| Titel: | Anwendung der Elektrolyse zur Darstellung der Indigoküpe; von Prof. Friedrich Goppelsroeder. | 
| Autor: | Friedrich Goppelsroeder [GND] | 
| Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 245 | 
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                        Anwendung der Elektrolyse zur Darstellung der
                           								Indigoküpe; von Prof. Friedrich Goppelsroeder.
                        Mit Abbildungen.
                        Goppelsroeder, Elektrolyse zur Darstellung der
                           								Indigoküpe.
                        
                     
                        
                           Seit meinen in Bd. 251 S. 465 dieses Journals über obigen Gegenstand gemachten
                              									Mittheilungen und seit der von Prof. Dr. V. Wartha
                              									darüber in der Chemiker-Zeitung, 1884 Nr. 25, sowie in
                              									dem Centralblatt für Textilindustrie, 1884 S. 521
                              									veröffentlichten vorläufigen Notiz habe ich mit Hilfe der mir aus verschiedenen
                              									Fabriken von Mülhausen gütigst zur Verfügung gestellten Materialien, Indigbrei und
                              									Indigküpen von verschiedener Concentration, so wie sie in den Fabriken selbst
                              									angewendet werden, eine längere Reihe von Versuchen angestellt, um die Nebenpunkte
                              									zu prüfen, in welchen Prof. Wartha nicht mit mir
                              									einverstanden war.
                           Indem ich zuerst über die von mir gewonnenen Resultate in möglichster Kürze berichte,
                              									lasse ich hernach eine ebenfalls so kurz wie möglich gehaltene Beschreibung aller
                              									der von mir angestellten Versuche folgen.
                           Obgleich Prof. Wartha mein Hauptresultat der Bildung der
                              									Indigoküpe auf elektrochemischem Wege bestätigt hat, so habe ich trotzdem eine neue
                              									Reihe von Versuchen angestellt und zwar mit Indigbrei von verschiedener Herkunft, im
                              									Gemische mit Aetzalkalien oder mit Aetzkalk, unter Anwendung verschiedener Apparate,
                              									in der Kälte und in der Wärme, sowie bei kürzerer oder längerer Einwirkung des
                              									galvanischen Stromes. Die einzelnen Versuche finden sich am Schlüsse dieser
                              									Mittheilung unter Nr. 1 bis 10 beschrieben. Nr. 11 bis 21 betreffen die Versuche
                              									über die weitere Wirkung des galvanischen Stromes auf verschiedenartige, sei es nach
                              									den längst bekannten Methoden, sei es mit Hilfe des galvanischen Stromes
                              									dargestellte Indigküpen.
                           Wie ich in meiner früheren Mittheilung aus einander gesetzt hatte, erwärme ich, um
                              									die Küpe zu erhalten, unter fortwährendem Umrühren ein Gemisch von Indigbrei mit
                              									einer Lösung von Aetzalkalien oder Aetzkalk, indem ich gleichzeitig den galvanischen
                              									Strom einwirken lasse. Ich hatte erwähnt, daſs die Hydrogenation des Indigoblau zu
                              									Indigweiſs auch schon in der Kälte geschehen könne. Freilich hatte ich die Menge des
                              									auf solche Weise gebildeten Indigweiſs nicht bestimmt. In Folge meiner neuen
                              									Resultate kann ich nun bestätigen, was Wartha
                              									hervorgehoben hat, daſs nämlich bei gewöhnlicher Temperatur die Elektrolyse, d.h.
                              									die Hydrogenation des Indigblau zu Indigweiſs auf elektrochemischem Wege, nur sehr
                              									unvollkommen ist. Man kann, wie ich dies schon bei meinen früheren Versuchen
                              									gefunden hatte und wie es durch meine neueren Proben bestätigt wurde, schon in der
                              									Kälte eine Küpe erhalten; doch ist sie viel schwächer als diejenige, zu welcher man,
