| Titel: | Ueber den Einfluss der mineralischen Füllstoffe auf die Festigkeitseigenschaften des Papieres; von Prof. Hartig in Dresden. | 
| Autor: | Hartig | 
| Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 259 | 
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                        Ueber den Einfluſs der mineralischen Füllstoffe
                           								auf die Festigkeitseigenschaften des Papieres; von Prof. Hartig in Dresden.
                        Hartig, über Einfluſs mineralischer Füllstoffe auf
                           								Papierfestigkeit.
                        
                     
                        
                           Eine endgültige Entscheidung über die häufig angeregte Frage, in welchem Maſse die
                              									Festigkeitseigenschaften des Papieres durch einen Zusatz mineralischer Füllstoffe
                              									beeinfluſst werden, kann nur auf dem Wege der experimentellen Untersuchung erlangt
                              									werden. Man müſste unter Verwendung von einerlei Ganzstoff, derselben Art, zu
                              									schöpfen und zu leimen, eine Reihe von Papierproben herstellen, welche nur in dem
                              									Zusätze mineralischer Füllstoffe von einander abweichen und sodann diese Proben in
                              									der früher vorgeschlagenen Art auf ihre specifische Festigkeit (Reiſslänge),
                              									Zähigkeit (Bruchdehnung) und den Arbeitsmodul des Zerreiſsens untersuchen. (Vgl.
                              									1882 245 * 368. 246 441.)
                           Das Interesse einer solchen Untersuchung liegt anscheinend mehr auf Seite des
                              									verbrauchenden Publikums, als auf Seite der Papierfabrikanten; diesem Umstände ist
                              									es wohl zuzuschreiben, daſs es mir noch nicht gelungen ist, einen Papierfabrikanten
                              									zur Herstellung einer solchen Versuchsreihe zu überreden. Um so dankbarer muſs ich
                              									es anerkennen, daſs Hr. Schubert, Direktor der
                              									Dresdener Papierfabrik, mir wenigstens für einen genau zu definirenden Ganzstoff
                              									(Roggenstroh, Harzleimung) und für einen bestimmten, innerhalb der heutigen
                              									Gepflogenheiten gelegenen Gehalt an mineralischem Füllstoff (15 Proc. Gyps) die
                              									entsprechenden Proben durch Schöpfen aus der Bütte herstellen lieſs. Auſser den für
                              									die angedeutete Untersuchung unmittelbar bestimmten Proben, welche satinirt waren,
                              									hatte Hr. Schubert dem Verfasser auch einen nicht
                              									satinirten und nicht mit Gyps versetzten Bogen aus gleichem Ganzstoffe zugestellt,
                              									so daſs sich Gelegenheit gab, nebenbei auch den Einfluſs des Satinirens zu prüfen.
                              									Zur Verfügung standen also 3 Proben der nachfolgend angegebenen Beschaffenheit:
                           1) Harzgeleimtes Strohstoffpapier, ohne Füllstoff, unsatinirt, AschengehaltDurch Verbrennen und Ausglühen einer abgewogenen Probe im Platintiegel
                                    											bestimmt. 2,05 Proc., Gewicht auf 1qm
                              									G = 259g.
                           2) Harzgeleimtes Strohstoffpapier, ohne Füllstoff, satinirt, Aschengehalt 2,05 Proc.,
                              									Gewicht auf 1qm
                              									G = 264g.
                           3) Harzgeleimtes Strohstoffpapier, mit 15 Proc.Gypszusatz, satinirt, Aschengehalt
                              									17,2 Proc., Gewicht auf 1qm
                              									G = 239g.
                           Die Stärke der Bogen (das Gewicht für die Flächeneinheit) trifft hiernach genügend
                              									überein, daſs die Proben als vergleichbar angesehen werden können, um so mehr, als
                              									zur Feststellung der Reiſslänge jede Probe für sich gewogen wurde. Dieselben waren
                              									einige Monate in einem ungeheizten Zimmer aufbewahrt worden. Es wurden Streifen von
                              										30mm Breite und 375mm Lange der Untersuchung im selbstregistrirenden
                              									Apparate von Reusch (vgl. 1880 235 * 414) unterworfen und zwar unmittelbar hinter einander, bei einer
                              									Lufttemperatur von 11° und einer relativen Feuchtigkeit der Luft von 55 Proc. Die
                              									Ergebnisse sind in nachfolgender Tabelle zusammengestellt:
                           
