| Titel: | Ueber die Butterbohnen, eine neue Art Fettsamen; von Dr. Fr. v. Höhnel und J. F. Wolfbauer. | 
| Autor: | Franz R. v. Höhnel , J. F. Wolfbauer | 
| Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 333 | 
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                        Ueber die Butterbohnen, eine neue Art Fettsamen;
                           								von Dr. Fr. v. Höhnel und J. F. Wolfbauer.
                        F. v. Höhnel und J. F. Wolfbauer, über die
                           								Butterbohnen.
                        
                     
                        
                           Unter dem Namen Butterbohnen kamen in den letzten
                              									Monaten über Marseille und Triest (angeblich aus Madagascar, späterhin auf Grund der
                              									botanischen Untersuchung zugestandenermaſsen aus Indien), ferner schon früher aus
                              									Singhapore über London eigenthümliche groſse Fettsamen in den Handel, welche nach
                              									den vorliegenden Oelkuchen und Fettproben bereits verarbeitet werden. Das
                              									Handelsproduct besteht nur aus den geraden, zerbrochenen Keimen der endospermlosen
                              									Samen; es war daher die botanische Herleitung um so schwieriger, als das Vaterland
                              									unrichtig angegeben und das Product in keiner Sammlung botanisch bestimmt zu finden
                              									war. Mehrfach wurde es für „Mafurra“ (von Trichilia emetica)
                              									erklärt, wohl mit Rücksicht auf die angebliche madagassische Herkunft. Die
                              									botanische Untersuchung ergab mit aller Bestimmtheit, daſs es die Samen von Vateria indica L. (V.
                                 										malabarica Blum., Elaeocarpus copalliferus Retz) sind, also von jenem Baume
                              									der indischen Halbinsel und besonders Malabars, von welchem gerade in den letzten
                              									Jahren sehr bedeutende Mengen von vegetabilischem Talg (Malabartalg, Pineytalg) nach
                              									Europa kamen; es kommt daher jetzt nicht nur das in Indien bereitete Product,
                              									sondern auch der Rohstoff im mitteleuropäischen Handel vor. Von Vateria indica stammt bekanntlich auch der sogen.
                              									Manila-Copal.
                           Was die botanische Herleitung anlangt, so deutete die morphologische Beschaffenheit
                              									des Productes mit einiger Sicherheit auf die Familien der Dipterocarpeen und
                              									Laurineen, welche beide in Afrika nur höchst spärlich vertreten sind und zum Theile
                              									im tropischen Gebiete gänzlich fehlen. Da die Samenlappen keine Spur von ätherischen
                              									Oelschläuchen zeigen, so war die Familie der Laurineen ausgeschlossen. Da fast alle
                              									Dipterocarpeen in Ostindien und den angrenzenden Gebieten zu Hause sind, so war es
                              									sicher, daſs das Product aus Südasien kommen müsse. Von den wenigen
                              									Dipterocarpeen-Gattungen (mit 112 Arten) kamen schlieſslich nur Hopea und Vateria in
                              									Betracht. Die Bestimmung wurde dadurch wesentlich erschwert, daſs die zahlreichen
                              									Abbildungen der Samen
                              									von Vateria-Arten (bei Schoedler, Hayne, Roxburgh, Wight,
                                 										Gärtner, Jacquin u.a.) ungenau oder sogar unrichtig sind. Die einzige
                              									brauchbare findet sich in dem bekannten Werke von Gärtner:
                                 										De seminibus et fructibus. Diese ist aber offenbar einem einzigen Exemplare
                              									entnommen, während die Gestalt der Samenlappen sehr schwankend ist.
                           Das Product des Handels ist äuſserst charakteristisch. Es besteht aus den 2 bis über
                              										5cm langen, meist getrennten Samenlappen.
                              									Diese sind (in denselben Samen) ungleich groſs, indem der eine meist 2 bis 4 mal so
                              									groſs als der andere ist. Die Lappen sind häufig bis über die Mitte gespalten, die
                              									Spaltabschnitte im Querschnitte dreieckig. Die Lappen sind 5 bis 15mm dick, mehlig fleischig, dabei fest; sie zeigen
                              									innen eine flache, 3 bis 5mm breite Furche, in
                              									welcher das 2 bis 4cm lange Würzelchen liegt.
