| Titel: | Anwendung von Stahlguss an Stelle von Schmiedestücken aus Stahl oder Eisen. | 
| Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 127 | 
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                        Anwendung von Stahlguſs an Stelle von
                           								Schmiedestücken aus Stahl oder Eisen.Nach einem Vortrage von William Parker,
                                 										Chefingenieur des Lloyd, gehalten in der Frühjahrs-Versammlung 1883 des Iron and Steel Institute (vgl. Iron, 1883 Bd. 21 S. 398); mitgetheilt von Gustav Schmidhammer in Witkowitz in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und
                                          											Hüttenwesen, 1884 S. 138 und 163.
                           							
                        Parker, über Anwendung von Stahlguſs statt
                           								Schmiedestücken.
                        
                     
                        
                           Das Bestreben, groſse Schmiedestücke von schwieriger Gestalt, wie sie besonders als
                              									Constructionstheil von Schiffen oder Schiffsmaschinen vorkommen, durch Stahlguſs zu
                              									ersetzen, macht sich auch bei uns in hervorragender Weise bemerkbar und es dürfte
                              									nicht ohne Interesse sein, die Ansichten der englischen Ingenieure und Erzeuger über
                              									diesen Gegenstand zu vernehmen.
                           Die Art und Weise, wie Lloyd's Register of Shipping
                              									diese Angelegenheit behandelt, zeigt, daſs die Sache in England spruchreif geworden.
                              									Mehrere groſse Stahlfirmen reichten bei dieser Gesellschaft um die Bewilligung ein,
                              									bei Schiffen, welche in Lloyd's Register eingetragen
                              									werden sollten, Constructionstheile aus Guſsstahl verwenden zu dürfen. Auf Grund
                              									dieses Ansuchens wurde eine Commission eingesetzt, welche unter Beiziehung von
                              									gewiegten Fachmännern der Stahl- und Schmiedeisen-Industrie als Sachverständige die
                              									umfassendsten Studien und Versuche vornahm und schlieſslich zu dem Resultate
                              									gelangte, daſs Stahlguſs an Stelle von Schmiedestücken aus Eisen oder Stahl
                              									zugelassen werden könne, wenn die von der Commission festgesetzten Bedingungen –
                              									Festigkeits- und Specialproben – erfüllt würden.
                           Parker gibt nun die Resultate der Studien über die
                              									Erzeugung der Stahlgüsse bei verschiedenen Fabrikanten, wie sie in England geübt
                              									wird, sowie die Ergebnisse vorgenommener Versuche und Proben und einige praktische
                              									Daten bekannt.
                           Drei groſse Stahlfirmen wurden besonders namhaft gemacht und deren Methoden und
                              									Anschauungen näher beleuchtet, und zwar Jessop and Sons
                              									in Sheffield, Spencer and Sons in Newburn-on-Tyne und
                              									die Steel-Company of Scotland in Glasgow.
                           Verfasser wundert sich über die verschiedenen Anschauungen, welche in den Erzeugungsmethoden dieser drei Firmen ihren Ausdruck
                              									finden. Auf den Werken von Jessop ist man der Ansicht,
                              									daſs Stahl von ganz bestimmter Zusammensetzung nöthig sei und daſs dies sowie eine
                              									vollkommene Homogenität des Materials in einem groſsen Guſsstücke nur mittels
                              									Tiegelguſsstahl zu erreichen sei. Da das Material, welches in jedem Tiegel
