| Titel: | Ueber Kühlung und Lüftung der Wohnungen in den heissen Ländern. | 
| Autor: | K. H. | 
| Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 203 | 
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                        Ueber Kühlung und Lüftung der Wohnungen in den
                           								heiſsen Ländern.
                        Mit Abbildungen auf Tafel 16.
                        Dessoliers, über Kühlung und Lüftung in heiſsen
                           								Ländern.
                        
                     
                        
                           H. Dessoliers hat in seinem kürzlich erschienenen
                              										WerkeDessoliers; De l'habitation dans les pays
                                       												chauds. (Paris 1883. J.
                                       										Baudry.) beachtenswerthe Einrichtungen für die Lüftung und
                              									Kühlung von Wohnräumen in heiſsen Ländern angegeben, über welche in Folgendem nach
                              									dem Referate der Annales industrielles, 1883 Bd. 1 * S.
                                 									714 berichtet sei.
                           
                           Für sehr trockene und dürre Gegenden empfiehlt Dessoliers, zur Kühlung der in die Wohnräume
                              									einzuführenden frischen Luft die natürliche Verdunstung von Wasser zu benutzen
                              									bezieh. die hierbei entstehende Bindung von Wärme. Zu diesem Zwecke sollen an den
                              									Umschlieſsungswänden des Gebäudes vom obersten Stockwerke bis zum Boden des
                              									Erdgeschosses Kanäle angeordnet werden, in welche gewebte oder gewirkte Tücher
                              									eingehängt sind. Von dem Boden eines über denselben aufgestellten Wasserbehälters
                              									aus Zink hängen kurze Stricke abwärts und führen tropfenweise vermöge ihrer
                              									Haarröhrchenkraft Wasser den Tüchern zu, welche somit stets genäſst bleiben. Diesem
                              									Wasser soll etwas Alaun oder Tannin beigemischt werden, um eine Fäulniſs der Tücher
                              									zu verhüten und die Mosquitos abzuhalten. Die erwähnten Kanäle erhalten oben und
                              									unten eine Oeffnung- erstere steht mit der äuſseren Atmosphäre, letztere mit dem
                              									Zimmerraume in Verbindung und beide sind durch Schieber verstellbar. Die heiſse
                              									Auſsenluft dringt dann in den Kanal, zieht zwischen den Tüchern nach unten, kühlt
                              									und reinigt sich an den nassen Verdunstungsflächen und tritt unten in den zu
                              									kühlenden Raum ein. Dessoliers empfiehlt, für den Kopf
                              									und die Stunde 10qm Verdunstungsfläche anzunehmen,
                              									wodurch 25cbm Auſsenluft von 35 auf 15° gekühlt
                              									und nach dem Zimmer geleitet werden können. Eine solche Kühlung kann auf diese Weise
                              									nur bewirkt werden, so lange die zu kühlende Luft sehr trocken ist, da sonst
                              									dieselbe früher sich mit Wasserdampf sättigt, ehe sie auf 15° abgekühlt ist. (Vgl.
                              										Garlandat 1883 248 *
                              									61.)
                           Für Wohnungen des heiſsen und feuchten Klimas besteht
                              									die Aufgabe, mit trockener kühler Luft zu ventiliren- hierfür sollen statt der
                              									erwähnten Tücher undurchlässige Stoffe oder Zinktafeln verwendet werden; im ersten
                              									Falle werden die Stoffe mit Leinöl, das mit etwas Zinksulfat und Sand gemischt ist,
                              									bestrichen; auf diesen Ueberzug werden mittels eines Pinsels durch Cement, Kalk oder
                              									Gyps schwache wagrechte Erhebungen gebildet, welche ein langsames Herunterlaufen des
                              									Wassers an den Tüchern bezieh. den damit versehenen Zinktafeln bewirken sollen. Wie
                              									aus Fig. 13 und 14 Taf. 16
                              									ersichtlich, rinnt aus dem oben aufgestellten Gefäſse an den kurzen Zöpfen langsam
                              									Wasser in kleine an den im Kanäle angeordneten Tafeln bezieh. Tüchern befindliche
                              									Vertheilungsrinnen und von dort aus an den in den Zügen A liegenden Flächen herunter nach Sammelrinnen, welche das nicht
                              									verdunstete Wasser wegführen. Heiſse frische Auſsenluft wird in die Züge B eingeleitet, kühlt und trocknet sich in Folge der in
                              										A entstehenden Verdunstungskälte und zieht unten
                              									durch den stellbaren Schieber nach dem Wohnräume. Eine genügende Wirkung läſst sich
                              									von diesem Verfahren kaum erwarten; sie wird um so besser sein, je trockner die
                              									frische Luft ist.
                           Da eine starke Erwärmung der Räume auch in Folge der Wärmeausstrahlung und
                              									Wärmeleitung der heiſsen Umschlieſsungswände eintritt, so empfiehlt Dessoliers, letztere doppelt mit einem Zwischenräume
                              									auszuführen, in welchem Wasser verdunstet wird, so daſs die innerhalb der Mauern
                              									entstehende Verdunstungskälte die Wärmeaufnahme von der heiſsen Auſsenluft
                              									ausgleicht; diese Wirkung kann durch Einhängung naſs gehaltener Tücher in den
                              									Zwischenraum erhöht werden.