                              									Dieses kommt sehr häufig getrennt vor, in Form von flachgedrückten Stielen, welche
                              									gefurcht und an den Enden etwas verbreitert sind. Sehr eigentümlich sehen häufig die
                              									kleineren abgetrennten Samenlappen aus, nämlich wie zwei an dem breiteren Ende
                              									verwachsene spitze, bogig gegen einander gekrümmte Zipfel, aus deren
                              									Verwachsungsstelle das groſse Würzelchen, meist bogig nach rückwärts gekrümmt,
                              									hervortritt. Der ganze reife Keim, wie er aus der
                              									Frucht- und Samenschale herausgelöst erscheint, kommt in dem Rohstoffe nur höchst
                              									selten vor. Er ist 5 bis 6cm lang, 2 bis 3cm,5 breit, fast regelmäſsig elliptisch, an beiden
                              									Enden etwas spitz, auſsen der Länge nach mit 3 Furchen und mit zahlreichen Adern
                              									versehen; das Würzelchen ragt am unteren Ende manchmal etwas vor. Bemerkenswerth ist
                              									ferner, daſs die Samenlappen im Querschnitte nie halbkreisförmig aussehen, sondern
                              									die Form eines Kreisausschnittes mit einem Winkel von etwa 120° besitzen. Es sei
                              									hier auch noch angegeben, daſs die Fruchtkapsel, welcher die Samen entstammen, oval
                              									sind, dreifurchig, dreiklappig. Sie sind 6 bis 7cm
                              									lang, 4cm breit und bergen nur einen Samen. In der
                              									Waare finden sich selten Bruchstücke der fuchsbraunen, lederigen, innen fast korkig
                              									weichen, aber steifnervigen Fruchtkapselschale; ebenso selten sind Theile der
                              									dünnen, kahlen, lederigen, reichlich parallel fiedernervigen Blätter, welche etwa 10
                              									bis 20cm lang und 3 bis 8cm breit sind.
                           Die Samen kommen nicht im frischen Zustande in den Handel, sondern im gerotteten. Das
                              									Rotten soll dadurch geschehen, daſs die Eingeborenen die abgefallenen Früchte nur
                              									etwa alle 3 Jahre sammeln, nämlich dann, wenn die sumpfigen Gegenden, in welchen der
                              									mächtige die Früchte liefernde Baum wächst, einigermaſsen trocken sind. Thatsächlich
                              									sind die Samenlappen etwas schmutzig, was vielleicht vom längeren Liegen am Boden
                              									herrühren kann. Die Handelswaare ist bräunlich bis fast schwarz, meist
                              									chokoladebraun. Frische Querbruchflächen der Samenlappen sind drappfarben. Es hat
                              									den Anschein, als wenn diese Färbung von einer schwachen Röstung herrührte. Es ist
                              									in der That bekannt,
                              									daſs die Eingeborenen die Samen vor dem Fettauskochen etwas rösten und dann mahlen.
                              									Da aber die in den Lappen enthaltene Stärke unverändert ist, so erscheint eine
                              									Röstung ausgeschlossen und dürfte die Färbung von dem natürlichen Rottprozesse
                              									herrühren. Bekanntlich rührt die braune Farbe der Cacaobohnen auch von der Rottung
                              									derselben her.
                           Der Geschmack der Bohnen ist etwas aromatisch und hierauf kräftig bitter und schwach
                              									zusammenziehend. Der Geruch frischer Schnittflächen ist sehr schwach angenehm
                              									aromatisch.
