| Titel: | G. Eiffel's bez. Cottrau's zerlegbare eiserne Brücken. | 
| Autor: | C. S. | 
| Fundstelle: | Band 261, Jahrgang 1886, S. 162 | 
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                        G. Eiffel's bez. Cottrau's zerlegbare eiserne Brücken.
                        Mit Abbildungen.
                        Eiffel's bez. Cottrau's zerlegbare eiserne Brücken.
                        
                     
                        
                           In vielen Fällen verbieten örtliche oder sonstige Verhältnisse die Verwendung
                              									eiserner Brücken, wofern dieselben nach den seither üblichen Methoden hergestellt
                              									werden müſsten. Eine von G. Eiffel in
                              										Levallois-Perret im Bulletin de la
                                       												Société d'Encouragement, 1885 Bd. 12 * S. 533
                              									angegebene Brückenconstruction will nun ein Mittel an die Hand geben, mit welchem
                              									auch in solchen Fällen die Vortheile eiserner Brücken ausgenutzt werden können.
                              									Gleichzeitig soll mit dieser Construction ermöglicht werden, daſs ganze Brücken als
                              									Handelswaare bereit gehalten werden können. Um beides zu erzielen, ist an Stelle der
                              									jeweilig für den Brückeningenieur sich darbietenden besonderen eine allgemeine
                              									Aufgabe gestellt und deren Lösung zur Durchführung gebracht worden. Dabei sind
                              									folgende Bedingungen für die Brückenconstruction maſsgebend gewesen: Die Brücke darf
                              									sich nur aus einer kleinen Anzahl Theile zusammensetzen und es müssen die einzelnen
                              									Theile deutlich von einander unterschieden werden können, damit die Aufstellung ohne
                              									Zuhilfenahme einer Zeichnung durch Leute möglich ist, die keine besondere Erfahrung
                              									im Brückenbaue besitzen und welchen keine geübten Arbeiter zur Verfügung stehen;
                              									dabei müssen aber auch die einzelnen Brückentheile leicht sein, so daſs die
                              									Fortschaffung derselben in unwegsamen Gegenden nicht zu schwierig wird, daſs deren
                              									Handhabung keinerlei besondere Maschinerie erfordert und daſs das Gesammtgewicht der
                              									Brücke ein geringes bleibt. Im Anschlusse an letzteren Punkt ist auch eine
                              									Gestaltung der Brücke nöthig, welche das Erforderniſs theurer Auflager vermeidet und
                              									die Möglichkeit bietet, die Brückenenden auf steilen Fluſsufern ohne groſse
                              									Vorbereitung aufsetzen zu können. Daſs bei der Aufstellung der Brücke keine
                              									Nietarbeit nöthig werden darf, ist selbstverständlich: es dürfen die Verbindungen
                              									nur durch Schrauben u. dgl. bewerkstelligt werden; dennoch aber muſs die fertige
                              									Brücke die nöthige Steifigkeit besitzen und darf sich bei der Belastung nicht
                              									übermäſsig durchbiegen. Endlich war bei der Construction darauf Rücksicht zu nehmen,
                              									daſs in vielen Fällen die Errichtung von Aufstellungsgerüsten unterbleiben soll.
                           Um allen diesen Bedingungen nachzukommen, ist die Brücke aus zwei parallelgurtigen
                              									Hauptträgern zusammengesetzt worden, zwischen welchen die aus Querträgern und
                              									Längsträgern mit Dielenbelag bestehende Fahrbahn so ruht, daſs die Hauptträger die
                              									Stelle der Geländer vertreten können; man hat also eine Construction mit
                              										„Fahrbahn unten“ gewählt.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 261, S. 163
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 261, S. 163
                              
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 261, S. 163
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 261, S. 163
                              