                              									eingetragen wird, von vollkommen bestimmter Zusammensetzung ist, so erhalte man auch
                              									einen Stahl von ganz bestimmter Zusammensetzung. Wenn dagegen Stahl in groſsen
                              									Massen im Siemens-Martin- Ofen geschmolzen werde, so
                              									erreiche man nicht jene Homogenität, welche für gewisse Constructionstheile
                              									erforderlich sei, noch genügende Freiheit von inneren Spannungen. – Bei Spencer ist sowohl der Tiegelguſs, als auch der Guſs
                              									aus dem Siemens'schen Ofen in Gebrauch und es ist bei
                              									der Wahl des Prozesses nur die Gröſse der Guſsstücke ausschlaggebend. – Bei der Steel-Company steht nur der Siemens'sche Ofen für jede Art von
                              									Guſsstücken in Anwendung.
                           Jessop und Spencer stimmen
                              									in der Ansicht überein, daſs die zur Erlangung der nöthigen Festigkeit und
                              									Zähigkeit, sowie der Dichte und Fehlerlosigkeit der Guſsstücke nothwendige Zusammensetzung des Stahles nur durch groſse Sorgfalt
                              									in der Wahl der verwendeten Materialien erzielt werden könne. Auf den Werken der Steel-Company wird der Prozeſs von Terre-Noire
                              									angewendet. Das Metall wird in einem Siemens'schen Ofen
                              									geschmolzen, indem ein Bad aus an Mangan reichem Roheisen und Stahlabfällen gebildet
                              									wird. Nach und nach werden vorgewärmte Stahlabfälle zugesetzt, bis das Metallbad
                              									einen der verlangten Härte entsprechenden Kohlenstoffgehalt aufweist. Schlieſslich
                              									wird eine entsprechende Menge von Ferromangansilicid zugesetzt, welches dichte und
                              									blasenfreie Güsse zu erzielen gestattet. Sodann wird das Metall in eine Pfanne
                              									abgestochen und auf gewöhnliche Weise in die Formen gegossen. Während des Prozesses
                              									trachtet man, so viel als möglich jedwede Oxydation hintanzuhalten. Da die Steel-Company viel Stahlbleche erzeugt, so hat sie eine
                              									genügende Menge weicher Stahlabfälle von bestimmter Qualität und ist daher nicht
                              									gezwungen, Erze zu benutzen. Die Verwendung von Ferromangansilicid statt des bloſsen
                              									Ferrosilicides wird für vortheilhafter gehalten und zwar aus folgendem Grunde: Wenn
                              									nur Ferrosilicid angewendet wird, so wird ein Theil des Siliciums durch die geringen
                              									Mengen des vom Metalle absorbirten Sauerstoffes oxydirt und bildet ein bei
                              									Stahlschmelzhitze noch schwer schmelzbares Silicat; dieses wird im Metallbade
                              									suspendirt bleiben und der Stahl wird nach dem Erkalten „kurz“ und spröde,
                              									was durch nachträgliches Ausglühen nicht beseitigt werden kann. Bei Anwendung von
                              									Ferromangansilicid wird eine Mangan haltige, leicht schmelzbare, dünnflüssige
                              									Schlacke gebildet, welche an die Oberfläche des Bades steigt, wodurch ein vollkommen
                              									schlackenfreies Metall erhalten wird. Abgesehen von dem Prozesse, welcher zur
                              									Erlangung des flüssigen Metalles angewendet wird, sind noch eine Menge anderer
                              									Schwierigkeiten beim Gieſsen selbst, wenn nicht ganz einfache Formen zu erzeugen
                              									sind, zu überwinden. Da das geschmolzene Metall eine hohe Temperatur hat, so wird