                              
                                 Probe
                                 Reiſslänge R
                                 Bruchdehnung δ
                                 Zerreiſsungs-arbeit A auf 1g
                                 
                              
                                 1)
                                    2,75km
                                           3,50 Proc.
                                    0,0642mk
                                 
                              
                                 2)
                                 3,01
                                 3,73
                                 0,0748
                                 
                              
                                 3)
                                 2,87
                                 2,07
                                 0,0396
                                 
                              
                           Die satinirte, aber nicht mit Füllmasse versetzte Probe 2 liefert sonach in jeder
                              									Hinsicht die höchsten Werthe- sie erreicht nach der von mir vorgeschlagenen
                              									Qualitätsskala (vgl. 1881 241 105) nahezu die
                              									Widerstandsfähigkeit des besten Mundirpapieres (R =
                              										4km,0, δ = 3,0
                              									Proc., A = 0,080), wogegen das mit Gyps versetzte
                              									Papier (Probe 3) zwischen Druckpapier (A = 0,027) und
                              									Conceptpapier (A = 0,050) fällt. Es gewinnt das reine,
                              									nur geleimte Papier durch das Satiniren:
                           
                              
                                 an absoluter Festigkeit
                                   9,4 Proc.
                                 
                              
                                 an Zähigkeit
                                   6,6
                                 
                              
                                 im Arbeitsmodul des Zerreiſsens
                                 16,5
                                 
                              
                           
                           Dagegen verliert das Papier durch den Zusatz von 15 (genau
                              									15,15) Proc. Gyps:
                           
                              
                                 an absoluter Festigkeit
                                 31,2 Proc.
                                 
                              
                                 an Zähigkeit
                                 23,1
                                 
                              
                                 an specifischer Zerreiſsungsarbeit
                                 47,1
                                 
                              
                           Die stärkste Beachtung wird die zuletzt aufgeführte Zahl finden müssen, in so fern
                              									die auf die Gewichtseinheit reducirte Zerreiſsarbeit als der zutreffendste Ausdruck
                              									für die gesammte Widerstandsfähigkeit eines solchen Fabrikates angesehen werden
                              									muſs. Durch einen Zusatz von 15 Proc. Gyps wird der Arbeitsmodul der Zerreiſsung bei
                              									harzgeleimtem satinirtem Strohstoffpapier fast auf die Hälfte herabgesetzt! Grund
                              									genug, daſs zwischen Erzeuger und Verbraucher der Gehalt an mineralischem Füllstoff
                              									zur Sprache gebracht wird. Da mir selbst die den Einfluſs des Füllstoffes
                              									kennzeichnende Verlustziffer hoch vorkam, so wiederholte ich die ganze Versuchsreihe
                              									und fand für 15,2 Proc. Gypszusatz eine Abminderung der specifischen
                              									Zerreiſsungsarbeit von 47,9 Proc.
                           Der Verfasser ist weit davon entfernt, mit dieser nur auf einen Fall bezüglichen Untersuchung, deren Veröffentlichung übrigens mit
                              									ausdrücklicher Zustimmung des Hrn. Direktor Schubert
                              									erfolgt, die Frage für erledigt zu erachten; er möchte vielmehr nur die Anregung zu
                              									weiteren Prüfungen gegeben haben, zu deren Ausführung freilich mit Sorgfalt
                              									hergestellte, nur im Erdezusatze abgestufte Proben erforderlich sein würden. Auch
                              									will der Verfasser selbstverständlich nicht die Vortheile, welche die mineralischen
                              									Füllstoffe der Papiertechnik in anderweiter Hinsicht (Farbe, Glätte, Bekämpfung der
                              									Durchscheinigkeit, Preislage u. dgl.) gewähren, irgendwie in Abrede stellen; nur
                              									bestritten soll werden, daſs sie für unbeachtlich zu halten sein sollen, wenn die
                              									Festigkeitseigenschaften des Papieres in Frage kommen. (Nach der Papierzeitung, 1884 S. 358.)