| Titel: | Die Uebertragung elektrischer Energie auf grössere Entfernungen auf der Turiner Ausstellung. | 
| Autor: | B. | 
| Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, S. 156 | 
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                        Die Uebertragung elektrischer Energie auf
                           								gröſsere Entfernungen auf der Turiner Ausstellung.
                        Mit Abbildungen.
                        Gaulard's Uebertragung elektrischer Energie.
                        
                     
                        
                           Die Uebertragung elektrischer Energie zur Beleuchtung, Kraftausnutzung und für
                              									metallurgische Zwecke wurde in den letzten Jahren von industriellen und Fachkreisen
                              									mit dem gröſsten Interesse verfolgt, indem die endgültige Lösung der Aufgabe auf der
                              									einen Seite den verschiedensten Industriezweigen vortheilhafte Verwendung von sonst
                              									unbenutzten Wasserkräften gestatten und auf der anderen Seite der sich rasch
                              									emporschwingenden elektro-technischen Industrie wiederum ein neues Feld öffnen
                              									würde.
                           Die früheren Versuche von Fontaine auf der Wiener
                              									Ausstellung 1873, von Deprez in München 1881 bezieh.
                              									auf der französischen Nordbahn und bei Grenoble 1883 waren bloſs in kleinerem
                              									Maſsstabe ausgeführt, daher als Proben sehr interessant, hatten jedoch bisher kaum
                              									erwähnungswerthe praktische Anwendung zur Folge.
                           Gegenwärtig arbeiten auf diesem Felde namentlich Marcel
                                 										Deprez in ParisDeprez wurden von einem Pariser Syndikate, an
                                    											dessen Spitze das Haus Rothschild steht, ½
                                    											Mill. Franken für Versuche in gröſserem Maſsstabe zur  Verfügung gestellt;
                                    											man sieht den Erfolgen dieser in den nächsten Monaten stattfindenden
                                    											Versuche mit der gröſsten Spannung entgegen. – Auf der französischen
                                    											Nordbahn werden durch einen 112km langen
                                    											Stromkreis zwischen Creil, La Chapelle und Paris 200e zu übertragen versucht und zwar mittels
                                    											einer Gleichstrommaschine von 7500 Volt Spannung und 20 Ampère Stromstärke,
                                    											welche sich in Creil befindet; in La Chapelle und Paris werden 2
                                    											elektrodynamische Maschinen von 40 und 60e
                                    											den Strom in Kraft umsetzen, welche man nutzbar zu machen hofft. Das Kabel
                                    											aus Siliciurn-Bronze ist von L. Weiller in
                                    											Angoulême (vgl. 1884 254 492) und besteht aus 7
                                    											Drähten von je 1mm,9 Durchmesser, was dem
                                    											Querschnitte eines einzigen Drahtes von 5mm entspricht; der Gesammtwiderstand der Linie beträgt etwas unter
                                    											100 Ohm. und Lucien Gaulard in
                              									London. Jener sucht die Frage mit Hilfe der gleich gerichteten Ströme zu lösen und dieser
                              									glaubt, daſs sie bloſs mittels Anwendung von Wechselströmen gelöst werden könne.
                           Lucien Gaulard, Elektriker der National Company for the Distribution of Electricity by Secondary
                                 										Generators in London hatte schon im J. 1883 zuerst in der Westminster
                              									Aquarium Ausstellung (vgl. 1883 248 258) einen
                              									Inductionsapparat im Gange und eine Anlage mit ähnlichen Apparaten beleuchtete im
                              									Winter 1883/84 5 Stationen der Metropolitan oder unterirdischen Eisenbahn in London
                              									mit einem Stromkreise von 24km während 5 Monaten
                              									ohne jegliche Unterbrechung.
                           Die neuesten Versuche mit diesem Systeme fanden im Monate September 1884 gelegentlich
                              									der Internationalen Elektrischen Ausstellung in Turin vor einer internationalen Jury
                              									statt und zwar mit dem Ergebnisse, daſs Hrn. L. Gaulard
                              									der groſse Preis von 10000 Franken zuerkannt wurde, welchen die italienische
                              									Regierung ausgesetzt hatte für diejenige Erfindung, wodurch die praktische Lösung
                              									von Problemen gefördert würde, welche auf die industrielle Anwendung der
                              									Elektricität in Hinsicht der Kraftübertragung auf gröſsere Entfernungen, der
                              									Beleuchtung und Metallgewinnung Bezug haben. In den ersten Wochen befand sich auf
                              									der Turiner Ausstellung bloſs das Modell der Secundärgeneratoren, wie es auf der
                              									Metropolitan Eisenbahn vorher in London arbeitete und zwar in der Construction, wie
                              									sie in D. p. J. 1884 251 431 beschrieben wurde. Dieser
                              									Generator hatte ein Gesammtgewicht von 800k und
                              									konnte eine elektrische Energie umsetzen, welche etwa 16e entspricht; nach den in London damit angestellten Versuchen von Prof.
                              										Hopkinson gab der Apparat einen Nutzeffect von 79,3
                              									bis 89 Proc. Kurz nach Eröffnung der Ausstellung kam eine Anzahl weiterer
                              									Secundärgeneratoren an, welche nach dem neueren Patente (vgl. * D. R. P. Kl. 21 Nr.
                              									28947 vom 12. März 1884) von Gaulard und Gibbs construirt waren und für dieselbe
                              									Leistungsfähigkeit gegenüber den früheren Apparaten nur 80k Gewicht hatten. Die frühere Construction der
                              									Inductionsspiralen, wobei der primäre oder Inductionsdraht zusammen mit den
                              									secundären oder inducirten Drähten ein Kabel bildeten, war bedeutend schwerfälliger
                              									und weniger wirksam im Verhältnisse zu dem groſsen Gewichte von 800k.
                           Diese Kabel hatten den Querschnitt Fig. 1 in
                              									Naturgröſse; der innere Inductionsdraht hatte 4mm Durchmesser und war
                              									gut isolirt. Parallel zu dessen Achse lagen um denselben herum 6 Gruppen von je 8
                              									einzeln Fig. 1. von einander isolirten Drähten von
                              										0mm,5 Durchmesser, also im Ganzen 48 Drähte;
                              									das Ganze war zu einem Kabel von 15mm Durchmesser
                              									umflochten. – Jede der 16 Säulen, welche den Apparat bildeten, war mit 50m dieses Kabels umwickelt.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 255, S. 158
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 255, S. 158
                              