                              									auch durch Elektrolyse, bei höheren Temperaturen gelangt. Deshalb muſs man, wie ich
                              									es übrigens auch gethan hatte, bei erhöhter Temperatur arbeiten, selbst in der Siedetemperatur, wo,
                              									wie auch Wartha gefunden hat, die Hydrogenation des
                              									Indigotins schnell von statten geht. Indessen muſs ich, wie aus folgenden Versuchen
                              									zu ersehen ist, die Behauptung Wartha's, daſs bei den
                              									warmen Küpen zu befürchten sei, die Hydrogenation des Indigotins überschreite den
                              									Punkt, wo das Indigweiſs sich gebildet hat, bestätigen. Meine Versuche beweisen,
                              									daſs durch eine verlängerte Einwirkung des galvanischen Stromes – sei es in der
                              									Kälte, sei es in der Wärme – auf die Indigküpen das Indigweiſs weitere Veränderungen
                              									erleidet und daſs die Indigküpe am Ende einer kürzer oder länger dauernden
                              									Einwirkung des elektrolytischen Wasserstoffes sogar zerstört wird.
                           Wartha hat die Mittheilung der Ergebnisse seiner
                              									quantitativen Versuche in Aussicht gestellt. Ich habe mich der Wage auch bedient, um
                              									die Mengen des Indigbreies (von bestimmtem Gehalte) und der kaustischen Alkalien
                              									oder des Aetzkalkes abzuwägen, die ich mit einer abgemessenen Menge destillirten
                              									Wassers in den Verhältnissen mischte, welche in den Fabriken gebräuchlich sind; was
                              									jedoch eine quantitative Bestimmung des gebildeten Indigweiſs u.s.w. betrifft, so
                              									muſste ich dies aus Mangel an Zeit bis dahin unterlassen und mich mit vergleichenden
                              									Färbeversuchen, welche jedoch für die Praxis noch maſsgebender sind, begnügen.
                           Da nun eine zu sehr verlängerte Einwirkung des Stromes die Kraft der Küpe immer mehr
                              									vermindert, bis dieselbe endlich auf Null angelangt ist, so kann ich die seiner Zeit
                              									aufgestellte Meinung, daſs die Küpen mittels schwacher Ströme, d.h. mit Hilfe des am
                              									negativen Pole entwickelten Wasserstoffes, vor Oxydation geschützt und frisch
                              									erhalten werden können, so lange nicht mehr aufrecht erhalten, bis es möglicherweise
                              									gelungen sein wird, dem Indigweiſs einen Körper beizugesellen, welcher es vor einer
                              									weiter gehenden Hydrogenation schützt.
                           Indem ich zeigte, daſs man zu der Indigküpe auch mittels des galvanischen Stromes,
                              									d.h. mit Hilfe des Wasserstoffes, welcher sich an der negativen Elektrode
                              									entwickelt, gelangen kann, habe ich damit durchaus nicht behaupten wollen, daſs
                              									diese Bereitungsweise praktisch sei. Ich habe die Thatsachen so gegeben, wie sie
                              									sind. Meine Arbeit sah ich dadurch belohnt, daſs sie bei meinen Collegen Interesse
                              									erweckt hat. Die Mittheilungen und die Bemerkungen Prof. Wartha's waren für mich eine neue Anregung zu nochmaliger Prüfung gewisser
                              									Punkte, in denen wir nun, so hoffe ich, einig sind.
                           Die Bereitung der Indigküpe auf elektrochemischem Wege ist noch weit von ihrem
                              									Eintritte in die Praxis entfernt. Das aber, was wir davon schon wissen, ist
                              									wenigstens eine Anzeige, daſs es sich der Mühe lohnt, die Forschungen fortzusetzen.
                              									Ich hoffe, daſs mich die bis jetzt gefundenen Resultate auf einen besseren Weg
                              									führen werden und daſs ich später solche Erfolge werde mittheilen können, welche der
                              									Aufmerksamkeit des Praktikers würdig sind.
                           