                           Für sehr heiſse und feuchte Gegenden reicht die
                              									Wasserverdunstung nicht aus; es muſs zuerst trockene Luft erzeugt werden, welche
                              									dann durch die in Fig. 11 und
                              										12 Taf. 16 dargestellte Einrichtung gekühlt werden kann. Das Trocknen der
                              									Ventilationsluft soll nun durch krystallinisches Chlorcalcium geschehen, welches auf
                              									Tücher bezieh. Tafeln aufgebracht wird; die Auſsenluft wird durch die von letzteren
                              									gebildeten Züge geleitet, das Chlorcalcium nimmt die Feuchtigkeit begierig auf und
                              									zerflieſst langsam; die unten eingeführte Luft steigt aufwärts durch die Züge und
                              									tritt oben in die zu lüftenden Räume aus. Nach Versuchen Dessoliers würden 7qm mit Chlorcalcium
                              									getränkte Fläche für den Kopf nöthig sein, um die für eine Person in einer Stunde
                              									einzuführende Luftmenge von 25cbm von 90 auf 63°
                              									Feuchtigkeitsgehalt zu trocknen, d.h. den Wassergehalt von 24g im Cubikmeter auf 8g,5 herabzubringen, wobei noch die Temperatur von 30 auf 20° erniedrigt
                              									werden soll.
                           Eine weitere Einrichtung, in welcher das Trocknen durch Chlorcalcium und das Kühlen
                              									durch Wasserverdunstung vereinigt ist, soll eine Ventilationsluft von mittlerer
                              									Temperatur und mittlerem Feuchtigkeitsgehalte erzeugen. Dies kann auch in Form eines
                              									gegen die Auſsenwand des Zimmers gestellten Verschlages angeordnet werden, wie Fig.
                                 										15 Taf. 16 zeigt. Aus zwei oben aufgestellten Gefäſsen rinnt gegen die
                              									Wandfläche A1 Wasser,
                              									gegen die Fläche B1 der
                              									Blechwand B Chlorcalcium. Die Gebäudewand A wird durch die Auſsenluft erhitzt, auf der Fläche A1 verdunstet das
                              									Wasser und der gebildete Wasserdampf wird von dem Chlorcalcium absorbirt. Es
                              									entsteht in dem Räume zwischen A und B ein wirbelartiger Kreislauf der Luft, indem die
                              									Kühlung der Luft an A1
                              									ein Fallen, das Trocknen der Luft an B1 ein Steigen der Luft bewirkt. Durch diese
                              									Anordnung soll die Wärmeleitung und Wärmeausstrahlung der Auſsenwand A nicht nur aufgehoben, sondern auch eine Kühlung des
                              									Verschlages B erzielt werden. Die Wirkung soll noch
                              									durch Einhängung einer Tuchwand zwischen A und B erhöht werden können; es bildet sich dann an A1 ein Zug
                              									absteigender, an B1 ein
                              									solcher aufsteigender Luft; die eingeschobene Wand soll die Wärmestrahlung der sich
                              									in Folge des Zerflieſsens des Chlorcalciums etwas erwärmenden Fläche B1 gegen A1 aufheben. Das
                              									vorbeschriebene Verfahren läſst kaum die beabsichtigte Wirkung erwarten, da beim
                              									Zerflieſsen des Chlorcalciums Wärme frei wird, abgesehen von den Umständlichkeiten
                              									der Eindampfung des zerflossenen Chlorcalciums.
                           Die gleichzeitige Anwendung der erwähnten Wasserverdunstungs- und
                              									Trocknungseinrichtungen für die Ventilationsluft und der vorbeschriebenen kühlenden Verschlage
                              									würde für sehr heiſse und feuchte Gegenden sich sehr empfehlen, um gesunde Wohnungen
                              									zu erhalten, wenn die beabsichtigte Wirkung nicht hinter den Erwartungen
                              									zurückbleiben wird; durch diese Vorkehrungen findet auch eine theilweise Reinigung
                              									der Ventilationsluft von Staub und sonstigen Unreinigkeiten statt.
