| Titel: | Ueber die Abmessungen der Leitungen für elektrische Beleuchtung; von G. Forbes. | 
| Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, S. 511 | 
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                        Ueber die Abmessungen der Leitungen für
                           								elektrische Beleuchtung; von G. Forbes.
                        G. Forbes, über Leitungen für elektrische Beleuchtung.
                        
                     
                        
                           Während Sir W. Thomson von einem allgemeinen
                              									Gesichtspunkte aus Regeln über die Abmessungen elektrischer Kabel unter
                              									gegenseitiger Abwägung der ersten Anlagekosten und des Energieverlustes durch zu
                              									groſse Erwärmung der Leiter gegeben hat, beschränkte Prof. G. Forbes, welcher kürzlich einen Vortrag über den Gegenstand in der Society of Telegraph Engineers and Electricians in
                                 									London gehalten hat, seine Untersuchungen auf die Wärmewirkungen des Stromes in dem
                              									Leiter und die daraus sich ergebenden Schlüsse auf die dem Leiter zu gebenden
                              									Abmessungen.
                           Irrig ist die bei Elektrikern so festsitzende und in England selbst von den
                              									Versicherungsgesellschaften befolgte Annahme, daſs die Proportionalität zwischen
                              									Stromstärke und Querschnitt aufrecht zu halten sei- nach derselben soll die
                              									Stromstärke 1,5 Ampère auf 1qmm (1000 Ampère auf
                              									den Quadratzoll engl.) nicht übersteigen.
                           Thomsons Regel, unter bestimmten Voraussetzungen
                              									aufgestellt, ist für kleine Anlagen richtig, für Leiter von groſsem Querschnitte
                              									aber nicht anwendbar. Die Versuche von Forbes u.a. an
                              									dünnen Drähten haben gezeigt, daſs bei cylindrischen Leitern das Quadrat der
                              									Stromstärke der dritten Potenz des Durchmessers proportional sein muſs. Nach seinen
                              									neuesten, ebenfalls an feinen Drähten angestellten Versuchen nähert sich das
                              									Verhältniſs einfach dem der Stromstärke zum Durchmesser.
                           Clark und Forde geben
                              									folgende Regel: Auf die Stromstärke von 1 Ampère sollen 3k,1 Kupfer auf einer Länge von 1km (bezieh. 5k
                              									auf 1 englische Meile) kommen. Andr. Jamieson wendet
                              									für Anlagen am Bord groſser Dampfer eine Stromstärke von 1,5 Ampère auf 1qmm Querschnitt und einen Isolationswiderstand des
                              									Isolirmittels von 621 Ohm auf 1km (bezieh. 1000
                              									Ohm auf 1 englische Meile) für jedes Volt der elektromotorischen Kraft an.
                           Forbes gibt für oberirdische, nicht isolirte Leitungen
                              									die Formel: J^2=\frac{\pi^2\,H}{4\,R\,\times\,0,24}\,t\,d^3,
                              									worin J die Stromstärke in Ampère, d den Drahtdurchmesser in Centimeter, R den specifischen Widerstand des Leiters, t den Unterschied der Temperatur zwischen dem Drahte
                              									und der ihn umgebenden Luft und H = 0,003 den
                              									Coefficienten der Ausstrahlung und Leitung bedeutet. Der Werth von H ist den Versuchen von D.
                                 										Macfarlane
                              									 im J. 1869 entnommen.
                              									Die Constante 0,24 drückt die Anzahl der Wärmeeinheiten (Centimeter-Gramm) auf 1
                              									Volt (Ampère-Volt) aus.
                           Für Sicherheitsdrähte aus Blei haben zahlreiche Versuche gezeigt, daſs ein kurzer
                              									Draht einen weit stärkeren Strom zum Schmelzen verlangt, als ein langer.