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 255, S. 158
                              
                           Die neueren Apparate waren aus bloſs 4 Säulen gebildet; Fig.
                                 										2 stellt dieselben im senkrechten Schnitte dar, Fig. 3 im Grundrisse und Fig. 4 die
                              									spiralen Elemente. Jede der einzelnen Säulen war in 4 Abschnitte getheilt, welche
                              									unter sich entweder parallel oder hinter einander geschaltet wurden; da dieselben
                              									Schaltungen mit den 4 einzelnen Säulen vorgenommen werden konnten, so war je nach
                              									Bedürfniſs jede erdenkliche Combination der einzelnen Abschnitte sowie der einzelnen
                              									Säulen ermöglicht. Die Modelle hatten 4, 2, 1 und ½ Säulen; die ganzen Säulen waren
                              									in 4 Abschnitte getheilt, die halben Säulen in 2 mit entsprechenden Polen. Bei etwas
                              									höherer Spannung als der vorhandenen im primären Stromkreise würde jeder Abschnitt
                              									ungefähr 1e entsprechen; im vorliegenden Falle
                              									jedoch wurden dieselben nicht ganz ausgenutzt.
                           Ein Generator von 4 Säulen (Fig. 2 und 3) war so zusammengestellt, daſs eine hölzerne
                              									Bodenplatte a und eine hölzerne Deckplatte b die Säulen mittels 16 Bolzen c zusammenhielt; die Bolzen waren in Gruppen von je 4 Stück um jede Säule angeordnet. Im
                              									Inneren der Säulen befanden sich die aus einem Bündel feinen Eisendrahtes gebildeten
                              									Kerne d, welche etwa 40mm Durchmesser besitzen und lothrecht verstellbar sind.
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 255, S. 159
                              
