| Titel: | Ueber Fuchsinfabrikation; von P. Schoop. | 
| Autor: | P. Schoop | 
| Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 276 | 
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                        Ueber Fuchsinfabrikation; von P.
                              								Schoop.
                        Mit Abbildungen.
                        Schoop, über Fuchsinfabrikation.
                        
                     
                        
                           Betrachtet man die Anilinfarben-Industrie hinsichtlich der Entwickelung seit den 25
                              									Jahren ihres Bestandes, so sieht man in bunter und rascher Folge immer neue
                              									Farbstoffe auftauchen, andere verdrängend, um bald selbst neueren Emporkömmlingen
                              									weichen zu müssen. Um so interessanter ist es nun, daſs gerade der älteste, zuerst
                              									erzeugte Farbstoff noch heute eine Achtung gebietende Stellung in der Farbentechnik
                              									einnimmt, nämlich das Fuchsin. Aber nicht nur hat das Fuchsin sich als solches
                              									erhalten, sondern auch seine Darstellungsweise hat sich so wenig verändert, daſs
                              									noch jetzt der gröſste Theil dieses Farbstoffes nach derselben Methode wie vor 20
                              									Jahren hergestellt wird. Gewiſs hat im Laufe der Zeit und mit der so raschen
                              									Entwickelung der chemischen Theorien die Fabrikation sowohl qualitativ, als
                              									quantitativ sich verbessert.
                           
                           Trotzdem wird wohl in nächster Zeit auch diese so lang bewährte Industrie eine
                              									Umwälzung erfahren, d.h. das Arsensäureverfahren muſs dem sogen. Nitrobenzol
                              									verfahren (und vielleicht der neuesten Synthese von Rosanilinfarbstoffen, mit
                              									Phosgengas) weichen. Es ist hauptsächlich die Giftigkeit der Abfälle, welche, trotz
                              									Verbotes von Behörden u. dgl. von den Fabrikanten in die Flüsse abgelassen, dort
                              									alles Leben vernichteten, der Grund gewesen, weshalb diese Fabrikation in gewissen
                              									Gegenden ganz verboten, an anderen Orten sehr eingeschränkt worden ist. So ist es
                              									denn erklärlich, daſs das Bestreben der Chemiker mehr auf eine neuere unschädliche
                              									Bereitungsart des Fuchsins, als auf eine weitere Vervollkommnung des alten Prozesses
                              									gerichtet war. Es wird daher Manchen willkommen sein, in der Zeit, da das alte
                              									Verfahren bereits den Höhepunkt seiner Bedeutung überschritten hat, ein getreues
                              									Bild desselben zu erhalten.
                           Es sei bemerkt, daſs seit längerer Zeit die Fuchsinfabrikation in zwei von einander
                              									vollständig getrennt gebliebenen Specialitäten zerfällt. Die Blaufabrikanten stellen
                              									ihr Fuchsin selbst her und erhalten, in Folge der Bereitungsweise sowohl, als auch
                              									des Materials ein von dem als Farbstoff für sich zu verwendenden Fuchsin ganz
                              									verschiedenes Product. In Nachfolgendem soll die Blaufuchsinfabrikation vorderhand
                              									nicht berücksichtigt, sondern im Besonderen die eigentliche Fuchsinfabrikation
                              									beschrieben werden. Ebenso soll eine Besprechung des Einflusses, welchen die
                              									Zusammensetzung des „Rothanilins“, die Temperatur und Zeitdauer der Schmelze
                              									u. dgl. auf das Product ausüben für jetzt vermieden und nur die technische
                              									Herstellung mit Beiseitesetzung aller theoretischen Begründungen gegeben werden.
                           Fig. 1., Bd. 258, S. 277Der aus Fig. 1 ersichtliche Schmelzkessel von 1m,35 Durchmesser und 1m Höhe ist aus
                              									Guſseisen; der Deckel kann durch einen Flaschenzug gehoben werden. An einem
                              									Seitenstutzen ist das Abzugsrohr für das Destillat angeschraubt. Durch ein Rührwerk
                              									wird der Kesselinhalt während der ganzen Dauer der Schmelze in Bewegung erhalten.
                              									Eine kleinere Oeffnung
                              									dient zur Entnahme von Schmelzproben. Die Einmauerung des Kessels ist derart, daſs
                              									die Flammengase durch ein durchbrochenes Gewölbe gegen den Boden des Kessels strömen
                              									und von dort gleichmäſsig an der Kesselwand hinaufstreichen, um schlieſslich durch
                              									einen ringförmigen Abzugskanal dem Kamine zugeführt zu werden.
                           Was das Rothanilin betrifft, sei die Zusammensetzung zweier bewährter Oele
                              									angeführt:
                           
