| Titel: | Vergleichende Versuche über die Eigenschaften des kaukasischen und des amerikanischen Erdöles; von C. Engler und Ig. Levin. | 
| Autor: | C. Engler, Ig. Levin | 
| Fundstelle: | Band 261, Jahrgang 1886, S. 30 | 
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                        Vergleichende Versuche über die Eigenschaften des
                           								kaukasischen und des amerikanischen Erdöles; von C. Engler und Ig. Levin.
                        (Nachtrag zur Abhandlung S. 525 v.
                           								Bd.)
                        Engler und Levin, Versuche über die Eigenschaften des
                           								Erdöles.
                        
                     
                        
                           Die Frage, inwieweit die Erdöle verschiedener Herkunft, unter für sie gleich
                              									günstigen Bedingungen verbrannt, sich durch ihren Leuchtwerth von einander
                              									unterscheiden, ist bis jetzt noch unbeantwortet. Versuche in dieser Richtung sind
                              									zwar schon von verschiedenen Seiten angestellt worden; da aber als Grundlage dabei
                              									nur die im Handel zufällig sich findenden Oelsorten, willkürliche und wechselnde
                              									Gemische einzelner Theile
                              									der betreffenden Erdöle, benutzt wurden, haben sie für die Beantwortung der rein
                              									wissenschaftlichen Seite jener Frage nur eine untergeordnete Bedeutung. Es genügt in
                              									dieser Hinsicht auch nicht, einzelne gleich siedende Fractionen verschiedener
                              									Erdölsorten mittels ein und derselben Lampe auf ihre Leuchtkraft zu vergleichen;
                              									denn da diese Einzelfractionen in physikalischer und insbesondere in chemischer
                              									Beziehung ungleich sind und demgemäſs die Bedingungen, die in einer Lampe in Bezug
                              									auf Dochtbeschaffenheit, Luftzufuhr u. dgl. obwalten, rein zufällig der einen
                              									Oelsorte mehr angepaſst sind als der anderen, so wird dabei auch das eine Oel immer
                              									unter günstigeren Versuchsbedingungen geprüft als das andere. Um einigermaſsen
                              									vergleichbare Zahlen zu erlangen, müſste jedesmal durch eine ganze Reihe von
                              									Versuchen und unter Benutzung von Lampen verschiedenster Construction für jedes
                              									einzelne Erdöl, ja wieder für jede Einzelfraction desselben der günstigste Werth der
                              									Leuchtkraft festgestellt werden. Apparate, mittelswelcher sich die Lichtstärke eines
                              									Leuchtstoffes mit gleicher Genauigkeit bestimmen lieſse, wie z.B. die Wärmeleistung,
                              									gibt es aber nicht und wir sind darauf angewiesen, auszuprobiren, unter welchen
                              									Bedingungen die besten Ergebnisse erhalten werden. So wenig aber, als es heute noch
                              									Jemandem einfällt, die verschiedenen Brennstoffe auf ein und demselben Rost auf
                              									ihren praktisch nutzbaren Heiz werth zu untersuchen, ebenso wenig sollte man sich
                              									damit begnügen, Oele verschiedener Abstammung und mit verschiedenen Mengen der
                              									einzelnen Fractionen mittels nur einer Lampe auf ihren Leuchtwerth zu prüfen. Die so
                              									benöthigten Versuche werden allerdings langwierig und erfordern eine groſse
                              									Apparatur; da sie aber darum für einen zutreffenden Vergleich nicht weniger
                              									nothwendig sind, sollten sie nie unterlassen werden. Wir haben im hiesigen
                              									chemisch-technischen Laboratorium eine Versuchsreihe begonnen, bei welcher jene
                              									Voraussetzungen berücksichtigt werden und aus denen wir weiter unten einige der
                              									erhaltenen Ergebnisse vorläufig zur Mittheilung bringen.
                           Auſser den photometrischen Messungen, welche für Beurtheilung eines Erdöles als
                              									Leuchtmaterial selbstredend am maſsgebendsten sind, besitzen wir noch eine Reihe von
                              									Merkmalen, welche bei Beantwortung, der Frage nach dem Werthe und der Brauchbarkeit
                              									einer Erdölsorte unter den in unseren gewöhnlichen Lampen herrschenden Bedingungen
                              									Anhaltspunkte darbieten. Dazu rechne ich den Gehalt eines Erdöles an einzelnen
                              									Fractionen verschiedenen Siedepunktes, die Capillarität und die Schnelligkeit des
                              									Aufstieges im Dochte in Verbindung mit der sogen. Viscosität. Auch diese Merkmale
                              									sind bei unseren vergleichenden Versuchen zwischen amerikanischem und kaukasischem
                              									Erdöle benutzt worden. Als Versuchsmaterial dienten für amerikanisches Oel:
                              									verschiedene Petroleumsorten aus Kleingeschäften der Stadt Karlsruhe und des
                              									badischen Landes, für kaukasisches Oel Nobel'sches
                              									Brennpetroleum, welches
                              									von Verkäufern desselben in Berlin, Leipzig und Coburg in Cisternenwagen bezogen
                              									war; nur eine Probe ist unmittelbar dem Nobel'schen
                              									Behälter zu Illowo entnommen.
                           