                           Eine volle Säule mit 4 Abschnitten enthält zwei parallel laufende, je 500 Windungen
                              									zählende Spiralen, welche durch Papierringe von einander isolirt sind. Durch die
                              									eine Spirale p geht der primäre Strom und in der
                              									anderen s wird der secundäre Strom inducirt. Um die
                              									Spiralen billig und fabrikmäſsig herstellen zu können, sind dieselben aus einzelnen
                              									in Fig. 4 veranschaulichten Elementen
                              									zusammengestellt; die Elemente haben die Form eines flachen Ringabschnittes mit je 2
                              									auſsen vorstehenden Ohren p bezieh. s. Die Ohren von je zwei auf einander folgenden
                              									Scheiben desselben Stromkreises werden zusammengelöthet, so daſs das Ganze eine
                              									Spirale bildet. Diese auſsen vorstehenden Ohren erlauben das Einschieben eines
                              									scheibenförmigen Papierringes zur Isolirung, welcher im Inneren dem Kerndurchmesser
                              									entsprechend ausgeschnitten ist. Zusammengestellt bilden die primären und secundären
                              									Spiralen eine Art doppelgängiger Schraube und sind die vorstehenden Ohren so
                              									combinirt, daſs immer ein primäres p mit einem
                              									secundären Ohre s abwechselt. Nachdem der Apparat
                              									zusammengestellt ist, werden die Ohren der beiden Spiralen mit verschiedenen Farben
                              									angestrichen, so daſs allenfallsige Beschädigungen, wie sie leicht beim Versandt
                              									vorkommen, mittels Galvanometer rasch aufgefunden und gut gemacht werden können. Die
                              									Spiralelemente sind aus 0mm,25 dickem Kupferblech
                              									ausgestanzt, haben auſsen 115mm und innen 54mm Durchmesser.
                           Die Vortheile dieser Einrichtung gegenüber der älteren mittels Kabel bestehen darin,
                              									daſs die Massen der beiden Spiralen nicht allein durchweg vollkommen gleich sind,
                              									sondern auch daſs alle Punkte der secundären Spirale gleichweit von der parallel
                              									laufenden Primärspirale entfernt sind. Der Construction der Spiralen liegt ein so
                              									einfacher und äuſserst geistreicher Gedanke zu Grunde, daſs daran schwerlich viel zu
                              									verbessern sein wird.
                           Die von der Jury in Turin mit den Secundärgeneratoren angestellten Versuche ergaben
                              									einen Nutzeffect von 85 bis 90 Proc. und bestätigten somit vollkommen die oben
                              									erwähnten Versuche von Hopkinson. Die Turiner Messungen
                              									geschahen mittels Mascart's Elektrometer nach der
                              									Methode von Joubert, welche man vom theoretischen
                              									Standpunkte als nicht absolut zuverlässig bezeichnete. Die in Aussicht stehenden
                              									weiteren Versuche
                              									mittels der calorimetrischen Methode dürften die früheren Versuche mit unbedeutenden
                              									Abweichungen bestätigen, welche für die Praxis von durchaus keinem Belange sein
                              									werden. – Es mag hier noch erwähnt werden, daſs bei dem älteren Systeme mit Kabel
                              									der Kern fest gelagert war und durch Auf- oder durch Abschrauben eines rohrförmigen
                              									Schildes der secundäre Strom je nach Bedürfniſs regulirt werden konnte. Bei den
                              									neueren Generatoren hingegen war der Kern selbst verstellbar und erleichtert diese
                              									Anordnung eine selbstthätige Regulirung des secundären Stromes, indem im Nebenstrome
                              									Solenoide, welche zugleich als Gegengewichte des Kernes dienten, letzteren in höhere
                              									oder tiefere Stellung brachten, je nach dem gerade erforderlichen elektrischen
                              									Strome; dieser Regulator gibt zugleich ein sehr einfaches Mittel ab, durch eine
                              									Zählvorrichtung den Verbrauch elektrischer Energie zu vergleichen, indem die
                              									jeweilige höhere oder tiefere Stellung des Kernes dem Verbrauche entspricht; ein
                              									damit in Verbindung gebrachter Papierstreifen empfängt einfach die graphische
                              									Darstellung des jeweiligen Verbrauches. Dieser Apparat hätte somit gegenüber den
                              									bereits für ähnliche Zwecke bekannten den groſsen Vortheil, äuſseren Einflüssen
                              									durchaus nicht unterworfen zu sein.
                           Die Beleuchtungsanlagen, womit die Versuche in Turin stattfanden, erstreckten sich
                              									auf 4 Stellen, wovon die letzte: die Station Lanzo 40km, dem Stromkreise entlang gemessen, von der Dynamomaschine entfernt war;
                              									letztere, eine Wechselstrommaschine von Siemens in
                              									London, Modell W0D2 mit 24 Stück Ankerspulen, gab bei 750 Umdrehungen in der Minute 18000
                              									Stromwechsel und sollte mit Erreger 63e
                              									verbrauchen. Dieselbe arbeitete mit 3000 Volt und 12 Ampère, was einer vollen
                              									Leistung von 40e,76 entspricht.
                           Um die Leistung der Dynamomaschine dem Verbrauche an den entfernten Stationen
                              									anzupassen, wurde die Erregungmaschine durch selbstwirkend sich einschaltende
                              									Widerstände regulirt und in Folge dessen auch die Wechselstrommaschine.
                           Der Stromkreis hatte eine Länge von 80km. Der
                              									Leitungsdraht aus Chrombronze von J. O. Mouchel in
                              									Paris war 3mm,7 Durchmesser, dessen
                              									Leitungsfähigkeit 98,5 Proc. und die Bruchfestigkeit 44 k/qmm. Der Widerstand des Stromkreises
                              									betrug 130 Ohm und diesem entsprechend wurden 17e,66 in der äuſseren Leitung absorbirt; somit verbliebe für die
                              									Beleuchtungsanlage 23e,10.
                           Die Anordnung der Lampen geht aus folgender Zusammenstellung hervor:
                           
