| Titel: | Oxalsaures Antimonoxyd-Kali als Brechweinsteinersatz. | 
| Autor: | S. | 
| Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, S. 122 | 
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                        Oxalsaures Antimonoxyd-Kali als
                           								Brechweinsteinersatz.
                        Oxalsaures Antimonoxyd-Kali als Brechweinsteinersatz.
                        
                     
                        
                           Als vorzüglichste Beize für die basischen aminartigen künstlichen Farbstoffe wurde
                              									bekanntlich von Anfang an, behufs Befestigung auf Fasern pflanzlichen Ursprunges,
                              									das Tannin verwendet. Als Prototyp einer auf
                              									Baumwollgewebe zu druckenden Anilinfarbe galt also von jeher eine zweckmäſsig
                              									verdickte Mischung von Farbstoff (Rosanilinsalz., substituirte Rosanilinsalze
                              									u.s.w.), Gerbsäure und vorzeitige Fällung verhindernder Essigsäure. Bald bemerkte
                              									man jedoch, daſs die auf diese Weise erzeugten Lacke in manchen Beziehungen sich nur
                              									einer beschränkten Echtheit erfreuten: Schon durch das bloſse dem Dämpfen folgende
                              									Waschen, noch mehr aber durch das in den meisten Fällen nöthig werdende Seifen,
                              									wurde eine mehr oder minder bedeutende Menge des Farbstoffes abgelöst, gab Anlaſs zu
                              									Verlust und, was schwerer ins Gewicht fiel, beschmutzte das Weiſs und die
                              									gleichzeitig aufgedruckten Farben auf eine meist unverbesserliche Art. So z.B. war
                              									es unmöglich, Alizarindampfroth neben durch bloſses Tannin fixirtem Methylenblau
                              									anzuwenden; geringe Mengen des letzteren Farbstoffes genügten, um beim Waschen und
                              									Seifen das Roth zu trüben und seiner Lebhaftigkeit ganz und gar zu berauben.
                           Die Idee, das Tannin auſser an den Farbstoff, noch gleichzeitig an ein Metalloxyd zu
                              									binden, (sollte diesem Uebelstande abhelfen und es wurde daher als ein wirklicher
                              									Fortschritt begrüſst, als Thomas Brooks in Manchester
                              									zu diesem Zwecke das Antimon vorschlug und zwar in der damals einzig geeigneten
                              									Form, als Brechweinstein. Dieses Salz, eine Doppel
                              									Verbindung von weinsaurem Kali und weinsaurem Antimonoxyd, hat nämlich die
                              									schätzenswerthe Eigenschaft, sich in Wasser un-zersetzt, d.h. ohne Bildung unlöslicher Verbindungen zu lösen und bei seiner
                              									befestigenden Wirkung auf die Tanninfarben keinen unangenehmen weiteren Einfluſs auf
                              									die anderen Farben auszuüben. Bald wurde der Brechweinstein eine der wesentlichsten
                              									Droguen sowohl in der Färberei, wie in der Druckerei und die Société industrielle de Mulhouse bezeugte im J. 1881 dem Hrn. Thomas Brooks durch Verleihung einer Medaille ihre
                              									Anerkennung für seine erfolgreiche Neuerung. Zwar ist die sogen.
                              										„Brechweinsteinpassage“ mit nicht unerheblichen Kosten verknüpft, da
                              									dieses Salz des Antimons eines der theuersten ist und durch die entsprechenden
                              									Verbindungen mit Mineralsäuren wie Antimontrichlorid o. dgl. wegen der mit Wasser
                              									statthabenden Zersetzung in freie Säure und unlösliches basisches Salz nicht ersetzt
                              									werden kann. Auch fehlte es in der Folge nicht an Vorschlägen der Ersetzung des
                              									Brechweinsteins durch wohlfeilere Metall salze. Von einem gewissen praktischen
                              									Erfolge begleitet war in dieser Beziehung die von H.
                                 										Schmid in der Chemiker-Zeitung, 1881 S. 949
                              									vorgeschlagene Fixation des Tannins durch essigsaures
                                 										Zink. Da, wo es sich um bloſse und alleinige Gerbsäurebefestigung handelt, mag dieses Salz
                              									den Brechweinstein ökonomisch ersetzen und wird in der That dieses Verfahren in
                              									vielen Fabriken praktisch verwerthet. Da, wo es sich um schwierigere Muster handelt,
