| Titel: | Zur Kenntniss der Gerbsäuren. | 
| Fundstelle: | Band 253, Jahrgang 1884, S. 340 | 
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                        Zur Kenntniſs der Gerbsäuren.
                        Zur Kenntniſs der Gerbsäuren.
                        
                     
                        
                           O. Nasse (Berichte der deutschen chemischen
                                 										Gesellschaft, 1884 S. 1166) hat gefunden, daſs wässerige oder alkoholische
                              									Lösungen von Tannin, in Gegenwart von neutralen oder
                              									sauren, das Tannin übrigens weder fällenden noch färbenden Salzen durch Jodlösung
                              									schön purpurroth gefärbt werden. Die Färbung ist keine bleibende und geht um so
                              									schneller vorüber, je wärmer die Flüssigkeit ist. An Stelle des Roth tritt dann ein
                              									schmutziges Braun. Die gleiche Färbung wie das Tannin und unter den gleichen
                              									Bedingungen wie dieses zeigen Gallussäure und Pyrogallol, nicht aber irgend eines der anderen
                              									bekannteren dreifach-hydroxylirten Benzolderivate (näher geprüft sind Phloroglucin,
                              									Querciglucin und Ellagengerbsäure) und ebenso nicht die zweifach- oder
                              									einfach-hydroxylirten Benzolderivate. Mit dieser für eine Gruppe der dreifach-hydroxylirten
                              									Benzolabkömmlinge geltenden Jodpyrogallolreaction läſst
                              									sich leicht in Pflanzen oder Pflanzentheilen das Fehlen oder das Vorkommen von
                              									Gallussäure oder Digallussäure neben anderen in der Eisenreaction mit diesen
                              									Verbindungen nahe übereinstimmenden Stoffen feststellen, das Fehlen mit völliger
                              									Sicherheit freilich nur, wenn gar keine Färbung eintritt, und ebenso das Vorkommen
                              									nur, wenn das Purpurroth rein ist und nicht durch eine bereits in dem
                              									Pflanzenauszuge vorhandene oder eine erst durch das Reagens bedingte Farbe verdeckt
                              									wird. Von Wichtigkeit ist besonders der zuletzt erwähnte Umstand, weil Färbungen
                              									meist unbestimmter Art, alle übrigens auch vorübergehend, beim Zufügen von Jodlösung
                              									zu wässerigen Auszügen von Pflanzen nicht selten vorkommen, so u.a. bei den Wurzeln
                              									verschiedener Rosaceen, bei den Myrobalanen u. dgl. Eine schöne, reine blaue
                              									Färbung, welche übrigens keinen Verdacht auf die Anwesenheit einer
                              									Pyrogallol-Verbindung aufkommen lieſs, kam zur Beobachtung bei der Prüfung von
                              									Eicheln. Hier ist wahrscheinlich Quercetin die Ursache der Färbung.
                           Perret (Bulletin de la Société chimique, 1884 Bd. 41 S.
                              									22) kocht zur Bestimmung des Gerbsäuregehaltes die
                              									Probe 2 mal je 15 Minuten lang mit Wasser aus, dampft die Auszüge auf 100cc ein, filtrirt heiſs, bringt auf 70° und setzt
                              									unter Umrühren eine Lösung von 1 Th. trockenem Eiweiſs in 4 Th. Wasser hinzu, bis
                              									kein Niederschlag mehr erfolgt. Dann erhitzt er zum Sieden und läſst eine
                              									20procentige Lösung von Aluminiumsulfat zuflieſsen, bis sich der Niederschlag leicht
                              									absetzt. Nach dem Erkalten wird derselbe auf einem gewogenen Filter gesammelt,
                              									ausgewaschen und auf einer Gypsplatte im Trockenschranke getrocknet. Zieht man von
                              									dem Gewichte desselben das des Eiweiſs, des Filters und des Aluminiumsulfates ab, so
                              									ergibt der Rest die Menge des vorhandenen Gerbstoffes.