                           Ich glaube nicht falsch unterrichtet zu sein, wenn ich behaupte, daſs selbst die
                              									Indigküpen der Fabriken noch oftmals Schwierigkeiten verschiedener Art darbieten und
                              									daſs Fragen, welche in hohem Maſse die elektrolytische Küpe berühren, auch für die
                              									anderen schon lange in der Praxis eingeführten und vielfach studirten Küpen erhoben
                              									werden könnten. Auch bei diesen muſs man sehr Obacht geben, daſs der Punkt, wo das
                              									Indigweiſs gebildet ist, nicht überschritten werde, damit die Ausbeute sich so viel
                              									wie möglich derjenigen Menge von Indigweiſs nähere, welche der Menge des Indigblau
                              									entspricht, welches in dem zur Darstellung der Küpe angewendeten Indigo des Handels
                              									enthalten ist.
                           Trotz aller bereits gemachten vielfachen Beobachtungen wäre es doch nicht
                              									überflüssig, wenn nochmals neue und eingehende Studien über die verschiedenen Fragen
                              									gemacht würden, welche die Indigküpen berühren. Man hört von Seiten der Praktiker
                              									noch derart abweichende Ansichten über die verschiedenen Indigküpen, über den Vorzug
                              									der einen und der anderen Darstellungsmethode und über manche Punkte aussprechen,
                              									daſs mir diese Thatsache schon ein Beweis dafür ist, wie viele dunkle Punkte noch
                              									bestehen, welche einer Prüfung und Aufklärung harren. Ich schlieſse diese kurze
                              									Auseinandersetzung, indem ich nochmals daran erinnere, daſs ich entschlossen bin, so
                              									viel es mir meine Zeit erlaubt, die theoretischen Studien fortzusetzen, welche auf
                              									das Kapitel des Indigos Bezug haben. Ich zähle hierher namentlich auch eine
                              									einläſsliche Untersuchung der an beiden Elektroden stattfindenden Metamorphosen,
                              									nicht nur des Indigotins, sondern der ganzen Reihe von Körpern, welche mit demselben
                              									im Zusammenhange stehen. Vielleicht, daſs bei ihrer Darstellung hier und da die
                              									Elektrolyse angewendet und mit Hilfe derselben, sei es ohne, sei es bei Gegenwart
                              									anderer Substanzen, die Umwandlung der einen in die andere Verbindung bewerkstelligt
                              									werden kann. Versuche werden mich darüber belehren, ob die theoretischen Gedanken,
                              									welche ich mir darüber gemacht habe, ausführbar sind oder nicht.
                           Ich lasse nun die Beschreibung meiner Versuche und die Skizzen einer Reihe von
                              									möglichst einfachen elektrolytischen Apparaten folgen.
                           
                        
                           I) Versuche über die Bildung der
                                 										Indigoküpe auf elektrolytischem Wege.
                           1. Versuch. Durch eine Mischung von Indigbrei mit einer sehr concentrirten Lösung von
                              									Aetzkali wurde der Strom unter starkem Erwärmen während einer Stunde geleitet. Es
                              									trat sehr starker Schaum auf. Die als negativer Pol dienende Silberschale s (Fig. 1) lief sehr
                              									leise schwarz an, was auch an den Platinschalen zu beobachten war. Nach der
                              									Operation wurde gefärbt, wobei aber das Baumwollzeug keine Färbung annahm. Der
                              									Versuch wurde hierauf während zwei weiteren Stunden fortgesetzt, wobei, um die
                              									Entwickelung der Küpe zu studiren, nach einander 16 Baumwollmuster gefärbt wurden,
                              									welche sich mehr oder weniger stark und rein blau färbten. Doch war unstreitig die
                              									Küpe zu stark Aetzkali haltig. Auch die Vorrichtung des nur eben eintauchenden
                              									positiven Platinbleches p war nicht genügend.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 253, S. 247
                              
