| Titel: | Ueber Wirkungen feuchter und trockener Luft. | 
| Autor: | F. | 
| Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, S. 415 | 
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                        Ueber Wirkungen feuchter und trockener
                           								Luft.
                        Ueber Wirkungen feuchter und trockener Luft.
                        
                     
                        
                           Die Fortsetzung der Luftuntersuchungen in den
                                 										Staatslehranstalten Sachsens (vgl. 1884 251 494)
                              									ergab nach einer Mittheilung von H. Reinhard im Archiv für Hygiene, 1885 S. 183:
                           
                              
                                 Beobachtungsjahr
                                 Temperatur
                                 Kohlensäurein 10000 Vol.
                                 RelativeFeuchtigkeit %
                                 
                              
                                 Früh
                                 Mittags
                                 Früh
                                 Mittags
                                 Früh
                                 Mittags
                                 
                              
                                 
                                    bei Luftheizung
                                    
                                 
                              
                                 1881
                                 17,8
                                 19,0
                                   8,7
                                 18,4
                                 49,4
                                 51,8
                                 
                              
                                 1882
                                 15,8
                                 19,5
                                   9,5
                                 21,5
                                 47,0
                                 51,3
                                 
                              
                                 1883
                                 16,9
                                 19,5
                                   8,9
                                 18,3
                                 49,5
                                 48,6
                                 
                              
                                 
                                    bei Heiſswasserheizung
                                    
                                 
                              
                                 1881
                                 17,5
                                 20,0
                                   9,8
                                 23,3
                                 40,1
                                 47,2
                                 
                              
                                 1882
                                 17,8
                                 19,3
                                   8,9
                                 22,3
                                 43,0
                                 49,3
                                 
                              
                                 1883
                                 17,8
                                 19,9
                                   8,7
                                 21,9
                                 41,4
                                 47,7
                                 
                              
                                 
                                    bei gewöhnlicher Ofenheizung
                                    
                                 
                              
                                 1881
                                 14,9
                                 18,5
                                 10,8
                                 26,4
                                 52,7
                                 57,9
                                 
                              
                                 1882
                                 15,8
                                 19,0
                                 11,2
                                 28,2
                                 52,4
                                 58,3
                                 
                              
                                 1883
                                 17,0
                                 19,1
                                 11,4
                                 22,4
                                 54,4
                                 57,3
                                 
                              
                           Einmal wurden in einer mit Luftheizung versehenen Lehranstalt früh nur 20,0 Proc.,
                              									Mittags 29,1 Proc. Feuchtigkeit gefunden, bei einer Heiſswasserheizung dagegen früh
                              									15,5 und Mittags 26,6 Proc. Wenn daher in dem ersten Berichte 50 Proc. als
                              									zulässiges Mindestmaſs der Feuchtigkeit der Zimmerluft
                              									bezeichnet wird, so würde dieser Forderung die Heiſswasserheizung am wenigsten
                              									genügen. Trotzdem wird nur der Luftheizung vorgeworfen, daſs sie durch groſse
                              									Trockenheit der Luft belästigend wirke, Kratzen und Rauheit im Hintermunde
                              									veranlasse u. dgl., Vorwürfe, welche auch neuerdings von ErismannPettenkofer und Ziemssen: Handbuch der Hygiene, 2. Theil 2. Abtheilung S.
                                       												57. und WolffhügelEulenberg; Handbuch des öffentlichen
                                          													Gesundheitswesens, Bd. 2 S. 49. wiederholt
                              									werden, trotzdem bereits Regnault (1865 177 408) für Zimmeröfen, F.
                                 										Fischer (1880 235 442) sowie FodorDeutsche Vierteljahrsschrift für öffentliche
                                          													Gesundheitspflege, 1882 S. 118. u.a. für
                              									Luftheizungen nachgewiesen hatten, daſs derartige Wirkungen lediglich den Producten
                              									der trockenen Destillation zuzuschreiben sind, welche bei mangelhaften Anlagen an
                              									den heiſsen Ofenflächen aus den auf denselben abgelagertem Staube entwickelt
                              									werden.
                           
