| Titel: | Ueber Bobbinnetmaschinen zur Herstellung der englischen Tüllgardinen; von Ernst Müller, | 
| Autor: | Ernst Müller | 
| Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 305 | 
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                        Ueber Bobbinnetmaschinen zur Herstellung der
                           								englischen Tüllgardinen; von Ernst Müller,
                        Privatdocent an der technischen Hochschule zu
                           								Hannover.
                        Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 20.
                        E. Müller, über Bobbinnetmaschinen.
                        
                     
                        
                           Erst seit Ende 1879, in Folge Einführung des Zolltarifes vom 15. Juli 1879, hat die
                              									Herstellung von Tüllgeweben auf Bobbinnetmaschinen in Deutschland festen Fuſs
                              									gefaſst und allmählich recht bedeutende Ausdehnung gewonnen. Anfangs 1884 waren
                              									bereits rund 200 Stühle in Betrieb, welche ein Anlagekapital von mehreren Millionen
                              									Mark erforderten. Seinen Sitz hat dieser Fabrikationszweig hauptsächlich in Sachsen,
                              									woselbst auf den Stühlen vorzugsweise sogen. englische
                                 										Tüllgardinen hergestellt werden. In England selbst bildet Nottingham (die
                              									Geburtsstätte dieser Industrie) und Umgebung den Hauptsitz, in Frankreich die Gegend
                              									von Calais, während in Oesterreich sich von Wien aus dieser Industriezweig
                              									verbreitet hat.
                           Die ersten Maschinen für glatten Bobbinnet wurden in den J. 1808 und 1809 von Heathcoat in Nottingham construirt, während die
                              									Herstellung von Tüllspitzen bezieh. Tüllgardinen auf Bobbinnetmaschinen erst seit
                              									Einführung der Jacquardmaschine in die Bobbinnetweberei besteht. Der erste Vorschlag
                              									hierzu ging einem französischen Patente zu Folge im J. 1824 von Colas und Delompnès in Lyon aus.Vgl. Karmarsch-Heeren's technologisches
                                       												Wörterbuch. Herausgegeben von Kick und
                                    												Gintl, Aufl. 3 Bd. 8 * S. 376.
                              									In Sachsen hat man 1830 einmal in Harthau bei Chemnitz versucht, Bobbinnetmaschinen
                              									zu bauen, aber damals ohne Erfolg.
                           Das Verdienst diesen Industriezweig in dem deutsch redenden Theile des Festlandes
                              									eingeführt zu haben, gebührt dem verstorbenen Ludwig
                                 										Damböck in Wien, dessen Nachkommen heute die gröſste Bobbinnet- und
                              									Spitzenfabrik des Festlandes besitzen, eine Fabrik, welche bereits 1829 begründet
                              									wurde. L. Damböck gestattete, entgegen dem englischen
                              									Gebrauche, den Gelehrten den Besuch seiner Fabriken zum Zwecke eingehenden Studiums
                              									und dürfte wohl auch J. SchneiderVgl. Prechtl's technologische Encyklopädie,
                                       												1830 Bd. 2 * S. 497 ff. dortselbst seine Aufnahmen
                              									gemacht haben.
                           Zur Erzeugung von Maschinenspitzen bezieh. Vorhängen mit Spitzengrund dienen
                              									gegenwärtig folgende MaschinenVgl. auch Hugo Fischer: Artikel „Spitzen“ in Karmarsch-Heeren's
                                       												technologisches Wörterbuch, 1885 Aufl. 3 Bd. 8 * S.
                                    									376.: A) Klöppelmaschinen, zur Erzeugung der
                              									sogen. Barmer Spitzen:, B) Wirkmaschinen, zur Erzeugung
                              									von Spitzen und Vorhängen (Kettenwirkwaaren, warpe-lace) und C) Bobbinnetmaschinen.
                           Bei den Bobbinnetmaschinen ist ein Fadensystem immer auf jenen eigenthümlichen
                              									flachen Spulen (bobbins) aufgewickelt, welche in
                              									Schlitten 
                              									(carriages) drehbar gelagert sind und so dünn sein
                              									müssen, daſs sie mitsammt ihrem Träger zwischen je zwei benachbarten, senkrecht
                              									ausgespannten Kettenfäden ungehindert hindurchgleiten können. Die Unterstützung
                              									dieser Schlitten i findet hierbei durch Kämme (combs) k (vgl. Fig. 6 und 7 Taf. 20) statt.