                           
                           2. Versuch. Ich vermischte 50g desselben
                              									Indigbreies wie beim ersten Versuche mit 66g,7 in
                              									destillirtem Wasser gelösten Aetzkalis und leitete den galvanischen Strom während
                              										5/4 Stunden
                              									unter starkem Erwärmen durch das in einem Kupfergefäſse k (Fig. 2) befindliche Gemisch. Dabei wurde
                              									das als Rührvorrichtung und zur Verstärkung der negativen Elektrode dienende
                              									Kupferblech e sehr oft um die Thonzelle t herumgedreht, sowie auf und ab bewegt. Die Küpe war
                              									nach 5/4 Stunden
                              									noch nicht ganz entwickelt, wenn sich schon an ihrer Oberfläche der Indigkupferglanz
                              									deutlich zeigte. Als aber der Strom nochmals unter Erwärmen während 5/4 Stunden
                              									durchgeleitet wurde, gelangte ich beim Färben zu einem ziemlich lebhaften, wenn auch
                              									immer noch hellen Blau. Der Farbton war freilich nicht ganz frei von einem
                              									graulichen Stiche, weil wohl ein Theil des Indigweiſs noch weiter hydrogenirt oder
                              									sonst verändert worden war.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 253, S. 248
                              
                           3. Versuch. Ich vermischte 5g desselben Indigbreies
                              									mit einer Lösung von 5g Aetznatron. Der Strom
                              									wurde unter Erwärmen eines Kieselguhrbades v (Fig. 3) durch das in einer als negativer Pol dienenden
                              									Platinschale s befindliche Gemisch während 2 Stunden
                              									durchgeleitet. Es bildete sich ein starker Schaum und ein irisirendes Häutchen an
                              									der Oberfläche des Gemisches; die gebildete Küpe sah grün aus. Während der Operation
                              									färbte ich 2mal, das erste Mal nach den ersten 1 ½, das zweite Mal nach 2 Stunden.
                              									Ich gelangte zu einer hellen blauen Färbung des Baumwollzeuges. Nach dem Färben sah
                              									die Küpe noch hellgrünlich aus.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 253, S. 248
                              
                           4. Versuch. Zu einer Reihe von Versuchen vermischte ich 750g Indigbrei mit einer Lösung von 750g Aetznatron in 2l Wasser. Durch einen Theil dieses Gemisches leitete ich den galvanischen
                              									Strom unter Erwärmen während 2 Stunden, unter Anwendung desselben Apparates wie beim
                              									dritten Versuche. Im Thoncylinder t (Fig. 3) befand sich bloſs Aetznatronlösung. Es zeigte
                              									sich starker Schaum und ein starkes Indigblauhäutchen. Die gebildete Küpe war
                              									grüngelb.
                           Nach den ersten 1 ½ Stunden wurde Baumwollzeug gefärbt, und zwar durch einmaliges
                              									Eintauchen während 5 Minuten, wobei die Baumwolle eine ziemlich lebhafte blaue
                              									Färbung annahm. Nach einer weiteren ½ Stunde wurde ein zweites Baumwollzeugmuster
                              									zweimal je 5 Minuten eingetaucht, wobei es sich zwar heller, aber immer noch lebhaft
                              									blau färbte. Trotz der beiden Färbeversuche war nachher die Küpe noch lebhaft grün
                              									und hatte noch mehrere Male dienen können.
                           5. Versuch. Es wurde wieder durch dasselbe Gemisch von Indigbrei und Aetznatronlösung
                              									der Strom während 1 ¾ Stunden in der Wärme geleitet. Der dabei angewendete Apparat
                              									war derselbe wie beim zweiten Versuche; statt der positiven Platinelektrode wurde
                              									jedoch ein cylinderförmiges Kohlenelement angewendet. Die Rührvorrichtung wurde sehr
                              									fleiſsig auf und ab sowie um den Thoncylinder herum bewegt.
                           Nach 40 Minuten wurde Baumwollzeug 2 Minuten lang eingetaucht; beim Herausziehen
                              									zeigte sich starker Indigglanz; an die Luft gehängt, wurde das Zeug stellenweise
                              									ziemlich lebhaft blau, stellenweise hellblau mit graulichem Stiche.
                           Nach 49 Minuten und 2 Minuten dauerndem Eintauchen zeigte sich noch stärkerer
                              									Indigglanz; das Zeug wurde ziemlich lebhaft und gleichförmiger blau.
                           Nach 59 Minuten: starker Indigglanz; nach Aussetzen an die Luft und gehörigem
                              									Waschen, wie immer, schön dunkelblau.
                           Beim Eintauchen eines Baumwollmusters während 5 Minuten nach 79 Minuten dauerndem
                              									Durchleiten des Stromes, Aussetzen an die Luft, Wiedereintauchen während 5 Minuten
                              									zeigte sich beim Herausnehmen starker Indigglanz. Nach Aussetzen an die Luft war das
                              									Zeug wohl dunkler, aber nicht so schön blau wie beim vorhergehenden Versuche.
                           