                        
                           I. Mengenbestimmung der Einzelfractionen.
                           Daſs beim Brennen in unseren gewöhnlichen Lampen die niedriger siedenden Theile des
                              									Petroleums einen gröſseren Leuchtwerth besitzen als die ganz hoch siedenden, ist
                              									eine dem Praktiker schon längst bekannte Thatsache, wurde aber auch in letzter Zeit
                              									von dem einen von unsVgl. Engler, Chemische Industrie, 1885 S.
                                    											44. , sowie von Zaloziecki (vgl.
                              									1886 260 127) und von ThörnerVgl. Chemiker-Zeitung, 1886 S. 601.
                              									durch photometrische Messungen nachgewiesen. Da auf der anderen Seite die ganz
                              									leicht siedenden Theile des rohen Erdöles die Feuergefährlichkeit des Petroleums
                              									erhöhen, müssen in den Raffinerien die leichtsiedenden feuergefährlichen und die
                              									schwersiedenden schlecht brennenden Theile nach Möglichkeit entfernt werden und der
                              									Reinheitsgrad eines Handelsöles wird sich nach dem Gehalte an diesen nicht normalen
                              									Bestandtheilen eines Brennöles erkennen lassen. Durch das von Reichswegen
                              									eingeführte Entflammungsminimum von 21° ist für Deutschland eine gewisse Bürgschaft
                              									gegen einen zu hohen Gehalt an leichtflüchtigen Theilen geboten; dagegen können wir
                              									uns von dem Gehalte an schwersiedenden Oelen nur durch fractionirte Destillation
                              									überzeugen. Von diesem Gesichtspunkte, sowie auch um den ungefähren Gehalt der
                              									beiderseitigen Oele an den einzelnen Fractionstheilen kennen zu lernen, sind die
                              									weiter unten stehenden Destillationsversuche ausgeführt worden. Wir bedienten uns
                              									dabei der Methode, welche in der schon erwähnten Abhandlung in der Chemischen Industrie genau beschrieben ist.Destillation von 100cc Oel in gewöhnlichem
                                    											Siedekölbchen von bestimmter Gröſse und mit vorgeschriebener
                                    											Geschwindigkeit. Das Sieden bis zu bestimmten Temperaturgraden (z.B. 150,
                                    											200, 250, 300°) wird dabei so oft wiederholt, als nach jedesmal
                                    											vorausgegangener Abkühlung beim Weiterkochen bis zu dem betreffenden
                                    											Temperaturgrade noch merkliche Mengen überdestilliren.
                              								
                           Um jedoch auch ein vergleichendes Bild von dem Gehalte der verschiedenen rohen Erdöle
                              									an normalen Brennölbestandtheilen zu erlangen, wurden einige in unserem Besitze
                              									befindliche groſsentheils selbst entnommene rohe OeleDas eine der pennsylvanischen Oele (Nr. I) ist (1886) aus einer deutschen
                                    											Raffinerie, das andere, Nr. II, unmittelbar auf privatem Wege (1881)
                                    											entnommen. unter gleichen Bedingungen der Destillation
                              									unterworfen und ergaben dabei in 100cc die in Tab.
                              									I ersichtlichen Werthe.
                           Die zweite Tabelle enthält eine Zusammenstellung der Ergebnisse von
                              									Destillationsversuchen mit Brennpetroleumsorten aus schon oben angeführten
                              									Bezugsquellen, und zwar für 100 Th. Oel in cc bezieh. in g ausgedrückt.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 261, S. 32
                              Rohes Erdöl von; Pennsylvanien I;
                                 										Pennsylvanien II; Galizien (Sloboda); Baku (Bibieybat); Baku (Balakham); Elsaſs
                                 										(Pechelbronn); Hannover (Oelheim)
                              
