Dem entspricht die weitere
                              									Thatsache, daſs solche Farben, welche einer Beize bedürfen, zum Färben von Yamamayseide nicht
                              									tauglich sind, während ohne Beize niederschlagbare Farben ganz brauchbare
                              									Färbungsresultate liefern.
                           Daſs die Luftkanäle, welche den Fibroidinfaden der fremden Seidensorten durchsetzen,
                              									ebenfalls das endliche Färbungsresultat beeinflussen müssen, namentlich, wenn es
                              									sich um dunkle Farben handelt, ist auch klar. Solche dunkle Farben werden auf
                              									Yamamayseide immer lichter als auf echter Seide erscheinen müssen, was z.B. bei
                              									Schwarz höchst unerwünscht ist. In der That verhält sich nach Bolley Yamamayseide gegen Schwarz in genannter
                              									Weise.
                           Endlich ist es selbstverständlich, daſs auch die bräunliche oder grünlich gelbe
                              									Färbung der fremden Seidenarten von Einfluſs auf das Färberesultat sein muſs. Da die
                              									fremden Seidenarten widerstandsfähiger gegen Reagentien sind, so dürfte die
                              									Anwendung stärkerer Beizen ein Mittel sein, um bei ihnen doch noch brauchbare
                              									Färberesultate zu erhalten.