| Titel: | Ueber den Salpeterverlust in der Schwefelsäurefabrikation. | 
| Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 431 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber den Salpeterverlust in der
                           								Schwefelsäurefabrikation.
                        Eschellmann, über Salpeterverlust in der
                           								Schwefelsäurefabrikation.
                        
                     
                        
                           Nach G. Eschellmann setzt sich der Salpeterverbrauch in
                              									der Schwefelsäurefabrikation aus mechanischen und chemischen Verlusten zusammen. Die mechanischen
                              									Verluste werden besonders verursacht durch Auflösung von Salpetrigsäure in
                              									Schwefelsäure, durch Undichtheiten in der Kammer und durch unvollständige Absorption
                              									im Gay-Lussac-Thurme. Der chemische Verlust entsteht durch Reduction der höheren
                              									Oxydationsstufen des Stickstoffes zu Stickoxydul oder Stickstoff. Um diese Verluste
                              									zu studiren, hat der Verfasser in der Muspratt'schen
                              									Fabrik zu Widnes Versuche angestellt und über deren Ergebnisse im Journal of the Society of Chemical lndustry, 1884 Bd.
                                 									3.8. 134 berichtet.
                           Der mechanische Verlust durch die vom Gloverthurme zur Sulfatfabrikation gehende
                              									Säure, sowie der durch Undichtheiten bedingte Verlust ist sehr gering. Die Gloversäure
                              									zeigte bei der Analyse nur geringe Spuren von Salpetrigsäure.
                           Um den mechanischen Verlust, welcher durch
                              									unvollständige Absorption im Gay-Lussac-Thurme entsteht, zu bestimmen, wurden mit
                              										Bunsen'schen Pumpen ununterbrochen Gasproben
                              									abgesaugt. Dieselben wurden zuerst durch concentrirte Schwefelsäure, dann durch
                              									Natron und zuletzt, um Stickoxyd zu absorbiren, durch Permanganat geleitet. Die
                              									Schwefelsäure wurde im Nitrometer analysirt, das Permanganat bis zur Entfärbung mit
                              									Eisenoxydulsalz behandelt, dann mit einer bestimmten Menge Eisenlösung gekocht und
                              									mit Chamäleon zurücktitrirt. Zu gleicher Zeit wurde eine zweite Gasprobe mit einem
                              									Aspirator durch Natronlauge gesaugt und im unabsorbirten Gase der Sauerstoff bestimmt. Die Analysen wurden täglich
                              									ausgeführt; in folgender Tabelle sind die Vierteljahrsdurchschnitte mitgetheilt:
                           
                              
                                 
                                 
                                 cbm Kammer-raum auf 1kSchwefel
                                 Salpeter-verbrauchProc. auf S.
                                 SauerstoffAusgangProcent
                                 Unabsorbirte, in H2SO4lösliche
                                    											Stickstoffoxyde.Procent des gesammtenNaNO3-Verlustes
                                 
                              
                                 Erstes
                                       												System.Die zwei zu diesen Systemen gehörenden Gay-Lussac-Thürme haben einen
                                          													Inhalt von 1,6 Procent des Kammerraumes. Die Stärke der Nitrose war
                                          													1 Proc. N2O5.
                                 
                              
                                 1.
                                 Quartal
                                 1,34
                                 3,24
                                 6
                                 10,7
                                 
                              
                                 2.
                                 „
                                 1,47
                                 2,75
                                 7
                                 11,5
                                 
                              
                                 Zweites
                                       												System.
                                 
                              
                                 1.
                                 Quartal
                                 1,34
                                 3,24
                                    6,1
                                   12,02
                                 
                              
                                 2.
                                 „
                                 1,47
                                 2,75
                                 7
                                 12,5
                                 
                              
                           Der Verlust ah Stickoxyd in den aus dem
                              									Gay-Lussac-Thurme austretenden Gasen betrug gewöhnlich 7 Procent des
                              									Gesammtverlustes (2,7 Procent).
                           Die mechanischen Verluste vertheilen sich daher folgendermaſsen:
                           
                              
                                 1)
                                 Gloversäure
                                 
                                 Spur
                                 (unter 1 Proc.)
                                 
                              
                                 2)
                                 Gay-Lussac-Thurm19 Proc.
                                 als N2O3als NO
                                 12 Proc.7 Proc.
                                 des„
                                 Ges.-Verl.„
                                 
                              
                                 3)
                                 Undichtheiten u. dgl.
                                 