                           Nach 100 Minuten Dauer wurden zwei Baumwollmuster bei 10 Minuten langem Eintauchen,
                              									Aussetzen an die Luft und noch zweimaligem Wiederholen dieser Operationen dunkelblau
                              									gefärbt. Beim Herausnehmen aus der Küpe waren die beiden Zeugmuster stark
                              									indigglänzend.
                           Nach Beendigung der Elektrolyse wurden drei weitere Baumwollzeugmuster ½ Minute
                              									eingetaucht; an der Luft färbten sie sich nachher mittel- bis dunkelblau.
                           6. Versuch. Durch dieselbe Mischung von Indigbrei und Aetznatronlösung, welche sich
                              									in den als negativer Pol dienenden Platingefäſsen s und
                              										v (Fig. 4) befand,
                              									wurde der Strom in der Kälte während 2 Stunden durchgeleitet. Schon der entstehende
                              									sehr starke Schaum zeigte die Bildung der Küpe deutlich an. Nach 2stündiger
                              									Einwirkung des Stromes färbte sich Zeug nach einmaligem, 5 Minuten dauerndem
                              									Eintauchen und Aussetzen an die Luft ziemlich lebhaft blau, nach nochmaligem, ebenso
                              									lange dauerndem Eintauchen sehr lebhaft blau. Nach dem Färben wurde die Küpe nur
                              									unvollkommen bedeckt, war aber trotzdem am anderen Tage noch grün. Freilich waren
                              									unter dem Mikroskope eine Menge suspendirter blauer Indigotheilchen sichtbar. Bei
                              									zweimaligem Eintauchen in diesen Küpenrest und Aussetzen an die Luft nahm
                              									Baumwollzeug noch eine schwache, aber lebhafte und reine blaue Färbung an.
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 253, S. 249
                              
                           Hierauf wurde die Mischung neuerdings während 2 Stunden in der Kälte der Wirkung des
                              									Stromes ausgesetzt. Nach kurzer Zeit war der Schaum wieder da und die Küpe
                              									schimmerte indigblau. Die Wirkung des Stromes während 2 Stunden war wohl etwas zu
                              									lange dauernd gewesen, weshalb der Schaum graulichblau aussah. Die Küpe selbst war
                              									grün. Beim Färben lieſs sich ziemlich dunkles Blau erhalten.
                           7. Versuch. Eine Bleiplatte a (Fig. 5) tauchte nun als positiver Pol in die mit Aetznatronlösung
                              									gefüllte Thonzelle t. Dasselbe Gemisch von Indigbrei
                              									und Aetznatronlösung wurde nach Verdünnen mit der doppelten Menge Wasser in dünner
                              									Schicht in einer geräumigen Bleiwanne b während ¾
                              									Stunden in der Kälte dem Strome ausgesetzt. An der Oberfläche der trüben Flüssigkeit
                              									zeigte sich hier und da das charakteristische Indighäutchen. Baumwollzeug färbte
                              									sich in der erzielten Küpe ziemlich stark dunkelblau, mit etwas graulichem Stiche.
                              									Der Strom wurde hernach nochmals während 2 Stunden in der Kälte durchgeleitet,
                              									worauf sich das Zeug zwar schöner, lebhafter, aber heller blau färbte.
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 253, S. 249
                              
                           8. Versuch. Unter Verwendung von Zinkstäbchen z und n (Fig. 6) als Pole und
                              									eines Glasgefäſses mit dem Gemische von Indigbrei und Aetznatronlösung nebst mit
                              									Aetznatronlösung gefüllter Thonzelle wurde durch dieselbe Mischung von Indigbrei und
                              									Aetznatronlösung der Strom während 2 Stunden in der Kälte geleitet. Es zeigte sich
                              									viel Schaum und eine grüngelbe Küpe wurde gebildet. Baumwollzeug färbte sich damit
                              									lebhaft und ziemlich dunkelblau. Bei einem zweiten Färbeversuche enstand eine
                              									schönere, aber hellere blaue Färbung.
                           