                           Nach A. Guyard (daselbst S. 336) wirkt reine Luft auf Tannin in verdünnter wässeriger Lösung
                              									nicht ein, die Umwandlung desselben in Gallussäure wird vielmehr durch
                              									atmosphärischen Staub bezieh. Fermente anscheinend ohne Mitwirkung von Sauerstoff
                              									bewirkt. In alkalischer Lösung wird Tannin aber auch durch reine Luft angegriffen.
                              									Gallussäure und Tannin lassen sich durch mit Essigsäure versetztes Bleiacetat
                              									trennen, da hierin Bleigallat, nicht aber Bleitannat löslich ist. Man kann dieselben
                              									aus den Bleiverbindungen mit Schwefelsäure abscheiden, oder mit Kaliumpermanganat
                              									titriren.
                           Nach F. Musset (Pharmaceutische Centralhalle, 1884 S.
                              									179) kommen in der Eichenrinde zwei Gerbsäuren vor, welche beide durch Leim gefällt
                              									und durch übermangansaures Kalium oxydirt werden, so daſs die Bestimmung bei einem
                              									Gemenge beider wegen ihres sehr verschiedenen Wirkungswerthes gegen übermangansaures
                              									Kalium ungenau werden muſs. Man sollte daher den Eichenrindenauszug wiederholt mit
                              									Essigäther ausschütteln,
                              									bis der klare Aether beim Schütteln mit essigsaures Eisenoxyd haltendem Wasser nicht
                              									mehr blau wird; der Essigäther enthält dann die Eichengerbsäure, während die
                              									Eichenrothgerbsäure, nach Musset die Muttersubstanz des
                              									Eichenroth, in der wässerigen Lösung bleibt. Da dieses Verfahren lästig ist, so
                              									empfiehlt Musset die Titrirung mit Jod.
                           Von reinstem, bei 100° getrocknetem Tannin werden 0,07 bis 0g,1 in ein 50 bis 60cc fassendes Glas gebracht, welches etwa 20cc warmes luftfreies Wasser enthält, nach dem Auflösen mit 20cc 0,1-Jodlösung versetzt, gemischt und das Glas
                              									mit luftfreiem Wasser vollgefüllt und luftdicht verschlossen. Nachdem die Flasche
                              									über Nacht unberührt gestanden hat, wird ihr Inhalt in ein Becherglas entleert, mit
                              									Wasser nachgespült und das freie Jod mit unterschwefligsaurem Natrium in der Weise
                              									zurücktitrirt, daſs man Stärkekleister, darauf unterschwefligsaures Natrium bis zur
                              									Entfärbung, dann noch bis zum nächsten halben oder ganzen Cubikcentimeter und nun
                              									ohne Säumen wieder Jodlösung bis zur Blaufärbung zufügt. Die hierzu verbrauchte
                              									Jodlösung wird vom verbrauchten unterschwefligsauren Natrium und der Rest des
                              									letzteren von 20cc Jodlösung abgezogen. Die übrige
                              									Jodlösung entspricht der abgewogenen Menge Tannin. Die Ueberschreitung der
                              									Endreaction geschieht hier der Gleichmäſsigkeit halber, da sie bei der Eichenrinde
                              									nicht wohl umgangen werden kann.
                           Zur Werthbestimmung der Eichenrinde
                              									wird eine Durchschnittsprobe von 15g bei 100°
                              									getrocknet und hiervon werden 10g abgewogen, in
                              									einem Literkolben mit luftfreiem Wasser übergossen, bis dasselbe an den Kolbenhals
                              									reicht, der Kolben mit einem Stopfen lose verschlossen und ins Wasserbad gebracht.