                              
                                 Rothöl
                                 A
                                 B
                                 
                              
                                 Anilin
                                 22 Proc.
                                 16,3 Proc.
                                 
                              
                                 Orthotoluidin
                                 58,4
                                 68,4
                                 
                              
                                 Paratoluidin
                                 19,6
                                 23.3
                                 
                              
                                 Spec. Gew. bei 20°
                                 1,0023
                                 1,0006
                                 
                              
                           Die Arsensäure, welche leicht durch Oxydation des Arseniks mit Salpetersäure
                              									hergestellt werden kann, wird so weit eingedampft, bis das Gewicht 75° B. beträgt.
                              									Zum Theile wird die regenerirte Arsensäure von der Schmelze (welche zudem auch noch
                              									arsensaure Basen enthält) wieder verwendet, wie weiter unten angegeben ist.
                           In den Kessel werden also gefüllt: 700k Arsensäure
                              									(75° B.), 300k regenerirte Arsensäure (75° B.),
                              										300k Rothanilin und 200k Destillat (von früheren Einsätzen). Ist der
                              									Kessel kalt, so gesteht die Mischung zu einer dicken Gallerte. Gewöhnlich aber ist
                              									der Kessel von früherer Heizung so warm, daſs die Mischung flüssig bleibt. Es wird
                              									nun gefeuert (Morgens 6 Uhr), so daſs nach etwa 7 Stunden (Mittags 1 bis 2 Uhr) die
                              									Destillation beginnt. Nun wird das Feuer so geregelt, daſs stündlich 10l Destillat übergehen. Nach 20 Stunden (20 bis 25
                              									Eimer Destillat) wird stärker gefeuert, bis stündlich 20l Destillat kommen. Nachdem im Ganzen etwa 400l übergegangen sind, ist die Schmelze bereits dickflüssig geworden. Nun
                              									werden fleiſsig Proben genommen und die Schmelze unterbrochen, sobald dieselbe
                              									teigartig geworden ist. Der Deckel wird rasch in die Höhe gezogen und der
                              									Kesselinhalt mittels kupferner Schöpfer auf eiserne Bleche ausgeschöpft. Die Dauer
                              									der Schmelze beträgt also ziemlich genau 36 Stunden. Sobald die Schmelze dickflüssig
                              									wird, läſst man das Feuer nur sehr schwach unterhalten, indem die Temperatur des
                              									Kessels allein genügend ist, die Reaction zu beendigen. Nur längere Erfahrung lehrt
                              									den wichtigen Punkt kennen, wenn die Schmelze unterbrochen werden muſs. Ist dieselbe
                              									zu dünnflüssig, dann ist die Fuchsinausbeute etwas niedrig; ist dieselbe aber fest
                              									geworden, so ist es eine saure Arbeit, mit Meiſseln die Masse aus dem Kessel zu
                              									schaffen. Während des Ausschöpfens werden die Kupferlöffel häufig in kaltes Wasser
                              									getaucht, um ein Kleben der Schmelze daran zu verhindern. Vor den dick qualmenden
                              									Anilindämpfen schützt sich der Arbeiter durch einen vor Mund und Nase gebundenen,
                              									mit etwas Essigsäure befeuchteten Schwamm. Auch findet nach je 2 bis 3 Minuten
                              									Ablösung statt. Die Schmelze wird nach dem Erkalten in faustgroſse Stücke zerschlagen und gewogen.
                              									Gewicht durchschnittlich 886k. Der Bruch der
                              									Schmelze ist muschelig, goldglänzend und spröde.
                           Das Destillat wird in einem groſsen Scheidetrichter
                              									aufgesammelt und etwa 100k Salz zur Flüssigkeit
                              									gefügt. Das Oel scheidet sich nun leicht an der Oberfläche ab. Die Salzlösung wird
                              									abgezogen und nach Ermittelung des Anilingehaltes diazotirt, mit Naphtollösung
                              									gefällt und auf Naphtolorange verarbeitet. Die Oelschicht wird in einer Blase
                              									rectificirt und für folgende Schmelzen benutzt. Das Destillat von Rothöl A und B
                              									enthält:
                           