                              
                                 Entfernungkm
                                 
                                 Normal-kerzen
                                 Volt
                                 Ampère
                                 
                              
                                 0
                                 1) Ausstellung (Dynamomaschine)
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   1
                                 Soleil-Lampe
                                 1000
                                 110
                                 9
                                 
                              
                                 
                                   9
                                 Swan-Lampen
                                     20
                                 110
                                     0,68
                                 
                              
                                 
                                 14
                                 Bernstein-Lampen
                                     50
                                   50
                                 3
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 Entfernungkm
                                 
                                 Normal-kerzen
                                 Volt
                                 Ampère
                                 
                              
                                   8
                                 2) Station Turin
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   1
                                 Siemens-Lampe
                                   500
                                   50
                                 12
                                 
                              
                                 
                                 34
                                 Edison-Lampen
                                     16
                                 100
                                       0,75
                                 
                              
                                 
                                 38
                                       „          „
                                       8
                                   50
                                       0,75
                                 
                              
                                 15
                                 3) Station Veneria
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   2
                                 Siemens-Lampen
                                   500
                                   50
                                 12
                                 
                              
                                 40
                                 4) Station Lanzo
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   2
                                 Siemens-Lampen
                                   350
                                   45
                                   9
                                 
                              
                                 
                                   1
                                 Soleil-Lampe
                                 1000
                                 110
                                   9
                                 
                              
                                 
                                 16
                                 Swan-Lampen
                                     20
                                 110
                                       0,68
                                 
                              
                                 
                                   9
                                 Bernstein-Lampen
                                     50
                                   50
                                   3
                                 