                              									Nachdem der Kolbeninhalt die Temperatur des Bades angenommen hat und die Luft aus
                              									der Rinde entwichen ist, wird der Stopfen fest aufgesetzt und das Ganze mehrere
                              									Stunden digerirt. Man läſst dann auf die Normaltemperatur erkalten, füllt bis zur
                              									Marke, schüttelt und filtrirt durch ein voll zu haltendes Filter. Es werden nun in
                              									zwei 150cc-Gläsern (I bezieh. II) je 100cc Eichenauszug mit 20cc 0,1-Jodlösung versetzt, worauf man mit Wasser bis zur Marke füllt und
                              									die verstopften Gläser ruhig stehen läſst. Ferner verreibt man 4 bis 5g Zinkoxyd mit dem Eichenauszuge, bringt das
                              									Gemenge in eine 300cc fassende Flasche, füllt mit
                              									Eichenauszug bis zur Marke und läſst unter häufigem Schütteln 24 Stunden stehen. Man
                              									braucht zwar von dem Filtrate nur 100cc; allein da
                              									die Flüssigkeit schlecht filtrirt, ist es rathsam, 300cc anzuwenden. Der Rest des Eichenauszuges wird in Gläser zu 150cc gefüllt und für den Fall des Miſslingens eines
                              									Versuches zurückgestellt. Nach 24 Stunden filtrirt man eine kleine Probe vollkommen
                              									klar ab und prüft dieselbe mit Leim oder mit essigsaurem Eisenoxyd auf Gerbsäure.
                              									Der erstere darf nicht gefällt werden, letzteres nur eine kaum merkliche
                              									Farbenänderung hervorbringen.
                           Ist auf diese Weise die vollständige Abscheidung beider Gerbsäuren
                              									erwiesen, so filtrirt man das Ganze durch ein doppeltes Filter. 100cc des Filtrates bringt man in ein 150cc fassendes Glas, fügt 20cc 0,1-Jodlösung zu, füllt mit Wasser und läſst
                              									wohlverkorkt über Nacht stehen (III).
                           Nun wird der Inhalt der Probe I in ein Becherglas entleert, mit
                              									Wasser nachgespült, unbekümmert um den Niederschlag mit Kleister versetzt und das
                              									freie Jod mit unterschwefligsaurem Natrium zurücktitrirt. Die Entfärbung der Stärke
                              									läſst sich hier nicht gut erkennen, weil der Niederschlag Jod mit niedergerissen
                              									hat, weshalb man die Endreaction bis zum nächsten halben, oder, wenn dieser zu nahe
                              									liegt, bis zum nächsten ganzen Cubikcentimeter überschreitet und den Ueberschuſs mit
                              									Jodlösung zurücktitrirt. Zieht man die zum Zurücktitriren gebrauchte Jodlösung vom
                              									verbrauchten unterschwefligsauren Natrium und den Rest des letzteren von 20cc Jodlösung ab, so hat man die Jod menge, welche
                              									der Eichenauszug gebunden hat.
                           In ganz gleicher Weise verfährt man mit dem Inhalte III und erhält
                              									so die Jodmenge, welche die Eichenrindenbestandtheile ausschlieſslich der beiden
                              									Gerbsäuren gebunden haben. Letztere, von dem Gesammtjod abgezogen, ergibt die
                              									Jodmenge, welche von den beiden Gerbsäuren gebunden ist.
                           Der im Glase II entstandene Niederschlag von jodirter
                              									Eichenrothgerbsäure wird
                              									durch ein kleines Saugfilter unter einer Decke von Petroleumäther abfiltrirt, mit
                              										20cc luftfreiem, mit Jod gesättigtem Wasser
                              									ausgewaschen, im Kohlensäurestrome bei 110° getrocknet und gewogen. Zum Gewichte
                              									desselben werden 0,005, welche in Waschwasser gelöst wurden – in der Mutterlauge ist
                              									der Niederschlag unlöslich – zugezählt und das Filtergewicht in Abzug gebracht;
                              									derselbe enthält 7,8 Proc. Jod.
                           Man rechnet nun die Menge des im Niederschlage enthaltenen Jodes
                              									aus, bringt, da die gleiche Menge als Jodwasserstoff gebunden wurde, die doppelte
                              									Menge der von beiden Gerbsäuren gebundenen Jodmenge in Abzug und erhält als Rest die
                              									Menge des von der Eichengerbsäure allein gebundenen Jodes. Man berechnet diese
                              									Jodmenge auf Tannin und sagt, eine Eichenrinde enthält beispielsweise 7,5 Proc.
                              									Eichengerbsäure „als Tannin ausgedrückt“, bis die Reindarstellung der
                              									Eichengerbsäure gelungen ist und die Jodlösung auf dieselbe eingestellt werden
                              									kann.
                           Das Gewicht der Eichenrothgerbsäure erfährt man, indem man den
                              									Jodgehalt vom Gewichte der jodirten Säure abzieht und die äquivalente Menge
                              									Wasserstoff zuzählt.