                           Die als Fachwerksträger ausgeführten Hauptträger sind nach Fig. 1 gestaltet; sie werden zusammengesetzt aus drei verschiedenen
                              									Theilen: den Endstücken, den Mittelstücken und den Zugeisen. Alle drei Theile,
                              									obgleich in ihrer Form wesentlich von einander verschieden, daher auch leicht zu unterscheiden, sind aus
                              									Winkeleisen hergestellt. Die Mittelstücke (Fig. 2) sind gleichschenkelige Dreiecke, deren
                              									Grundlinie in der oberen Trägergurtung liegt und über zwei Felder wegreicht. Die
                              									beiden Schenkel des Dreieckes sind die Diagonalen in zwei verschiedenen Feldern und
                              									die Höhe des Dreieckes ist die senkrechte Strebe. Die Endstücke (Fig. 3) sind gleich halben
                              									Mittelstücken, deren senkrechte Strebe durch eine zweite Strebe verstärkt ist, damit
                              									eine Auflageplatte an der Spitze des halben Dreieckes angebracht werden kann. Die
                              									dritten Brückentheile sind einfache Stäbe mit der nöthigen Bohrung und bilden die
                              										untere Gurtung.
                           Alle drei Theile sind, wie schon bemerkt, aus Winkeleisen hergestellt und es hat die
                              									Vernietung bei dem ersten und zweiten Theile so stattgefunden, daſs jeder Theil eine
                              									ebene Rückfläche bekommt, daſs also sämmtliche Winkeleisen eines Theiles nach
                              									derselben Seite gerichtet sind; dadurch ist hauptsächlich die geordnete Verladung
                              									der Brückentheile erleichtert.
                           Der Aufbau eines Brückenträgers aus diesen Theilen
                              									geschieht sehr einfach in folgender Art: Zwischen zwei Endstücke wird die genügende
                              									Anzahl Mittelstücke gebracht, so daſs die in Fig. 4
                              									ausgezogen gezeichnete Zusammenstellung sich ergibt. Alle Winkeleisen werden dabei
                              									auf eine Seite gedreht, so daſs eine ebene Rückfläche
                              									des Trägers entsteht; an diese legt sich nun eine zweite Folge von Mittelstücken,
                              									welche in Fig. 4 punktirt gezeichnet sind und deren
                              									Gurtungstheile von selbst die Stöſse der zuerst zusammengestellten Theile
                              									überdecken. Zur Vervollständigung des Trägers werden nun nur noch die Zugeisen
                              									hinzugefügt, welche die untere Gurtung bilden; dieselben sind gleichfalls doppelt
                              									und liefern auch überdeckte Stöſse.
                           Die Verbindung der so geordneten Brückentheile erfolgt
                              									durch kräftige Mutterschrauben (Fig. 5 und 6), welche sehr genau in die Bolzenlöcher passen und
                              									überdies durch kegelförmige Gestaltung ihrer Ansätze eine starke Zusammenpressung
                              									der Brückentheile an der Vereinigungsstelle gestatten.
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 261, S. 164
                              
                           
                              
                              Fig. 6., Bd. 261, S. 164
                              
                           
                              
                              Fig. 7., Bd. 261, S. 164
                              
                           
                              
                              Fig. 8., Bd. 261, S. 164
                              
                           Die Brückenquerträger, welche die Hauptträger verbinden
                              									und die Last der Fahrbahn auf diese übertragen, werden an die senkrechten Streben
                              									der Hauptträger angeschraubt und stehen zugleich auf den Knotenplatten der unteren Gurtung auf. Die
                              									Querträger dienen, wie Fig. 8 zeigt, auch zur
                              									seitlichen Abstützung der Hauptträger. Zwischen den Querträgern sind Längsträger eingebracht, welche theils wie jene I-Eisen
                              									sind, theils nur aus ⊏-Eisen bestehen. Um die Zahl der Verschraubungen klein zu
                              									halten, sind die Längsträger L (Fig. 7) nur in Falze eingeschoben, die durch
                              									Winkelstücke gebildet werden, welche an die Querträger Q genietet sind. Die dadurch bedingte Form der Längsträgerenden ist aus
                              										Fig. 7 zu ersehen. Ein Horizontalkreuzsystem
                              									zwischen den Querträgern steift die Fahrbahn aus.
                           Die ganze Brücke besteht aus Stahl, für welchen 1000k/qc als zulässige Inanspruchnahme
                              									angenommen sind, wodurch eine erhebliche. Eigengewichtsverminderung erzielt wird,
                              									gegenüber der Verwendung von Eisen, für welches man sich auf 600k/qc
                              									Inanspruchnahme zu beschränken gehabt hätte.
                           Soll eine solche Brücke ohne Gerüste errichtet werden, so wählt man am besten die
                              									Methode des Ueberschiebens und versieht zu diesem Zwecke das vordere Trägerende mit
                              									einem Schnabel S (Fig.
                                 									9), das hintere mit einem Gegengewicht G. Die
                              									Construction des Schnabels geschieht in ähnlicher Weise wie diejenige des
                              									Hauptträgers.
                           