                           Die während der Nacht entstehende beträchtliche Abkühlung der Lufttemperatur auf den
                              									Hochebenen der heiſsen Länder kann auch benutzt werden, um den Einfluſs der am Tage
                              									herrschenden Hitze auf die Wohnungen zu vermindern. Dessoliers schlägt vor, unterirdische Kanäle anzulegen, deren Wände sich
                              									durch die während der Nacht durchstreichende Luft kühlen, und am Tage die
                              									Ventilationsluft durch diese kühlen Kanäle zu leiten. Eine Kühlung der Wohnungen
                              									durch unmittelbares Durchleiten der Nachtluft durch die Zimmer ist aus
                              									Gesundheitsrücksichten nicht statthaft- jedoch kann man eine Kühlung der Wände in
                              									einfacher Weise dadurch erreichen, daſs dieselben doppelt mit Zwischenraum gebildet
                              									werden und durch diesen während der Nacht Auſsenluft geleitet wird; letztere kühlt
                              									die während des Tages heiſs gewordenen Wände, erwärmt sich selbst hierbei und steigt
                              									aufwärts zum Austritte in das Freie. Während des Tages wird die heiſse Auſsenluft
                              									oben eingeleitet, kühlt sich, sinkt abwärts und wird unten in die Wohnräume
                              									eingeführt. Diese Lüftung kann durch Einstellung von Thüren an den Eintritts- und
                              									Austrittsöffnungen beliebig geregelt werden. Nach Versuchen Dessoliers' sind 9qm Mauerfläche
                              									nothwendig, um die für Kopf und Stunde einzuführende Ventilationsluft von 30cbm während 18 Tagesstunden von 30°
                              									Auſsentemperatur auf 20° zu kühlen.
                           Dessoliers empfiehlt ferner, für sehr heiſse und feuchte Gegenden künstliches oder natürliches Eis zur
                              									Kühlung der Ventilationsluft zu verwenden und zwar entweder diese Kältequelle
                              									ausschlieſslich zu benutzen, oder zuerst die Auſsenluft durch Wasserverdunstung auf
                              									eine mittlere Temperatur zu kühlen und die weitere Kühlung unter Verwendung von Eis
                              									zu bewirken. Für den ersten Fall muſs der Bedarf an Eis wegen der hohen Kosten
                              									desselben möglichst herabgezogen werden; dies geschieht durch Anordnung doppelter
                              									Mauern, in deren Zwischenraum von 0m,5 Breite
                              									schlechte Wärmeleiter (Sägespäne, trockener pulverisirter Lehm, gehacktes Stroh,
                              									trockener Torf) eingefüllt werden; ferner sollen die Decken in ähnlicher Weise
                              									isolirt und die Dachböden mit Stroh oder Varek (eine Seepflanze) belegt werden. Da
                              									ferner gewöhnliche Fenster eine beträchtliche Wärmemenge durchlassen, so sollen
                              									diese in Zahl und Gröſse möglichst beschränkt und thunlichst gegen Norden angelegt
                              									werden; sie sind ferner gegen die Sonne durch Schirme zu schützen und mit doppeltem
                              									Rahmen und doppelter Verglasung herzustellen; die Thüren sind doppelt für jeden
                              									Eintritt und zwar die äuſsere Thür massiv, die innere mit schlechten Wärmeleitern
                              									gefüllt anzuordnen. Es ist ferner nur nöthig, die meist benutzten Zimmer mit Eis zu
                              									kühlen, um den Bedarf an
                              									letzterem möglichst gering zu halten. Nach Dessoliers
                              									werden in der Stunde 1k,56 Eis gebraucht, um die
                              									für den Kopf nöthige Ventilationsluft von 30cbm
                              									von 30° Auſsentemperatur auf 15° zu kühlen.
                           Bei der Eiskühlung empfiehlt Dessoliers, den Eisbehälter
                              									am höchsten Punkte des Gebäudes aufzustellen, da sich von dert kaltes Wasser und
                              									kalte Luft in einfachster Weise im Hause vertheilen lassen. Wird dieser Behälter
                              									täglich mit frischem Eise versehen, so wird die Luft unmittelbar durch den von der
                              									Wand des cylindrischen Behälters und dem in 5 bis 10cm Entfernung herumgelegten Mantel gebildeten ringförmigen Raum geleitet,
                              									wodurch sie sich abkühlt. Soll jedoch der Behälter das für mehrere Monate
                              									nothwendige Eis aufnehmen, so muſs er gegen Wärmeverluste durch einen isolirenden
                              									Mantel geschützt werden und die Kühlung der Ventilationsluft erfolgt durch das im
                              									Eisbehälter entstehende Wasser. Dieses wird in einen ringförmig gebildeten, aufrecht
                              									stehenden eisernen Rippenkörper unten eingeleitet; die heiſse Auſsenluft zieht durch
                              									den Hohlraum desselben sowie durch den Raum zwischen Cylinder und einem diesen
                              									umgebenden Schachte. Aus dem stehenden Rippenkörper flieſst das Wasser nach einem
                              									liegenden Hohlcylinder gleicher Form, der in einem wagrechten Theile des
                              									Luftzuführungskanales liegt, so daſs hierdurch die Luft vorgekühlt und ein
                              									Gegenstromapparat geschaffen wird. Diese abgekühlte Luft zieht dann durch den
                              									stehenden Rippenkörper. Das bei diesem Laufe sich erwärmende Wasser flieſst ab und
                              									kann weitere Verwendung finden.
                           Dessoliers gibt dann noch Einrichtungen für den zweiten
                              									Fall an, daſs zuerst die Luft in Verdunstungskanälen vorgekühlt und dann durch Eis
                              									auf die verlangte Temperatur gebracht werden soll; diese Anordnung bietet als
                              									Combination der beschriebenen Einrichtungen nichts Neues.
                           
                              
                                 K. H.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
