| Titel: | Dreifache Expansions-Dampfmaschinen. | 
| Fundstelle: | Band 261, Jahrgang 1886, S. 443 | 
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                        Dreifache Expansions-Dampfmaschinen.
                        Dreifache Expansions-Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           Ueber den Bau von Dreicylinder-Expansions-DampfmaschinenVgl. Seaton u.a. 1885 257 121. 258 * 341. , welche
                              									seit einigen Jahren die Central Engine Works zu
                              									West-Hartlepool, der Central Marine Engineering Company
                              									gehörig, als besondere Constructionsart ausführen, gibt Iron, 1886 Bd. 27 * S. 221 bezieh. Engineering, 1886 Bd. 41 * S. 8 folgende beachtenswerthe
                              									Mittheilungen.
                           
                           Die genannten Werkstätten haben für ihre Maschinen neue Modelle entworfen und hierbei
                              									durch geschickte Anordnung eine so gedrungene Dreicylinder-Dampfmaschine zu Stande
                              									gebracht, daſs dieselbe in dem gleichen Maschinenraume Platz findet wie eine
                              									gewöhnliche „Compound“-Maschine. Dabei sind aber nicht etwa die Zapfenlängen
                              									der Kurbelwelle verringert, sondern sogar noch vergröſsert worden, so daſs also die
                              									Maschine alle Wahrscheinlichkeit einer langen Dauer dieses wichtigen Theiles für
                              									sich hat. Die Maschinen des Dampfers Cleveland, die
                              									vierte derartige Maschine, welche in den Central Engine
                                 										Works gebaut wurden und kürzlich unter Dampf geprobt worden sind, geben ein
                              									gutes Bild von den Mitteln, wodurch möglichste Genauigkeit der Arbeit und damit
                              									zuverlässiger Gang erreicht worden sind.
                           Diese Maschinen sind nach den Patenten des Oberingenieurs Th.
                                 										Mudd erbaut und sollen 900 Pferd indiciren. Die 3 Cylinder besitzen 534,
                              									889 und 1448mm Durchmesser bei 990mm Hub. Der Arbeitsdruck ist 10at. Die Cylinder liegen neben einander und
                              									arbeiten an drei besonderen, um je 120° gegen einander versetzten Kurbeln. Die
                              									Mittellinien des Nieder- und Mitteldruckcylinders sind so nahe an einander, als dies
                              									die Cylinderdeckel erlauben; die Mittellinie des Hochdruckcylinders besitzt den
                              									gleichen Abstand vom mittleren Cylinder. Die dreifach gekröpfte Kurbelwelle ist aus
                              									3 Stücken zusammengesetzt, die von ganz gleicher Gestalt und unter sich
                              									auswechselbar sind; jeder Theil besteht aus einzeln durch Warmaufziehen
                              									zusammengesetzten Stücken, die Kurbelzapfen aus hohl geschmiedetem Stahl. Die ganze
                              									Welle wird von 4 Lagern anstatt der üblichen 5 bis 6 unterstützt; diese sind aber
                              									alle von ungewöhnlicher Länge und die beiden inneren erstrecken sich sogar von
                              									Kurbelarm zu Kurbelarm.
                           An Stelle von Vertheilungsschiebern sind nur entlastete Kolbenschieber angewendet,
                              									welche vom Dampfe getragen werden, und deshalb sehr wenig Abnutzung in der äuſseren
                              									Steuerung hervorbringen. Die letztere ist möglichst einfach und mit Vermeidung aller
                              									überflüssigen Gelenke construirt. Alle bewegten Theile haben groſse Reibungsflächen;
                              									die Stangen sind alle der Länge nach verstellbar, die Gelenke erlauben die Abnutzung
                              									auszugleichen. Die gleichen Theile sind bei allen 3 Cylindern unter sich
                              									vertauschbar. Jeder Cylinder besitzt eine Regulirvorrichtung mit Schraube und
                              									Handrad, um unabhängig von den anderen Maschinen den Punkt der Dampfabsperrung
                              									während des Ganges regeln zu können. Zur Umsteuerung und Geschwindigkeitsregulirung
                              									im Hafen dient eine schwingende Umsteuerungsmaschine, welche in jedem Punkte der
                              									Umdrehung wirkt, mit der Hand oder mit Dampf betrieben und ganz von dem Stande des
                              									Maschinisten aus gelenkt wird. Mit Hilfe derselben läſst sich binnen 5 Secunden von
                              									voller Kraft vorwärts zu voller Kraft rückwärts übergehen. Auſserdem ist noch eine
                              									Handumsteuerung mit Schraube ohne Ende und Handrad angebracht.
                           Die Aufstellung der Maschine ist nach dem bekannten Hammertypus angeordnet. Jeder
                              									Cylinder besitzt auf der Rückseite einen Ständer, welcher die Führung für das
                              									Querhaupt trägt, und unten hinreichend weit zurücktritt, um der Kurbelstange Raum zu
                              									geben. Auf der Vorderseite besitzt der mittlere Cylinder keinen Ständer; die der
                              									beiden seitlichen Cylinder aber sind unten gegabelt, um den Kurbeln Raum zu lassen,
                              									wodurch diese letzteren sehr leicht zugänglich und zugleich die Maschine nach der
                              									Seite trefflich versteift wird.
                           Die Stopfbüchsendeckel sind alle mit einem innen verzahnten Ringe versehen, welcher
                              									in die mit kleinen Getrieben ausgerüsteten Schraubenmuttern eingreift; eine
                              									Schneckenradanordnung an der Auſsenseite erlaubt diesen Ring zu drehen und so
                              									gefahrlos während des Ganges der Maschine die Stopfbüchsen anzuziehen.
                           Die Cylinder sind gesondert gegossen und der ganzen Länge nach mit Flanschen
                              									zusammengeschraubt. Dieselben sind, ebenso wie die cylindrischen Schiebergehäuse,
                              									mit Futtern aus hartem Guſseisen versehen, wodurch ein vollständiger Dampfmantel