                           Es ist nun zwischen solchen Maschinen zu unterscheiden, bei welchen eine seitliche Verschiebung der Schlitten stattfindet, und
                              									zwischen solchen, bei welchen die Schlitten immer in ein und derselben Ebene
                              									schwingen. Die Erzeugnisse der ersten Maschinengattung sind dadurch gekennzeichnet,
                              									daſs die Schuſs- (Bobbin-) Fäden über mehrere neben einander liegende Fäden der
                              									geraden Ketten fortschreiten (sogen. glatter Tüll oder Bobbinnet oder Tülle anglais, Quillings,
                                 										Spottednet), während bei der zweiten Maschinengattung theilbare Grundarten
                              									zu Stande kommen. Diese (Twistlace-) Maschinen sind mit
                              									Jacquardeinrichtung versehen.
                           Bezüglich des Antriebes der Schlitten kann man die Maschinen noch unterscheiden in
                              									solche mit Antrieb von unten bezieh. von oben. Der Antrieb von unten erfolgt entweder durch Zug- bezieh. Schubschienen (sogen. Locker-Maschinen, vgl. 1832 42 * 231), die Schlitten besitzen dann die in Fig. 3 und 4 Taf. 20 gezeichnete
                              									Gestalt, oder die Schlitten haben unten die Form von Zahnbögen (Fig. 5 Taf. 20), in welche
                              									eine Zahnwelle eingreift (sogen. Roller-Maschinen): für
                              									den Antrieb von oben nehmen die Schlitten die in Fig. 7 Taf. 20
                              									wiedergegebene Form an und greifen dann in die Zahnlücken i1 Treibstangen (catch-bar) ein (sogen. Lever-Maschinen, vgl.
                              										John Levers 1832 43 *
                              									231).
                           Als zweites Unterscheidungsmerkmal dient das Mittel, durch welches die Stellung der
                              									Fäden erfolgt. Bei den Gardinenstühlen
                                 									(Curtain-Maschinen) bezieh. bei den Maschinen, welche Tüllspitzen mit
                              									Gardinengrund liefern, erfolgt die Auswahl der seitlich zu stellenden Fäden durch
                              									hakenförmig gebogene „Auswähler“
                              									(selectors oder interpreters), welche mit einer hinter der Maschine in der Höhe
                              									angebrachten Jacquardeinrichtung in Verbindung stehen. Die Fäden der Spitzenmaschinen (Lace-Maschinen) sind dagegen in
                              									besondere Schienen (steel bars, top bars, bottom bars)
                              									eingezogen, welche durch an der Seite der Maschine angebrachte Einrichtungen (Dropper jacquards) dem gewünschten Muster gemäſs
                              									gestellt werden.
                           Die Maschinen mit Schlittenantrieb von unten sind schon
                              									mehrfach beschrieben worden; es sei deshalb an dieser Stelle kurz auf eine
                              									Maschinengattung mit Antrieb von oben hingewiesen, um
                              									so mehr, als gerade diese in Deutschland hauptsächlich zur Herstellung der sogen.
                              										englischen Gardinen dient.Ausführlicher sind diese Maschinen (Curtain-lever-Maschinen) behandelt in des Verfassers Abhandlung:
                                    												„Ueber Bobbinnetmaschinen mit Jacquardeinrichtung“ im Civilingenieur, 1884 * S. 503, welcher
                                    											Abhandlung die folgenden Mittheilungen entnommen sind.
                           
                           Die Grundbindungen dieser Gewebeart sind in Fig. 1 und 2 Taf. 20 und den Textfiguren 1, 2 und
                              										5 wiedergegeben. Es besteht der Gardinengrund aus drei
                              									Fadensystemen und zwar aus: Kette (schraffirt
                              									gezeichnet), Musterfaden (stark ausgezogen) und Bindefaden (dünn ausgezogen).
                           Fig. 1., Bd. 258, S. 307Fig. 2., Bd. 258, S. 307Die Kettenfäden laufen längs durch das ganze
                              									Stück hindurch, die Musterfäden gehen zwischen den
                              									benachbarten Kettenfäden im Zickzack hin und her und werden an dieselben durch die
                              									umschlingenden Bindefäden festgebunden. Die Musterfäden
                              									gehen daher im Stoffe nach links, wenn die Bindefäden nach rechts gehen und
                              									umgekehrt. Das Hin- und Hergehen der Musterfäden wird nun durch die
                              									Jacquardeinrichtung beeinfluſst. Durch die Dichte der Musterfadenlagen werden die
                              									verlangten Musterungen oder ein gleichmäſsig durchbrochener Zellengrund erzeugt.