                                 2 Proc.
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           Aus den von G. Lunge und P.
                                 										Naef S. 169 d. Bd. veröffentlichten Resultaten zieht der Verfasser den
                              									Schluſs, daſs es am besten ist, wenn das aus dem Systeme austretende Gas nur
                              									Salpetrigsäure, dagegen keine Untersalpetersäure oder Stickoxyd enthalte.
                           Um zu beweisen, daſs der eingeführte Wasserdampf für die
                              									Kammertemperatur unwesentlich ist, führt der Verfasser folgende Rechnung aus:
                           Nach Thomsen (in seinem Werke: Thermochemical Investigations) ist die Wärme, welche
                              									durch Verbindung von Schwefligsäure, Sauerstoff und Wasser entsteht, gleich 53480c. In der ersten Kammer ist die Schwefelsäure
                              									gewöhnlich 130° Tw., also H2SO4 + 2H2O = 9418c. Die Gesammtwärme ist daher 62898c. Für je 134g
                              										H2SO4 + 2H2O müssen 54g
                              									Wasser oder Dampf (gewöhnlich von 125° = 34809c)
                              									in die Kammer eingeführt werden (1g Dampf von 125°
                              									= 644c,62). Wenn statt H2SO4 + 2H2O solche mit 3H2O erzeugt wird, so muſs ⅓ des
                              									Dampfes, d. s. 18g oder 11603c mehr eingeführt werden. H2SO4 + 2H2O gibt bei Verdünnung mit 1H2O 1729c. Da die
                              									Temperatur der ersten Kammer gewöhnlich 50° beträgt, so wird auch der Dampf auf
                              									diese Temperatur abgekühlt (1g Wasser von 50° entspricht 50c,087). 54g
                              									Wasser von 50° entsprechen daher 2704c und 18g Wasser 901c.
                              									Die vom Dampfe abgegebene Wärme ist daher:
                           
                              
                                 für 54g = (34809 – 2704) =
                                 32105c,
                                 
                              
                                 für 18g = (11603  –  901) =
                                 10702c
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 Für H2SO4 + 2H2O hat man daher: durch Reaction
                                 62898c
                                 
                              
                                 durch Dampf
                                 32105c
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 95003c
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 Für H2SO4 + 3H2O = 95003 + 10702 + 1729 =
                                 107434c.
                                 
                              
                           Wenn das in die Kammer eintretende Gas 6 Raumtheile Schwefligsäure
                              									und 94 Procent andere Gase enthält, so muſs eingeführt werden:
                           
                              
                                 im ersten Falle
                                 3 × 6 = 18
                                 Vol.-Proc.
                                 Wasser
                                 
                              
                                 im zweiten Falle
                                 4 × 6 = 24
                                 „      „
                                 „
                                 
                              
                           
                           Daher werden frei für:
                           
                              
                                 118 Vol. =
                                   95003c
                                 oder
                                 für
                                 gleiche
                                 Volumen
                                 = 805c
                                 
