| Titel: | Elektrolytische Reinmetall-Gewinnung aus Kupfererzen auf der Turiner Ausstellung 1884. | 
| Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, S. 199 | 
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                        Elektrolytische Reinmetall-Gewinnung aus
                           								Kupfererzen auf der Turiner Ausstellung 1884.
                        Mit Abbildung.
                        Elektrolytische Reinmetall-Gewinnung aus Kupfererzen.
                        
                     
                        
                           Die Società anonima Italiana di Miniere di Rame e di Elettro
                                 										metallurgia in Genua, welcher in der Internationalen Elektrischen
                              									Ausstellung der zweite Preis von 5000 Franken zuerkannt wurde, gibt folgende
                              									Beschreibung über das Verfahren, welches seit einiger Zeit in den Werken von Casarza bei Sestri-Ponente in Thätigkeit ist.
                           Es besteht die dortige Einrichtung aus 20 Siemens'schen
                              									Maschinen für Elektrolyse, welche mit einer Spannung von 15 Volt und einer
                              									Stromstärke von 250 Ampère je 12 Bäder bedienen. Ein Theil der zu verarbeitenden
                              									Kupfererze wird je nach deren Beschaffenheit in bestimmter Art zu einem Rohstein
                              									verschmolzen, welcher als Anode für den Prozeſs dient und aus 30 Proc. Kupfer, 30
                              									Proc. Schwefel und 40 Proc. Eisen zusammengesetzt ist. Ein anderer Theil der Erze
                              									wird geröstet, um dann eine Lösung herzustellen, welche so viel Kupfervitriol
                              									enthält, als nöthig ist, um das Eisenvitriol der Anoden für die elektrolytische
                              									Zersetzung derselben Kupfervitriollösung nutzbar zu machen; hiernach gliedert sich
                              									das Verfahren folgendermaſsen.
                           
                           Bildung der Anoden:
                           1) Der Theil des Minerals, welcher zu Anoden bestimmt ist, wird
                              									auf die übliche Art und Weise zu Rohstein verschmolzen.
                           2) Man gieſst den Rohstein in dünne, den Abmessungen der Behälter
                              									entsprechende Platten und setzt zugleich einen Kupferstreifen ein, um die Verbindung
                              									mit dem Stromkreise herzustellen.
                           3) Die so gefertigten Platten werden als Anoden in die Bäder
                              									gebracht.
                           4) Die Kathoden werden aus dünnen Kupferblechen gebildet.
                           Zubereitung der Lösungen:
                           5) Die Erze werden geröstet, um die zur Elektrolyse nöthigen
                              									Sulfate herzustellen.
                           6) Die gerösteten Erze werden systematisch ausgelaugt unter Zusatz
                              									von Schwefelsäure, um das als Kupferoxyd vorhandene Metall aufzulösen, und die
                              									erhaltene Lösung, welche aus Kupfervitriol und Eisenvitriol zusammengesetzt ist,
                              									wird nach den Behältern gebracht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 255, S. 200
                              
                           7) Das Kupfervitriol zersetzt sich durch den elektrischen Strom,
                              									indem sich das Kupfer auf den Kathoden niederschlägt, und es werden zugleich die die
                              									Anoden bildenden Schwefelmetalle angegriffen; es bilden sich hierbei Eisensalze und
                              									Schwefelsäure, welche den Niederschlag des Eisens aus dem Eisenvitriole und die
                              									Entwicklung von Wasserstoff verhindern; das Kupfer scheidet sich aus und setzt sich
                              									chemisch rein und fest an den Kathoden an.
                           8) Um die Sättigung der Lösung und deren richtige Zusammensetzung
                              									beizubehalten, wird dieselbe durch die Sammelröhren aus den einzelnen Bädern nach
                              									den Laugebehältern gebracht und auf diese Art ein regelmäſsiger und unausgesetzter
                              									Kreislauf zwischen Bädern und Laugebehälter unterhalten.
                           9) Die Lösung hat eine solche oxydirende Kraft, daſs es möglich
                              									ist, gewisse Schwefelmetalle ohne vorherige Röstung aufzulösen und zu
                              									erschöpfen.
                           10) Der gröſste Theil der elektrischen Spannung, welche
                              									erforderlich ist, das Kupfervitriol zu zersetzen, wird durch die Oxydation des in
                              									den Anoden enthaltenen Eisens erzeugt, so daſs für die Bäder, für die
                              									Trennungsarbeit und die Unterhaltung eines ökonomisch ausreichenden Stromes kaum
                              									eine Spannung von 1 Volt nöthig ist.
                           11) Die ausgenutzten Anoden werden zu Schwefel oder Schwefelsäure
                              									verwerthet.
                           12) Wenn die Lösung zu viel Eisen enthält, so wird dieselbe
                              									entfernt; die letzten Spuren von Kupfer werden durch den Schwefelwasserstoff
                              									niedergeschlagen, welcher durch die Einwirkung der Lösung auf den Rohstein erhalten
                              										wird; auf demselben
                              									Wege wird auch das Eisenvitriol reducirt und die freie Schwefelsäure
                              									neutralisirt.
                           13) Man krystallisirt das Eisenvitriol aus, wenn es sich lohnt;
                              									sonst verzichtet man darauf.
                           14) Durch eine zweckmäſsige Zusammenstellung der Bäder, eine
                              									richtige Zusammensetzung der Lösung und einen passenden Kreislauf beträgt die
                              									tägliche Ausbeute an reinem Kupfer mindestens 20k
                              									für 1 Pferdestärke.Vgl. Blas und Miest
                                    											1883 247 46. 1884 251
                                    											419.
                           Die Tabelle auf S. 200 veranschaulicht die Aufeinanderfolge des
                              									Verfahrens noch deutlicher.
                           Wie es scheint, hat die Gesellschaft, welche mit einem Kapital von 4,8 Mill. Mark
                              									gegründet wurde, von denen etwa 72,5 Proc. einbezahlt sind, einen Erfolg erzielt und
                              									hat auch anderweitig Concessionen von Gruben und Wasserkräfte erworben, um Werke
                              									anzulegen. Viele der italienischen Erzgruben sind abgelegen in den Bergen, so daſs
                              									sich eine Ausbeute in Folge groſser Transportspesen und hoher Brennmaterialpreise
                              									nicht lohnt, namentlich nicht bei ärmeren Erzen. Gewöhnlich sind bedeutende und
                              									billige Wasserkräfte in deren Nähe verfügbar, so daſs eine praktische Lösung der
                              									Reinmetallgewinnung aus den Erzen für Italien von weit tragenden Folgen wäre.