                              
                                 Rothöldestillat
                                 A
                                 B
                                 
                              
                                 Anilin
                                 29 Proc.
                                 21 Proc.
                                 
                              
                                 Orthotoluidin
                                 71
                                 79
                                 
                              
                                 Paratoluidin
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Spec. Gew. bei 18°
                                 1,0076
                                 1,0057
                                 
                              
                           Noch vortheilhafter wird das Destillat auf Safranin verarbeitet. Durchschnittlich
                              									liefert eine Schmelze 220k Destillatanilin.
                           Die Schmelze wird nun auf einem Kollergange mit guſseiserner Tellerplatte naſs
                              									verrieben, bis ein feiner Schlamm entstanden ist. Zweistündiges Reiben genügt
                              									gewöhnlich. Der Schlamm wird in ein Druckfaſs abgelassen und durch eine Filterpresse
                              									getrieben. Während das Filtrat in einer eisernen Dampfpfanne, eingeengt wird, um die
                              									regenerirte Arsensäure zu erhalten, wird der Preſsrückstand nochmals mit lauem
                              									Wasser aufgerührt und wieder filtrirt. Das nun erhaltene Filtrat wird zum Zerreiben
                              									des nächsten Postens Schmelze benutzt. Selbstverständlich wird die Schmelze in
                              									kleineren Posten von je etwa 100k zerrieben. Die
                              									so ausgewaschene Rohschmelze stellt ein gelbgrünes Pulver dar, welches nun im
                              									Extractionsapparate oder Auskochkessel (Fig. 2 und
                              										3) einer zweimaligen Auslaugung mit kochendem
                              									Wasser unterworfen wird.
                           Während zuerst die Fuchsinschmelze in offenen Gefäſsen mit Dampf gekocht wurde,
                              									nachher liegende, geschlossene Cylinder, welche ein Auskochen unter geringem Drucke
                              									ermöglichten, angewendet wurden, bedient man sich jetzt stehender
                              									Extractionsapparate. Der in Fig. 2 und 3 in zwei Schnitten dargestellte Apparat besteht aus
                              									dem guſseisernen Untersatze mit Einfüllöffnung (für die pulverisirte Schmelze),
                              									welche durch einen auf Schienen laufenden Deckel D
                              									verschlossen werden kann. Am halbkugelig geformten Boden dieses Untersatzes befinden
                              									sich drei Dampfeinlässe e (37mm Durchmesser) symmetrisch angeordnet, welche aus
                              									der gemeinschaftlichen Dampfleitungsröhre d (50mm) gespeist werden. Ferner ist etwas höher der
                              									Wassereinlauf w (37mm) angebracht und an der tiefsten Stelle der Abfluſs a. Der Deckel D, welcher die kreisförmige
                              									Füllöffnung verschlieſst, wird mit Schrauben befestigt; derselbe ist mit einer
                              									Stopfbüchse versehen, welche der von Hand zeitweilig in Thätigkeit zu setzenden
                              									Achse des Rührwerkes R als Führung dient. Ueber dem
                              									Untersatze erhebt sich der obere, cylindrische, aus Kesselblech genietete Theil des
                              									Apparates, welcher oben durch eine schwach gewölbte Decke abgeschlossen ist. In etwa ¾ der
                              									Höhe des ganzen Apparates befindet sich ein kleiner Ablaſshahn, welcher die Stelle,
                              									bis zu welcher der Kessel mit Wasser gefüllt wird, bezeichnet. Auſserdem ist an der
                              									Decke ein Manometer angebracht, welches den im Kessel herrschenden Dampfdruck
                              									anzeigt. Der Obertheil aus Kesselblech ist mittels Schrauben an den Untersatz
                              									befestigt. Der ganze Apparat, welcher einen Durchmesser von 1m und eine Höhe von 4m,5 besitzt, ruht mittels des untersten, halbkugeligen Theiles auf einem
                              									soliden Holzrahmen. In ¾ der Höhe ist der Apparat ebenfalls noch durch einen Rahmen
                              									geführt, um Schwankungen zu verhüten.
                           Fig. 2., Bd. 258, S. 280Fig. 3., Bd. 258, S. 280Für ununterbrochenen Betrieb sind wenigstens zwei am besten neben einander
                              									stehende Auskochkessel nöthig. Zweckmäſsig theilt man von vornherein die Rohschmelze
                              									in 10 gleiche Theile. Jeder Theil, also 88k,6 wird
                              									für sich zerrieben und dann das ausgelaugte Pulver in den Auskochkessel gebracht.
                              									Der Deckel wird geschlossen und Wasser bis zum Ueberlaufen des oberen Hahnes