                              									gebildet wird. Die „schädlichen Räume“ betragen beim Hochdruckcylinder 8,6,
                              									beim Mitteldruckcylinder 7,7, beim Niederdruckcylinder 8,1 Procent der betreffenden
                              									Cylinderräume. Jeder Dampfmantel ist mit besonderem Dampfzulaſsrohr und
                              									Absperrventil versehen, so daſs jeder Mantel nach Belieben benutzt oder auſser Dienst gestellt, ebenso
                              									auch mit Dampf von beliebigem Drucke, unabhängig von den anderen, gespeist werden
                              									kann.
                           Beachtenswerth sind auch die mechanischen Einrichtungen, welche behufs möglichst
                              									genauer Bearbeitung und Aufstellung dieser Maschinen in Anwendung kamen. Um eine
                              									durchaus zuverlässige Unterlage zu schaffen, wurde im Erdgeschosse der
                              									Montirungswerkstätte auf einen Pfahlrost eine dicke Schicht von Beton gelegt und auf
                              									dieser sodann vier lange guſseiserne Träger festgeschraubt, deren Oberfläche
                              									gehobelt und mit ⊥-Nuthen versehen ist. Quer über diese
                              									sorgfältig in eine wagerechte Ebene eingestellten Träger kamen nun 4 breite
                              									guſseiserne Kastenträger zu liegen, welche sich auf den ersteren Trägern verschieben
                              									und mit Schrauben in beliebiger Stellung befestigen lassen. Auf der Oberfläche
                              									derselben, welche wieder gehobelt ist, befinden sich querüber ⊥-Nuthen, um die nöthigen Schrauben zum Befestigen der Arbeitstücke
                              									anbringen zu können. Auf diese Art erhält man eine vollständig ebene, wagerechte
                              									Fläche zur Aufstellung der Maschinen, welche so fest und unnachgiebig ist, daſs man
                              									auch bei hohen, schweren Maschinen noch überall sich auf die Angaben der Wasserwage
                              									völlig verlassen kann, einerlei, welches Gewicht auf die Unterlage aufgesetzt worden
                              									sein mag.
                           Die Grundplatte der Maschine wird unten gehobelt, so daſs beim Aufschrauben auf die
                              									beschriebene Unterlage keinerlei Spannungen entstehen können. In dieser Stellung
                              									werden nun mit Hilfe einer 8m,23 langen und 216mm dicken stählernen Bohrstange, die mit einer
                              									empfindlichen Wasserwage und stellbaren Hilfslagern genau eingestellt werden konnte,
                              									alle Hauptlager auf einmal ausgebohrt. Dadurch wird vollste Genauigkeit in der
                              									Achsenrichtung der Lager erzielt, was in Anbetracht der dreifach gekröpften Welle
                              									besonders wichtig erscheint. Dieser Umstand, in Verbindung mit der auſsergewöhnlich
                              									groſsen Länge der Lager und der Güte des Lagermetalles (Weiſsguſs) bewirkte auch,
                              									daſs bei einer Probefahrt, wobei die Maschine 60 bis 61 minutliche Umdrehungen
                              									machte, alle Lager völlig kalt blieben.
                           Wie bei derartigen Maschinen üblich, ist der Condensator auf der Rückseite derselben
                              									angebracht. Eine Neuerung aber ist insofern getroffen worden, als derselbe durch
                              									eine wagerechte Fuge getheilt und die untere Hälfte mit der Bettplatte
                              									zusammengegossen ist, wodurch letztere eine ausnehmende Verstärkung erhält. Mit dem
                              									Obertheile des Condensators sind wieder die hinteren Ständer für die Cylinder (die
                              									Führunggeleise enthaltend) aus einem Stücke, wodurch auch diese eine Steifigkeit
                              									erhalten, welche sich durch bloſses Aufbolzen auf das Bett nicht erreichen
                              									läſst.
                           Das Kammlager, welches im Wesentlichen aus einer Anzahl guſseiserner, mit Weiſsmetall
                              									gefütterter Sattelplatten von hufeisenförmiger Gestalt gebildet wird, die in einem
                              									langen guſseisernen Troge an zwei parallelen Schrauben mit Hilfe von Muttern
                              									eingestellt werden, ist in der Art eingerichtet, daſs besondere Platten für den
                              									Vorwärts- bezieh. Rückwärtsgang vorhanden sind. Es ermöglicht diese Anordnung die
                              									Vermeidung jedes todten Ganges und gewährt weiterhin noch den Vortheil, bei
                              									allfälliger Beschädigung einer Sattelplatte sofort eine Platte des anderen Satzes
                              									einfügen zu können, da alle Platten völlig gleich ausgeführt sind. Auch das
                              									Sternlager ist mit besonderer Sorgfalt und in sehr groſser Länge hergestellt.
                           Besonders gerühmt wird die geringe innere Reibung und die gute Gewichtsausgleichung
                              									der Maschine, welche es beispielsweise möglich machte, im Dock mit bloſs 8
                              									Umdrehungen in der Minute anstandslos zu fahren. Man schreibt die geringe Reibung
                              									insbesondere der Anwendung der entlasteten Steuerkolben zu.
                           Ueber die Reibungsverhältnisse wird Folgendes mitgetheilt: Bei einem
                              									Leergangsversuche in der Fabrik, wobei die Maschinen mit Dampf aus den
                              									Fabrikskesseln gespeist wurden, welcher 5at,6
                              									Spannung besaſs, aber durch das Drosselventil noch herabgezogen wurde, während die
                              									Maschinen auf 10at Spannung berechnet sind, und
                              									bei einer Länge der Dampfleitung von 76m machten
                              									die Maschinen 63 minutliche Umdrehungen und die Luftleere im Condensator betrug
                              										635mm. Die indicirten Leistungen in Pferd
                              									ergaben sich, wie folgt, bei zulässig höchster und geringster Expansion:
                           