                              									z.B. Fixirung von Anilinfarbstoffen neben Alizarinroth, gebührt dem Antimon der
                              									Vorrang und war daher das Bestreben, an Stelle des Brechweinsteins wohlfeilere Antimon-Verbindungen aufzufinden, ein sehr
                              									lobenswerthes. Dieses Ziel scheint heute erreicht durch die Einführung des oxalsauren Antimonoxyd-Kalis statt des weinsauren. Es ist zwar diese Aenderung in so fern
                              									nicht neu, als man schon vor längerer Zeit derartige Oxalsäure Doppelsalze unter dem
                              									Namen „Antimonbeize“, „Brechweinsteinersatz“ u.s.w. in den Handel
                              									brachte. Aber damals hütete man sich, den Käufer über die Wirksamkeit dieses „Substitut d'émétique“ oder Brech Weinsteinersatzes zu unterrichten
                              									und verkaufte den letzteren zu einem Preise, welcher zu seinem Gehalte an Antimon,
                              									dem einzig thätigen Prinzipe, in keinem Verhältnisse stand. Während nämlich der
                              									Brechweinstein 43,7 Proc. Antimonoxyd, Sb2O3, enthält, findet sich im krystallisirten
                              									Antimonoxyd-Kali, Sb(C2O4K)3.6H2O,
                              									nur 23,67 Proc. Sb2O3. Es müſste also theoretisch, bei der Brechweinsteinbehandlung, der
                              									erstere durch nahezu die doppelte Menge des letzteren ersetzt werden.
                           Heutzutage liefert nun der Handel das Oxalsäure Salz zu einem Kostenpreise, welcher
                              									nicht nur im Verhältnisse zum niedrigeren Antimongehalte steht, sondern auch auf
                              									Grund der darin enthaltenen billigeren organischen
                              									Säure entsprechend herabgesetzt erscheint.
                           Das oxalsaure Antimonoxyd-KaliGeliefert von Rud. Koepp und Comp. in Oestrich
                                    											(Rheingau). des Handels krystallisirt in ähnlicher Form wie
                              									Bittersalz oder Oxalsäure in schönen weiſsen Nadeln, welche sich in wenig heiſsem
                              									Wasser klar lösen. Verdünnt man die Lösung in dem Verhältnisse, welches bei der
                              									praktischen Anwendung gebräuchlich, so findet allerdings eine theilweise
                              									Dissociation statt und bildet sich eine leichte Trübung von unlöslichem basischem
                              									Antimonsalze, während ein etwas saureres Salz in Lösung bleibt; doch scheint
                              									hierdurch die Befestigung der Gerbsäurefarben nicht im Mindesten beeinträchtigt zu
                              									werden. Im Gegentheile ist diese Neigung des oxalsauren Antimonoxyd-Kalis, basisches
                              									Salz fallen zu lassen, in so fern günstig, als in Folge davon das Tannin rascher und
                              									vollständiger auf die Faser niedergeschlagen wird, so daſs bei in kleinem Maſsstabe
                              									unternommenen Versuchen (Aufdruck von Gerbsäure, Dämpfen und Behandeln in
                              									Antimonsalz) das oxalsaure Antimondoppelsalz (angewendet in einer zur vollständigen
                              									Fixation ungenügenden Menge) dieselbe Wirksamkeit entfaltete wie die weinsaure
                              									Verbindung trotz ihres ungleich geringeren
                              									Metallgehaltes. Die Alizarinrothdampffarben werden hierbei in ähnlicher Weise
                              									geschönt wie durch Brechweinstein und die als „Avivirsalz“ bekannten
                              									Zinnverbindugen. Nach dem Passiren soll jedenfalls die Faser einem gründlichen Waschen
                              									unterworfen werden, damit auf den weiſsen Stellen nicht etwa basisches unlösliches
                              									Salz zurückbleibt, beim nachherigen Seifen Fettsäure und abgefallenen Farbstoff
                              									anzieht und sich verunreinigt.
                           Der Vortheil der Anwendung des Oxalsäuren Antimonoxyd-Kalis an Stelle des
                              									Brechweinsteins für Befestigung von Tannin allein beim
                                 										Drucken und Färben liegt auſser Zweifel, aber selbst gegen seine Benutzung
                              									für reichere mehrfarbige Dampfartikel könnte bis jetzt kein Einwand erhoben
                              									werden.
                           
                              
                                 S.