                              									die Contraction bei der Abkühlung eine bedeutende sein, wodurch nicht nur die
                              									Trichterbildung stark hervortritt, da man bei Stahlgüssen Nachgüsse nicht anwenden
                              									kann, sondern es wird auch die Gefahr des Anreiſsens der Guſsstücke in den Formen in
                              									gleichem Maſse erhöht und die Formen müssen dementsprechend nachgiebig construirt
                              									werden; andererseits müssen sie fest genug sein, um dem Drucke des flüssigen
                              									Metalles widerstehen zu können und um nicht ausgewaschen zu werden. Die hohe
                              									Temperatur des flüssigen Stahles macht es auch schwer, einen Formsand zu finden,
                              									welcher genügend unschmelzbar ist und sich in chemischer Beziehung vollkommen
                              									neutral verhält. Eiserne Guſsformen sind aus diesen Gründen ganz unanwendbar.
                           Weiters begegnet die Frage des Ausglühens verschiedenen
                              									Anschauungen. Jessop hält das vorsichtige und
                              									allmähliche Auskühlen für das einzige Mittel, das molekulare Gleichgewicht und
                              									Freiheit von inneren Spannungen zu erreichen. Ein nachträgliches Glühen erzeuge
                              									groſse Ungleichmäſsigkeiten, da die äuſseren und dünneren Partien des Guſsstückes
                              									viel rascher erhitzt würden, wodurch Spannungen auftreten, welche durch noch so
                              									sorgfältiges nachträgliches Auskühlen nicht ganz beseitigt werden könnten. Alle
                              									anderen Stahlerzeuger sind jedoch der gegentheiligen Ansicht; das Auskühlen in den
                              									Formen könne nicht gleichmäſsig genug vorgenommen werden und gerade der Widerstand,
                              									welchen die Form der Contraction entgegensetze, rufe molekulare Spannungen hervor;
                              									daher halten sie zu deren Beseitigung das sorgfältige Ausglühen der Guſsstücke für
                              									unumgänglich nothwendig.
                           Das Ausglühen erfolgt durch ein langsames Erhitzen bis zur hellen Rothglut, bei
                              									welcher Temperatur das Guſsstück eine Zeit lang belassen und hierauf langsam und
                              									gleichmäſsig erkalten gelassen wird.
                           Pourcel in Terre-Noire legt neben dem Ausglühen groſses
                              									Gewicht auf das Härten der Guſsstücke in Oel, um ihnen gröſsere Zähigkeit zu geben.
                              									Bei der Abkühlung groſser Guſsstücke mit sehr wechselnden Querschnitten werden nicht
                              									nur Spannungen auftreten, sondern es wird in der Krystallisation eine groſse
                              									Verschiedenheit sich bemerkbar machen, welche durch bloſses Ausglühen nicht
                              									beseitigt werden kann. Das Härten in Oel wird hier von groſsem Vortheile sein.
                              									Einmaliges Härten wird ein feineres Korn erzeugen und jede Wiederholung desselben
                              									den Stahl mehr und mehr amorph machen.
                           Es wurden, um dies zu veranschaulichen, vier Proben von einem Guſsstücke aus
                              									Terre-Noire herausgeschnitten. Diese Probestücke wurden verschieden behandelt: Nr. 1
                              									nicht ausgeglüht, Nr. 2 einfach ausgeglüht, Nr. 3 ausgeglüht und in Oel gehärtet,
                              									Nr. 4 ausgeglüht und zweimal in Oel gehärtet, und ergaben folgende Resultate:
                           