                           
                              
                                 
                                 Kleinste Expansion
                                 Höchste Expansion
                                 
                              
                                 Hochdruckcylinder
                                 21,4
                                 16,1
                                 
                              
                                 Mitteldruckcylinder
                                     3,29
                                     5,13
                                 
                              
                                 Niederdruckcylinder
                                 22,9
                                 23,1
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 –––––––
                                 
                              
                                 Im Ganzen
                                   47,59
                                   44,33.
                                 
                              
                           Diese Zahlen betragen, wenn man die indicirte Leistung der Maschine bei voller Kraft
                              									zu 900 Pferd annimmt, etwa 5 Procent der Gesammtleistung. Dabei ist aber zu
                              									berücksichtigen, daſs in dem angeführten Falle die Kühlwasserpumpe ihr Wasser aus
                              									dem Dock mit einer Saughöhe von 5m,95 entnahm und
                              									durch ein Rohr von 137m Länge mit vielen
                              									Krümmungen herbeizuführen hatte, eine Arbeit, die man recht wohl mit 5,5 Pferd für
                              									das Ansaugen und mit der gleichen Höhe für die Reibung in den engen Röhren in
                              									Anschlag bringen kann. Zieht man diese 11 Pferd ab, so verbleibt für die innere
                              									Reibung unter gewöhnlichen Umständen etwa 34 Pferd oder 3,8 Proc., wobei zu
                              									berücksichtigen ist, daſs die Kolbenschieber auch bei höherem Dampfdrucke keine
                              									gröſseren Bewegungswiderstände darbieten, während die Zapfenreibungen nach
                              									mehrmonatlichem Gange jedenfalls sich gegen ihre Höhe in völlig neuem Zustande der
                              									Maschinen noch etwas ermäſsigen.