                              
                           Obige Lichtstärken und Stromverhältnisse waren nicht durch
                              									Messung bestimmt, sondern beruhen einfach auf Annahme der nominellen Zahlen; die
                              									Lampen brannten durchweg viel heller als mit normaler Lichtstärke.
                           Auf der Ausstellung befanden sich verschiedene Generatoren mit einer einzigen Säule,
                              									ebenso in Veneria; auf den Stationen Turin und Lanzo war je ein 4säuliger Generator.
                              									Aus dieser Anlage ersieht man sofort die auſserordentliche Theilbarkeit des Stromes,
                              									welche mittels direkter gleichgerichteter Ströme nicht durchzuführen wäre.
                           Bei dieser speciellen Anlage waren die Verluste in der Leitung allerdings bedeutend
                              									im Verhältnisse zur Leistung, was jedoch auf finanzielle Gründe zurückgeführt werden
                              									muſs, indem der 3mm,7 dicke Chrombronzedraht von
                              										Mouchel ohne Vergütung zur Verfügung gestellt war;
                              									wäre der Querschnitt des Drahtes der doppelte gewesen, also 5mm,2 Durchmesser, was keine auſsergewöhnliche
                              									Dicke ist, so wäre der Verlust auf die Hälfte vermindert worden. Wenn anstatt der
                              									Entfernung von 40km diese bloſs 20km betragen hätte, so wären die Verluste in der
                              									Leitung wiederum nur die Hälfte gewesen. Da es sich in der Praxis meistens um Fälle
                              									von wenigen Kilometer handelt, so können die Leitungsverluste gewöhnlich auf wenige
                              									Procent herabgezogen werden, um so mehr, als bei kleineren Entfernungen gröſsere
                              									Drahtquerschnitte in Bezug auf Anlagekosten bloſs eine sehr untergeordnete Rolle
                              										spielen.In Bezug auf die vermeintliche Gefährlichkeit hochgespannter elektrischer
                                    											Ströme, namentlich der Wechselströme, sei noch bemerkt, daſs man die
                                    											einzelnen Drähte während der Arbeit berühren konnte, sobald der Stromkreis
                                    											metallisch geschlossen war und keine Verluste in der Leitung vorkamen; zur
                                    											Vorsicht war der Boden um Maschine und Generatoren noch mit Gummiplatten
                                    											belegt. Die dabei beschäftigten Arbeiter, welche eine genaue Kenntniſs der
                                    											Verhältnisse haben und dabei die nöthige Ruhe und Besonnenheit bewahren,
                                    											sind nicht der geringsten Gefahr ausgesetzt. Die wenigen Unglücksfälle,
                                    											welche in den letzten Jahren durch hochgespannte elektrische Ströme
                                    											verursacht wurden, sind gröſstentheils auf Unvorsichtigkeit zurückzuführen.
                                    											Es ist bedeutend weniger Gefahr in der Behandlung hochgespannter Ströme, als
                                    											in vielen chemischen Industrien, dem Bergbaue, dem Eisenbahnwesen, der
                                    											Schifffahrt u. dgl., namentlich wenn die Anlagen mit Sachkenntniſs und
                                    											Gewissenhaftigkeit ausgeführt sind. Auſserdem ist die Gefährlichkeit
                                    											individuell, da ein kräftiger Mann unbeschädigt davonkommen kann, wo ein
                                    											Herzleidender wahrscheinlich schon bei relativ schwachen Strömen Schaden
                                    											nehmen würde. – Man kann hier den Vergleich ziehen, daſs Jemand von einer
                                    											Leiter 5m hoch fällt und sofort todt sein
                                    											kann, während ein  Anderer 20m
                                    											hoch fällt, ohne groſsen Schaden zu erleiden; und sobald es sich um gröſsere
                                    											Höhen handelt, ist es ziemlich einerlei, ob man 100m oder 1000m hoch fällt; das Ende bleibt sich in beiden Fällen gleich und
                                    											ebenso verhält es sich mit hochgespannten Strömen.
                           