                              
                              Fig. 6., Bd. 253, S. 249
                              
                           9. Versuch. In zwei gleich groſse Bechergläschen brachte ich dieselbe Menge desselben
                              									Gemisches von Indigbrei und Aetznatronlösung, ferner in beide noch eine gleiche
                              									Menge von Arsen freien Zinkstäbchen. Die in dem einen Gefäſse a befindlichen Zinkstäbchen waren an ihrer Oberfläche
                              									vollständig rein, die in dem anderen Gefäſse b aber
                              									vorher mit Hilfe verdünnter Schwefelsäure und etwas Platinchlorid mit einer dünnen
                              									schwarzen Schicht von Platin überzogen worden.
                           Nun zeigte sich im Gefäſse a erst nach 7 Minuten, im
                              									Gefäſse b sofort geringer Schaum. Nach Verfluſs von 2 ½
                              									Stunden war in a ein ziemlich starker Schaum, welcher
                              									jedoch nicht überlief; in b war so viel Schaum, daſs er
                              									über die Ränder des
                              									Glases herunterlief. Beim Färben mit den beiden Hälften des in Mutterküpen
                              									verwandelten Gemisches von Indigbrei und Aetznatronlösung erhielt ich, nach
                              									Verdünnen, ein dunkles Blau.
                           10. Versuch. Unter Verwendung von Platinblech und Platinschale s (Fig. 7) als negative
                              									Elektrode und einer Porzellanschale v wurde durch ein
                              									Gemisch von Indigbrei, welcher aus einer ganz anderen Fabrik stammte wie derjenige,
                              									der zu den Versuchen 1 bis 9 gedient hatte, mit Aetznatronlösung unter Erwärmen der
                              									Strom während ½ Stunde geleitet, wobei sich die Küpe bildete. Beim Eintauchen von
                              									Baumwollzeug während 5 Minuten wurde dasselbe gelbgrün, beim darauf folgenden
                              									Aussetzen an die Luft lebhaft blau. Ein zweites Baumwollzeugmuster, welches 3 mal je
                              									während 5 Minuten eingetaucht, zwischen hinein 2mal je 5 Minuten, schlieſslich eine
                              									Stunde der Luft ausgesetzt worden war, sah dunkelblau aus. Besonders im Inhalte der
                              									Porzellanschale färbte sich die Baumwolle lebhaft blau, weniger stark im Inhalte der
                              									Platinschale. Beim längeren Durchleiten des Stromes nahm die Stärke der Küpe nicht
                              									zu, sondern im Gegentheile ab.
                           
                              
                              Fig. 7., Bd. 253, S. 250
                              
                           
                        
                           II) Versuche über das Verhalten der
                                 										Indigoküpen bei Einwirkung des galvanischen Stromes.
                           11. Versuch. Derselbe fand mit einer guten grüngelben Küpe statt, die ich mit
                              									Indigbrei, Kalkmilch und Zinkpulver durch gegenseitige Einwirkung während 24 Stunden
                              									dargestellt hatte und welche nach Verdünnen Baumwollzeug schön lebhaft dunkelblau
                              									färbte. Unter Verwendung von Platinblech p (Fig. 8) als positiver Pol in der mit dem Gemische
                              									gefüllten Thonzelle t, einer mit dem gleichen Gemische
                              									gefüllten Platinschale s als negativer Pol, einer
                              									Porzellanschale z zum Aufnehmen des überlaufenden
                              									Schaumes und einer mit Kieselguhr gefüllten Eisenschale v nahm ich dieselbe Menge der Mutterküpe und verdünnte sie mit der
                              									gleichen Menge destillirten Wassers wie beim Färbeversuche. Dann lieſs ich während
                              									einer Stunde den Strom in der Wärme darauf einwirken. Nun war die Flüssigkeit am
                              									negativen Pole nicht mehr grüngelb, sondern bläulich. Beim Färben unter denselben
                              									Verhältnissen entstand nur noch eine sehr hell bläuliche Färbung. Die Küpe war somit
                              									fast vollständig zerstört worden. Die noch entstehende bläuliche Färbung hatte
                              									graulichen Stich.
                           