                           Die Kette ist auf einem Kettenbaume a2 (Fig. 8 Taf. 20)
                              									aufgewickelt, geht von da durch einen Fadenleiter e
                              									nach der Führerschiene h, welche eine solche hin- und
                              									hergehende Bewegung erhält, daſs die Kettenfäden p1 bald auf die eine, bald auf die andere Seite der
                              									Bindefäden p3 (Fig. 3 und 7 Taf. 20)
                              									gebracht werden können. Die Bildung des Gewebes erfolgt an der unteren Kante der
                              									Unterstützungsleiste n. Das Abziehen des fertigen
                              									Stoffes besorgt eine Stachel walze a4, auf welcher dar Zeugbaum a lose rollt.
                           Die Musterfäden p1
                              									kommen von Spulen a1,
                              									welche auf besonderen Spulenböden auf der hinteren Maschinenseite gelagert sind.
                              									Auch die Musterfäden gehen durch den Fadenleiter e nach
                              									den Kämmen g, f, welche ebenfalls so hin- und
                              									hergeschoben werden, daſs die Musterfäden bald von dem einen, bald von dem anderen
                              									Bindefaden gekreuzt werden. Unter diese Kreuzungsstellen greifen die Nadeln der
                              									Stangen m, welche die fertigen Maschen nach oben
                              									schieben und dort halten, bis die nächste Maschenreihe in ihrer Bildung so weit
                              									fortgeschritten ist, daſs ein Auflösen der vorhergehenden nicht mehr zu befürchten
                              									steht.
                           Die Bindefäden p3 (vgl.
                              										Fig. 3 und
                              										7 Taf. 20)
                              									wickeln sich von den gebremsten dünnen Spulen a3 der Schlitten i ab,
                              									welche in einer zu den Kettenfäden normalen Ebene so schwingen, daſs die
                              									Drehungsachse mit der unteren Kante der Unterstützungsleiste n zusammenfällt.
                           Die Maschenbildung selbst geht auf folgende Weise vor
                              									sich: Unter den Schlitten bewegen sich drei Kämme f, g,
                                 										h hin und her (vgl. Fig. 8, 12 und 13 Taf. 20, sowie Textfig. 4 und 5). Die
                              									beiden Kämme g und h sind
                              									aus Fadenführern gebildet, welche in die eingefrästen Ausschnitte von Bandeisenschienen
                              									eingenietet sind, während der oberste Kamm aus rechtwinkelig umgebogenen Drähten f besteht, welche durch die Jacquardschnüre q rückwärts in die in Fig. 13 punktirt
                              									angedeutete Lage übergeführt werden können. Die Lagerung und Anordnung der
                              									Fadenführerschienen g und h sowie der Haken f ist in Fig. 12 und 13 Taf. 20 in
                              									⅕ der wahren Gröſse angegeben. Gegen seitliche Verdrückungen sind die Haken f dadurch gesichert, daſs sie in Schlitzen geführt
                              									sind, gegen deren breite Seitenwandungen sie sich stützen können. Der vordere Kamm
                              										h und der oberste Kamm f gehen so hin und her, daſs die von denselben geführten Fäden in der Höhe
                              									der Schlitten immer nur um eine Theilung verschoben
                              									werden; der dazwischen liegende Kamm g hingegen
                              									verschiebt sich um drei solcher Wegeeinheiten.
                           Die Kettenfäden p2 sind
                              									nun durch die Augen des vorderen Kammes h gezogen, die
                              									Musterfäden p1 durch
                              									den hinteren Fadenführer g und beide Fadensysteme gehen dann zusammen noch durch den Hakenkamm f. In den schematischen Textfiguren 3 und 4 sind die drei Kämme
                              									der Uebersichtlichkeit halber über einander gezeichnet.
                              									Es sind nun folgende mögliche Maschenbildungen zu unterscheiden: 1) wenn gar keine Jacquardschnur, 2) wenn eine bestimmte Jacquardschnur gezogen ist, 3) wenn alle Jacquardschnüre gezogen, 4) wenn zwei
                              									oder mehrere bestimmte Schnuren gezogen werden.