                           Es war noch beabsichtigt, auf der Station Lanzo einen 10pferdigen elektro-dynamischen
                              									Motor in Thätigkeit zu setzen, wovon jedoch abgesehen werden muſste, da der einzige
                              									vorhandene Motor in groſser Eile hergestellt war und in Folge von Mängeln in der
                              									Ausführung nicht lange in Betrieb erhalten werden konnte. Die Frage der
                              									Kraftübertragung mittels des Gaulard'schen Systemes
                              									muſs noch weiter ausgebildet werden und es ist zu hoffen, daſs aus fortgesetzten
                              									Versuchen bald ein praktischer Apparat hervorgehen werde. Die Schwierigkeit lag im
                              									Umsetzen der Wechselströme in gleichgerichtete.
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 255, S. 162
                              
                           Diese Umsetzung der in den Secundärgeneratoren erzeugten Wechselströme in
                              									gleichgerichtete ist ebenfalls noch in den letzten Tagen der Ausstellung von Gaulard veranschaulicht worden und ging ohne
                              									Unterbrechung mittels des in Fig. 5 dargestellten
                              									Versuchsapparates vor sich. Auf einer hölzernen Platte ist auf 3 Böcken eine Welle
                              									gelagert, welche einen Commutator E und eine runde
                              									Scheibe F mit 12 wagerechten Elektromagneten trägt;
                              									gegenüber den letzteren waren 12 ähnliche Elektromagnete auf einer feststehenden
                              									Scheibe G angebracht. Die beiden Pole der eintretenden
                              									Wechselströme sind mit A und B bezeichnet; ein Nebenzweig derselben umläuft die 12 Elektromagnete der
                              									festen Scheibe G, wodurch abwechselnd Anziehung und
                              									Abstoſsung der Elektromagnete der beweglichen Scheibe F
                              									erzeugt und diese Scheibe nebst dem Commutator E in
                              									Umdrehung versetzt wird. Die gegenüber liegenden kreisenden Elektromagnete F werden durch den vollen gleichgerichteten Strom
                              									magnetisirt, oder besser durch einen Stromzweig desselben in einem abgezweigten
                              									Nebenschlüsse. Sobald der Synchronismus zwischen dynamoelektrischer Maschine und dem Umsetzer E hergestellt war, was gewöhnlich schon wenige Secunden
                              									nach Ingangsetzung des Apparates geschieht und zwar bei 1500 Umdrehungen (1500 × 12
                              									= 18000 Stromwechsel), während die Maschine 750 × 24 = 18000 Stromwechsel gab, lief
                              									der Apparat ungestört schritthaltend weiter und die bei A und B eintretenden Wechselströme wurden
                              									durch den Umsetzer E gleichgerichtet und traten mittels
                              									der Bürsten H und J in die
                              									Leitung C und D, um dann
                              									für solche Zwecke verwendet zu werden, welche Wechselströme ausschlieſsen, z.B. für
                              									Elektrolyse oder zum Betriebe von elektrodynamischen Maschinen.
                           Der wichtige Erfolg der Versuche auf der Turiner Ausstellung war jedenfalls die
                              									Lösung der Aufgabe der Uebertragung elektrischer Energie auf sehr bedeutende
                              									Entfernung zum Zwecke der Beleuchtung und zwar nach Angabe der Jury in
                              									vollständiger, einfacher und ökonomischer Weise.Soweit die Berichte vorliegen, fehlen zu einem endgültigen sicheren Urtheile
                                    											über die Zweckmäſsigkeit derartiger Anlagen die erforderlichen
                                    											Zahlenunterlagen. Dazu gehören zuverlässige Angaben über den Verlust an
                                    											Energie bei Umsetzung der Wechselströme in den Inductoren und über die
                                    											Anschaffungskosten der Apparate selbst, worauf auch Deprez in den Annales industrielles,
                                    											1884 Bd. 2 S. 567 hinweist.
                           
                              
                                 B.