                              
                              Fig. 8., Bd. 253, S. 250
                              
                           12. Versuch. Eine mir zu den Versuchen zur Verfügung gestellte, an ihrer Oberfläche
                              									den schönen Indigkupferglanz zeigende Mutterküpe, welche ich nach Verdünnen mit
                              									etwas destillirtem Wasser, mit etwas Aetznatron und Traubenzucker zur vollständigen
                              									Hydrogenation der letzten Reste von Indigblau erwärmte, wurde hierauf bei ½
                              									stündigem Durchleiten des Stromes unter Erhitzen wieder zerstört, so daſs sich
                              									hernach Baumwollzeug darin nur noch sehr hell bläulich färbte. Der zu diesem
                              									Versuche angewendete Apparat war derselbe wie zu Versuch 1. Statt der dortigen
                              									Silberschale wurde jedoch hier eine Platinschale als negative Elektrode
                              									angewendet.
                           13. Versuch. Dieselbe etwas oxydirte Mutterküpe wurde mit Aetzkalilösung gemischt und
                              									unter starkem Erwärmen in demselben Apparate wie bei Versuch 12 während 3 Stunden
                              									der Wirkung des Stromes ausgesetzt, wobei starker Schaum auftrat und die Schale
                              									schwärzlich anlief. Die Flüssigkeit war danach nur noch gelblich. Zeug färbte sich
                              									damit, nach Aussetzen an die Luft und tüchtigem Waschen, nur noch sehr leise
                              									bläulich.
                           14. Versuch. Wiederum dieselbe, aber nur mit destillirtem Wasser vermischte
                              									Mutterküpe wurde dem Strome während 1½ Stunden unter Erwärmen bis fast zum Kochen
                              									ausgesetzt. Beim darauf folgenden Färben wurde Baumwollzeug nur noch mittelhellblau gefärbt.
                              									Der zu diesem Versuche angewendete Apparat war derselbe wie bei Versuch 3. Sowohl
                              									Thoncylinder, als auch Platinschale waren jedoch mit der Küpe gefüllt.
                           15. Versuch. Eine aus einer anderen Fabrik stammende Küpe wurde eine Stunde lang in
                              									der Kälte mit dem Strome in einer Unförmigen ausgebauchten Röhre (vgl. Fig. 9) behandelt. Im unteren Theile der Röhre bei z befand sich etwas Glaswolle. Am positiven Platinpole
                              									zeigte sich Entfärbung der Flüssigkeit, auf dem Bleche ein blauer Niederschlag. Am
                              									negativen Pole war die Flüssigkeit noch gelb, aber viel heller wie vor der
                              									Elektrolyse; auf dem Bleche war nichts zu bemerken. Es wurde mit gleichen Mengen der
                              									Küpe vor und nach der Einwirkung des Stromes gefärbt. Mit der nicht elektrolysirten
                              									Küpe erhielt ich sehr dunkles Blau, mit der elektrolysirten nur noch mittlere blaue
                              									Färbung.
                           