                           Deutsche Rinden enthalten nach Musset 7 bis 8 Proc.
                              									Eichengerbsäure und 6 bis 10 Proc. Eichenrothgerbsäure. Da letzere die thierische
                              									Haut ebenfalls gerbt, so erscheint die Werthschätzung einer Eichenrinde nach ihrem
                              									Gehalte an Eichengerbsäure allein, wie dies seither geschah, nicht mehr für
                              									ausreichend, sondern es ist auch die Bestimmung der Eichenrothgerbsäure als
                              									nothwendig zu empfehlen, um so mehr, als sich beide Gerbsäuren dem Praktiker
                              									wahrscheinlich als verschiedenwerthig erweisen werden. Die sogen, schwerlösliche
                              									Gerbsäure, welche Neubauer u.a. für eine Modification
                              									der Gerbsäure hielten, ist nur ein Antheil Rothgerbsäure, welche von der Faser
                              									hartnäckiger zurückgehalten wird. Aus dem ungleichen Verhältnisse, in welchem beide
                              									Gerbsäuren in verschiedenen Rinden vorkommen, erklärt sich die verschiedene
                              									Zusammensetzung der Kupferniederschläge und ihr schwankender Gehalt an
                              									Kupferoxyd.
                           Nach C. Böttinger (Berichte der deutschen chemischen
                                 										Gesellschaft, 1884 S. 1041 und 1123) wird der Hemlockrindegerbstoff in Nordamerika in ungeheuren Mengen gebraucht und
                              									gelangt in Form von Extract in den Handel. Eine Probe Extract, welche auf Tannin
                              									bezogen etwa 20 Proc. Gerbstoff enthielt, bildete eine dicke, kaum flüssige, braune
                              									Masse, welche sich mit Hinterlassung eines rothbraunen amorphen Rückstandes in
                              									Wasser zu einer klaren, braunen Flüssigkeit löste. Von den Lösungen des
                              									Hemlockgerbstoffes bezieh. Eichenrindegerbstoffes gleicher Concentration sind die
                              									des ersteren stärker gefärbt. Der wässerigen Lösung des Hemlockgerbstoffes wird
                              									dieser durch Essigäther aber nur schwierig entzogen. Gegen Alkalien, Salzsäure und
                              									Schwefelsäure verhält sich die Lösung des Hemlockgerbstoffes wie die des
                              									Eichenrindegerbstoffes; doch sind die aus der ersteren durch Säuren abscheidbaren
                              									Stoffe, welche man der Analogie nach Hemlockroth nennen könnte, entschieden
                              									kupferiger als das Eichenroth gefärbt. Schüttelt man die aus dem Extracte
                              									hergestellte wässerige Lösung des Hemlockgerbstoffes mit Brom, so färbt sie sich
                              									vorübergehend dunkel und hernach fällt ein gelber Stoff in reichlicher Menge heraus. Derselbe wird
                              									abfiltrirt, mit Schwefligsäure enthaltendem Wasser ausgewaschen und im Exsiccator
                              									getrocknet. Zur weiteren Reinigung muſs der Körper aus Alkohol umkrystallisirt
                              									werden, wobei weiſse Flocken ungelöst bleiben. Dieselbe Verbindung, aber sofort
                              									rein, wird gewonnen, wenn der wässerigen Lösung des mit Essigäther ausgeschüttelten
                              									und vom demselben getrennten Hemlockgerbstoffes Brom zugesetzt und im Uebrigen wie
                              									angegeben verfahren wird. Aus der Analyse berechnet sich die Formel C20H14Br4O10, somit für die
                              									Muttersubstanz C20H18O10, so daſs also der Hemlockgerbstoff
                              									der Eichenrindegerbsäure C19H16O10 homolog wäre.
                              									Die Tetrabrom-Hemlockgerbsäure gibt beim Erwärmen mit Essigsäureanhydrid die
                              									Pentacetylverbindung, in Chloroform suspendirt mit Brom: C20H10Br6O10.