                           Im Allgemeinen besteht die Wirkung trockener Luft bekanntlich darin, daſs den von
                              									derselben umspülten feuchten Gegenständen durch Verdunstung Wasser und, da bei der
                              									Dampfbildung Wärme gebunden wird, auch Wärme entzogen wird. Für diese Gegenstände
                              									wirkt sie also einerseits austrocknend, andererseits
                              									gleichzeitig abkühlend. Es gilt dies natürlich ebenso
                              									von leblosen Gegenständen, wie von lebenden Organismen und auch von dem Menschen.
                              									Wie in quantitativer Beziehung, d.h. in welchem Grade, die austrocknende und
                              									abkühlende Wirkung eintritt, wird neben der Trockenheit durch die im gegebenen Falle
                              									vorhandene Temperatur der Luft und das Maſs ihrer Bewegung bedingt.
                           G. Rohlfs berichtet in seinen Reiseberichten (Kufra, 1881 S. 155), daſs die Oase Djofra ein durchaus
                              									trockenes Klima habe und daſs die hohe Temperatur dieses fast heiſsesten Theiles der
                              									Erde hier, wie überhaupt in der Sahara viel leichter zu ertragen ist als an anderen
                              									Orten, wo die groſse Luftfeuchtigkeit die Verdunstung der Haut verhindert. Diese
                              									Verdunstung durch die Haut ist allerdings sehr erheblich, da nach RohlfsRohlfs: Drei Monate in der lybischen Wüste,
                                       												S. 6. Sehr unangenehm wird allerdings stark
                                          													bewegte trockene heiſse Luft. So erzählt Rohlfs in seinem erwähnte Berichte über die
                                       												Expedition nach der Oase Kufra:
                                       												„Bei einer Excursion, die Dr. Stecker
                                          													mit Hubmer (zwei Begleiter Rohlfs') von Sokna aus zum Djebel
                                          													Fardjan unternahm, wurden sie von einem entsetzlichen Samum
                                          													überfallen. Nur mit Mühe gelang es den beiden, während des Orkanes
                                          													das Zelt aufrecht zu erhalten und nur dadurch, daſs sie selbst die
                                          													Zeltstange hielten. Bei der fast absolut trockenen Luft werden nun,
                                          													wie es scheint, alle Gegenstände mit Elektricität überladen. Ist die
                                          													Luft schon an sich ein schlechter Leiter, so wird, wenn z.B. das
                                          													Haarhygrometer eine relative Feuchtigkeit von nur 10° oder 15°
                                          													zeigt, oder gar auf 4 bis 5° herabsinkt, die Leitungsfähigkeit bei
                                          													einer solchen Trockenheit fast ganz aufgehoben. Es muſs sich nun in
                                          													allen Körpern eine groſse Menge von Elektricität ansammeln,
                                          													hervorgebracht durch die Reibung, welche der Sand und die kleinen
                                          													Steinchen erfahren, wenn sie mit gröſserer Geschwindigkeit über den
                                          													felsigen Boden vom Orkane dahingeschleift werden. Tritt nun noch
                                          													jene groſse, zuweilen bis über 50° anwachsende Hitze, sowie die
                                          													häufige Eisenhaltigkeit des Gesteins hinzu, zumal wenn vielleicht
                                          													auch Magneteisenstein darunter ist, so gibt alles dies
                                          													zusammengenommen genügend Gründe zur Erklärung jener auffälligen
                                          													Thatsachen. Diese waren aber derart, daſs die fast 1dm langen Haare Stecker's wie Borsten zu Berge standen,
                                          													daſs sein Begleiter Hubmer ihm mehrere
                                          													Centimeter lange Funken durch Berührung aus dem Körper lockte, ja
                                          													daſs Stecker an der dem Sandsturme
                                          													ausgesetzten Wand des Zeltes durch Darübergleiten mit dem Finger
                                          													feuerige Schriftzüge hervorbrachte.“ Auch von den heiſsen Winden
                                       												Südaustraliens, bei denen häufig die relative Feuchtigkeit auf 12 bis 10
                                       												Proc. sinkt, die Temperatur aber 40 bis 440 erreicht, bemerkt Neumeyer, daſs sie in Melbourne stets von
                                       												Staub und negativer Luftelektricität begleitet seien. – Dieser Luftelektricität wird man wohl einen
                                       												wesentlichen Antheil an der unangenehmen Wirkung stark bewegter
                                       												trockener Luft zuschreiben müssen. in der lybischen
                              									Wüste der Mensch täglich 12l,5 Wasser bedarf, um
                              									die dadurch verloren gegangene Feuchtigkeit zu ersetzen. In entsprechender Weise
                              									erträgt man in Südaustralien leicht 32 bis 38° im Schatten. Das gleiche wird aus den
                              									Niederungen an der pacifischen Seite des Isthmus von Tehuantepec, Mexiko,
                              										berichtet.Vgl. Hann: Klimatologie, 1883 S.
                                    									358.
                           