                           Für mit Guttapercha isolirte oberirdische Drähte lautet die Formel:
                              										J=\frac{3\,d_2\,A}{10+3\,d_2\,A}\,t\,\sqrt{\frac{\pi^2\,k\,{d_1}^2}{0,48\,R}},
                              									worin d1 und d2 der Durchmesser des
                              									Leiters bezieh. des isolirten Drahtes, A = log(d2 : d1), t der Unterschied zwischen den Temperaturen des Leiters
                              									und der umgebenden Luft und k (0,00048 für Guttapercha
                              									bezieh. 0,00041 für Kautschuk) der Leitungscoefficient des Isolirmittels ist.
                           Die Wärme wird leichter durch überzogene Drähte als durch nackte Drähte gestrahlt,
                              									obgleich die Guttapercha ein schlechter Wärmeleiter ist. Dieser theoretische Schluſs
                              									wird auch durch die Praxis bestätigt und man kann annehmen, daſs für überzogene
                              									Kabel der Maximalstrom nicht geringer ist als derjenige, welchen man mit voller
                              									Sicherheit durch einen nackten Draht von demselben Durchmesser gehen lassen kann.
                              									Bei dem überzogenen Drahte ist ja die Ausstrahlungsfläche gröſser als bei einem
                              									nackten von gleichem Durchmesser. Fourier hat
                              									nachgewiesen, daſs nach Verlauf einer gewissen Zeit ein Gleichgewichtszustand
                              									eintritt und die Menge der durch das Isolirmittel ausgestrahlten Wärme genau der ihm
                              									vom Leiter zugeführten Wärmemenge gleicht. Bis aber diese Grenze erreicht ist, wird
                              									die erzeugte Wärme zum Theile vom Isolirmittel verschluckt und dessen Temperatur zum
                              									Maximum gesteigert; während dieser Zeit vermag der Leiter einen weit stärkeren Strom
                              									durchzulassen als nach Eintritt des Gleichgewichtszustandes. Man hat deshalb die
                              									Ueberziehung eines Drahtes oder dünnen Bandes aus Kupfer mit Gyps patentirt, behufs
                              									Erhöhung der Ausstrahlung; leider erlangt aber der Gyps mit steigender Temperatur
                              									ein gewisses Leitungsvermögen und dadurch kann der so zu erreichende Vortheil sehr
                              									trügerisch werden.
                           In 60cm Tiefe unter der Erdoberfläche machen sich
                              									die täglichen Temperaturschwankungen kaum fühlbar. Ein in diese Tiefe gelegter
                              									Leiter wird daher Temperaturwechseln in seiner Umgebung nicht ausgesetzt sein und
                              									seine ganze Wärme wird sich regelmäſsig zerstreuen können. Nimmt man für den Leiter
                              									eine Temperaturzunahme von 10° an, so kann ein flacher Kupferstreifen von 1cm Dicke und 28cm Breite einen Strom von 70000 Ampère vertragen, welche Stromstärke für
                              									wichtige Anlagen mehr als hinreichend ist.
                           Eine so groſse Kupfermasse würde sehr kostspielig sein und, obgleich die flache
                              									Gestalt der Leiter bezüglich der Abkühlung vortheilhafter ist, meint Forbes doch, daſs solche Leiter von Eisen und nicht von
                              									Kupfer sein sollten.
                           In den Rollen der Bewickelung, z.B. in den Rollen einer Dynamomaschine, berechnet G. Forbes den Maximalstrom, welchen sie vertragen
                              									können, bei einer Temperaturerhöhung von 50° nach der Formel:
                              										J=0,25\,\sqrt{S\,:\,p}, worin J
                              									den Strom in Ampère, S die strahlende Oberfläche, p den Widerstand der Rollen bedeutet. Diese Formel
                              									bezieht sich jedoch nicht auf die Rollen eines Ankers, dessen rasche Umdrehung
                              									Luftströmungen erzeugt, welche die Rollen beträchtlich abkühlen.
                           G. Forbes hat die Herausgabe von nach seinen Formeln
                              									berechneten Tabellen in Aussicht gestellt. (Nach den Annales
                                       										industrielles, 1884 Bd. 1 S. 528.)