                           Um die Bromverbindungen der Rindengerbsäuren zu
                              									erhalten, müssen die Loheauszüge möglichst in der Kälte bereitet sein und nach dem
                              									Filtriren einige Tage stehen, bis sich kein feines Pulver mehr daraus abscheidet.
                              									Man versetzt die Brühen unter stetem Umschütteln nach und nach mit Brom, bis dieses
                              									gerade im Ueberschusse ist. Die Brühen färben sich vorübergehend miſsfarbig, dunkel,
                              									hellen plötzlich wieder auf und scheiden gelbe flockig-pulverige Niederschläge ab,
                              									welche abfiltrirt, gut mit Wasser, dem anfangs Schwefligsäure zugesetzt ist,
                              									ausgewaschen und hernach bei gewöhnlicher Temperatur getrocknet werden. Während den
                              									Bromderivaten der Eichen- und Fichtengerbsäure ein mehr bräunliches Gelb zukommt,
                              									können die Bromderivate der Hemlock-, Quebracho- und Manglerindegerbsäure, der
                              									Blättergelbsäure röthlich gelb genannt werden im Gegensatze zu den Bromderivaten der
                              									Chestnutoak-, Mimosa- und Terrajaponicagerbsäure, welche ganz licht gelb sind.
                           Die Bibrom-Eichenrindegerbsäure, die Bromhemlock-, Bromquebracho- und
                              									Bromblättergerbsäure spalten bei gewöhnlicher Temperatur keine oder doch nur
                              									spurenweise Bromwasserstoffsäure ab; die anderen Bromgerbsäuren verlieren, wenn sie
                              									trocken sind, Bromwasserstoffsäure, anfangs ziemlich rasch, später langsam. Die
                              									Niederschläge haben folgenden Bromgehalt:
                           
                              
                                 Eichenrinde
                                 28,4 Proc.
                                 Mimosa
                                 49,36 Proc.
                                 
                              
                                 Hemlockrinde
                                 43,6 Proc.
                                 Chestnutoak
                                 50,48
                                 
                              
                                 Quebrachonolz
                                 44,5
                                 Terrajaponica
                                 53,2
                                 
                              
                                 Manglerinde
                                 42,15
                                 Fichtenrinde
                                 52,8
                                 
                              
                           Dieselben lösen sich in Alkohol und in Eisessig, nicht in
                              									Aether, zerflieſsen aber mit demselben. Durch concentrirte Salzsäure werden
                              									dieselben bei 180 bis 190° in schwarze, kohlenähnliche Stoffe umgewandelt, welche
                              									indessen nur vollständige, durch innere Condensation erzeugte Anhydride sind. Die
                              									Bromgerbsäuren verlieren das Brom als Bromwasserstoff, auſserdem Wasser, Kohlensäure
                              									und ein mit grüner Flamme brennendes Gas.
                           Die sämmtlichen Bromderivate reagiren in alkoholischer Lösung mit salzsaurem Hydroxylamin derart,
                              									daſs Stickstoff haltige Substanzen entstehen, welche beim Kochen mit concentrirter
                              									Salzsäure Hydroxylamin abspalten. Essigsäureanhydrid führt die Bromderivate der
                              									genannten Gerbsäuren in Acetverbindungen über. Die Reaction vollzieht sich bei den
                              									an Brom reicheren Verbindungen auſserordentlich heftig und nicht ohne daſs
                              									Bromwasserstoff abgespalten wird. So verlieren Brom Wasserstoff die Bromderivate der
                              									Mimosa-, Chestnutoak-, Terrajaponica-, Fichten- und Manglegerbsäure. Die
                              									Acetverbindungen sind hellgelb gefärbt und lichter als die Muttersubstanzen.
                              									Concentrirte kalte Salzsäure addirt sich nicht. Phosphorpentachlorid erwärmt sich
                              									beim Umrühren damit; es entweicht Salzsäure; bei nachheriger Behandlung bleiben aber
                              									Stoffe zurück, welche den angewendeten sehr ähnlich sehen.