                              									zuflieſsen gelassen. Nun wird auch dieser Hahn geschlossen und Dampf eingeleitet.
                              									Der Flüssigkeitsinhalt beträgt etwa 3600l. Wenn
                              									das Wasser kocht, wird der Dampfzufluſs derart geregelt, daſs das Manometer 1,5 bis
                              										2at zeigt, Nach 4 Stunden (im Ganzen) wird die
                              									Brühe durch eine Filterpresse gedrückt und das Filtrat in einen groſsen Behälter
                              									geleitet, Der Rückstand wird nun in den zweiten Auskochkessel gebracht und nochmals
                              									mit 3600l Wasserauf gleiche Weise ausgezogen.
                              									Diese zweite Brühe wird nun in den ersten Apparat, der bereits mit einer frischen
                              									Ladung beschickt ist, übe gedrückt, so daſs also stets die frische Schmelze mit dem
                              									zweiten Auszuge des
                              									früheren Einsatzes ausgekocht wird. Der doppelt ausgezogene Rückstand – ein Humus
                              									ähnliches Pulver – bildet den einen Theil der giftigen, unverwerthbaren
                              									Fuchsinrückstände.
                           Die Farbbrühe einer Auskochung (etwa 3600l) setzt
                              									nach ½ stündigem Stehen etwas Unreinigkeit ab; sie wird nun in ein unten stehendes
                              									Gefäſs abgelassen und noch heiſs mit 200k
                              									Steinsalz verrührt. Der als arsenigsaure Verbindung in Lösung gewonnene Farbstoff
                              									verwandelt sich jetzt in das Chlorhydrat, welches durch die Anwesenheit des Salzes
                              									beim Erkalten sich ziemlich vollständig ausscheidet. Die nach 2 Tagen abgezogene Lauge wird in einem groſsen Behälter gesammelt und von
                              									Zeit zu Zeit mit etwas Kalkmilch der noch vorhandene Farbstoff gefällt; derselbe
                              									wird filtrirt und später für sich verarbeitet. Die nunmehr erhaltene Lauge, viel
                              									arsenige Säure u. dgl. enthaltend, sollte vollständig mit Kalk gefällt werden, um
                              									das Arsen zu entfernen. Dies geschieht leider öfters gar nicht oder unvollständig,
                              									so daſs die giftigen Wässer, in die Flüsse geleitet, diese auſserordentlich
                              									verunreinigen. Der auf diese Weise zu erhaltende Kalkniederschlag liefert
                              									beträchtliche Massen und bildet den zweiten gröſseren Theil der giftigen
                              									Rückstände.
                           Das ausgesalzene Rohfuchsin wird nun der Reinigung unterworfen; neben verschiedenen Fuchsinen,
                              									Chrysanilin, Mauvanilin, Violanilin enthält es noch weitere bisher wissenschaftlich
                              									nicht erkannte Bestandtheile. Die Trennung der Bestandtheile von einander beruht auf
                              									einer systematisch durchgeführten fractionirten Fällung.
                           Das aus zwei Wannen erhaltene Rohfuchsin (entsprechend ⅕ Schmelze) wird nun in einer
                              									Holzbütte in 1000l Wasser durch Aufkochen mit
                              									Dampf gelöst. Nun fügt man zu der kochenden Brühe 40l Sodalösung (4procentige, also hergestellt durch Lösen von 40k calcinirter Soda in 1000l Wasser) allmählich hinzu. Es scheidet sich
                              									hierdurch ein Theil des Farbstoffes als grün- bis goldglänzendes Harz an den Wänden
                              									der Bütte sowie an der Oberfläche der Lösung ab. Das Harz wird abgeschöpft und die
                              									Flüssigkeit rasch durch ein grobmaschiges Filter in eine Holzbütte gegossen. Dem
                              									Filtrate werden 2l Salzsäure zugefügt, um
                              									einerseits Chrysanilinausscheidung zu verhindern, andererseits die Krystallisation
                              									des Fuchsins zu verzögern. Auf die Flüssigkeit wird ein Deckel mit Holzstäben
                              									gesetzt, wodurch die Abkühlung derselben langsamer vor sich geht. Wenn der Deckel
                              									nach 2tägiger Pause abgenommen wird, ist derselbe mit einer Schicht schöner
                              									Krystalle überzogen. Die Lauge wird nun in einen Behälter flieſsen gelassen und auch
                              									die an der Wand und am Boden sitzenden Krystalle abtropfen gelassen. Man läſst diese
                              									Fuchsinkrystallisation an der Luft trocknen und stellt sie zum Schlusse in eine 40°
                              									warme Trockenstube. Es werden so 20k
                              									Fuchsinkrystalle gewonnen, während etwa 4k Fuchsin
                              									in der Mutterlauge enthalten sind und das Gewicht des abgeschiedenen „Harzes“
                              									15 bis 16k beträgt.
                           Die Krystallisationsmutterlauge wird mit Natronlauge gefällt und
                           