                           Daſs die aus dieser Tabelle zu entnehmenden Gehalte an Essenzen (bis 150°), Brennöl
                              									(150, 300°) und Rückstand (über 300°) sich mit den früher mitgetheilten
                              									Raffinationsausbeuten nicht decken, ist selbstverständlich, da beim Raffiniren zum
                              									Brennöl immer auch noch wechselnde Mengen der benachbarten Fractionen der Essenzen
                              									und der Rückstände hinzugenommen werden.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 261, S. 33
                              Amerikanisches Brennpetroleum.;
                                 										Kaukasisches Brennpetroleum.; Tab. II.; Nr.; Entfl.-Punkt; Spec. Gew.; Beginn
                                 										des Siedenus
                              
                           Im Mittel wurden erhalten an Einzeltheilen:
                           
                              
                                 
                                 unter 150°
                                 150 bis 290°
                                  über   290°
                                 
                              
                                 Kaukasisches Petroleum
                                 8
                                 86,6
                                   5,4
                                 Vol. %
                                 
                              
                                 Amerikanisches Petroleum
                                 16,9
                                 57,1
                                 26
                                 Vol. %.
                                 
                              
                           
                           Obgleich aus diesen Ergebnissen hervorgeht, daſs, wie schon in einer früheren
                              									Mittheilung dargethan worden ist, der Raffinationsgrad der kaukasischen Brennöle ein
                              									erheblich höherer ist als derjenige der amerikanischen, kann daraus doch im
                              									vornherein noch nicht geschlossen werden, daſs der Leuchtwerth zu diesem
                              									Raffinationsgrade in direktem Verhältniſs steht. Bei der allgemein bekannten
                              									Thatsache vielmehr, wonach die Einzelfractionen gleichen Siedepunktes verschiedener
                              									Erdöle von verschiedener physikalischer und chemischer Beschaffenheit sind, muſs
                              									angenommen werden, daſs diese Einzelfractionen beim Verbrennen eine verschiedene
                              									Lichtstärke zeigen, und es ist sehr wohl möglich, wenn auch bis jetzt noch nicht
                              									nachgewiesen, daſs die unmittelbar über 290° siedenden Theile des amerikanischen
                              									Erdöles die Lichtstärke der eigentlichen Brennölfraction weniger beeinträchtigen,
                              									als dies bei dem kaukasischen der Fall ist. Auch die Entflammungspunkte der durch
                              									Destillation gewonnenen beiderseitigen Brennölfractionen weisen auf
                              									Verschiedenheiten in dieser Beziehung hin. Die Fraction 150/290° zeigte nämlich:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Spec. Gew.
                                 Entfl.-Punkt
                                 
                              
                                 Kaukasisches Erdöl Nr. I
                                 0,825
                                      45,5°
                                 
                              
                                 Amerikanisches Erdöl
                                 Nr. I
                                 0,805
                                 29
                                 
                              
                                 Desgleichen
                                 Nr. II
                                 0,800
                                 28
                                 
                              
                           Bei so groſser Verschiedenheit in der Tension der gleichsiedenden Mittelfractionen,
                              									die ja doch ohne Zweifel auch mit der Leichtigkeit der Verbrennung in unmittelbarer
                              									Beziehung steht, ist zu erwarten, daſs gleiche Mengen über 290° siedender Theile, zu
                              									der eigentlichen Leuchtölfraction (150/290°) gesetzt, bei Oelen verschiedener
                              									Abstammung auch einen verschiedenen Einfluſs in Bezug auf die Lichtwirkung bedingen.
                              									Immerhin jedoch bleibt die Thatsache bestehen, daſs der Raffinationsgrad der im
                              									Handel befindlichen kaukasischen Erdöle ein ungleich höherer als derjenige der
                              									amerikanischen ist; denn die unter 150° und über 290° siedenden Beimischungen
                              									betragen bei ersteren im Mittel zusammen nur 13,4, bei letzteren aber 42,9. Man
                              									läſst eben in den amerikanischen Raffinerien absichtlich soviel als irgend möglich
                              									von den minderwerthigen, zu leicht und zu schwer siedenden Theilen bei dem
                              									eigentlichen Normalpetroleum und hebt dadurch scheinbar die beiderseitigen
                              									ungünstigen Einflüsse auf: die zu leichte Entflammbarkeit der leichten Essenzen
                              									durch einen hohen Gehalt an schweren Oelen und das zu hohe specifische Gewicht und
                              									die zu groſse Dickflüssigkeit der schweren Oele durch die entgegengesetzten
                              									Eigenschaften der leichten Essenzen. Daſs diese Wirkung aber in Bezug auf die
                              									Lichtstärke eine nur scheinbare, den Verbraucher also schädigende ist, werden die
                              									folgenden Versuche zeigen.
                           
                              (Schluſs folgt.)