                           Die klare Hemlockgerbsäurelösung wurde mit concentrirter
                              									Salzsäure oder Schwefelsäure versetzt und dann längere Zeit im Trockenschranke
                              									erhitzt. Zunächst scheidet sich eine zusammengebackene, braunrothe Masse aus, später
                              									ein rothes Pulver. An den oberen Stellen der Glaswände, welche trocken werden,
                              									bildet sich ein schwarzer Ring, welcher entfernt werden muſs. Hernach wird die
                              									ausgeschiedene Masse abfiltrirt, gut mit Wasser gewaschen, zerrieben, nochmals mit
                              									Wasser gewaschen, hierauf getrocknet, endlich wiederholt mit Aether, dann mit
                              									heiſsem Alkohol ausgezogen, so lange sich dieser durch Aufnahme von
                              									Anhydroverbindungen stark färbt, schlieſslich getrocknet. So gereinigt bildet das
                              										Hemlockroth, das Hauptproduct der Reaction, ein
                              									rothes Pulver, welches sich in den vorhin angegebenen Flüssigkeiten nicht löst, von
                              									verdünnter, kalter Natronlauge und auch von warmer Sodalösung aufgenommen wird.
                           Die durch Umkrystallisiren aus Alkohol gereinigte Bromfichtengerbsäure, C21H14Br6O10, zersetzt sich sehr leicht unter Entweichen von
                              									Bromwasserstoff. Sie löst sich leicht in verdünnten Alkalien, in Alkohol, Essigäther
                              									und Eisessig, aber nur wenig in heiſser Essigsäure, indessen unter beträchtlicher
                              									Erhitzung, Abspaltung von Bromwasserstoffsäure und Bildung eines Acetderivates in
                              									Essigsäureanhydrid; sie reagirt in alkoholischer Lösung mit salzsaurem Hydroxylamine
                              									und liefert ein Stickstoff haltiges Derivat, welches beim Kochen mit concentrirter
                              									Salzsäure Hydroxylamin abspaltet. Concentrirte Salzsäure wandelt die
                              									Hexabromfichtengerbsäure bei 180 bis 190° in einen schwarzen, bromfreien,
                              									bromirbaren Stoff um; dieselbe verliert hierbei Bromwasserstoffsäure, Kohlensäure,
                              									Wasser und Methyl. Brom wirkt in Chloroform nur langsam auf die Substanz ein; es
                              									entsteht ein in Aether löslicher Körper. Das Acetylderivat ist ein gelbes Pulver,
                              									welches sich in verdünnter Natronlauge erst allmählich, leicht in kaltem Aceton und
                              									Essigäther, schwierig in heiſsem Alkohol löst; es besitzt die Zusammensetzung C21H5Ac5Br5O10.
                           Durch Kochen des Fichtenrindeauszuges mit Salzsäure oder Schwefelsäure entstehen
                              									Anhydride der Fichtenrindegerbsäure, welche im Wasser
                              									unlöslich sind. Man reinigt dieselben durch Behandeln mit Aether und Alkohol; letzterer entzieht eine
                              									nicht sehr erhebliche Menge eines ebenfalls anhydridischen Abkömmlinges der
                              									Fichtengerbsäure. Die dem Eichenroth entsprechenden Körper sind in Alkohol
                              									unlöslich; aber es zeigte sich, daſs die mittels Salzsäure oder Schwefelsäure
                              									abgeschiedenen Stoffe verschieden sind; erstere enthält 28 Proc. Acetyl, letztere
                              									23,7 Proc. entsprechend C21H13Ac3O8. Wird das mit Salzsäure erhaltene Fichtenroth in
                              									Chloroform mit Brom behandelt, so erhält man Pentabromfichtenroth.
                           Die Gerbsäure, welche Wasser der sogen. Terra japonica
                              									entzieht, entspricht in ihren Eigenschaften und der Zusammensetzung der
                              									Fichtenrindengerbsäure; ein Unterschied zeigt sich nur in der Farbe einiger
                              									Verbindungen. So ist die Bromterrajaponicagerbsäure ein ganz hellgelb gefärbter
                              									Stoff. Die klare, wässerige Lösung der Terrajaponicagerbsäure liefert bei der
                              									Behandlung mit Säuren in der Wärme wesentlich in Alkohol unlösliches Roth; doch
                              									unterscheidet sich dieses in Farbe und Zusammensetzung je nach Natur und
                              									Concentration der angewendeten Säure und der Temperatur, welche bei der Bereitung
                              									eingehalten wurde. Salzsäure liefert damit bei 80°, in mäſsiger Concentration
                              									angewendet, einen braungelben Stoff, welcher 4 Acetylgruppen aufnimmt: C21H14(C2H3O)4O9. Concentrirte
                              									Salzsäure dagegen erzeugt bei 100° einen braunen Stoff, welcher nur 3 Acetylgruppen
                              									aufnimmt: C21H14(C2H3O)3O8.
