| Titel: | Neuerungen in der Herstellung von Chenille. | 
| Autor: | G. Rohn | 
| Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 18 | 
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                        Neuerungen in der Herstellung von
                           								Chenille.
                        Patentklasse 25 und 86. Mit Abbildungen auf Tafel 2.
                        Neuerungen in der Herstellung von Chenille.
                        
                     
                        
                           Chenille hat neuerdings wieder eine groſse Verwendung sowohl in der Posamenterie, als
                              									auch in der Weberei gefunden. Für die erstere Art der Benutzung ist es besonders die
                              									mit Hilfe neuer Apparate hergestellte, in der Form gemusterte Chenille, für die
                              									letztere Art die in der Farbe gemusterte Chenille, welche wenig oder ungedreht zur
                              									Erzeugung von Fantasie- und Plüsch- oder Sammtgeweben dient. Die Chenille wird dann
                              									meistens als Schuſs gebraucht und nach dem Weben aufgekämmt oder aufgebürstet, daſs
                              									sie den Flor bildet. Gewebe solcher Art zeigen (im Schnitt der Kettenfäden) die Fig.
                                 										1 und 2 Taf. 2 und
                              									zwar die erstere mit einseitigem, die letztere mit beiderseitigem Flore. Es ist a der Chenilleschuſs, b
                              									dessen aufgebürsteter Flor, d die denselben bindenden
                              									Kettenfäden; c sind die Fäden der Grundkette und f der Schuſs für das Grundgewebe. Bisher wurden die in
                              										Fig. 2 skizzirten Gewebe gewöhnlich mit gedrehter raupenartiger Chenille
                              									als Schuſs ohne besonderes Grund-Zwischengewebe hergestellt.
                           Bei Herstellung von Chenille nach dem allgemein üblichen Verfahren wird als Vorarbeit
                              									ein leinwandbindiges Gewebe angefertigt, dessen Kette in Gruppen von Fäden in einer
                              									der gewünschten Stärke der Chenille entsprechenden Entfernung von einander in das
                              									Blatt gezogen ist. In der Mitte des Zwischenraumes je zweier Gruppen wird dann das
                              									fertige Gewebe zerschnitten und die erhaltenen Bänder werden zusammengedreht. Man
                              									benutzt auch zur Kette stark gedrehte und stark angespannte Fäden, welche sich dann, wenn das
                              									Gewebe zerschnitten, aufdrehen und dabei den entstandenen Bändchen mit ausgefaserten
                              									Rändern Rundung geben.
                           Wenn nun der Schuſs des Vorgewebes nicht einfarbig bleibt, sondern in Farbe und
                              									Qualität abwechselt, so erhält man gemusterte Chenille. So weben R. Weil und Comp. in Paris (Erl. * D. R. P. Kl. 25 Nr.
                              									12661 vom 21. Mai 1880) nach 7 oder 9 Schuſs von gekochter Seide immer einen Schuſs
                              									von mehrfädiger ungezwirnter sogen. „Email-Seide“ und erhalten dadurch „Email-Chenille“. Die Kette ist dabei in Gruppen von nur zwei Fäden
                              									ausgekochter Organsinseide und die Schneidlinie gibt ein Baumwollkettenfaden an.
                           Auf ähnliche Weise erhält man bei abwechselnd gleicher Anzahl Schuſs der
                              									verschiedenen Farben geflammte Chenille u.s.f.
                           Schwieriger ist die Bestimmung der Reihenfolge der Farbenwechselung des Schusses beim
                              									Vorgewebe, wenn mit der daraus gewonnenen Chenille als Schuſs ein bestimmtes Muster
                              									gewebt werden soll. Man muſs dann ein langes weiſses Band nehmen und dasselbe
                              									fortlaufend nach einander auf die Schuſslinien des in wirklicher Gröſse mit den
                              									verschiedenen Farben vorgezeichneten Musters halten. Dabei tupft man mit derselben
                              									Farbe, welche das Muster an der betreffenden Stelle besitzt, so lang dieselbe ist,
                              									auf das Band. Beim Weben wird das Band an das Gewebe angelegt und danach die
                              									betreffenden Farben geschossen. Auf diese Weise werden z.B. die neuen kleineren Teppiche mit gemusterter Haardecke hergestellt.
                           Das Zerschneiden des Chenillevorgewebes in Streifen
                              									erfolgt auf besonderen Maschinen (vgl. Haver und Geach 1879 233 261). Bei der
                              									Chenilleschneidmaschine von G. Stein in Berlin (Erl. *
                              									D. R. P. Kl. 25 Nr. 7708 vom 1. März 1879) sind doppelte Schneidscheiben angeordnet,
                              									zwischen denen das Gewebe durch ein dahinter liegendes Walzenpaar durchgezogen wird.