                           Textabbildung Bd. 258, S. 282Fuchsinschmelze (Im Kochkessel
                                    											gekocht, filtrirt und Stunde stehen gelassen); Harzabsatz (Hiervon abgezogen
                                    											und die Lösung mit NaCl gefällt); Ruhfuchsin (In Wasser gelöst u. mit Soda
                                    											gereinigt); Harz; Lösung; In gelöst und mit Soda gereinigt; Erkalten
                                    											gelassen; Krystallfuchsin; Mutterlauge; Mit NaOH gefällt in HCl gelöst, mit
                                    											Soda gereinigt; Fuchsin; Mauvanilin; Grenadine; Wird zu Harz 1 gefügt;
                                    											Marron; Zimmtbraun die als rothbrauner
                              									Schlamm abgeschiedene Farbbase, nachdem sich etwa 40k (auf trockne Substanz berechnet) davon angesammelt haben, in Salzsäure
                              									gelöst. Mit dieser Lösung wird genau so verfahren, wie bei der Reinigung der
                              									Rohfuchsinbrühe, d.h. es wird durch Zusatz von Sodalösung etwa ⅓ des Farbstoffes als
                              										Harz ausgeschieden; das Filtrat liefert dann beim
                              									Erkalten wieder Fuchsinkrystalle. In dieser Krystallmutterlauge bleibt jetzt neben
                              									weniger Fuchsin schon sehr viel Chrysanilin. Durch Fällen derselben mit Natronlauge,
                              									Filtriren und Eindampfen der Base mit Essigsäure erhält man das Zimmtbraun.
                           Die Harzabscheidung von der Reinigung des Rohfuchsins (Harz I) wird in Salzsäure
                              									gelöst, wobei jedoch schon beim Kochen der sauren Brühe sich etwas Harz abscheidet,
                              									welches hauptsächlich Mauvanilin ist. Durch
                              									vorsichtigen Zusatz von Sodalösung wird abermals ein Theil des Farbstoffes
                              									abgeschieden und die Mutterlauge liefert (nach dem Filtriren und Erkalten) noch
                              									etwas Fuchsin. Die Krystallisationslauge von dieser Fuchsinabscheidung wird mit dem
                              									Harz I (siehe oben) vereinigt.
                           Das Harz II, von der Reinigung des Harzes I abstammend, wird abermals in Salzsäure
                              									aufgelöst und die saure Brühe gekocht, wobei sich wieder etwas Mauvanilin
                              									ausscheidet, welches entfernt wird. Die heiſse Lösung wird nun mit Kochsalz
                              									versetzt, wobei Cerise ausfällt. Es wird filtrirt und
                              									die Farbbase, nach dem Auswaschen, mit Salzsäure neutralisirt und in eisernen
                              									Pfannen mit Dampfheizung eingedampft. Es wird so das Cerise des Handels gewonnen.
                           In dem Filtrate vom Ceriseniederschlage wird das gelöst gebliebene Fuchsin mit