                           1) Wenn gar keine Jacquardschnur gezogen wird, dann ist
                              									der oberste Kamm f voll und alle Zinken befinden sich
                              									in der Lage, wie sie in Fig. 12 Taf. 20 in vollen
                              									Linien gezeichnet ist. Zwischen je zwei Zinken läuft ein Ketten- und ein
                              									Musterfaden; der Kamm läſst also in diesem Zustande nur Bewegung der Fäden innerhalb
                              									zweier benachbarten Zinken zu. Im Anfange der Maschenbildung (vgl. Textfig. 3) stehen alle Kämme auf ihrem linken
                              									Todtpunkte, so daſs jedes Mal ein Ketten- und ein Musterfaden sich links von dem
                              									gleichnummerirten Bindefaden befinden. Die Schlitten i
                              									sind auf dem vorderen Kamme k; die Bindefäden p3 gehen also von vorn
                              									in die Bildfläche hinein. Begeben sich nun alle Fadenführer in ihre äuſserste rechte Stellung (wie- Faden 1 in Textfigur 4), so kommt für die
                              									Musterfäden nur der Kamm f zur Geltung, da er voll ist,
                              									während die Wirkung des darunter liegenden Fadenführers g für die Kreuzungsstelle vollständig ausgeschaltet ist; der Musterfaden
                              									kann nur bis zu dem gleichnamigen Finger des Kammes f
                              									nach rechts folgen. Es befinden sich somit der erste Ketten- und der erste
                              									Musterfaden rechts vom ersten Bindefaden, der zweite Ketten- und der zweite
                              									Musterfaden rechts vom zweiten Bindefaden u.s.f. Die Schlitten i gehen hierauf nach hinten, sämmtliche Fadenführer
                              									bewegen sich nach links zurück und zum Schlusse die Schlitten wieder nach vorn. Es
                              									hat sonach nur eine einfache Umschlingung von je einem
                              									Ketten- und einem Musterfaden durch den gleichbenannten Bindefaden stattgefunden.
                              									Das erzeugte Muster besteht daher nur aus nach unten laufenden Stücken, wie sie Fig. 1 Taf. 20 darstellt;
                              									d.h. es sind Oeffnungen im Gewebe gebildet worden.
                           2) Wird eine Jacquardschnur gezogen, z.B. für die Fäden
                              										2, ist also für diese Schnur ein Loch in der
                              									Jacquardkette, so wird, wenn sich die Führerschiene der Musterfäden g nach rechts bewegt, der gespannte Musterfaden 2 so lange mit nach rechts gezogen, bis er sich an den
                              									nächsten Finger f, d. i. an Finger 3 anlegt. In Folge dessen kreuzt er die Bindefäden 2 und 3: der Musterfaden
                              										1 legt sich an Finger 1, die Fäden 2 und 3 an Finger 3 (vgl. Textfigur 4). Gehen nun die Schlitten wiederum nach hinten, kehren die
                              									Ketten- und Musterfäden in ihre alte (linke) Lage zurück, so wird, wenn endlich auch
                              									die Schlitten wieder nach vorn gezogen sind, eine Bindung erzeugt worden sein, wie
                              									sie Textfig. 5 zwischen den Fäden 2 und 3 angibt. – Ist
                              									abwechselnd eine Jacquardschnur q um die andere
                              									gezogen., so entsteht auch abwechselnd Oeffnung und Ausfüllung zwischen den
                              									benachbarten Kettenfäden als Musterung im Gewebe, wie zwischen den Fäden 1-3 in Textfigur 5.
                           Fig. 3., Bd. 258, S. 309Fig. 4., Bd. 258, S. 309Fig. 5., Bd. 258, S. 3093) Sind alle Jacquardschnüre gezogen, dann
                              									folgen die Kettenfäden wie immer der Führerschiene h,
                              									während die Musterfäden ganz frei der Schiene g folgen
                              									können; sie werden sich in Folge dessen, wenn sich g
                              									nach rechts bewegt, mit
                              										drei Bindefäden kreuzen, was die Bindung ergibt,
                              									wie sie in Textfig. 1 und 2 in Vorder- und Rückseite verdeutlicht ist. Auf der Vorder- oder
                              									Rechtseite (Textfig. 2), der im Stuhle hinteren
                              									Seite, liegen die Musterfäden über zwei Theilungen
                              									flott, während sie auf der linken Seite (Textfig. 1)
                              									unter den Kettenfäden weggehen.