                              
                                 Probe-Nr.
                                 Zugfestigkeit
                                 Dehnung auf 127mm
                                    											Länge
                                 
                              
                                 1
                                      5050,8k/qc
                                           16 Proc.
                                 
                              
                                 2
                                 5208,3
                                 17
                                 
                              
                                 3
                                 6079,2
                                 17
                                 
                              
                                 4
                                 6472,9
                                 15
                                 
                              
                           Der Bruch zeigte sich nach jedem Ausglühen und Härten feiner
                              									und dichter.
                           
                           Daſs in Folge der Contraction und der daraus entstehenden Spannungen auch bei
                              									Guſseisenstücken Risse und Brüche vorkommen, ist eine trotz der langjährigen
                              									Erfahrungen nicht zu beseitigende Thatsache; ja selbst bei Schmiedeisenfabrikaten
                              									kommen ähnliche Brüche vor, wie z.B. Sprünge und Risse im Centrum groſser
                              									schmiedeiserner Kuppelungswellen, welche dadurch entstehen, daſs die äuſseren
                              									Partien früher abkühlen, dadurch starr werden, in Folge dessen der Contraction der
                              									später abkühlenden inneren Theile nicht mehr nachgeben, wodurch das Metall in der
                              									Achse aus einander gezogen wird.
                           Es wird nicht ohne Interesse sein, einige in England mit Erfolg ausgeführte
                              									Stahlgüsse anzuführen; es sind dies Sternframes (Steven), Ruder, Kreuzköpfe und
                              									Kurbelwellen, wie sie bei Handelsschiffen angewendet werden, ausgeführt nach Cook und Mylchreest's
                              									Patent von den oben genannten 3 Werken. Es wurden etwa 17 Steven erzeugt, von denen
                              									die schwersten 6600k wogen; Kurbelwellen nach Dickinson's bezieh. Turton's Patent mit einem Durchmesser von 420mm wurden von Jessop bezieh. von Spencer ausgeführt. Nach Dickinson's Patent sind die Kurbelblätter und Zapfen (webs und pins) aus einem
                              									Gusse, während der Körper der Welle aus Schmiedeisen besteht. Nach vorgenommenen
                              									Proben erwies sich der Guſs als vollkommen fehlerfrei und verläſslich. Die Wellen
                              									nach Turton's Patent sind aus zwei verschraubten
                              									Guſsstücken zusammengesetzt. Mit diesen sind jetzt über ein Dutzend Seedampfer
                              									ausgestattet, von denen einige einen Weg von etwa 93000km (über 50000 Meilen) gemacht haben und allem Anscheine nach vollkommen
                              									unversehrt sind.
                           Weiters waren Locomotivachsen und Wellen bei der North-British-Eisenbahn seit mehr
                              									als 2 Jahren in Betrieb und weisen bis heute keinerlei Zeichen von Schadhaftigkeit
                              									auf. Man beklagte sich schon lange über die geringe Widerstandsfähigkeit der
                              									schmiedeisernen Wellen und trachtete zuerst die Methoden der Erzeugung zu
                              									verbessern; endlich suchte man ein besseres Material, als welches der Stahl
                              									anerkannt wurde. Die groſsen Wellen können nur von wenigen bedeutenden Werken,
                              									welche die nöthigen Arbeitsmaschinen für so groſse Stücke besitzen, ausgeführt
                              									werden und diese vertreten oft die verschiedensten Ansichten in Betreff des
                              									Materials und der passendsten Methode. Die Erfolge, welche mit den von den
                              									verschiedenen Hütten erzeugten Stahlwellen erzielt wurden, sind der beste Beweis von
                              									der Richtigkeit der Ideen, welche die Constructeure geleitet haben.
                           Mit Ausnahme der von Spencer und Jessop erzeugten sind alle übrigen Stahlwellen geschmiedet, da allgemein anerkannt wird, daſs die mechanische Bearbeitung
                              									die Zähigkeit und daher auch die Verläſsichkeit des Stahles steigere. Sir Joseph Whitworth hat die Ansicht ausgesprochen,