                              									Natronlauge niedergeschlagen und die erhaltene Base mit dem aus Harz 1 bleibenden
                              									Harze 2 vereinigt. Die weitere Behandlung der Rückstände ist aus dem Schema S. 282
                              									ersichtlich.
                           Es ist klar, daſs die mehr oder weniger vollständige Trennung der Nebenproducte von
                              									den Marktbedürfnissen abhängig ist. Auch fallen die verschiedenen Fractionen bei
                              									verschiedenen Behandlungen sehr ungleich aus. Die gewünschten Töne von Fuchsin,
                              									Cerise, Zimmtbraun, Marron u.s.w. werden demnach durch Mischen der geeigneten
                              									Producte hergestellt. Das Mauvanilin (neben Violanilin) ist ein fast werthloses
                              									Product, welches höchst selten mit rauchender Schwefelsäure löslich gemacht, häufig
                              									aber vernachlässigt wird.
                           Um ein Fuchsin auf den Gehalt an Chrysanilin zu prüfen, löst man eine Probe desselben
                              									in heiſsem Wasser auf. Man fügt nun etwas Salzsäure hinzu und in kleinen Posten
                              									Zinkstaub, so lange, bis die rothe Farbe der Lösung verschwunden ist. Die Reduction
                              									wird durch Erwärmen unterstützt. Von Chrysanilin freies Fuchsin löst sich zu einer
                              									wasserhellen, nicht gefärbten Flüssigkeit, während ein Gehalt an Chrysanilin eine
                              									mehr oder weniger kräftige Gelbfärbung der Flüssigkeit bewirkt.
                           Das Arsensäureverfahren soll gegenüber dem Nitrobenzolverfahren den Vortheil haben, daſs die
                              									Menge der Nebenprodukte derart bedeutender ist., um die Rentabilität immer noch auf
                              									seine Seite zu rücken. Indeſs liefert auch das Nitrobenzolverfahren ein sehr schönes
                              									Marron, welches den Vergleich mit dem auf anderem Wege erhaltenen gut aushält.
                              									Auſser für die Fabrikation von Säurefuchsin ist das nach obigem Verfahren erzeugte
                              									Fuchsin nur für geringe rothstichige Rosanilinblau zu verwenden und auch hier
                              									insbesondere nur für das sogen. „Soluble-Blau“. Weder Baumwollblau, noch
                              									Alkaliblau können daraus in befriedigender Weise hergestellt werden. Man kann durch
                              									vorhergehende Trennung des Krystallfuchsins allerdings ein Rosanilin erhalten,
                              									welches tauglicher für die Blaufabrikation ist; ganz feine Blau jedoch sind nicht
                              									damit erhältlich.
                           Innsbruck, September 1885.