                           4) Als weiterer möglicher Fall sei schlieſslich der besprochen, daſs zwei oder mehrere Schnüre q hinter einander gezogen
                              									sind, z.B. 4, 5, 6 in Textfig.
                                 										3 und 4; dann werden die Musterfäden 4 und 5 frei dem Zuge des
                              									Fadenführers g folgen können, sich also mit je drei
                              									Bindefäden kreuzen; der Musterfaden 6 wird sich aber an
                              									den Finger 7 anlehnen, ebenso wie Musterfaden 7; der Musterfaden 6 wird
                              									deshalb durch zwei Bindefäden gebunden, 7 endlich nur
                              									durch einen Bindefaden, so daſs ein Muster zu Stande kommt, wie das zwischen den
                              									Fäden 4, 5, 6 und 7 in Textfig. 5.
                           Was endlich die Bewegungsmechanismen anlangt, so sind
                              									als Haupthilfsmittel zur Erzeugung der nöthigen absatzweisen Bewegungen der
                              									einzelnen arbeitenden Theile meist Curvenscheiben in
                              									Anwendung gebracht, für die Anfangsconstructionen ja das bequemste Mittel. So läſst
                              										Fig. 8
                              									Taf. 20 z.B. die Curvenscheiben Y und Z zur Bewegung der Nadelstangen m erkennen, welche eine Vierseitbewegung (square
                                 										motion) auszuführen haben. Am zusammengesetztesten erscheint der Antrieb
                              									der Treibstangen l für die Schlitten i. Es sollen von der Antriebwelle A aus beide Treibstangen l
                              									und l1 bewegt werden;
                              									die Schlitten gleiten, wie bereits bemerkt, in Kreisbögen k um die unteren Punkte der Unterstützungsleiste n für das sich eben bildende Gewebe und müssen dieselben abwechselnd von
                              									der linken und von der rechten Seite von oben her gefaſst werden, da in der Mitte
                              									die sich hin- und herschiebenden Fadensysteme jeden Antrieb und Ueberleitung der
                              									Bewegung verwehren; die Bewegungsübertragung muſs also von unten her beiderseitig
                              										auſsen herum nach oben geleitet werden; links von
                              									der Mitte treibt nur die linke Treibstange, rechts die rechte, während das
                              									Uebergeben von einer Stange an die andere in der Mittellage stattfindet.
                           Der ganze Mechanismus zur Schlittenbewegung ist in Fig. 14 Taf. 20 in der
                              									Mittellage gezeichnet. Nahe den Enden der lang durchgehenden Hauptantriebwelle A sitzt je ein Zahnrad, welches durch ein gleich
                              									groſses Zahnrad die Achse B treibt; von hier aus wird
                              									wiederum mit derselben Umdrehungszahl die Achse C
                              									getrieben; letztere trägt am äuſseren Ende eine Kurbel, welche mittels einer
                              									Schubstange den ungleicharmigen Hebel D in Schwingung
                              									versetzt. Bis zu diesem Punkte ist für beide Seiten die Einleitung der Bewegung
                              									gemeinschaftlich und erst von hier aus ist die Anordnung der Theile für die hintere
                              									und vordere Treibstange getrennt und gleich zur Mittelebene. Schubstangen setzen von
                              									den beiden unteren Armen D aus die gleichschenkligen
                              									Winkelhebel E bezieh. E1 in Schwingung. Weiter oben am Gestelle ist je eine
                              									gleich groſse, der
                              									letzten Kurbel von E parallel liegende Kurbel F bezieh. F1 gelagert, so daſs hier ein Parallelkurbelsystem vorliegt; es werden also alle Punkte, welche mit der
                              									Schubstange zwischen E und F verbunden sind, congruente, mit ihren jeweiligen Tangenten parallele
                              									Kreisbögen beschreiben, folglich auch der vordere Punkt G bezieh. G1
                              									des Kurbeldreieckes EFG (vgl. Fig. 8 und 14 Taf. 20). Diese Punkte
                              										G bezieh. G1 sind nun gleichzeitig als Drehzapfen für die
                              									Treibstangen l, l1
                              									ausgeführt, während die zur zwangläufigen Bewegung nöthige Bahn eines zweiten
                              									Punktes der Stange l, l1 durch eine Leitcurve geschaffen ist. Die Stange l trägt zu diesem Behufe an den äuſseren Enden Führungsrollen H (Fig. 11 und 14 Taf. 20),
                              									welche durch die Führungshörner J die nöthige Stützung
                              									erfahren. Die Stützung durch solche Hörner J ist jedoch
                              									nur auſserhalb der Gewebesysteme, also an den Enden der Treibstangen möglich; da
                              									aber die Stangen bei ihrer groſsen Länge (ungefähr 7m) und ihrer der raschen Bewegungen halber möglichst leichten Ausführung
                              									auch innerhalb der Enden gestützt sein müssen, sind weitere Punkte (Rollen) K in entsprechend geformten Taschen L geführt (vgl. Fig. 10 und 11). Wegen
                              									Auswechselung der Spulen muſs eine Treibstange l
                              									ausgelöst werden können, weshalb die Tasche L um M drehbar ist.