                              									daſs man das Maximum der Zähigkeit erreichen würde, wenn man den flüssigen Stahl
                              									unter einem groſsen Drucke, z.B. 3000k/qc, erkalten lassen würde. Da dies bei groſsen
                              									Güssen in der Praxis nicht erreichbar ist, so schlägt er eine möglichst weitgehende
                              									chemische Bearbeitung vor. Pourcel behauptet, daſs man
                              									durch mechanische Behandlung des Stahles dieselben Resultate erziele. Alle Uebrigen
                              									stimmen darin überein, daſs die mechanische Bearbeitung
                              									von groſsem Einflüsse auf den Stahl sei.
                           Die Wellen, welche Krupp erzeugt, scheinen aus einem
                              									harten Stahle zu sein, d.h. einem Stahle, welcher bedeutendere Härtung annimmt, Parker hat einige Krupp'sche Wellen in den Zapfen anreiſsen gesehen, wenn sie, warm gelaufen,
                              									mit kaltem Wasser abgekühlt wurden, und, wie Parker
                              									selbst erfahren hat, lieferten Bruchstücke von Krupp'schen Wellen vorzügliche Drehmeiſsel. Whitworth gebraucht vorzugsweise einen Stahl von 6300k/qc Festigkeit
                              									und 30 Proc. Dehnung auf 50mm Körnerabstand. Sharp in Bolton zieht einen Stahl von 4700 bis 5500k/qc Festigkeit
                              									vor. Vickers and Sons in Sheffield, welche jetzt wohl
                              									die meisten Wellen erzeugen, verwenden einen ganz weichen Stahl von nur 3780k/qc Festigkeit
                              									und es ist ihnen bis heute nur eine einzige gebrochen. Der weiche Stahl besitzt in
                              									Folge seiner Zähigkeit eine gröſsere Widerstandskraft als der harte und kann daher
                              									die Stöſse, welche bei Schiffsmaschinen so häufig vorkommen, leichter aushalten.
                           Bei Versuchen bezüglich der Härte des anzuwendenden Materials hat es sich gezeigt,
                              									daſs in der Praxis die Durchbiegung bei gegebener Belastung für verschiedene
                              									Härtegrade bis zur Erreichung der Elasticitätsgrenze als gleich gelten kann und daſs nach
                              									Ueberschreitung der Elasticitätsgrenze bis zu den bei den Versuchen noch
                              									angewendeten Belastungen die Durchbiegungen nicht viel von einander abweichen.
                           Um die Eigenschaften des Stahles auf sicherer Basis nachweisen zu können, wurden
                              									Versuche in verschiedener Richtung an Eisen, gegossenem und geschmiedetem Stahl
                              									vorgenommen und deren Resultate tabellarisch zusammengestellt. Daraus ersieht man,
                              									daſs die gröſste Festigkeit der Stahlguſsproben jene des Schmiedeisens in jedem
                              									Falle übersteigt, während die Dehnung auf 50mm
                              									Länge in beiden Fällen ziemlich gleich bleibt; der geschmiedete Stahl zeigt
                              									bedeutend höhere Ziffern. Stahlguſs weist im Durchschnitte um ein Drittel höhere,
                              									geschmiedeter Stahl jedoch 3mal so hohe Resultate auf als Schmiedeisen. Die
                              									Biegeproben sprachen ebenfalls für die Anwendung von Stahl und zeigen, daſs
                              									Stahlguſs zum mindesten ebenso verläſslich ist als Schmiedeisen. Bei den
                              									Schlagproben hielten geschmiedete Stahlstäbe 23, 19 und 23 Schläge aus, ohne zu
                              									brechen, während zwei bei 16 und 17 Schlägen brachen. Schmiedeisen brach bei 12,1, 4
                              									und 4 Schlägen. Stahlguſsproben hielten 13, 9 und 19 Schläge aus. Die
                              									Torsionsversuche gaben dasselbe Qualitätsverhältniſs wie die Biegeproben. Die
                              									Probestücke wurden so lang als möglich gemacht und man nahm nur gesunde Stäbe vor.
                              									Zur Bestimmung der Dehnung wurden möglichst groſse Markenentfernungen gewählt, doch
                              									von 50 zu 50mm auch Körner geschlagen.
                           Um den Einfluſs der Bearbeitung nachzuweisen, wurden von J.
                                 										Neilson in Mossend Versuche gemacht. Die einzelnen Probestücke wurden
                              									demselben Guſsblocke entnommen und gewalzt oder ausgeschmiedet und zwar mit
                              									verschiedenen Graden der Bearbeitung:
                           