                              									Die Schneidscheiben stecken durch Zwischenlagen, welche der Breite der zu
                              									erhaltenden Chenillebänder entsprechen und demzufolge in verschiedener Stärke
                              									benutzt werden können, getrennt auf mit angetriebenen Wellen.
                           Bei einer Neuerung an dieser Maschine von F. A. Meinhold
                              									in Glauchau (Erl. * D. R. P. Kl. 25 Nr. 9676 vom 9. Oktober 1879) werden die
                              									gewonnenen Streifen durch einen damit verbundenen Apparat sofort aufgespult und von
                              									den Schneidwalzen hat nur die obere Walze auswechselbare Zwischenlagen für den
                              									Abstand der Schneidscheiben. Bei der unteren Schneidwalze sind die Zwischenlagen
                              									durch linsenförmige Federn ersetzt, welche eine elastische Anlage der Schneiden
                              									geben, so daſs Klemmungen verhütet und bei einer Aenderung der Schnittbreite nur die
                              									obere Schneidwalze herausgenommen werden muſs.
                           Da beim Schneiden die Witterungseinflüsse und die Natur der zur Chenille verwendeten
                              									Gespinnste eine Unregelmäſsigkeit beim Schneiden der Chenille herbeiführen, so
                              									ordnet zur Erzielung eines vollkommen geraden Schnittes E. Lepainteur in
                              										Paris (* D. R. P. Kl. 86 Nr. 19704
                                 										vom 21. Januar 1883) an der Schnittstelle zwei Kettenfäden in dem Gewebe
                              									an, zwischen denen dann der Schnitt erfolgt. Zu diesen Fäden wird am besten Draht
                              									benutzt; doch können auch gewichste oder ungewichste Pferdehaare, Seide und Fäden
                              									aus Pflanzenfasern verwendet werden.
                           Die Chenille kann auch auf eine andere Weise erzeugt werden, wobei die Vorarbeit des
                              									Webens umgangen wird (vgl. Rickard 1861 159 * 326). Eine Maschine für ein solches Verfahren ist
                              									von G.
                                    											Stein in Berlin (* D. R. P. Kl. 25 Nr. 20769 vom 29. April 1882) angegeben und
                              									ist die bezügliche Anordnung der Haupttheile in Fig. 3 Taf.
                              									2 veranschaulicht. Auf einem kleinen Röhrchen H dreht
                              									sich der durch Schnur betriebene Teller S mit den
                              									beiden Spulen G. An dem Röhrchen sind vorn zwei Pfeile
                              										F befestigt, welche verschieden breit sein können
                              									und die Stärke der Rundung der Chenille bestimmen. Durch das Röhrchen H und zwischen den beiden Pfeilen laufen zwei
                              									Metalldrähte D und neben denselben die Kernfäden a für die eine Seite der Chenille; die anderen
                              									Kernfäden c kommen durch Oesen und über kleine Rollen
                              									auf die dafür mit einer Spur versehenen Rollen R. Bei
                              									der Drehung des Tellers S wickeln sich die von den
                              									durch die Federn n gebremsten Spulen G kommenden Fäden b um die
                              									Pfeile F (vgl. Fig. 5) und
                              									die aufgewickelten Fäden werden von den beiden vorgezogenen Drähten mitgenommen.
                              									Zwischen den beiden Rollen R befindet sich das Messer
                              										M, welches die aufgewickelten Fäden in zwei Hälften
                              									trennt. In diesem Augenblicke werden die zerschnittenen Fadenstückchen durch das
                              									über die Rollen r erfolgende Auseinandergehen der
                              									Drähte D an den Rollen R
                              									gehalten, bis die beiden Kernfäden a und c zusammengedreht worden sind und dabei der Chenille
                              									die Rundung gegeben ist. Die Stellung der Rollen R für
                              									das Halten der Fadenstückchen ist eine ganz bestimmte und ist dieselbe durch feine
                              									Schrauben genau zu richten, damit die Rollen R in
                              									gleicher Höhe mit den Pfeilen F zu stehen kommen.
                           Bleibt das Messer M genau in der Mitte zwischen den
                              									Rollen R fest stehen, so werden die Fadenstückchen auf
                              									beiden Seiten und demzufolge auch die beiden Chenillefäden gleich. Wird das Messer
                              										M jedoch etwas hin und her verschoben, so werden
                              									die beiderseitigen Fadenstückchen ungleich und man erhält dann sogen, gemusterte Chenille. Zu diesem Zwecke wird das Messer
                              									durch verschiedenartige Curvenscheiben I und II oder III (vgl. Fig.