                           Diese Terrajaponicaroth sind aber nicht ganz rein;
                              									bromirt man die Stoffe bei 20° Temperatur in Chloroform, so erhält man stets drei
                              									Substanzen, von welchen zwei in Chloroform unlöslich sind, während sich die dritte
                              									darin löst. Diese letztere Substanz entsteht in nur geringer Menge; sie löst sich in
                              									Aether, Alkohol und Eisessig, krystallisirt in Nadeln, welche sich nicht in Wasser
                              									und auch nicht in Soda lösen, von letzteren aber in eine lebhaft blaugrüne Substanz
                              									umgewandelt werden. Man kann diese Verbindung nicht aus den in Chloroform
                              									unlöslichen Bromderivaten des „Roth“ durch weitere Behandlung mit Brom
                              									gewinnen.
                           Die bromirten „Roth“ werden von Alkohol zerlegt in einen leicht löslichen,
                              									bromreichen, auch in Natronlauge und Soda leicht löslichen, aber leicht
                              									Bromwasserstoffsäure verlierenden und dann nur noch fünf Bromatome enthaltenden
                              									Körper und in Pentabromterrajaponicaroth, welches sich zwar leicht in verdünnter
                              									Natronlauge, aber nur spärlich in kalter Soda löst. In heiſser Soda löst es sich
                              									dagegen auf.
                           Die Eichenrindegerbsäure erscheint nach Böttinger jetzt
                              									als der Methyläther des Condensationsproductes des Acetessigaldehydes mit Tannin.
                              									Die beschriebenen Stoffe enthalten die Homologen des Acetessigaldehydes. Das Methyl
                              									ist an eine Carboxylgruppe gebunden.
                           Nach weiteren Mittheilungen Böttinger's (a. a. O. 1884 S. 1475 und 1503) besitzt die Digallussäure die Formel C14H10O9.2H2O. Trotz der groſsen Aehnlichkeit der
                              									Digallussäure mit dem Tannin kann dieselbe vorläufig nicht als identisch mit
                              									letzterem angesehen werden, da sie beim Kochen mit verdünnter Salzsäure keine
                              									Gallussäure zurückbildet. Verfasser hält die Digallussäure für eine mit dem Tannin
                              									isomere Substanz.
                           
                           Krystallwasser haltige Gallussäure
                              									löst sich in überschüssigem kaltem Essigsäureanhydrid nicht auf. Beim Erwärmen des
                              									Gemisches im Trockenraume des Wasserbades erfolgt allmählich Lösung. Nach 2stündigem
                              									Digeriren ist die Gallussäure verschwunden, nach 6 stündigem Erwärmen ist deren
                              									Acetylverbindung in reichlicher Menge erzeugt. Die Acetylverbindung scheidet sich
                              									beim Eintragen der Lösung in viel Wasser in langen, farblosen, prismatischen
                              									Krystallen ab, welche langsam erhitzt bei 165 bis 166° schmelzen. Die Krystalle
                              									lösen sich kaum in Wasser, leicht in kaltem Alkohol und Essigäther und farblos in
                              									verdünnter, kalter, wässeriger Soda, natürlich auch in Natronlauge aber zur
                              									gelbbraunen Flüssigkeit. Bei 120° entwässerte Gallussäure gibt auſserdem eine bei
                              									151° schmelzende Acetylverbindung, welche dem Pentacetyltannin ähnlich ist. Das
                              									krystallisirte Tannin, welches von kalter gelber
                              									Salpetersäure viel langsamer angegriffen wird als die Gallussäure, löst sich schon
                              									in kaltem Essigsäureanhydrid völlig und wird beim Erwärmen dieser Lösung im
                              									Wasserbade in Pentacetyltannin übergeführt. Dasselbe schmilzt bei 137°, löst sich
                              									schwer in kaltem Alkohol, leicht in Essigäther, aber nur ganz allmählich in kalter
                              									verdünnter Sodalösung.