                              
                                 Grad der Bearbeitung
                                 Festigkeit
                                 Ver-mehrung
                                 Dehnungauf 203mm
                                 Ver-mehrung
                                 
                              
                                 
                                 k/qc
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Ingotstahl nicht bearbeitet
                                 3716,7
                                 –
                                 10
                                 –
                                 
                              
                                 Auf ¼ des ursprünglichen Quer-    schnittes
                                    											herabgeschmiedet
                                 5055,5
                                 36
                                 11
                                   10
                                 
                              
                                 Auf ⅕ des ursprünglichen Quer-    schnittes
                                    											gewalzt
                                 4819,3
                                 30
                                 23
                                 130
                                 
                              
                                 Gewöhnliche Bleche desselben Ein-    satzes auf 22mm ausgewalzt
                                 4252,3
                                 –
                                 26
                                 –
                                 
                              
                           Die anderen Versuche, bei welchen Guſsblocke von der Dicke von 380 bis herab zu 25mm (15 bis 1 Zoll engl.) auf 12mm,7 (½ Zoll) ausgewalzt wurden, zeigen geringe
                              									Differenzen in der Festigkeit; die Dehnung jedoch steigt mit dem Grade der
                              									Bearbeitung. Wird die Bearbeitung jedoch fortgesetzt und von 12 auf 6mm herabgewalzt, so steigt die Festigkeit
                              									unverhältniſsmäſsig mehr und zwar in vorliegendem Falle von 4094,8 auf 4567,4k/qc. Dies scheint
                              									seinen Grund in der geringeren Temperatur zu haben, bei welcher das Walzen
                              									vorgenommen wurde, da dünne Bleche viel rascher abkühlen als dicke.
                           Die Specialproben, welche von den Inspektoren des Lloyd's
                                 										Register angewendet werden, bestehen bei Steven, Ruderrahmen und anderen
                              									groſsen Guſsstücken, bei denen dies zulässig erscheint, in Fallproben. Die
                              									Guſsstücke werden nämlich auf 13m in die Hohe
                              									gezogen und auf einen harten ebenen Boden fallen gelassen. Dann werden sie auf der
                              									ganzen Oberfläche abgeklopft. Auch bei diesen Proben zeigt sich der Stahlguſs dem
                              									Schmiedeisen mindestens ebenbürtig, während geschmiedeter Stahl, beide weit
                              									übertrifft.
                           Nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen hält man einen Stahl von 4700k/qc Festigkeit,
                              									welcher sich bei einer Dicke von 31mm mit einem
                              									Radius von 44mm auf 90° zusammenbiegen läſst, für
                              									Stahlgüsse am geeignetsten; es ist aber nicht ausgeschlossen, daſs auch ein Stahl
                              									von gröſserer Härte als geeignet erscheinen kann.
                           In der diesem Vortrage folgenden Besprechung zeigte es sich, daſs die Anwendung der
                              									Stahlgüsse bei den Fachleuten vielen Sympathien begegnet; Spencer stellt sogar den Werth von Stahlgüssen höher als den von
                              									Stahlschmiedestücken, indem er als ungünstige Faktoren das „Aufschmieden“, das ungleichmäſsige
                              									Erkalten groſser Stücke und die beim Schmieden auftretenden Spannungen im Materiale
                              									anführt, welche nicht vermieden werden können.
                           Walker sagt, daſs die Trichterbildung für Güsse
                              									unschädlich gemacht werden könne, wenn die Formen so construirt werden, daſs die
                              									Trichter dort auftreten, wo sie dem Guſsstücke nicht schaden.
                           Als Gegner der Stahlgüſse tritt Putnam von Darlington
                              									auf, indem er einen Fall erzählt, daſs er einen Hebel, wie sie bei Dampfhämmern
                              									angewendet werden, aus Stahl bestellte und dieser am ersten Tage entzwei brach. Auch
                              									macht er sich anheischig, groſse Schmiedestücke billiger und besser herzustellen,
                              									als es einem Stahlfabrikanten aus Stahl möglich sei.
                           Parker sucht diesen Einwurf zu entkräften, indem er
                              									feststellt, daſs der Stahlfabrikant, welcher den Hebel geliefert, über den Zweck
                              									desselben nicht unterrichtet und daher auſser Stande war, das für den gegebenen Fall
                              									entsprechende Material zu wählen.
                           Was das Ausglühen betrifft, so scheinen Alle derselben Ansicht zu sein und es werden
                              									von verschiedenen Seiten die schwerwiegendsten Gründe angeführt.
                           Selbst Hall (in Firma Jessop and
                                 										Sons), dessen Ansichten nach Parker's Vortrag
                              									mit den Anderen in Widerspruch zu stehen scheinen, behauptet, daſs sie die