                              
                              Fig. 9., Bd. 253, S. 251
                              
                           16. Versuch. Durch dieselbe Küpe wie beim 15. Versuche wurde in demselben, aber in
                              									einem erwärmten Kieselguhrbade stehenden Apparate während 4 Stunden unter starkem,
                              									aber nicht bis zur Kochhitze gehendem Erwärmen der Strom geleitet, wobei am
                              									positiven Pole die Flüssigkeit farblos wurde und auf dem Platinbleche ein blauer
                              									Absatz sich zeigte, während am negativen Pole die Flüssigkeit nur noch gelblichen
                              									Schein hatte und auf dem Bleche nichts zu bemerken war. Mit gleichen Mengen dieser
                              									Küpe vor und nach dem Versuche wurden zwei gleich groſse Baumwollzeugmuster gefärbt,
                              									wobei die in die nicht elektrolysirte Flüssigkeit getauchte Probe an der Luft
                              									lebhaft dunkel indigblau wurde, das andere Muster aber, welches in die dem Strome
                              									ausgesetzt gewesene Flüssigkeit getaucht wurde, nur eine graubläuliche Färbung
                              									annahm.
                           17. Versuch. Wiederum durch dieselbe Küpe leitete ich im gleichen Apparate den Strom
                              									während 4½ Stunden, auch unter Erwärmen. Die Flüssigkeit vom positiven Pole wurde
                              									farblos, während auf dem Platinbleche ein blauer Niederschlag entstand. Am negativen
                              									Pole zeigte die Flüssigkeit nur noch gelblichen Schein; auf dem Platinbleche war
                              									nichts zu sehen. Ein doppelter Färbeversuch ergab denselben Erfolg wie bei Versuch
                              									16.
                           18. Versuch. Eine aus einer zweiten Fabrik erhaltene grünlich gelbe Küpe wurde zuerst
                              									mit derselben Menge Wasser verdünnt und hierauf das Gemisch während 2 Stunden in der
                              									Kälte der Einwirkung des Stromes unterworfen. Am positiven Pole zeigte sich
                              									Entfärbung der Flüssigkeit, auf dem Platinbleche ein blauer Niederschlag, während
                              									die Flüssigkeit am negativen Pole nur noch gelblichen Schein hatte und auf dem
                              									Platinbleche kein Niederschlag bemerkbar war. Während Baumwollzeug in der
                              									ursprünglichen Küpe sich lebhaft blau färbte, nahm dasselbe beim Eintauchen in die
                              									mit dem Strome behandelte Küpe, nach Aussetzen an die Luft und nach gründlichem
                              									Auswaschen, nur noch eine leise bläuliche Färbung an.
                           19. Versuch. Durch dieselbe Küpe wie für Versuch 18 und in dem bei Versuch 15
                              									angewendeten Apparate Fig. 9 wurde während einer
                              									Stunde in der Kälte der Strom geleitet. Am positiven Pole entfärbte sich die
                              									Flüssigkeit, während sich auf dem Platinbleche ein blauer Niederschlag gebildet
                              									hatte. Am negativen Pole war die Flüssigkeit nachher nur noch gelblich, dagegen auf
                              									dem Platinbleche nichts zu bemerken. Vor dem Durchleiten des Stromes färbte die Küpe
                              									Baumwollzeug lebhaft dunkelblau, nachher nur noch leise bläulich.
                           20. Versuch. Dieselbe Küpe wurde dem Strome während einer Stunde unter starkem
                              									Erwärmen ausgesetzt, wozu der beim Versuche 14 angegebene Apparat Fig. 3 diente. Am positiven Pole entfärbte sich die
                              									Flüssigkeit und ein blauer Niederschlag erschien auf dem Bleche. Am negativen Pole
                              									war die Flüssigkeit nur noch gelblich und auf dem Bleche war nichts zu bemerken. Als
                              									mit gleichen Mengen der zuerst verdünnten Küpe vor und nach Behandlung mit dem
                              									Strome Baumwollzeug gefärbt wurde, entstand durch die nicht mit dem Strome
                              									behandelte Küpe starke lebhaft blaue Färbung, während mit einer gleich groſsen Menge
                              									derselben nach dem Durchleiten des Stromes nur noch eine höchst geringe bläulich
                              									grauliche Färbung erhalten wurde.
                           
                           21. Versuch. Die gleiche Küpe wurde in dem bei Versuch 11 beschriebenen Apparate Fig. 8 während 2 Stunden unter starkem Erwärmen der
                              									Einwirkung des Stromes unterworfen, wobei sich auf den beiden Platinblechen, sowie
                              									in den beiden Flüssigkeiten dieselben Erscheinungen wie beim vorigen Versuche
                              									zeigten. Nach dem Durchleiten des Stromes färbte sich Baumwollzeug nur noch leise
                              									bläulich, aber ohne graulichen Stich, während bei Anwendung der nicht
                              									elektrolysirten Küpe lebhaft dunkelblaue Färbungen entstanden.