                           Aus den wässerigen Auszügen von Dividivi, Algarrobilla und
                              									Vallonea setzt sich viel Ellagsäure ab, kenntlich an der rothen Reaction mit gelber
                              									Salpetersäure. Werden die wässerigen Auszüge der Algarrobilla, Dividivi und Knoppern
                              									mit concentrirter Salzsäure versetzt, so entstehen besonders in den beiden ersten
                              									Brühen dicke, gelbe, flockige Fällungen, welche beim Erwärmen teigig werden.
                              									Vallonea-Auszug scheidet erst nach halbstündigem Erwärmen mit Salzsäure im
                              									Wasserbade Flocken aus, welche sich rasch vermehren. Schüttelt man die
                              									Flüssigkeiten, ohne Berücksichtigung des darin befindlichen Niederschlages, mit
                              									Essigäther aus, verdunstet diesen, acetylirt den gelben Rückstand, so läſst sich
                              									durch geeignete Behandlung des Acetylderivates leicht etwas farbloses
                              									krystallisirtes Pentacetyltannin gewinnen. Am reichlichsten erhält man es aus
                              									Sumachauszug. Die filtrirten wässerigen klaren Auszüge der genannten Materialien
                              									werden nach gutem Absitzen im Wasserbade verdampft. Dividivi und Algarrobilla-Auszug
                              									schäumt stark beim Verdampfen. Sobald der Schaleninhalt die Beschaffenheit
                              									angenommen hat, daſs derselbe beim Erkalten erstarrt und zerrieben werden kann,
                              									nimmt man die Schalen vom Wasserbade. Die gepulverten Rückstände des Auszuges von
                              									Dividivi sind braungelb, von Algarrobilla gelb, von Vallonea gelblich grau, von
                              									Knoppern braun; sie geben beim Behandeln mit gelber Salpetersäure röthliche
                              									Flüssigkeiten, die Reaction ist aber nicht sehr deutlich.
                           Die Rückstände lösen sich in überschüssigem, kaltem
                              									Essigsäureanhydrid nicht. Wird im Trockenschranke des Wasserbades erwärmt, so
                              									erfolgt allmählich Lösung und Acetylirung. Nur Knoppern lassen einen geringen
                              									Rückstand, welcher von der Lösung abfiltrirt und mit Essigsäureanhydrid abgewaschen
                              									wird. Die Lösungen werden nach 8 stündigem Erhitzen in Wasser eingetragen, die
                              									abgeschiedenen, allerdings dunklen Acetylverbindungen mit Wasser gehörig
                              									ausgewaschen und getrocknet. Kalter Alkohol löst nur wenig, ein Gemisch von 3 Th.
                              									Alkohol und 1 Th. Essigäther löst mehr, Essigäther allein löst die gröſste Menge.
                              									Letztere Lösung abgedampft, gibt bei Vallonea ein weiſses Pulver mit 44,1 Proc.
                              									Acetylgehalt, bei den 3 anderen Gerbmitteln ein gelbes Pulver mit 43,2 bis 43,9
                              									Proc. Acetyl. Diese Pulver sowie auch der in Essigäther unlösliche Rückstand lösen
                              									sich nicht in verdünnter kalter Sodalösung, leicht in verdünnter Natronlauge. In
                              									gelber Salpetersäure lösen sie sich ruhig auf. Die in Essigsäure unlöslichen
                              									Rückstände von Dividivi und Algarrobilla sind weiſs und lösen sich in verdünnter
                              									Natronlauge mit violettrother Färbung.
                           Böttinger hält den in Essigäther
                              									löslichen Theil, also die Hauptmenge, wesentlich für eine und dieselbe Substanz,
                              									welche sowohl der Acetgallussäure als auch dem Acettannin nahe steht aber nicht
                              									identisch mit denselben ist. Der gefundene Acetylgehalt entspricht dem der
                              									Acetylgallussäure, die Eigenschaften fast dem Acettannin.