                              
                                 124 Vol. =
                                 107434
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 = 867c.
                                 
                              
                           Die Temperaturdifferenz zwischen Luft- und
                              									Kammertemperatur ist proportional der frei werdenden Wärme. Bei Darstellung von H2SO4 + 2H2O, wo also 805c
                              									für die Volumeneinheit frei werden, ist dieselbe: 50 – 15 (Lufttemperatur) = 35°.
                              									Wird aber statt solcher Säure H2SO4 + 3H2O, wo 867c für die Volumeneinheit frei werden, dargestellt,
                              									so wird die Temperatur 37,60 (805 : 867=35 : x).
                           Die Temperaturerhöhung durch Vergröſserung der Dampfmenge um ⅓ ist also nur 2,6°: Es übt daher der Wasserdampf sehr wenig Einfluſs auf die
                                 										Temperatur der Kammer aus. Dieselbe ist nur abhängig von der Stärke der
                                 										chemischen Reaction und daher von der Menge der gebildeten
                                 									Schwefelsäure.
                           Eschellmann hat seine Versuche an zwei Kammersystemen
                              									ausgeführt. Bei dem ersten wurde fast aller Salpeter ununterbrochen durch Nitrose
                              									eingeführt und die Temperatur zeigte sich in Folge dessen sehr beständig. Im zweiten
                              									Systeme wurde zeitweilig, alle 2 Stunden, Salpeter mit Schwefelsäure zersetzt und
                              									die Temperatur schwankte daher regelmäſsig von 68 bis 48°. Verfasser hält daher eine
                              										stetige Speisung für viel besser als die abgesetzte
                              									mit Salpeter.
                           G. Lunge (1882 243 56) hat
                              									gezeigt, daſs beim Mischen von Schwefligsäure, Luft, Stickoxyd und Wasser
                              									beträchtliche Mengen Stickoxydul entstehen. Diese Bedingungen sind in den Kammern am
                              										Einlasse des Dampfes vorhanden. Da eine analytische
                              									Bestimmung von Stickoxydul bis jetzt unmöglich ist, untersuchte Eschellmann, ob bei Darstellung von sehr verdünnter Säure (114° Tw. = SO3 + 4H2O statt mit
                              										3H2O) in der ersten Kammer eine Steigerung des Salpeter Verlustes durch gröſsere
                              									Reduction eintrete. Die sonst sehr regelmäſsige
                              									Temperatur der Kammer stieg beim Beginne des Versuches um 3° (nach obiger Berechnung
                              									um 2,6°); dann aber sank sie während 48 Stunden auf 46° und machte die Einführung
                              									von mehr Salpeter nothwendig. Nachher wiederholte sich
                              									das gleiche Sinken der Temperatur. Während des 96 Stunden dauernden Versuches wurden
                              										30k NaNO3 oder
                              									10,5 Procent des Gesammtverlustes (2,76 Proc.) mehr gebraucht als bei gewöhnlichem
                              									Gange. Dies ist der Verlust durch Reduction bei
                              									Darstellung von SO3 + 4H2O statt SO3 + 3H2O. Angenommen, die Reduction sei für die anderen
                              										3H2O dieselbe, so hat man 31,5 Procent des
                              									Gesammtverlustes durch Reduction zu erklären.Wie F. Hurter in der Besprechung der Eschellmann'schen Arbeit hervorhebt, ist dieser
                                    											Versuch schon wegen seiner kurzen Dauer wohl kaum genügend, die Reduction der höheren Stickstoffoxyde zu
                                    											Stickoxydul oder Stickstoff beim Bleikammerprozesse endgültig zu
                                    											beweisen.Ref.
                           Die Meinungen der Chemiker betreffend des Sauerstoffgehaltes der Kammeraustrittsgase
                              									sind sehr verschieden. Eschellmann hält es fürs Beste,
                              									denselben nach dem Kammerraume zu reguliren und gibt
                              									folgende Tabelle, welche immer mit seinen Erfahrungen übereingestimmt hat:
                           
                           
                              
                                 cbm Kammerraumfür 1k verbrannten Schwefel
                                 SauerstoffVol.-Proc.
                                 SalpeterverlustProc. verbr. Schwefels
                                 
                              
                                 1,0
                                 4,5
                                 bis
                                 5,0
                                 4
                                 
                              
                                 1,1
                                 5,0
                                 „
                                 5,5
                                    3,7
                                 
                              
                                 1,2
                                 5,5
                                 „
                                 6,0
                                    3,5
                                 
                              
                                 1,3
                                 6,0
                                 „
                                 6,5
                                    3,1
                                 
                              
                                 1,4
                                 6,5
                                 „
                                 7,0
                                    2,8
                                 
                              
                           Wenn Verfasser mit höherem Sauerstoffgehalte arbeitete, stieg der Verlust an
                              									Schwefligsäure bedeutend. Bei weniger Sauerstoff nahm der Verbrauch an Salpeter
                              									bedeutend zu;
                           Der Gesammtverlust (2,75 Proc.) vertheilt sich nun
                              									folgendermaſsen:
                           
                              
                                 
                                 Procent aufden Schwefel
                                 Procent desGesammtverlustes
                                 
                              
                                 Gay-Lussac-Thurm
                                 0,330
                                 Proc.
                                 = 12% als in Schwefelsäure lösliche            
                                    											Salpetergase.
                                 
                              
                                    „        „          „
                                 0,192
                                 
                                 =   7,0 als NO.
                                 
                              
                                 Glover, Undicht-    heiten u.
                                    											dgl.
                                 0,082
                                 
                                 =   3,0
                                 
                              
                                 
                                 0,866
                                 
                                 = 31,5 durch den Dampf reducirt.
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 1,470
                                 Proc.
                                 = 53,5% durch bekannte Ursachen.
                                 
                              
                                 
                                 1,280
                                 „
                                 = 46,5% unerklärt.