                           Die verarbeiteten Garne sind sämmtlich zweifädig
                                 										gezwirnte; der feinste Zwirn wird zu den
                              									Bindefäden, der stärkste zu den Musterfäden genommen;
                              									es betrug z.B. bei einem untersuchten Gewebe die metrische Feinheitsnummer für die Musterfäden Nr. 54 2fach, für die
                              									Kettenfäden Nr. 85 2fach und für die Bindefäden Nr. 120 2fach. Bis vor Kurzem wurde
                              									ausschlieſslich Baumwollzwirn verarbeitet; erst in
                              									neuester Zeit taucht auch Chinagras als Material
                              									auf.
                           Die Länge der Stücke schwankt zwischen 40 und 50m, für abgepaſste Fenster meist nach der Appretur
                              										44m, das Stück = 6 Fenster, 1 Fenster = 7m,33. Die Schlittenspulen fassen bis zu 120m Zwirn und auf die Kettenbäume wird immer gleich
                              									die Kette für 20 und mehr Stücke aufgebäumt.
                           Die Theilung der Maschine, d. i. gleich der Entfernung
                              									zweier benachbarten Kettenfäden, wird nach Punkten
                                 										(points) oder Maschen auf 1 Zoll englisch angegeben und heiſsen demnach die
                              									Maschinen 6-, 8-, 9-, 10-, 11- und 12-Punktmaschinen. Die Stühle werden jetzt meist
                              									so gebaut, daſs sie Weben bis zu einer Breite von 6m,5 liefern. Dies gibt z.B. bei einer
                              									12-Punktmaschine 3072 Fäden für jedes Fadensystem. Man liefert somit Weben von 4 bis
                              									5facher Breite.
                           Die Länge des Stuhles beträgt bei 6m,5 Arbeitsbreite 8m, die
                              									Breite ohne Spulenböden 1m,3; den Abstand der
                              									Mittellinien je zweier Stühle nimmt man 2m,2
                              									bezieh. 3m,8 (Mittel 3m); es ist nämlich die Aufstellung so gewählt, daſs gebotenenfalls ein Arbeiter zwei Stühle
                              									bedienen kann; es sind je zwei Vorderseiten und je zwei Hinterseiten mit den
                              									Spulenböden einander zugewendet: bei 3m,8 ist der
                              									Raum für die beiden Spulenböden und einen Gang, bei 2m,2 der Raum
                              									für einen Gang von 0m,9 Breite für die Arbeiter
                              									inbegriffen.
                           Die Höhe des Arbeitsraumes muſs mindestens 5m betragen, weil die Jacquardmaschine über dem
                              									Stuhle steht und die Harnischschnüre nicht zu schräg laufen dürfen, da sie sich
                              									sonst zu stark einsenken und für die Nadeln ungleichen Hub ergeben würden. Der Arbeitsbedarf für einen solchen Stuhl, der 80
                              									Umdrehungen in der Minute macht, ist etwa 1e.
                           Die Weber werden nach der Anzahl der Schuſs bezahlt, welche nach sogen. Racks abgetheilt werden; zu diesem Behufe ist an jeder
                              									Maschine ein Zählwerk angebracht. Da die Maschinen von
                              									England nach Deutschland gekommen sind, werden noch überall die englischen
                              									Bezeichnungen gebraucht. Der sogen. Back zählt in
                              									England bei Tattings-Maschinen 240 Vor- und Rückwärtsbewegungen der Schlitten, bei den
                              									Maschinen für glatten Tüll 720, bei den Twist-Lace-Maschinen 960 solcher Spiele.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