                              
                              Fig. 9., Bd. 261, S. 165
                              
                           Solche Brücken sind nun in folgenden Gattungen construirt worden:
                           1) Straſsenbrücken mit Holzfahrbahn bis zu 27m und 24m
                              									Stützweite bei 3m oder 4m Breite.
                           2) Straſsenbrücken mit chaussirter Fahrbahn auf
                              									Eisenunterlage, 3m und 3m,80 breit bis zu 20m bezieh. 24m Stützweite.
                           Der Berechnung dieser Brücken sind entsprechend dem für Frankreich diesbezüglich
                              									gegebenen Ministerialerlasse vom 26. Mai 1881 folgende Belastungen zu Grunde gelegt:
                              									Bei den 4m und 3m,8 breiten Brücken 300k/qm und zweiachsige Wagen mit 8000k oder einachsige Wagen mit 6000k. Bei den 3m
                              									breiten Fahrbahnen sind bei kleiner Stützweite 400k/qm Fahrbahnfläche und Wagen wie oben
                              									als Verkehrslast angenommen; diese Belastung vermindert sich mit Zunahme der
                              									Stützweite bis auf 200k/qm und als Wagengewicht sind alsdann bei einer
                              									Achse 4000k, bei zwei Achsen 6000k genommen.
                           3) Brücken für militärische Zwecke mit 3m Breite und bis zu 24m Stützweite. Diese Brücken sind construirt für 225k/qm gleichmäſsig
                              									vertheilte Ueberlast bezieh. für 4 rädrige, von 6 Pferden gezogene Fuhrwerke mit
                              										2300k Raddruck.
                           4) Brücken für Arbeitsbahnen (System Decauville 1878 227 310.
                              									1886 260 * 266) bis 21m
                              									Stützweite und einer Tragfähigkeit von 1200 bis 750k
                              									auf 1m Trägerlänge oder für Locomotivdienst in
                              									stärkerer Construction für 6000k schwere Maschinen
                              									mit darauf folgendem Wagenzuge im Gewichte von 900k für 1m Zuglänge.
                           5) Brücken für Eisenbahnen mit 1m Spurweite in Stützweiten bis zu 22m. Diese Brücken können befahren werden mit
                              									Locomotiven von 12l Gewicht und es ist für den
                              									darauf folgenden Eisenbahnzug bei Brücken von 10m
                              									Stützweite ein Gewicht von 2400k für 1m Länge, bei 22m
                              									Stützweite von 1220k für 1m Länge zulässig.
                           6) Nothbrücken für normalspurige Eisenbahnen bis zu
                              										45m Stützweite, welche der vorgeschriebenen
                              									Probebelastung nach dem französischen Ministerialerlasse vom 9. Juli 1877 von
                              										4000k für 1m
                              									Länge bei 45m Stützweite entsprechen.An der Orleansbahn haben diese Brücken, obschon mehrmals versetzt, sehr
                                    											befriedigt.
                              								
                           7) Fuſsstege, 2m breit
                              									bis zu 30m,8 Stützweite und 150k/qm
                              									Tragfähigkeit.
                           Wie sich durch andere Zusammensetzung der Brückenelemente Brückenträger von doppelter
                              									Höhe und somit vergröſserter Tragfähigkeit bilden lassen, ist leicht einzusehen;
                              									ebenso ergeben sich auch andere Abänderungen von selbst. Eine Reihe vortheilhafter
                              									Zeugnisse, welche sich diese Brücken in Frankreich und seinen Colonien schon
                              									erworben haben, bestätigen, daſs die Aufstellung der Brücke nur wenige Stunden
                              									erfordert. Angaben über das Eigengewicht dieser Brücken enthält die angeführte
                              									Quelle leider nicht.
                           Ein anderes System zerlegbarer Brücken, gleichfalls von Stahl hergestellt, rührt nach
                              										Engineering, 1884 Bd. 38 * S. 161 und
                                 										399 von A. Cottrau in Neapel her. Die
                              									Elemente dieses Systemes sind Rechtecke, nicht Dreiecke, wodurch die Herstellung von
                              									Brücken für groſse oder kleinere Spannweiten aus den gleichen Stücken ermöglicht
                              									ist, je nachdem man die Rechtecke auf ihre schmale oder ihre breite Seite stellt.
                              									Auch eiserne Pfeiler lassen sich aus den Elementen bilden, indem man je 6 derselben
                              									zu einem Parallelepiped zusammensetzt. Dieses System soll das Eiffel'sche noch übertreffen.
                           
                              
                                 C. S.