                              									Stahlgüsse jederzeit ausglühen, jedoch vorher gar nicht erkalten lassen, denn dies
                              									wirke erfahrungsgemäſs nachtheilig. Hall führt an, daſs
                              									von seiner Firma gegossene Stahlkurbelwellen über 100000 Meilen gemacht hätten, ohne
                              									zu brechen; ebenso habe er schon im J. 1881 Steven und Ruder für eine Yacht aus
                              									Stahl gegossen und diese Stücke hätten sich bewährt.
                           Rilley (Steel-Company of
                                 										Scotland) erwähnt, daſs die Guſsstücke, wenn man sie in den Formen erkalten
                              									lieſs, sprangen, weshalb sie jetzt so heiſs als möglich aus den Formen genommen und
                              									in einen Glühofen eingesetzt werden.
                           Sir William Siemens hält das Ausglühen ohne vorheriges
                              									Erkaltenlassen für das Vortheilhafteste. Das Härten in Oel habe groſse Vortheile. Er
                              									schreibt die guten Resultate einer raschen Oberflächenkühlung zu, wodurch auf die
                              									inneren Partien ein gewisser Druck ausgeübt werde, was für die Festigkeit und
                              									Zähigkeit des Materials günstig wirke. Weiters spricht er die Ansicht aus, daſs ein
                              									verhältniſsmäſsig weicher Stahl verläſslicher sei als ein zu harter, da groſse
                              									Maschinentheile mit geringer Beanspruchung gerechnet werden und es besser sei, das
                              									Material gebe früher nach, ehe es zum Bruche käme.
                           In Betreff der mechanischen Bearbeitung stimmt Rilley
                              									mit den Resultaten Parker's überein, indem er
                              									behauptet, daſs nicht das absolute Bearbeitungsverhältniſs ausschlaggebend sei,
                              									sondern daſs bemerkenswerthe Erhöhungen in der Festigkeit und Zähigkeit des
                              									Materials erst in den letzten Stadien der Bearbeitung auftreten, bei
                              									verhältniſsmäſsig geringen Dimensionsveränderungen.
                           In Parker's Vortrag wurde über die Verwendung des
                              									Bessemerstahles zu Stahlgüssen nichts erwähnt; Hall
                              									spricht sich auch gelegentlich der Besprechung direkt gegen die Brauchbarkeit des
                              									Bessemerprozesses aus; diesem entgegnet nun Sir Henry
                                 										Bessemer. Er gibt zu, daſs der Prozeſs, wie er für Schienen und ähnliche
                              									Waaren geführt wird, ein für Stahlgüsse unbrauchbares Material liefere. Doch habe
                              										W. D. Allen durch die Anwendung einer
                              									Rührvorrichtung (vgl. 1882 243 * 398) und Zusatz von
                              									Spiegeleisen erzielt, daſs die Gase aus dem Metallbade entfernt werden können, und
                              									es seien Hunderte von Güssen erzeugt worden, welche vollkommen blasenfrei waren.
                              									Auch Walker bestätigt, daſs er ganz vorzügliche Güsse
                              									aus Bessemerstahl gesehen habe und Allen wirft Parker vor, daſs er den Bessemerstahlprozeſs bei seinen
                              									Versuchen zu wenig berücksichtigt habe, obwohl dieser besonders für groſse
                              									Guſsstücke ganz vorzüglich sei. Auch wirke die Rührvorrichtung vollkommen
                              									entsprechend. (Vgl. auch Allen's Vortrag über
                              									Bessemerstahl in Engineering 1883 Bd. 35 S. 439.)
                           „Wenn wir nun“ – so schlieſst G. Schmidhammer
                              									sein Referat – diese auf englisches Material sich beziehenden Schlüsse mit unseren
                              									heimischen Verhältnissen vergleichen, so werden wir zwar sehen, daſs der
                              									Qualitätsunterschied zwischen Eisen und Stahl bei uns nicht so groſs ist, daher die
                              									englischen Stahlartikel mit solchen aus englischem Schmiedeisen leichter concurriren
                              									können; jedenfalls aber
                              									gebührt unserem Stahle dasselbe Vertrauen, welches in das englische Fabrikat gesetzt
                              									wird. Der Kostenpunkt wird aber bei uns noch weit günstiger in die Wagschale
                              									fallen.
                           Von maſsgebendem Einflüsse scheint mir aber die Einrichtung unserer Hüttenwerke zu
                              									sein; denn so groſse Schmiedestücke, wie sie beim Schiffsbaue vorkommen, dürfte kein
                              									einziges Werk in der Lage sein, zu erzeugen. Dieselben Stücke in Stahlguſs
                              									auszuführen, bedarf es aber keiner besonderen Einrichtung und dieser Umstand, der
                              									uns von einem englischen Monopole befreien würde, sollte nicht unbeachtet gelassen
                              									werden.
                           Daſs der Bessemerstahl nicht ohne weiteres zu verurtheilen ist, zeigen viele
                              									gelungene Ausführungen. So wurde im Sommer 1882 in Neuberg ein Anker mit 500k Gewicht aus Bessemerstahl erzeugt, welcher in
                              									der Triester Ausstellung sich befand und hierauf von der k. k. Kriegsmarine nach
                              									vorgenommenen Proben als vollkommen entsprechend übernommen wurde. Es würde keiner
                              									Schwierigkeit unterliegen, auch weit gröſsere Stücke aus Stahlguſs herzustellen.