                                 										3 und 4) bewegt
                              									und erhalten dann die beiden Fäden entsprechend an den entgegengesetzten Stellen
                              									Verstärkungen, wie sie in den über den betreffenden Scheiben gezeichneten Mustern
                              									deutlich gemacht sind.
                           Das Zusammendrehen der Kernfäden erfolgt durch die mit Würtelrollen versehenen
                              									Hackenspindeln k, an welche die Fäden befestigt werden.
                              									Diese Hackenspindeln befinden sich auf einem auf Schienen m laufenden Wagen W, durch dessen Bewegung
                              									der Abzug der fertigen Chenille erfolgt. Die Schnur n zum
                              									Betriebe der Hackenspindeln geht über eine am Ende der Bahn befindliche Rolle o zum Hauptantriebe zurück. Wenn der Wagen ausgefahren
                              									ist, wird die Maschine abgestellt und nach dem Zurückfahren des Wagens und nach
                              									Wiederbefestigung der beiden Chenillefäden A und B an die Hacken der Spindeln k wieder eingerückt.
                           Die Drähte D sind endlos; sie laufen von den Rollen r weg über Scheiben, mehrere Male um dieselben herum,
                              									dann weiter zu den vor dem Röhrchen H liegenden
                              									Scheiben und über diese wieder in das Röhrchen H.
                           Um ebenso die Vorarbeit des Webens und nachherigen Schneidens zur Erlangung von
                              									Chenillestreifen zu umgehen, dieselben jedoch mit gewebtem Kerne, also in ebenso
                              									haltbarer Weise wie die gewebten, herzustellen, hat S. Weigert
                              									in Berlin (* D. R. P. Kl. 86 Nr. 23566
                                 										vom 21. Januar 1883) ein Verfahren angegeben, wobei mehrere
                              									Chenillestreifen auf einmal getrennt und aufrecht neben einander erzeugt werden.
                              									Diese Streifen haben aber nicht frei ausstehende Fadenenden, sondern Maschen wie
                              									beim Sammt, welche wie bei diesem durch Einlegen von Ruthen gebildet und dann
                              									aufgeschnitten werden. Die Weigert'sche Einrichtung
                              									gleicht auch einem Webstuhle – es sind Kettenbäume, eine Lade mit Blatt und ein
                              									Waarenabzugsbaum vorhanden –: nur treten an Stelle der Schäfte Nadelkämme oder
                              									Schienen, auf denen in einer Entfernung von 5mm
                              									Nadeln mit Oehr an ihrem freien Ende befestigt sind. Für die Kettenfäden liegen die
                              									Nadelkämme wagrecht, für die Maschen bildenden Fäden stehen sie senkrecht; die
                              									ersteren sind seitwärts verschiebbar, die letzteren in der Senkrechten beweglich.
                              									Aehnlich wie beim Weben werden diese Bewegungen durch Tritte hervorgebracht.
                           Die Anordnung für die Erzeugung eines gewöhnlichen Chenillestreifens mit 4
                              									Kettenfäden zeigt Fig. 6 Taf.
                              									2. A1 bis A4 sind 4 wagrechte
                              									Nadelkämme für die Kettenfäden a1 bis a4, B ist der senkrechte
                              									Nadelkamm für den Maschenfaden b. Den fertigen
                              									Chenillestreifen – theils mit Maschen c, theils
                              									dieselben aufgeschnitten – zeigt die rechte Seite dieser Figur 6; in
                              									der einen Hälfte der Skizze ist nur oberhalb eine Ruthe c eingelegt gedacht. Die auf einander folgenden Bewegungen der Nadelkämme
                              									für die Bindung der Fäden ist in Fig. 7
                              									verdeutlicht.
                           Mit solchen Einrichtungen sollen aber wesentlich andere Chenillestreifen hergestellt
                              									werden, welche nur einen Kettenfaden und zwei Fäden zur Bildung von
                              									aufzuschneidenden Maschen aufweisen. Diese Chenille zeigt Fig. 9
                              									zugleich in Verbindung mit der zu ihrer Herstellung nöthigen Einrichtung (vgl. Fig.