                           Auch mikroskopisch untersucht, zeigen sich charakteristische Eigenthümlichkeiten. Die
                              									Samenlappen sind der Hauptsache nach aus dünnwandigen, isodiametrischen
                              									Parenchymzellen zusammengesetzt, in denen ohne weiteres drei Inhaltsbestandtheile
                              									auffallen: 1) Citronengelb gefärbte, hyaline oder feinkörnige Massen von in
                              									kochendem Alkohol unlöslichen Eiweiſskörpern (Protoplasma), welche keine merklichen
                              									Mengen von Fett eingelagert enthalten; sie finden sich in der Nähe der Oberhaut in
                              									gröſserer Menge, im Inneren spärlich. Wo sie in gröſserer Menge vorkommen, füllen
                              									sie einzelne, ziemlich regelmäſsig vertheilte Zellen etwa zur Hälfte aus, während
                              									das Protoplasma sonst nur als sehr dünne Schicht der Zellwand, die in Folge dessen
                              									gelb gefärbt erscheint, angelagert ist. Die durch ihren goldgelben Inhalt
                              									auffallenden zerstreuten Zellen sind Sekret-Schläuchen sehr ähnlich. – 2) Die
                              									Fettkörper, welche farblos, hyalin, hier und da etwas krystallinisch sind; sie
                              									bilden Klumpen, welche von dem in Folge der Rottung der Samen gelben Eiweiſs scharf geschieden sind. Während in der
                              									Regel, und zwar z.B. bei allen europäischen Oelpflanzen, Fett und Protoplasma
                              									(Eiweiſs) innig gemengt vorkommen, zeigt sich in den Keimlappen von Vateria indica der feste Fettkörper vollständig scharf
                              									vom Protoplasmakörper geschieden, welcher ihn in der Regel in Form einer dünnen
                              									Schicht umkleidet. Es scheint dies bei den festen Fetten der Tropen häufig
                              									vorzukommen. Der Fettkörper ist in kochendem Alkohol leicht löslich und es treten
                              									dann: 3) die zahlreichen Stärkekörner sehr hervor; dieselben treten an Zahl und
                              									Gröſse gegen den Rand der Samenlappen sehr zurück und finden sich auffallender Weise
                              									in einer Menge von wenigstens 15 bis 20 Proc. Bekanntlich sind an Fett reiche Samen
                              									in der Regel Stärke frei oder arm. Eine Ausnahme bilden z.B. die Arachis-Samen. Die
                              									Vateria-Keime enthalten aber entschieden mehr davon als die Erdnüsse. Die
                              									Vateria-Stärkekörner sind 0,005 bis 0,020, meist 0,010 bis 0mm,015 groſs, meist einfach, rundlich, mit
                              									ziemlich groſser Kernhöhle, häufig fein radial gestreift, hier und da
                              									zusammengesetzte (Zwillings- oder Drillings-) Körner. Die Schichtung fehlt meist,
                              									ist manchmal jedoch sehr deutlich. Der Kern ist sehr auffallend und groſs, centrisch
                              									oder wenig excentrisch und ist dadurch besonders charakteristisch, daſs er scheinbar
                              									in einer kleinen rundlichen oder bis spaltenförmigen Höhle eingebettet ist.
                           
                           Diese mikroskopischen Kennzeichen genügen, um Vateria-Oelkuchen mit voller Sicherheit
                              									zu erkennen. Im Uebrigen sind diese steinhart und ockergelb gefärbt; an Bruchflächen
                              									sehen sie fast wie Eisenocker aus. An Schnittflächen fallen die stengelartigen
                              									Bruchstücke der Würzelchen charakteristisch auf. Da die Samen in Indien genossen
                              									werden, so dürfte der Oelkuchen, obwohl er sehr bitter schmeckt, als Futtermittel verwendbar sein. Sein Stärkegehalt muſs
                              									mindestens 30 bis 35 Proc. betragen.
                           Die Samen der Vateria indica enthalten in lufttrockenem
                              									Zustande 49,21 Procent eines grünlichgelben, im Lichte sich rasch bleichenden,
                              									festen Fettes, welches sich durch einen eigentümlichen, angenehmen, schwach
                              									balsamischen Geruch auszeichnet. Ueber dieses Fett, welches die Bezeichnungen Pineytalg, Pflanzentalg, Vateriafett und Malabartalg führt, finden wir in der einschlägigen
                              									Literatur nur sehr mangelhafte und oberflächliche Mittheilungen. Auf das Fett der
                              									Vateria scheint zuerst BabingtonQuarterley Journal of Science, Bd. 19 S.
                                    											177. aufmerksam gemacht zu haben und rühren spätere
                              									Beschreibungen von Vierthaler und BotturaTrattato di merciologia tecnica, Bd. 2 S. 33. sowie von Dal SieBolletino delle science naturali, Jahrgang 3 Nr.
                                    											2. her. In Härte und Zähigkeit steht es dem Schaftalge nahe,
                              									zeigt bei 15° die Dichte 0,915 und schmilzt bei 42°.
                           Die Angabe, welche Dal Sie über die Zusammensetzung
                              									dieses Pflanzenfettes macht, daſs dasselbe ein bloſses Gemenge von Palmitinsäure und
                              									Oelsäure sei und keine Glyceride enthalte, fanden sich durch die Ergebnisse der
                              									Untersuchungen nicht bestätigt. Es erwies sich vielmehr das Vateriafett aus 81 Proc.