                           Von den der gemäſsigten Zone angehörenden Gegenden
                              									zeichnet sich durch Trockenheit der Luft die ligurische Küste aus, namentlich die
                              									Umgebung von Genua. Nach Hann
                                 										(Klimatologie, S. 445) ist hier die Feuchtigkeit sehr häufig unter 20
                              									Proc., sie sinkt sogar oft auf 8 bis 9 Proc. In gleicher Weise zeichnen sich Savona,
                              									Porto Maurizio, San Remo und andere klimatische Winterkurorte der Mittelmeerländer
                              									durch trockene Luft aus. Nach Lasius (Warmluftheizung mit
                                 										natürlicher Feuerung) beträgt der Feuchtigkeitsgehalt der Luft in Davos ebenfalls häufig nur 25 Proc. Auch Kairo und die
                              									Hochebene von Karoo in SüdafrikaEin dort lebender deutscher Arzt schreibt darüber (vgl. Hann: Klimatologie, S. 622): Kälte sowohl, wie
                                    											Hitze werden in dieser trockenen Luft viel weniger empfindlich gefühlt als
                                    											in feuchteren Klimaten. Man hat beständig trockene Kleider und trockene
                                    											Füſse. Besonders auffallend ist der günstige Einfluſs, welchen Karoo auf
                                    											schwindsüchtige Europäer ausübt. Zu Hause als hoffnungslos aufgegebene
                                    											Kranke erholen sich hier vollständig und gewinnen ein blühendes
                                    											Aussehen. haben durchweg trockene Luft, ebenso Ostsibirien.Nach F. Müller (Unter Tungusen und Jakuten,
                                    											Leipzig 1882 S. 268) sagt das sehr trockene Klima Ostsibiriens der
                                    											Gesundheit sehr zu. Lungenkranke sind in Sibirien unbekannt; dorthin
                                    											kommende Lungenkranke finden häufig Heilung, mindestens Linderung ihrer
                                    											Leiden.
                           Es wird somit allgemein, in den Tropen sowohl, wie in der gemäſsigten und kalten Zone
                              									– vorausgesetzt, daſs die Luft ruhig oder nur wenig bewegt ist, – durch Trockenheit
                              									derselben das Wohlbefinden gesteigert, die Lust an
                                 										körperlicher und geistiger Thätigkeit gefördert. Unter den Krankheiten, für
                              									welche trockene Luft theils verhütend, theils heilend wirkt, werden besonders Brustkrankheiten hervorgehoben. Dagegen hemmt feuchte Luft die Abdunstung von der Oberfläche des
                              									Körpers und damit die Entwärmung desselben, das Wärmegleichgewicht ist gestört und
                              									in Folge dessen auch die Leistungsfähigkeit des
                              									Menschen wesentlich vermindert (vgl. F. Fischer 1883
                              										248 378. Hermans 1883
                              										249 421).
                           Keinesfalls kann also trockene Luft die Ursache der
                              									zuweilen vorkommenden unangenehmen Erscheinungen bei Luftheizungen sein; vielmehr
                              									sind diese in mangelhafter Einrichtung oder Wartung des betreffenden Heizkörpers zu
                              									suchen. Diese Erwägungen veranlaſsten auch den Referenten bei Anlage einer
                              									Luftheizung in seinem Hause darauf zu bestehen, daſs dieselbe ohne
                              									Luftanfeuchtungsvorrichtung ausgeführt wurde. Diese Einrichtung bewährt sich
                              									vollkommen, so daſs man die Luftanfeuchtungen überall fallen
                                 										lassen sollte. Ueber die Ausnutzung der
                                 										Brennstoffe in Luftheizungsanlagen soll demnächst berichtet werden.
                           
                              
                                 F.