                                 										8 Taf. 2). Es sind zwei senkrechte Nadelkämme B1 und B2 mit den Oehrnadeln i1 und i2 für die Maschenfaden b1 und b2 und ein wagrechter Nadelkamm A mit den Oehrnadeln i für
                              									den Kettenfaden a vorhanden. Die Maschen der beiden
                              									Fäden wechseln immer ab; doch kann die abwechselnde Zahl ganz verschieden sein. Die
                              									nöthigen Bewegungen zur gezeichneten Bindung der drei Fäden machen die 3 Stellungen
                              									der Fig. 10 klar. Diese Stellungen werden von Trittschemeln aus durch die
                              									Schnüre s, s1 und s2 hervorgerufen; von
                              									den letzteren laufen die Schnüre s und s1 über die Rollen r bezieh. r1, um die Bewegungen in abwärts gerichtetem Sinne zu
                              									erhalten: die Federn f, f1 und f2
                              									bewirken nach jedem Tritte den Rückgang der Nadelkämme. Die Schnüre s, s1 und s2 sind jedoch nicht an
                              									die Trittschemel geknüpft, sondern die Verbindung mit den letzteren erfolgt durch
                              									querliegende Schemel, dem bekannten Contermarsch des gewöhnlichen Webstuhles. Es
                              									sind für das Muster in Fig. 9 nur 2
                              									Trittschemel nöthig und wird die Schnürung mit dem Contermarsch so ausgeführt, daſs
                              									dieselbe für die Schnüre s1 und s2
                              									etwas schlaff ist, wodurch beim Niedergange des Trittschemels zuerst die
                              									Verschiebung des Kammes A erfolgt und dann erst, wenn
                              									die Schnüre s1 und s2 straff geworden, der
                              									Auf- oder Niedergang der Kämme B1 oder B2. Die Kämme B1 und B2 laufen in den an dem Stuhlrahmen h festen Führungen p und
                              									die Verschiebung von A wird durch stellbare Ansätze n begrenzt, da dieselbe an ein sehr genaues Maſs
                              									gebunden ist.
                           Diese Einrichtungen zur Verschlingung der Fäden können auch vortheilhaft zur
                              									Anfertigung gazebindiger Gewebe (vgl. P. Widemann 1884
                              										251 * 304) benutzt werden. Wenn man nämlich bei
                              									diesem Verfahren, wo neben einander aufrechtstehend mehrere Chenillestreifen erzeugt
                              									werden und dabei für alle Streifen zur Bildung der Maschen eine Ruthe quer
                              									durchgesteckt wird, an Stelle der Ruthen Schuſsfäden einträgt, so erhält man damit
                              									ein gazebindiges Gewebe. Durch Anwendung von mehr als zwei Tritten und verschiedener
                              									Schnürungen des Contermarsches lassen sich dann verschiedene Bindungen herstellen,
                              									wie einige solche in Fig. 11
                              									Taf. 2 dargestellt sind.
                           Eine Chenille, welche – ähnlich wie die vorherige – Maschen erhält, die dann
                              									aufgeschnitten werden können, und eine Einrichtung zu deren Herstellung ist im Genie civil, 1883/84 Bd. 4 S. 35 beschrieben und an A. Urbahn in Patterson und Abrah. G.
                                    											Jennings in Brooklyn (* D. R. P. Kl. 25 Nr. 22355 vom 30. März 1882) patentirt. Die
                              									unaufgeschnittene Chenille erscheint in Fig. 12
                              									Taf. 2 verdeutlicht. Es sind um einen Kernfaden a (vgl.
                              										Fig. 13) zwei Fäden b und c geschlungen, von denen der erstere sehr lose ist und
                              									durch den zweiten mit gröſserer Steigung und festgewundenen Enden mit dem Kernfaden
                              									verbunden wird, wodurch dann in Schraubengangform laufende Maschen gebildet werden.
                              									Die Herstellung, welche etwas Aehnlichkeit mit dem beschriebenen Verfahren von G. Stein besitzt, ist in Fig. 14
                              									Taf. 2 angegeben. Auf den Röhrchen h und i drehen sich die durch die Schnüre j und k mit verschiedener
                              									Geschwindigkeit angetriebenen Teller F und L mit den Spulen G bezieh.
                              										J, welche durch Federn n gebremst werden. In dem Röhrchen h steckt
                              									ein Stift H mit einem Bunde am Ende, welcher 4
                              									Ausschnitten zur Führung der den Kernfaden bildenden vier einzelnen Fäden a dient (vgl. Fig. 16).
                              									Um die Spitze von H windet sich der Faden b von der Spule G, die
                              									Windungen werden durch die Fäden a weit vorgezogen
                              									durch das Drahtauge I und hinter diesen von den Fäden
                              										c auf den vereinigten Kernfäden festgeschlungen.
                              									Der Arbeitsvorgang ist in Fig. 15
                              									besonders herausgezeichnet. Die so erhaltene Chenille wird durch das Rohr i über die Rolle o von
                              									Walzen abgezogen und gleich für Zwecke der Weberei, für welche sie hauptsächlich
                              									bestimmt ist, aufgespult.
                           G. Rohn.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