                              									neutralen Fettsäure-Glyceriden und Trioleïn und 19 Proc. freien Fettsäuren
                              									bestehend. Die Neutralfette bilden also den weitaus vorwiegenden Theil des
                              									Pineytalges. Das Fett ist sehr leicht verseif bar, was wohl auf den Umstand, daſs
                              									ein beträchtlicher Theil der constituirenden Fettsäuren in freiem Zustande
                              									vorhanden, zurückzuführen ist. Zur Neutralisation dieser freien Säuren beansprucht
                              									der Talg 3,7 Proc. Aetzkali, während andererseits zur vollständigen Verseifung des
                              									Fettes 19,19 Proc. Kaliumhydrat benöthigt werden. Die gesammte Saponification ist
                              									mit einer Abspaltung von 8,4 Proc. Glycerin verknüpft. Die Fettsäure, welche sich
                              									aus den Verseifungsproducten abscheiden läſst, schmilzt bei 56,6° und erstarrt bei
                              									54,8°, zeigt also einen hohen Schmelzpunkt und ist ein Gemenge von Oelsäure mit
                              									starren festen Fettsäuren; letztere schmelzen bei 63,8° und betragen 60 Proc. vom
                              									Gewichte des Pflanzentalges. Mit diesem hohen Schmelzpunkte ist jedoch keinesfalls
                              									ein hoher Härtegrad verknüpft; das hervorragend krystallinische Product ist vielmehr
                              									weich und leicht zerreiblich.
                           Gelegentlich des Studiums der in Rede stehenden Fettsamen haben wir uns davon
                              									überzeugt, daſs eine genügende Beschreibung der Mafurra-Samen nicht vorhanden ist, weshalb das neue
                              									Rohproduct allgemein für Mafurra erklärt wurde. Da uns letztere als „Oelsamen der Bari-Neger am weiſsen
                                 										Nil“ zukamen, so sind wir in der Lage, eine charakteristische Beschreibung
                              									derselben zu geben.
                           Die Samen, welche meist zu drei in den rundlichen, etwa
                              										2cm dicken, 3klappig aufspringenden Früchten
                              									stehen, sind in Farbe und Gestalt den mit den Schalen versehenen Cacaobohnen
                              									ähnlich. Sie sind etwa 0,6 bis 08,8 schwer, 14 bis 21mm lang und 7 bis 12mm breit. Sie sind
                              									endospermlos, haben eine den Keim nur locker umkleidende, brüchige, dünne
                              									Samenschale, welche auſsen scharlachroth bis rothbraun gefärbt ist und an der
                              									gewölbten Rückenseite einen etwa 5 bis 8mm
                              									breiten., etwas eingesenkten, glatten, dunkelbraunen Fleck besitzt. Der Same hat
                              									meist eine oder zwei ebene glattere Seiten, welche auch heller sind, und einen mehr
                              									runzeligen Rücken. Der 12 bis 20mm lange Keim ist
                              									weiſs bis hellgelbbraun und besteht aus zwei dicken, fleischigen, halb-stielrunden,
                              									auſsen (von den Drüsen) feinkörnig rauhen Keimlappen, die meist etwas ungleich und
                              									unregelmäſsig oder verbogen sind. Nahe dem schmäleren Ende findet sich an der
                              									flachen und glatten Innenseite der Keimlappen ein fast 3mm langer tiefer Eindruck für das Würzelchen. Von den mikroskopischen
                              									Eigenthümlichkeiten sei hervorgehoben, daſs das Parenchym der Keimlappen hier und da
                              									groſse, mit einer halbflüssigen homogenen oder blasigen Balsammasse erfüllte Drüsen
                              									umschlieſst, welche besonders unmittelbar unter der Oberhaut häufig sind und mit der
                              									Lupe als gelbe Harzpünktchen auffallen. Auſserdem sind häufig sehr groſse Drusen von
                              									oxalsaurem Kalk zu sehen. Pas Fett bildet in jeder Zelle einen etwa ¾ des Lumens
                              									ausfüllenden, aus Krystallnadeln bestehenden Klumpen, der farblos ist und von einer
                              									Protoplasmamasse, welche ein groſses und viele kleine Proteinkörner einschlieſst,
                              									umhüllt ist. Diese Merkmale genügen, um selbst aus enthülsten Mafurra-Samen
                              									erhaltene Oelkuchen mit Sicherheit zu erkennen.